ABler mit Asperger Syndrom?

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Kief

Re: ABler mit Asperger Syndrom?

Beitrag von Kief »

orthonormal hat geschrieben:Wie wäre es bei der Gelegenheit mit einer Weiterbildungsmaßnahme für Uni-Psychologen?...
Diejenigen, die an sauberer Diagnostik interessiert sind, die werden auch jetzt schon offen dafuer sein.
Das Problem sind mMn die Verbohrten, die von ihrem alten Kenntnisstand zu ueberzeugt sind, um aktuelle Forschungsergebnisse zu akzeptieren.

Das Thema ist dann also die Frage, wie man mit Menschen und Stoerrischen und ueberhaupt umgeht.


CU, Kief
soukous
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Re: ABler mit Asperger Syndrom?

Beitrag von soukous »

Auf Deutschlandradio Wissen ging es am 2. Juli 2014 in der "Redaktionskonferenz" um das Asperger-Syndrom. Wie bei dieser Sendung üblich wurde das Thema allumfassend und allgemein-verständlich abgehandelt. Es gab ein Interview mit einer Betroffenen, ein Gespräch mit dem Leiter der Asperger-Ambulanz Köln, einen Beitrag über Aspies in der Arbeitswelt und die Erwähnung von Events, mit denen Betroffene auf sich aufmerksam machen etc.

Die Sendung auf DR Wissen (Den obersten "Abspielen"-Button drücken, um die gesamte Sendung zu hören.)

Komplette Sendung als ARD-Podcast (Falls der erste Link irgendwann nicht mehr funktioniert.)
Pascal

Re: ABler mit Asperger Syndrom?

Beitrag von Pascal »

orthonormal hat geschrieben:
Pascal hat geschrieben:In meiner frühen Kindheit wurde bei mir eine autistische Störung und ein sprachlicher und motorischer Entwicklungsrückstand festgestellt.
[...]
Ich habe zwar aufgrund dessen einen Schwerbehindertenausweis (Grad 50), jedoch noch keine Asperger-Diagnose von einem Facharzt.
Asperger ist gerade dadurch gekennzeichnet, dass keine nennenswerte Sprachverzögerung vorliegt.

Nach den neuen DSM-V-Kriterien gibt es die Diagnose "Asperger-Syndrom" aber ohnehin nicht mehr, sondern nur noch "Autismus-Spektrum-Störung". Ich maße mir nicht an, das fachlich zu bewerten, aber mir erscheint es schon etwas seltsam, dass da solche Menschen, bei denen man auf den ersten Blick keine Besonderheit feststellen kann, die gleiche Diagnose bekommen wie solche, die nicht sprechen können und bei denen eine geistige Behinderung vorliegt, und nur der Wert auf der Skala ein anderer ist.
Laut Tony Attwood sollte aber das Kriterium "kein klinisch bedeutsamer allgemeiner Sprachrückstand" korrigiert werden.
In seinen Studien kam Attwood zu dem Schluss, dass es doch Sprachrückstände geben kann oder die Sprache auch erst später als nach 3 Jahren einsetzen kann.
Er ist der Meinung, dass fast 50% aller Kinder mit Asperger-Syndrom eine späte Sprachentwicklung aufweisen, jedoch im Alter von 5 Jahren üblicherweise fließend reden können. Diesen Standpunkt vertritt er auch in seinem Buch "Das Asperger-Syndrom: Ein Ratgeber für Eltern".

Aber wie du schon sagtest, werden ja nach der neuen DSM-Auflage ohnehin alle Störungen (frühkindlicher, atypischer, hochfunktionaler Autismus und das Asperger-Syndrom) unter den Begriff "Autismus-Spektrum-Störung (ASS)" zusammengefasst.
Bei der Diagnosestellung im Erwachsenenalter ist es dann kein relevantes Kriterium mehr, dass es in der Kindheit keinen allgemeinen Sprachrückstand gab.
Pascal

Re: ABler mit Asperger Syndrom?

Beitrag von Pascal »

Pascal hat geschrieben:Laut Tony Attwood sollte aber das Kriterium "kein klinisch bedeutsamer allgemeiner Sprachrückstand" korrigiert werden.
In seinen Studien kam Attwood zu dem Schluss, dass es doch Sprachrückstände geben kann oder die Sprache auch erst später als nach 3 Jahren einsetzen kann.
Er ist der Meinung, dass fast 50% aller Kinder mit Asperger-Syndrom eine späte Sprachentwicklung aufweisen, jedoch im Alter von 5 Jahren üblicherweise fließend reden können. Diesen Standpunkt vertritt er auch in seinem Buch "Das Asperger-Syndrom: Ein Ratgeber für Eltern".
Ergänzung:
Für Betroffene, die in ihrer frühen Kindheit zwar einen Sprach- und Entwicklungsrückstand aufweisten, aber mit zunehmendem Alter kaum bzw. nicht mehr von Menschen mit dem Asperger-Syndrom zu unterscheiden sind, wird die Bezeichnung "Hochfunktionaler Autismus (HFA)" verwendet.

a) keine Intelligenzminderung: IQ > 70
b) diagnostische Kriterien nahezu identisch mit dem Asperger-Syndrom
zusätzlich:
- Beeinträchtigung der Sprachentwicklung und Kommunikation in den ersten Lebensjahren
- Manifestation vor dem 3. Lebensjahr, oft mit allgemeiner Entwicklungsverzögerung
c) mit zunehmendem Alter klinisch häufig nicht mehr vom Asperger-Syndrom zu unterscheiden

Die Bezeichnungen "Asperger-Syndrom (AS)" und "Hochfunktionaler Autismus (HFA)" werden daher synonym verwendet, da die Unterschiede nur in der Kindheit deutlich sind und mit zunehmendem Alter geringer werden.
Kief

Re: ABler mit Asperger Syndrom?

Beitrag von Kief »

Pascal hat geschrieben:Die Bezeichnungen "Asperger-Syndrom (AS)" und "Hochfunktionaler Autismus (HFA)" werden daher synonym verwendet, da die Unterschiede nur in der Kindheit deutlich sind und mit zunehmendem Alter geringer werden.
Oder am besten gar nicht mehr, wenn es sich eh nur um Wortklauberei handelt. Dann kann man auch gleich den passenderen Begriff "Autismus-Spektrum" verwenden.


CU, Kief
Pascal

Re: ABler mit Asperger Syndrom?

Beitrag von Pascal »

Anfangs hatte ich die Verallgemeinerung dieser Störungen kritisch betrachtet.
Ich hatte jedoch später eingesehen, dass meine Kritik unbegründet war.
Der Oberbegriff "Autismus-Spektrum-Störung" ist sowohl für Diagnostiker als auch für die Betroffenen von Vorteil.
Die Diagnostiker haben dadurch einen geringeren Arbeitsaufwand und die Betroffenen laufen weniger Gefahr, Fehldiagnosen zu bekommen.
Pascal

Re: ABler mit Asperger Syndrom?

Beitrag von Pascal »

Womit ich mich auch beschäftige, ist die Frage, ob die Borderline-Persönlichkeitsstörung als Komorbidität des Autismus-Spektrums auftreten kann.
Dass die Komorbiditäten wie z.B. AD(H)S, Angststörungen, Depressionen auftreten können, ist ja allgemein bekannt. Aber wie sieht es mit Borderline aus?
Diese Persönlichkeitsstörung ist ja in erster Linie durch starke Impulsivität und widersprüchlichem Verhalten (Nähe-Distanz-Störung, Störung des Selbstbildes) gekennzeichnet.
Also praktisch genau das Gegenteil von dem, was man unter Autismus bzw. autistischem Verhalten versteht.
Die Fachärzte, die sich auf das Autismus-Spektrum spezialisieren, schließen diese beiden Störungen in der Regel aus, sodass Borderline nicht als Komorbidität auftreten kann.
Allerdings habe ich im Internet (z.B. in Autismus-Foren) schonmal Berichte von Betroffenen gelesen, die durchaus beide Störugen haben, also Autismus und Borderline.
Andererseits gab es ja schon einige Fälle, in denen Personen mit einer autistischen Störung zuerst als Borderliner fehldiagnostiziert wurden und dann ihre eigentliche Störung, der Autismus, erst viel später entdeckt wurde.
Kann es denn theoretisch möglich sein, dass Personen, die sich im Autismus-Spektrum befinden, durch ungünstige Lebensumstände oder traumatische Erlebnisse (in der Kindheit oder gegenwärtig) im späteren Lebensverlauf eine Borderline-Persönlichkeitsstörung entwickeln oder wird diese Komorbidität aufgrund der stark gegenpoligen Symptome dieser beiden Störungen komplett ausgeschlossen?
Wirken sich traumatische Erlebnisse (z.B. Misshandlung, Vernachlässigung in der Kindheit) bei autistischen Personen aufgrund ihrer anderen Wahrnehmungs- und Emotionsverarbeitung anders aus als bei neurotypischen (nicht-autistischen) Personen, sodass autistische Personen keine solche Persönlichkeitsstörung entwickeln können?
Eine für mich hochinteressante Frage, auf die ich bis jetzt noch keine Antwort gefunden habe.
Kief

Re: ABler mit Asperger Syndrom?

Beitrag von Kief »

Ich erlebe Borderline + ASS quasi nie, mir ist erst eine Person begegnet, bei der mir das plausibel erscheint.
Anders gesagt: ja, gibt es bestimmt, aber halte ich fuer wirklich ungewoehnlich.
Ob das traumatische oder eine praedisponierte Entwicklung ist, ist bei der Seltenheit Spekulation.

Da jemanden zu finden, der wirklich Ahnung hat, duerfte noch schwieriger sein, als Betroffene zu finden.


CU, Kief
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Re: ABler mit Asperger Syndrom?

Beitrag von klecks »

Interessante Frage, auf die natürlich keine Antwort habe.

Ich kenne nur ... mhm ... den Fragenkomplex, wie man ADHS und ASS und Hochbegabung auseinanderhalten kann. Da gibt es offenbar viele Überschneidungen bzw. ... mhm ... Symptome, die einander so ähneln, dass man nicht weiß, was wo wie zuzuordnen ist.

Und zumindest bei ADHS wird häufiger wohl zu Unrecht eine Borderlinestörung angenommen. Ebenso bei Hochbegabung.

Und andere fragen sich ja wiederum, ob es eine "isolierte" Borderlinestörung überhaupt gibt.
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Re: ABler mit Asperger Syndrom?

Beitrag von Giebenrath »

Es gibt eben genug Syndrome für alle. Das ist für jeden das ein oder andere dabei.
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Pascal

Re: ABler mit Asperger Syndrom?

Beitrag von Pascal »

Das Problem ist, dass es sehr schwierig und aufwendig ist, das Asperger-Syndrom (AS) bzw. den Hochfunktionalen Autismus (HFA) im Erwachsenenalter zu diagnostizieren. Hinzu kommt, dass es nur sehr wenige Anlaufstellen für die Diagnostik gibt, die sich auf Autismus-Spektrum-Störungen (ASS) im Erwachsenenalter spezialisieren. Ich hatte das Glück, dass es in meiner Stadt eine solche Ambulanz gibt. Die sehr lange Wartezeit und die anstrengenden Anamnesegespräche und Testungen habe ich hinter mir. Jetzt habe ich die Gewissheit, kann mich an meinen Stärken orientieren und an meinen Schwächen (soweit es möglich ist) arbeiten.
Pascal

Re: ABler mit Asperger Syndrom?

Beitrag von Pascal »

Mittlerweile habe ich viele Menschen mit Asperger-Syndrom persönlich kennengelernt. Das Spektrum des Asperger-Syndroms ist viel größer und heterogener, als ich jemals gedacht hatte. Leider sind immer noch viele Vorurteile über dieses Syndrom verbreitet. Die große Masse der Menschen hat lediglich das Bild vom "Prototyp-Asperger" vor Augen, der z.B. menschenscheu, egozentrisch oder gefühlskalt ist, sich nur für Technik und Naturwissenschaften interessiert oder ein hochbegabtes Genie ist. Es gibt zwar genügend von dieser Sorte, aber die meisten Asperger-Autisten (auch die männlichen) entsprechen nicht diesem Klischee. Unter ihnen gibt es sehr viele verschiedene Persönlichkeiten mit unterschiedlichen Eigenschaften, Stärken, Schwächen und Interessen. Auch die Menge und Stärke der Symptomausprägung ist bei jedem Asperger-Autisten unterschiedlich.
Tom_der_Baum

Re: ABler mit Asperger Syndrom?

Beitrag von Tom_der_Baum »

Ziemlich alter Thread der hier gerade ausgebuddelt wurde :)

Wer sich für autistische Symptome interessiert, dem sei an der Stelle ausdrücklich die Beschäftigung mit der Bindungstheorie empfohlen. Ich selbst bin mehrfach in die Richtung "Asperger" gelenkt worden, konnte das aber zwischenzeitlich fachärztlich ausschließen lassen. Eigentlich schade, hätte ich einen prima Job bei SAP bekommen mit dieser Diagnose. Stattdessen bin ich 100% erwerbsgemindert auf dem Abstellgleis gelandet. Und das noch mit dem Hinweis, daß 100% Erwerbsminderung nicht Dasselbe wie Erwerbsunfähigkeit darstellt. Irgendjemand hat da in Mathe nicht aufgepaßt, so mein Eindruck. Danke an das System in dem wir leben.

Gruß

Tom_der_Baum
Pascal

Re: ABler mit Asperger Syndrom?

Beitrag von Pascal »

Autismus ist eine tiefgreifende Entwicklungsstörung, die angeboren und nicht heilbar ist. Unter welchen Umständen Kinder aufwachsen, also ob mit emotionaler Zuwendung oder emotionaler Vernachlässigung, hat auf den Autismus keinen Einfluss. Kinder können allerdings durch emotionale Vernachlässigung Symptome entwickeln, die denen des Autismus ähneln, ohne dass Autismus die Ursache ist. In diesem Fall spricht man von Hospitalismus. Er ist im Gegensatz zum Autismus heilbar, wenn man die Kinder früh genug in einer nicht hospitalisierenden Umgebung aufwachsen lässt, z.B. durch liebevolle, fürsorgliche Bezugspersonen. Die Symptome gehen dann schrittweise zurück, sodass sich die Kinder normal entwickeln können.
Morningstar

Re: ABler mit Asperger Syndrom?

Beitrag von Morningstar »

Pascal hat geschrieben:Autismus ist eine tiefgreifende Entwicklungsstörung, die angeboren und nicht heilbar ist. Unter welchen Umständen Kinder aufwachsen, also ob mit emotionaler Zuwendung oder emotionaler Vernachlässigung, hat auf den Autismus keinen Einfluss. Kinder können allerdings durch emotionale Vernachlässigung Symptome entwickeln, die denen des Autismus ähneln, ohne dass Autismus die Ursache ist. In diesem Fall spricht man von Hospitalismus. Er ist im Gegensatz zum Autismus heilbar, wenn man die Kinder früh genug in einer nicht hospitalisierenden Umgebung aufwachsen lässt, z.B. durch liebevolle, fürsorgliche Bezugspersonen. Die Symptome gehen dann schrittweise zurück, sodass sich die Kinder normal entwickeln können.
Autismus spektrums störungen haben ja genetische Ursachen, mit der derzeitig zur Verfügung stehenden Technologie sind diese nicht heilbar bzw Therapierbar. Das könnte sich aber in Zukunft dank neuer inovativer Technologien wie CRISPR/CAS9 in Zukunft durchaus ändern. Die Technik ist allerdings noch nicht so weit das man sie wirklich sicher am Menschen anwenden könnte um die Genetik zu ändern. Zudem ist Autismus immer noch nicht umfassend verstanden, vor allem was die Genetischen Ursachen dafür sind da sich dies nicht so leicht generalisieren lässt.

Denke jedoch das sich da in den nächsten 1-2 Jahrzehnten in der Forschung sehr viel tun wird und sich zumindest potentiell neue Möglichkeiten eröffnen werden.
Tom_der_Baum

Re: ABler mit Asperger Syndrom?

Beitrag von Tom_der_Baum »

In einem Dossier zum Thema "Gene und Verhalten" (Spektrum der Wissenschaft, Heft aus dem Jahre 2000) habe ich einen recht interessanten Artikel zum Thema Autismus gelesen, das Heft habe ich noch (kann es bei Interesse gerne einscannen und irgendwo hochladen). Dort wurde die Feststellung präsentiert, daß Vergiftungen der Mutter in einem bestimmten Schwangerschaftsbereich vermehrt zu autistischen Störungen führen kann. Im Konkreten Fall war Thalidomid (aka Contergan) die Ursache. Es sind also nicht nur genetische Ursachen, die zu Autismus führen.

Autismus wird im Internet im Allgemeinen mit den typischen, schizoiden Symptomen in Verbindung gebracht, die auch in den Online-Tests zum Thema Asperger abgefragt werden. Nach diesen Online-Tests wäre ich auch Asperger.

Aber ich habe es fachärztlich abklären lassen. Und dabei rausgefunden, daß das, was tatsächlich auf Autismus hindeutet, ganz andere Kriterien sind. Die mimische Interaktion ist dabei ein wichtiger Punkt. Und die ist bei mir in Ordnung. Ich komme auf der ADOS-Skala (das Bewertungsinstrument, mithilfe dessen bei mir getestet wurde) lediglich auf 2 Punkte. Autist ist man ab 12 Punkten.

Über das Ergebnis habe ich mir Gedanken gemacht. Und habe folgende Vermutungen dazu aufgestellt, über die sich möglicherweise nachzudenken lohnt:
- Die Symptome, die man im Allgemeinen mit Autismus verbindet, sind großteils (zu welchem Anteil??? -> noch unklar) Folgesymptome der aus dem Autismus häufig resultierenden Bindungsstörung, also im Grunde Symptome einer Bindungsstörung
- nicht jeder Autist entwickelt eine Bindungsstörung. Wenn das Bindungsangebot von extrem feinfühligen Bindungspersonen (meist: Eltern) gegeben wird, kann auch ein Autist Bindungen entwickeln
- Bindungsstörung und Autismus können gemeinsam auftreten, und tun es wohl häufig auch, was möglicherweise dazu führt, daß das Symptomspektrum, das im ICD oder DSM aufgelistet ist, ein Mischmasch aus autistischen und bindungsrelevanten Symptomen darstellt
- eine Bindungsstörung alleine kann aufgrund der populären Symptomatik einen Autismus gut imitieren
- es gibt häufig Fehldiagnosen
- auch Bindungsstörungen sind nicht vollständig heilbar, aber man kann auch im Erwachsenenalter noch was dran machen

Das alles nur Überlegungen von mir. Bitte nicht mit Tatsachen verwechseln. Das Ganze stellt nur das Ergebnis meiner eigenen Überlegungen und Recherchen dar und ist daher als provisorisches Modell zu betrachten. Ich bin kein Mediziner, also fachlich gesehen ein Laie. Aber ich hab halt durch mein Singledasein viel Zeit, mir über sowas Gedanken zu machen.

Gruß

Tom_der_Baum.
Kief

Re: ABler mit Asperger Syndrom?

Beitrag von Kief »

Tom_der_Baum hat geschrieben:Über das Ergebnis habe ich mir Gedanken gemacht. Und habe folgende Vermutungen dazu aufgestellt, über die sich möglicherweise nachzudenken lohnt:
Ich sehe fuer Deine Theorie jetzt nicht so viele Anhaltspunkte, weil ich nicht ganz nachvollziehen kann, und nicht ganz eingrenzen kann, was Du mit dem Komplex Bindungsstoerung aussagen willst.

In jedem Fall gibt es noch die Autismus-Besonderheiten, die ich bei Dir nicht so beruecksichtigt sehe.
Neben den Schwierigkeiten, die in ihrer Auspraegung schwer zu vermitteln sind, weil nicht-Autisten das in wesentlich geringer Form kennen, und daher eine andere Groessenordnung interpretieren, die Auspraegung total unterschaetzen,
daneben gibt es noch die beiden Kriterien, die sich bei NTs nur selten aus dem normalen Spektrum herausbewegen:
- Stresslevel (mitsamt auffaelliger Ueberforderung)
- sowie sensorische Eigenarten.
(Die bei NTs ebenfalls auftretenden sozialen Huerden, die ich gerne zusammenfasse als "Schwierigkeit, die sozialen Regeln und Erwartungen zu verstehen und passend anzuwenden", diese Verstaendnishuerde sehe ich auch nicht, welchen Bezug da Deine Theorie mit der Bindungstheorie haben koennte.)

Wie sollte sich eine Bindungsstoerung auswirken, dass irgendwann die sensorischen Besonderheiten sich auspraegen?
Sowie dass der Stresslevel bei sozialen und sonstigen Alltags-Aufgaben dermassen ansteigt, dass Autisten in ihrem Alltag eingeschraenkt sind, wie sie es jetzt sind?
Wie sollte da die Bindungsstoerung die Ursache sein?



Klar, die Gene haben ihren Anteil an Autismus, das ist offensichtlich, weil es Autismus-Familien gibt.
Andererseits gibt es ebensobewiesenermassen noch andere Faktoren.
Wie sonst waere es moeglich, dass zwei eineiige Zwillige sich unterscheiden? Der eine Asperger, der andere nicht.
Die Faktoren scheinen sich grob die Waage zu halten.

Ich gehe davon aus, dass die Darmflora noch einen erheblichen Einfluss hat.
Auch mitochondriale DNA und Prozesse waehrend der Schwangerschaft sowie diverse Pathogene sind noch plausible Kandidaten fuer starke Einfluesse.

Uebrigens, bei aller Naehe zu schizoiden Symptomen, ich hab da mal eine gute Tabelle gefunden, bei der neben den uebereinstimmenden Symptomen auch die unterscheidenden Symptome mit diversen nahegelegenen Symptomatiken verglichen wurden.
Vielleicht finde ich den Link wieder ...


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Re: ABler mit Asperger Syndrom?

Beitrag von soukous »

Kief hat geschrieben: Uebrigens, bei aller Naehe zu schizoiden Symptomen, ich hab da mal eine gute Tabelle gefunden, bei der neben den uebereinstimmenden Symptomen auch die unterscheidenden Symptome mit diversen nahegelegenen Symptomatiken verglichen wurden.
Vielleicht finde ich den Link wieder ...
Steht in diesem Thread:

viewtopic.php?f=1&t=16413&start=40#p563243
Kief

Re: ABler mit Asperger Syndrom?

Beitrag von Kief »

soukous hat geschrieben:
Kief hat geschrieben:Vielleicht finde ich den Link wieder ...
Steht in diesem Thread:

viewtopic.php?f=1&t=16413&start=40#p563243
Tatsache, hab ich bereits eingetragen ... ;-)


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Re: ABler mit Asperger Syndrom?

Beitrag von Pascal »

Das Ärzteblatt hatte ich mir vor einiger Zeit aufmerksam durchgelesen. Die Tabelle mit der differenzialdiagnostischen Symptomauflistung zu den verschiedenen Störungsbildern finde ich sehr interessant. Was dieses Ärzteblatt auch berücksichtigt und auch bei der Diagnostik hochfunkionaler Autismus-Spektrum-Störungen bei Erwachsenen berücksichtigt werden sollte, sind die Kompensationsstrategien, die sich ein Großteil der Autisten durch Beobachtung und Analyse bestimmter sozialer Situationen antrainieren, ausgelöst durch den Drang/Druck des sozialen Anpassens. Neben der differenzialdiagnostischen Symptomüberschneidung ist das ein weiterer Grund, warum die Diagnostik dieses hochfunkionalen Spektrums bei Erwachsenen so schwierig und aufwendig ist. Aber sehr erfahrene Diagnostiker, die auf diese Zielgruppe spezialisiert sind, sind in der Lage, hinter diese Fassade der antrainieren Kompensationsstrategien zu blicken.

Ich hatte mal ein Video entdeckt, in dem genau dieses Thema des Kompensierens und die langfristigen Folgen, die daraus entstehen können, erläutert wird. In diesem Video wird zwar hauptsächlich über Frauen berichtet, aber es lässt sich genauso gut auf Männer übertragen.
Hier ist das Video:

https://youtu.be/c-40_VHbn7U