Mindfuck, Oneitis, Blockade

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Jürgen

Mindfuck, Oneitis, Blockade

Beitrag von Jürgen »

Hallo zusammen,

ich leide zur Zeit wieder stark unter einem Problem, das sich bei genauerer Betrachtung schon sehr lange durch mein Leben zieht und meiner Ansicht nach dazu beiträgt, dass ich in meinem AB-Status gefangen bleibe. Keine Ahnung, ob es mir gelingt, dies anschaulich zu beschreiben, noch weniger Ahnung habe ich, ob es Menschen gibt, die es nachvollziehen können - aber ich will trotzdem versuchen, mich zu erklären: Seit ich mich erinnern kann habe ich den Eindruck, stärker unter negativen Emotionen zu leiden als andere - sicher sein kann ich mir natürlich nicht, da man nicht durch den Körper des anderen seine Umwelt erleben und "fühlen" kann - wahrscheinlich prinzipiell nicht. Von diesen negativen Gefühlslagen möchte ich eine herausgreifen, die mich im Augenblick wieder besonders einschränkt - und das ist das Gefangensein in negativen Gedankenspiralen, auch als "Mindfuck" bekannt. Viel zu tun hat das bei mir mit Minderwertigkeitsgefühlen, häufig tritt es im Zusammenhang mit Frauen auf, für die ich eine Art Oenitis entwickelt habe (ich weiß natürlich, dass das nicht gut ist - aber es passiert mir trotzdem immer wieder) und ich merke, dass diese Gefühle meine Weiterentwicklung behindern - nicht nur im Bereich AB, sondern auch sonst, weil sie meine Energie derart absorbieren, dass gerade noch genug übrig bleibt für die mehr oder weniger gute Erledigung des Alltags, für persönliche Weiterentwicklung dann nichts mehr übrig.

Vielleicht ist es am Besten, wenn ich versuche, die Problematik an zwei Beispielen zu demonstrieren. Die erste Situation liegt schon eüber zehn Jahre zurück. Ich hatte gerade mein Studium beendet, es war unklar, wo ich mein Referendariat würde beginnen können und ich war daher (sowie aus einigen anderen Gründen) aus meiner Studentenbude wieder zurück in mein Elternhaus gezogen. Ich hatte gar nicht unbedingt vor, das als Dauerlösung zu bewahren (obwohl mir, typisch AB-Klischee, die "Loslösung" von daheim nicht leicht fiel) - aber was mich dann zu Aktionismus trieb, war der offene, von Unverständnis geprägte und wohl auch etwas hämische Kommentar einer Kollegin, mit der sich vielleicht etws hätte ergeben können, über meine Wohnsituation. Danach fühlte ich mich über Tage schlecht, ich würde es am Ehesten als ein Gefühl von Minderwertigkeit beschreiben - insbesondere der (deutlich jüngeren) Bekannten gegenüber, ich war in einer emotionalen Situation, die es mir gerade noch erlaubte, meinen Alltagsgeschäften nachzugehen - alles darüber Hinausgehende war unmöglich, die Transmitterausschüttung war zu stark. Zur (wenig zieldienlichen) Problembewältigung suchte ich fast zwanghaft nach Informationen im Netz, musste mir immer wieder bestimmte Seiten anschauen, auf denen es um Meinungen zum Thema "Ausziehen" ging und schließlich besichtigte ich Hals über Kopf ein paar Wohnungen, von denen ich dann aber keine bekam bzw. nahm, weil ich dann kurz darauf plötzlich ein Stellenangebot aus einer entfernten Stadt bekam.

Die zweite Geschichte, die ich als Beispiel nennen will, ist noch nicht so lange her. Ein damaliges ODB war zu einer Art Weiterbildung in eine sehr weit entfernte Stadt gezogen, das war etwas, was ich ihr nie zugetraut (und ich mich damals niemals getraut) hätte. Irgendwann gab es die Gelegenheit, sie zu besuchen, weil in der besagten Stadt ein Event stattfand, an dem ich teilnehmen wollte. Ich zweifelte bereits vorher, ob der Besuch eine so schlaue Sache sein würde, letztendlich fuhr ich aber doch in die Stadt. Schon auf der Fahrt war ich so von ähnlichen Emotionen überwältigt wie bei der Situation zuvor, während der Bahnfahrt grübelte ich darüber nach, dass ich es zum Studium gerade mal in die nächste Universitätsstadt geschafft hatte, während sie (die ich für noch schüchterner und ängstlicher hielt als mich, und das will was heißen...) wieder Erwarten den Schritt in die weite Welt gewagt hatte. Als ich sie am nächsten Tag dann traf war die Stimmung angespannt, aber natürlich versuchte ich, Souveranität vorzugaukeln und den Tag "angemessen" zu gestalten. Es genügte dann schon eine triviale Aussage ihrerseits, um in mir die negativen Emotionen so weit zu verstärken, dass ich Mühe hatte, nach außen hin eine angemessene Rolle zu spielen.

Blöd an den beiden Beispielen ist dass es zweimal um das Thema "Ablösung vom Elternhaus" ging, aber die erwähnten Unterlegenheitsgefühle und die damit verbundenen Grübelspiralen setzten auch in anderen Zusammenhängen ein, z.B. Studienfachwahl, Arbeit etc.

Dass sie besonders gegenüber bzw. im Zusammenhang mit Frauen eintreten, erkläre ich mit mit der klassischen Rollenverteilung, nachdem der Mann das höhere Einkommen, mehr Erfahrung, mehr Mut etc. haben soll.

Kurzfristig gegen den Mindfuck helfen Sachen wie Sport, Unternehmungen etc., tödlich ist das Hocken in der eigenen Bude, Lesen (kann mich dann nicht konzentrieren) usw., aber schöner wäre es natürlich, wenn ich nicht nur die Symptome kurzfristig bekämpfen, sondern die zugrundeliegende tiefere Ursache ändern könnte.

Man könnte natürlich sagen, dass derartiger Mindfuck einen hinweist auf Baustellen im eigenen Leben, an denen man was ändern muss. Allerdings kann das nicht dioe ganze Wahrheit sein, weil ich sonst wahrscheinlich in eine Selbstoptimierungs-Endlosschleife geriete (und außerdem lassen sich diverse Dinge nicht oder nur schlecht wirklich nachholen, z.B. den nie gemachten Ferienjob, das Auslandssemester...).

Außerdem scheinen andere Menschen so gar nicht unter diesen Dämonen zu leiden, das heißt, anderen Menschen bereiten solche "Unterlegenheitssituationen" weitaus weniger Kopfzerbrehen.

Kennt jemand das von mir beschriebene Phänomen aus eigener Erfahrung bzw. kann meine Überlegungen nachvollziehen? Hat jemand eine Idee, warum ich Situationen und Sachverhalte emotinal so stark bewerte, während andere das nicht tun? Weiß vielleicht jemand sogar, was man dagegen machen kann?

Ratlose Grüße

Jürgen

(übrigens benannt nach dem Protagonisten aus Heinz Strunks morgen erscheinendem Roman ;)

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steven1983
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Re: Mindfuck, Oneitis, Blockade

Beitrag von steven1983 »

Kennt jemand das von mir beschriebene Phänomen aus eigener Erfahrung bzw. kann meine Überlegungen nachvollziehen? Hat jemand eine Idee, warum ich Situationen und Sachverhalte emotional so stark bewerte, während andere das nicht tun? Weiß vielleicht jemand sogar, was man dagegen machen kann?
ich kann es nachvollziehen, bei mir kommen auch solche Gedankenspiralen regelmäig. Und meine Ausgangslage als Studienabbrecher mit gewissen psychischen Beeinträchtigungen. Bei mir ist es sogar so, dass ich, wenn ich eine Frau kennenlerne bzw. flüchtig kenne, die mir nonverbal zu verstehen gibt, dass sie mich zumindest sympathisch findet, mich gar nicht mehr traue, weitere Schritte zu wagen. Ich frage sie also nicht, ob wir mal zusammen einen Kaffee trinken gehen könnten, weil ich, wenn wir uns den Weg laufen und sie mich anlchelt, schon gleich denke." Wenn sie nur wüsste..." Ich habe aufgrund meiner in Kindheit und Jugend erworbenen Defizite mein Studium und es auch nicht auf den ersten Arbeitsmarkt nicht geschafft. Ich arbeite zwar im geschützten Rahmen, bin psychisch stabiler und gesünder als noch vor einigen Jahren, aber ob ich es aus dem System auf den Arbeitsmarkt herausschaffe weiß ich nicht. Mich ziehen auch banale Aussagen anderer, die "es geschafft" manchmal runter. Ich will auch gar nichts mehr mit ehemaligen Klassenkameraden zu tun haben weil ich mich meiner schäme, auf Einladungen zu Ehemaligentreffen habe ich nie reagiert. Und dieses allgemeine Schamgefühl, kombiniert mit einer tiefen Trauer und der Angst vor Ablehnung empfinde ich wenn ich Frauen kennenlerne die mir gefallen.

Mache dir bewusst was du im Leben alles geschafft und lass´dich nicht vom Geschwätz anderer herunterziehen. Wenn dich solche Aussagen so treffen wäre vielleicht auch eine Psychotherapie ratsam. Es kann sein dass sich solche negativen Gedankenspiralen verschlimmern und du in eine schwere Depression verfällst, vielelicht nicht jetzt, aber in ein paar Jahren, wenn du älter bist und auf "verlorene Jahre" zurückblicken könntest.
Morningstar

Re: Mindfuck, Oneitis, Blockade

Beitrag von Morningstar »

Die von euch beschriebenen Gefühle kenne ich nur allzugut. Habe wohl Glück das ichs trotz Studienabbrecher eines geisteiswissenschaftlichen Studiengangs (Ja bei so Hardcore Depressionen kann man eben nicht gut lernen). Mittlerweile dennoch geschafft habe als Quereinsteiger in der IT Fuß zu fassen und überdurchschnittlich gut zu verdienen. Also immerhin keine Schamgefühle wegen der beruflichen Situation mehr.

Ansonsten, hab ich nicht viel vorzuweisen fürchte ich. Gerade was Sozialkompetenz angeht, da fühle ich mich immerzu wie der beschissenste Versager. Nur wenige Freunde usw. Gibt einfach zu viel das ich da irgendwie "Nicht mitbekomme".

Selbstbewustsein ist nicht das Problem, ich kann vor 200 Leuten einen Fachvortrag zu einem komplizierten Thema halten bin dabei ruhig, gefasst und kein bsichen Nervös. Sobald es aber um emotionale Themen geht bin ich extrem unsicher und weiß nicht so recht wie ich mich überhaupt artikulieren will um Interesse zu bekunden.
Im Grunde sind ja die zwischenmenschlichen Erfahrungen das was wirklich wichtig ist im Leben, aber damit habe ich dann wohl irgendwie undefinierbare Mühen. Diese Coole Lockerheit habe ich einfach nicht. Kann Stundenlang über irgendwelche rationellen Themen reden, Smalltalk ist schon schwierig genug aber Flirten ist dann ein Ding der Unmöglichkeit, keine Ahnung wie das funktioniert ich kann es mit all meiner Verstandeskraft nicht erfassen. Zwischenmenschliches ist eben leider nicht logisch und das was andere intuitiv richtig machen weil sie emotionsgeladen handeln erfordert bei mir eben ein solches Maß an Analyse das ich da irgendwie einfach nicht mitkomme.

Irgendwie fühle ich mich wie ein Vulkanier aus Star Trek welcher auf der Erde gestrandet ist und hier das Leben eines Aliens unter Menschen führen muss damit dann aber in keinster Weise zurecht kommt. Ob ich mich minderwertig fühle, ich bin es nicht. Aber wenn man so drauf ist wie ich dann ist es zweifelsohne eben so das man von vielen Menschen nunmal so behandelt wird als wäre man minderwertig. Das führt dann eben irgendwannmal dazu das sich solche Gedanken dann bei einem auch selbst einschleichen, wie man sich selbst sieht hängt ja schließlich durchaus vom Urteil anderer ab.
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Momo
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Re: Mindfuck, Oneitis, Blockade

Beitrag von Momo »

Was ist Oneitis?

Hast du irgendwen, der dir dabei helfen kann, mit diesen Gedankenspiralen umzugehen? Methoden dafür? Kannst du dem mental bzw. psychisch etwas entgegensetzen?
So, wie du es beschreibst, rettest du dich daraus eher durch Ablenkung. Also Vermeidung, bis die Gedanken zumindest nicht mehr ganz so schlimm sind.
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Nonkonformist

Re: Mindfuck, Oneitis, Blockade

Beitrag von Nonkonformist »

Tintenmalerin hat geschrieben:Was ist Oneitis?
Oneitis kommt aus den Pick Up Artists-Jargon.
Es bedeutet sich nur in einzelnen frauen zu vergucken und den ganzen anderen frauen keinen aufmerksamkeit mehr zu schenlken, oder im alltagssprache sich zu verlieben (etwas das für PUAs ganz schlimm ist. Die haben lieber das man eine promiskue lebensart hat und mit so viele wie mögliche frauen das verführen und sex haben übt. An keine dieser übungsfrauen soll man sich dabei emotional binden.) Das großte problem mit Oneitis ist für den PUAs das man sich emotional von nur einen einzigen frau abhängig macht, und dass das sich negativ auf den selbstvertrauen, lockerheit, usw, auswirkt. Das ein verliebter mann dermassen ängstlich und verkrampft an der sache rann geht das er eigentlich nur noch scheitern kann, weil er zu viel zu verlieren hat, weil der leistungsdrück zu hoch ist. (Ein bisschen was ist schon drann, weiß ich aus eigener erfahrung.)

Meine 15 ausnahmefrauen in den ich mich verliebte sind mit sicherheit in der kategorie oneitis ein zu ordnen; mit den ganzen anderen frauen im welt wollte ich ja gar nichts.
Automobilists Aphrodite ist das meist klare beispiel hier im Forum.
Nur die eine oder gar keine.
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Momo
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Re: Mindfuck, Oneitis, Blockade

Beitrag von Momo »

Haben wir dafür nicht schon den Begriff des OdB?
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Re: Mindfuck, Oneitis, Blockade

Beitrag von soukous »

Tintenmalerin hat geschrieben:Haben wir dafür nicht schon den Begriff des OdB?
OdB ist ein wertneutraler Begriff, der nur besagt, dass man auf jemanden steht.

Oneitis ist spezieller und meint: (Übersteigerte) romantische Verliebtheit.
Das wird von den PickUp-lern abgeleht.
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Re: Mindfuck, Oneitis, Blockade

Beitrag von NBUC »

Wobei die PUAs meiner Ansicht nach arg schnell mit der Onitis sind, weil ihre Tipps eben weitestgehend nicht auf den Einzelfall abzielen, sondern über Dreistigkeit und große Zahlen funktionieren und damit in solchen Fällen, wo jemand bestimmtes erobert werden soll, eben versagen, einzugestehen, dass man aber letztlich auf zufällige, empfängliche Opfer zielt irgendwo geschäftsschädigend wäre... .
Natural Born UnCool

Alle gesellschaftlichen Betrachtungen enthalten zwangsläufig Verallgemeinerungen und werden daher Ausnahmen und Einzelfälle enthalten, denen sie nicht gerecht werden können.

wenn ich nicht antworten sollte heißt das nicht, dass du Recht hast, sondern ich kein Internet!
Jürgen

Re: Mindfuck, Oneitis, Blockade

Beitrag von Jürgen »

@Steven1983:


Erstmal danke für deine Rückmeldung, nachdem mehr als hundert Leser den Beitrag angeklickt hatten und offenbar nichts damit anfangen konnten.
Bei mir ist es sogar so, dass ich, wenn ich eine Frau kennenlerne bzw. flüchtig kenne, die mir nonverbal zu verstehen gibt, dass sie mich zumindest sympathisch findet, mich gar nicht mehr traue, weitere Schritte zu wagen. Ich frage sie also nicht, ob wir mal zusammen einen Kaffee trinken gehen könnten, weil ich, wenn wir uns den Weg laufen und sie mich anlchelt, schon gleich denke." Wenn sie nur wüsste..."


Das würde mir ähnlich gehen. Ich formuliere im Konjunktiv, weil ich von mir aus gar keine "Dates" mehr anstrebe, wohl wissend, dass weitere Schritte zwangsläufig scheitern würden.
Ich habe aufgrund meiner in Kindheit und Jugend erworbenen Defizite mein Studium und es auch nicht auf den ersten Arbeitsmarkt nicht geschafft.


Ich habe nach vier Semestern mein Studienfach gewechselt, unter anderem deshalb, weil ich mich damit gegenüber anderen minderwertig fühlte und der innere Kritiker mit stets das Gefühl gab, nicht das für mich Mögliche zu machen. Es war ein geisteswissenschaftliches Studium, in dem es keine formalen Ansprüche gab, die einzige Pflichtklausur durfte man als "Gruppenklausur" schreiben (was die meisten wohl auch getan hatten, obwohl es eigentlich nur Statistik auf Schulniveau war) und die anderen Scheine bekam man für Referate und Hausarbeiten, die nicht benotet wurden. Ich litt massiv unter der fehlenden Bestätigung meiner Leistung von außen und habe dann ein gymnasiales Lehramtsstudium mit zwei naturwissenschaftlichen Fächern begonnen, wo es dann natürlich Klausuren, klaren Lernstoff etc. gab und nach diesem Wechsel quälten mich die eingangs beschriebenen Minderwertigkeitsgefühle zumindest erstmal nicht mehr. Inwiefern der Wechsel meinen Interessen (im Sinne von sich interessieren für etwas) entsprach, kann ich gar nicht so genau sagen, mir fällt es schwer, aus meinem Gefühlschaos heraus meine eigentlichen Interessen zu finden.

Ich erinnere mich, dass ich mich in den Vorlesungen nicht wirklich konzentrieren konnte, ich verspürte eine schwer zu beschreibende innere Unruhe und verlor mich regelmäßig in Träumereien, so dass ich den Lernstoff eigentlich immer zuhause mit Skripten und Büchern nachgearbeitet habe. In Übungen oder kleinen Seminaren, wo ich damit rechnen musste, vom Dozenten angesprochen zu werden, half dieser Druck mir bei der Konzentration.

Klausuren und Prüfungen habe ich in der Regel ganz gut bewältigt, meine schlechtesten Noten hatte ich auf die Laborarbeit, weil ich mittags nach den langen Vorlesungen oft total müde, lustlos und demotiviert war. Ich war schlecht vorbereitet, unkonzentriert und brauchte daher oft lange.
Mache dir bewusst was du im Leben alles geschafft und lass´dich nicht vom Geschwätz anderer herunterziehen. Wenn dich solche Aussagen so treffen wäre vielleicht auch eine Psychotherapie ratsam. Es kann sein dass sich solche negativen Gedankenspiralen verschlimmern und du in eine schwere Depression verfällst, vielelicht nicht jetzt, aber in ein paar Jahren, wenn du älter bist und auf "verlorene Jahre" zurückblicken könntest.


Darüber habe ich auch schon nachgedacht, allerdings war meine letzte Therapieerfahrung recht enttäuschend. Ich hatte seit meiner Teenagerzeit Phasen, in denen ich starke Angst vor dem Tod durchlebte und während derer ich mich immer wieder fast zwanghaft mit dem Thema beschäftigen musste, irgendwann war der Leidensdruck dann so groß, dass ich mich an ein damals bestehendes psychotherapeutisches Beratungszentrum an der Uni wandte. Das galt als renommiert und nach anerkannten wissenschaftlichen Methoden arbeitend, aber bereits beim Erstgespräch hatte ich den Eindruck, dass die ("erstaufnehmende") Therapeutin mein Problem nicht mal ansatzweise verstand. Sie vermittelte mich dann an eine Kollegin, die dann aber erst nicht zu erreichen und danach wohl ausgelastet war, ich erinnere mich nicht mehr so genau. Irgendwann nahm mein Leidensdruck dann (wie immer) auch von allein wieder ab, so dass aus der Therapie nichts wurde.
Jürgen

Re: Mindfuck, Oneitis, Blockade

Beitrag von Jürgen »

@morningstar: Auch dir danke ich für deine Antwort.
Mittlerweile dennoch geschafft habe als Quereinsteiger in der IT Fuß zu fassen und überdurchschnittlich gut zu verdienen. Also immerhin keine Schamgefühle wegen der beruflichen Situation mehr.
Dann hast du jedenfalls (Ohne formale Ausbildung erworbene) Fähigkeiten, die du zu Geld machen kannst. Da kannst du zu recht stolz drauf sein, weil ich insoweit an die freie Marktwirtschaft glaube, als dass du dieses Geld nicht bekämst, wenn du keine Leistung erbrächtest. Ich wüsste leider nichts, was ich an beruflich verwertbaren Fertigkeiten aufweisen könnte und als Bemater bekomme ich mein zu hohes Gehalt ohne Beurteilung der zugrunde liegenden Leistung.
Ansonsten, hab ich nicht viel vorzuweisen fürchte ich. Gerade was Sozialkompetenz angeht, da fühle ich mich immerzu wie der beschissenste Versager. Nur wenige Freunde usw. Gibt einfach zu viel das ich da irgendwie "Nicht mitbekomme".
Ich bin mir nicht so recht sicher, wie man "Freunde" definiert, gerade Männer haben doch selten wirklich tiefgehende Freundschaften, in denen sie z.B. über persönliche Probleme reden. Ich habe momentan hauptsächlich durch meinen Sport Kumpels, mit denen ich auch sonst mal etwas unternehmen kann, wir reden zwar nicht über tiefe persönliche Problem,e, aber ich habe wenigstens Kontakt und Möglichkeiten, was in Gesellschaft zu unternehmen. Außerdem gibt es noch zwei gute Freunde aus Kinderzeiten, von denen ich zumindest den einen regelmäßig treffe. Trotzdem tue ich mich seit ich denken kann schwer mit Leuten, fühle mich beispielsweise auch unter meinen Kollegen oft fremd und irgendwie als Außenseiter, obwohl ich auch da ein paar Leute habe, die ich als Freunde bezeichnen würde.
Diese Coole Lockerheit habe ich einfach nicht. Kann Stundenlang über irgendwelche rationellen Themen reden, Smalltalk ist schon schwierig genug aber Flirten ist dann ein Ding der Unmöglichkeit, keine Ahnung wie das funktioniert ich kann es mit all meiner Verstandeskraft nicht erfassen. Zwischenmenschliches ist eben leider nicht logisch und das was andere intuitiv richtig machen weil sie emotionsgeladen handeln erfordert bei mir eben ein solches Maß an Analyse das ich da irgendwie einfach nicht mitkomme.
Das ist eher weniger mein Problem, ich glaube schon, dass ich (zumindest in guten Phasen) charmant sein kann und auch das Grundknzept des Flirtens verinnerlicht habe und anwenden kann. Ich habe auch mal halbwegs intensiv Pickup-Literatur gelesen, was mir definitiv geholfen hat, und dann natürlich versucht, das Gelernte anzuwenden. Aber das hilft (wie im vorherigen Beitrag beschrieben) nur bis zu einem bestimmten Punkt. Ein guter Kumpel von mir kann überhaupt nicht flirten, aber er war hartnäckig und hat schließlich über eine Partnerbörse seine Frau gefunden. Ich würde meine elementaren Flirtfertigkeiten gegen seinen nicht vorhandenen Mindfuck tauschen...

Irgendwie fühle ich mich wie ein Vulkanier aus Star Trek welcher auf der Erde gestrandet ist und hier das Leben eines Aliens unter Menschen führen muss damit dann aber in keinster Weise zurecht kommt. Ob ich mich minderwertig fühle, ich bin es nicht. Aber wenn man so drauf ist wie ich dann ist es zweifelsohne eben so das man von vielen Menschen nunmal so behandelt wird als wäre man minderwertig. Das führt dann eben irgendwannmal dazu das sich solche Gedanken dann bei einem auch selbst einschleichen, wie man sich selbst sieht hängt ja schließlich durchaus vom Urteil anderer ab.
Ich würde nicht sagen, dass ich fortlaufend als minderwertig behandelt werde, gerade Frauen ahnen glaube ich oft nichts von meinem Innenleben bzw. AB-Zustand, da ich wie gesagt halbwegs flirten und in Gesellschaft auch durchaus witzig sein kann, zumindest solange ich nicht gerade wieder eine negative Phase habe. Richtig ist aber, dass es einige wenige negative und kritische Bermerkungen zu meiner Person bzw. meiner Lebensweise gab, die der "innere Kritiker" dann übernommen hat und die immer noch negative Emotionen in mir hervorrufen, wenn ich daran denke.
Jürgen

Re: Mindfuck, Oneitis, Blockade

Beitrag von Jürgen »

@tintenmalerin:
Was ist Oneitis?
Bezüglich der Erklärung sind mir ja schon andere zuvorgekommen, als zusätzliche Information empfehle ich das Video "Why Oneitis is an Illusion" auf youtube, finde es recht gut, auch wenn ich andere Beiträge des Autors weniger schätze.
Hast du irgendwen, der dir dabei helfen kann, mit diesen Gedankenspiralen umzugehen? Methoden dafür? Kannst du dem mental bzw. psychisch etwas entgegensetzen?
Andere Menschen außerhalb des Internets? Nein, weil ich mich schäme, mit anderen darüber zu reden und ich nicht glaube, dass andere meine Probleme nachvollziehen können. Selbst mein AB-Kumpel, mit dem ich früher ab und zu mal persönlichere Dinge besprochen hatte, konnte mich überhaupt nicht verstehen. Wahrscheinlich gehen die meisten menschen intuitiv davon aus, dass andere bestimmte Situationen genauso wahrnehmen, interpretieren und empfinden wie sie, aber das ist halt nicht der Fall.
So, wie du es beschreibst, rettest du dich daraus eher durch Ablenkung. Also Vermeidung, bis die Gedanken zumindest nicht mehr ganz so schlimm sind.
Mit deiner Vermutung, dass ich mir eher durch Ablenkung zu helfen versuche, liegst du sicherlich richtig. Wege zu einer "ursächlichen" Behandlung kenne ich nicht und bezweifele mittlerweile auch, dass es sie gibt, also versuche ich, die Symptome zu minimieren, um wenigstens meinen Job und Alltag halbwegs zu bewältigen und nicht anzuecken bzw. als Freak dazustehen.
Was mir hilft ist Ausdauersport, den ich recht intensiv betreibe sowie auch das Zusammensein mit anderen, gar nicht gut tut mir das Alleinsein in der Wohnung, beim Lesen oder geistigen Arbeiten kann ich mich schlecht konzentrieren (ungünstig bei meinem Job, wo ich viel zu Hause am Schreibtisch arbeiten müsste), Trost finde ich auch in der Literatur, z.B. bei Michel Houellebecq oder Heinz Strunk.
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Momo
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Re: Mindfuck, Oneitis, Blockade

Beitrag von Momo »

Also alleine kommst du im Moment nicht weiter. Was spricht dagegen, noch einmal zu versuchen, einen Therapeuten zu finden?
Jürgen hat geschrieben:Wahrscheinlich gehen die meisten menschen intuitiv davon aus, dass andere bestimmte Situationen genauso wahrnehmen, interpretieren und empfinden wie sie, aber das ist halt nicht der Fall.
Wovon soll man auch ausgehen wenn nicht von sich selber? Kann man nur versuchen, keine voreiligen Schlüsse zu ziehen und gegebenenfalls durch Kommunikation den Eindruck zu korrigieren.
Jürgen hat geschrieben:Nein, weil ich mich schäme, mit anderen darüber zu reden und ich nicht glaube, dass andere meine Probleme nachvollziehen können. Selbst mein AB-Kumpel, mit dem ich früher ab und zu mal persönlichere Dinge besprochen hatte, konnte mich überhaupt nicht verstehen.
Wie sähe denn eine Reaktion aus, bei der du dich verstanden fühlen würdest?
Ich kenne das Gefühl, wenn ich mich mit meinen Problemen nicht ernst genommen werde. Meine Schwester hat oft versucht, Probleme wegzudiskutieren. "So schlimm kann es doch nicht sein."
Mittlerweile bin ich zufrieden, wenn jemand anerkennt, dass ich ein bestimmtes Problem habe und sensibel damit umgeht, egal, wie viel Verständnis er nun tatsächlich dafür hat.

Ich lass mich mal nicht darüber aus, was ich von dem Gedankengut in dem Video halte :upps:
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Re: Mindfuck, Oneitis, Blockade

Beitrag von Blau »

Jürgen hat geschrieben: Hat jemand eine Idee, warum ich Situationen und Sachverhalte emotinal so stark bewerte, während andere das nicht tun? Weiß vielleicht jemand sogar, was man dagegen machen kann?
Hm, also meine erste Idee wäre dass du ein besonders schwaches Selbstbewusstsein hast. Du glaubst nichts oder nur wenig zu haben worauf du stolz sein kannst und siehst Kleinigkeiten als gravierendes persönliches Versagen. Ich denke du müsstest ein anderes Verhältnis zu dir selber bekommen. Wie du das machst musst du selber rausfinden, ob du dafür therapeutische Hilfe in Anspruch nehmen willst oder ob du es selber schaffst dir das aufzubauen kann dir hier wahrscheinlich niemand sagen. Alles Gute :vielglueck: