Sozialphobie

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Momo
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Sozialphobie

Beitrag von Momo »

Ich hab vor einer Weile mal ein Referat über Angststörungen gehalten und mich in dem Zusammenhang auch mit der Sozialphobie beschäftigt. In der Beschreibung hab ich mich selbst wiedererkannt, bzw. mein Schulzeit-Ich. Wenn ich jetzt daran zurückdenke, erkenne ich mich kaum noch wieder.
Erst letztes Wochenende war ich auf einem AB-Treffen. Mit anderen Worten, ich bin alleine in eine andere Stadt gefahren, um eine Gruppe von Leuten zu treffen, von denen ich niemanden kannte. Und es hat mich nur ein ganz kleines bisschen Überwindung gekostet, mich tatsächlich anzumelden. Ich könnte stolz auf mich sein, aber irgendwie hab ich das Gefühl, das ich das gar nicht mehr sein brauche.
Ich bin also Lichtjahre weiter. Aber wie hab ich das überhaupt geschafft?

Ich komme irgendwie nur auf den seltsamen Gedanken, dass ich in unzähligen kleinen Entscheidungen ziemlich gnadenlos mir selbst gegenüber war. Wenn ich etwas machen wollte, aber so viel Angst hatte, dass ich am liebsten weggelaufen wäre, habe ich mich durchgequält. Augen zu und durch, Aufgeben ist nicht.

Mich würden eure Erfahrungen mit dem Thema interessieren.
Also was kann man gegen eine Sozialphobie machen? Was hilft?
Was traut ihr euch noch gerade so zu?
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Wenona

Re: Sozialphobie

Beitrag von Wenona »

Tintenmalerin hat geschrieben: Mit anderen Worten, ich bin alleine in eine andere Stadt gefahren, um eine Gruppe von Leuten zu treffen, von denen ich niemanden kannte.
Dass Fremde mehr Angst machen als Bekannte ist ein weit verbreiteter Irrglaube. :roll:
Ebenso, dass Angst weniger wird, wenn man sich ihr stellt. :?
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Versingled
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Re: Sozialphobie

Beitrag von Versingled »

Hmh ... schwierige Frage. Obwohl ich sicher Verhaltensweisen zeige, die man als Sozialphobie bezeichnen könnte ... würde ich für mich eher sagen, dass es weniger eine Phobie ist ... dafür aber eher das "Wissen, nicht willkommen zu sein" ... und es sich deswegen nicht "lohnt" sich den Mitmenschen in irgendeiner Art und Weise zu nähern. Ich hoffe Du verstehst, was ich meine ...
Zukünftig hauptsächlich im https://www.ab-forum.de zu finden.
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Re: Sozialphobie

Beitrag von Mit müden Augen »

Tintenmalerin hat geschrieben:Also was kann man gegen eine Sozialphobie machen? Was hilft?
Meines Wissens (psychologischer Laie aber Betroffener) ist kognitive Verhaltenstherapie, eventuell in der Gruppe am Effektivsten, aber natürlich wirkt das auch nicht bei jedem (z.B. mir).
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Re: Sozialphobie

Beitrag von Wenona »

Tintenmalerin hat geschrieben: Was hilft?
Tranquilizer. :D
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Nell The Sentinel
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Re: Sozialphobie

Beitrag von Nell The Sentinel »

Wenona hat geschrieben:
Tintenmalerin hat geschrieben: Was hilft?
Tranquilizer. :D
Die helfen nur symptomatisch, sind aber ebenfalls ein Vermeidungsverhalten. Das Grundproblem bleibt damit weiter bestehen.
Baustelle :hallo:
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Unkreativer
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Re: Sozialphobie

Beitrag von Unkreativer »

Ob es bei mir eine Sozialphobie oder nur Schüchternheit ist, weiß ich nicht, aber das wirksame Mittel ist wohl altbekannt: Konfrontation. So habe ich es nicht nur bei der Sozialphobie geschafft. Ich denke aber, dass auch der Wille dazugehört. Man kann sich zur Konfrontation zwingen lassen, aber dann wird man (meine Erfahrung) eher abblocken und die Phobie noch verstärken.
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Re: Sozialphobie

Beitrag von Mit müden Augen »

Unkreativer hat geschrieben:Ob es bei mir eine Sozialphobie oder nur Schüchternheit ist, weiß ich nicht, aber das wirksame Mittel ist wohl altbekannt: Konfrontation. So habe ich es nicht nur bei der Sozialphobie geschafft. Ich denke aber, dass auch der Wille dazugehört. Man kann sich zur Konfrontation zwingen lassen, aber dann wird man (meine Erfahrung) eher abblocken und die Phobie noch verstärken.
Exakt. In der kognitiven Verhaltenstherapie ist es ganz klar: Die Konfrontation muss freiwillig erfolgen, in kleinen Schritten, man muss sie bewusst machen (nicht nebenbei beim Einkaufen) und immer so lange warten bis die Angst deutlich (50%?) nachgelassen hat.

edit: Wer sich fragt ob er betroffen ist, es gibt Tests im Internet. Diese ersetzen natürlich keinesfalls eine Diagnose durch einen Arzt/Psychologen aber können einen Anhaltspunkt geben. Allerdings sollte man nicht einen hausgemachten Test von irgendeiner Webseite nehmen sondern etwas was wissenschaftlich anerkannt ist - wobei sich natürlich die Frage stellt wie man das rausfindet. Ich erinnere mich an das Ding, erster (ungeprüfter!) Suchmaschinentreffer ist http://www.angst-auskunft.de/Soziale-Ph ... -Skala.htm (nicht interaktiv). Es gibt auch noch einen Test zur Selbstbehauptung den ich aber auf die Schnelle irgendwie nur auf französisch finde. http://www.psychomedia.qc.ca/tests/eche ... -de-rathus
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Lazarus Long
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Re: Sozialphobie

Beitrag von Lazarus Long »

Zu der Zeit als ich meine Probleme im Umgang mit Menschen hauptsächlich hatte, habe ich den Begriff Soziale Phobie nie gehört.
Geholfen hat mir letztlich eine Selbsthilfegruppe und eine Art selbstgestaltete Verhaltenstherapie, bei der ich mich immer wieder in Situationen begeben habe, die ich gerade noch bewältigen konnte.
Nicht geholfen haben mir Beruhigungsmittel. Andauernd mit dem Schlaf zu kämpfen ist nicht hilfreich.
Nicht geholfen hat mir Saroten. Nie hatte ich mehr Angst, als nach Einnahme der Tabletten.
Im Grunde sind es doch die Verbindungen mit Menschen, die dem Leben seinen Wert geben.

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Re: Sozialphobie

Beitrag von Captain Unsichtbar »

Mhm schwierige Frage. Ich selbst habe ein sehr ausgeprägte soziale Angsstörung, d.h. dass für mich viele Tätigkeiten im Alltag welche für normal gesunde Menschen nicht der Rede wert sind, eine grosse Herausforderung darstellen. Das können so banale Dinge wie Ticketautomat oder Supermarktkasse sein. Ich habe zwar viele Fortschritte gemacht in den letzten Jahren, aber so richtig besser ist es auch nicht. Und die vielgepriesene Konfrontation nützt halt so gar nichts. Ich meine, ich werde durch den Alltag sowieso immer in solche Situationen gezwungen und auch nach dem hundertsten Mal bekomme ich immer noch regelrecht Panik davor.
Was mir aber auch auffällt, dass oft viele Menschen sich von dem Wort "sozial" fehlleiten lassen, und diese Angsstörung mit zwischenmenschlicher Kommunikationsunfähigkeit oder ähnlichem verwechseln. Auch mit Schüchternheit hat das wenig gemein.
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Re: Sozialphobie

Beitrag von Mit müden Augen »

Und die vielgepriesene Konfrontation nützt halt so gar nichts. Ich meine, ich werde durch den Alltag sowieso immer in solche Situationen gezwungen und auch nach dem hundertsten Mal bekomme ich immer noch regelrecht Panik davor.
Situation in die du gezwungen wirst helfen nicht, Konfrontation muss freiwillig erfolgen. So sagen es jedenfalls die Verhaltenstherapeuten (siehe oben), kann man sicher drüber diskutieren (nein interessiert mich nicht), wobei ich der Aussage schon irgendwie zustimme.
Zum Thema Supermarktkasse, ich bin ein großer Freund der "Sie scannen selber"-Kassen die es hier gibt (und die vermutlich primär existieren um Arbeitsplätze und somit Kosten zu sparen :roll: ).
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Re: Sozialphobie

Beitrag von Saraj »

Eine angefangene Verhaltenstherapie hat mir nicht sehr viel geholfen. Ich musste nebenbei noch meine Depression therapieren lassen, was nicht gerade einfach war, die Lösungswege waren sehr vorhersehbar und mir irgendwie zu künstlich und meine Therapeutin meinte, ich sei zu perfektionistisch. Konfrontationssituationen selbst herstellen muss ich gar nicht, weil das ganze Leben eine einzige Konfrontation ist. (Die Uni, die Arbeit, Telefonate, irgendwelche Treffen ...) :lol: Aber es hilft auf jeden Fall, sich jeden Tag neu dazu zu ermutigen, Schritt für Schritt mehr am Schlachtfeld Leben teilzunehmen. (keine zu hohen Ziele setzen, wirklich nur ganz kleine Schritte) Indem man sich so akzeptiert, wie man ist. Also seine Angst nicht zwanghaft wegdrücken, sondern als Teil von sich akzeptieren, willkommen heißen und gewissermaßen sogar lieb gewinnen. Es wird immer wieder Menschen geben, die mich distanziert, neutral oder passiv erleben und davon irritiert oder gar verärgert sind. Aber die SP und auch meine Introversion gehören zu meinem Wesen, das war immer schon so und das wird bis zu einem gewissen Grad auch so bleiben. :)
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Re: Sozialphobie

Beitrag von Captain Unsichtbar »

Mit müden Augen hat geschrieben:Zum Thema Supermarktkasse, ich bin ein großer Freund der "Sie scannen selber"-Kassen die es hier gibt (und die vermutlich primär existieren um Arbeitsplätze und somit Kosten zu sparen :roll: ).
Gerade die finde ich wesentlich schlimmer im Bezug auf meine Angststörung. Es ist mir jedes Mal ein Graus, wenn ich sehe, wie fast alle dorthin gehen (vor allem in meiner Altersgruppe :roll:). Wenn ich mit jemandem zusammen einkaufe, muss ich mir dann immer eine Ausrede ausdenken, weshalb ich lieber zur normalen Kasse gehe. Dort muss ich wenigstens nichts wissen, bloss Geld hinhalten und möglichst ungesehen verschwinden. :mrgreen:

Zur Konfrontation: und wie will man das freiwillig machen? Der Alltag passiert nun mal. Es geht ja nicht bloss um hochgestochene Ziele.
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Unkreativer
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Re: Sozialphobie

Beitrag von Unkreativer »

Captain Unsichtbar hat geschrieben:Zur Konfrontation: und wie will man das freiwillig machen? Der Alltag passiert nun mal. Es geht ja nicht bloss um hochgestochene Ziele.
Zuerst mal, nicht vermeiden. Man ist im Zug und will sich hinsetzen, aber in jeder Sitzgruppe sitzt schon jemand. Dann nicht stehenbleiben, sondern sich dazusetzen. An der Kasse stehen schon andere an. Dann nicht nochmal weggehen, bis niemand mehr ansteht, sondern sich einfach anstellen. Man sucht etwas im Laden und findet es nicht. Dann nicht einfach wieder gehen, sondern jemanden fragen.
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Captain Unsichtbar
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Re: Sozialphobie

Beitrag von Captain Unsichtbar »

Unkreativer hat geschrieben:
Captain Unsichtbar hat geschrieben:Zur Konfrontation: und wie will man das freiwillig machen? Der Alltag passiert nun mal. Es geht ja nicht bloss um hochgestochene Ziele.
Zuerst mal, nicht vermeiden. Man ist im Zug und will sich hinsetzen, aber in jeder Sitzgruppe sitzt schon jemand. Dann nicht stehenbleiben, sondern sich dazusetzen. An der Kasse stehen schon andere an. Dann nicht nochmal weggehen, bis niemand mehr ansteht, sondern sich einfach anstellen. Man sucht etwas im Laden und findet es nicht. Dann nicht einfach wieder gehen, sondern jemanden fragen.
Das ist ja eben genau das was sowieso im Alltag passiert. @Mit müden Augen meinte aber man müsse das freiwillig machen, sonst bringe es nichts.
Mir fällt aber auch gerade auf wie unterschiedlich diese Angst sein kann. Die von dir genannten Beispiele erlebe ich zB so gar nicht. Das mit dem Hinsetzen ist kein Problem, mache ich immer. Dabei erwartet ja niemand etwas von mir und ich muss auch nicht sprechen. Kasse ist eigentlich auch nur dann ein Problem wenn ich etwas gefragt werde oder aus anderen Gründen zu mehr Interaktion als den blossen Waren-Geldtausch genötigt werde. Und bei der Hilfe im Laden, habe ich aus Erfahrung gelernt, dass ich schlussendlich doch immer alles selber suchen muss, die Angestellten wissen meist weniger als ich selbst. :mrgreen:
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Re: Sozialphobie

Beitrag von Mit müden Augen »

Captain Unsichtbar hat geschrieben:Zur Konfrontation: und wie will man das freiwillig machen? Der Alltag passiert nun mal. Es geht ja nicht bloss um hochgestochene Ziele.
Man muss halt zusätzlich zum Alltag absichtlich Situationen schaffen (langsam!!!). Ich bin eine Zeit lang zum Beispiel ganz normal einkaufen gegangen und dann nochmal in den Supermarkt nur zur Konfrontation, ohne etwas einzukaufen.
Eine angefangene Verhaltenstherapie hat mir nicht sehr viel geholfen. Ich musste nebenbei noch meine Depression therapieren lassen,
Für Depressive ist Verhaltenstherapie bei Phobien schwierig und meines Wissens auch nicht empfohlen weil sie Kraft und Energie fordert die aber meistens schon kaum für den Alltag reicht. (Jedenfalls bei mir, weswegen ich auch keine Verhaltenstherapie mehr machen werde, jedenfalls nicht solange ich depressiv bin also bis zu meinem Lebensende, ich bin pessimistisch).
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Re: Sozialphobie

Beitrag von Mit müden Augen »

Unkreativer hat geschrieben:
Captain Unsichtbar hat geschrieben:Zur Konfrontation: und wie will man das freiwillig machen? Der Alltag passiert nun mal. Es geht ja nicht bloss um hochgestochene Ziele.
Zuerst mal, nicht vermeiden. Man ist im Zug und will sich hinsetzen, aber in jeder Sitzgruppe sitzt schon jemand. Dann nicht stehenbleiben, sondern sich dazusetzen. An der Kasse stehen schon andere an. Dann nicht nochmal weggehen, bis niemand mehr ansteht, sondern sich einfach anstellen. Man sucht etwas im Laden und findet es nicht. Dann nicht einfach wieder gehen, sondern jemanden fragen.
(Laienmeinung:) Sowas kann bei Ängsten helfen, aber nicht bei richtigen Phobien, die sind deutlich stärker und stärker verankert. (Wohlgemerkt will ich nicht die Ängste irgendwelcher Personen runterspielen oder so!) Und zumindestens an der Kasse (und im Zug wenn man aussteigen muss) kann man nicht so lange in der Situation bleiben bis die Angst um 50% oder mehr gesunken ist und das ist fatal, denn es unterstützt das Vermeidungsverhalten sogar noch ("Sobald ich aus der Situation verschwinde geht es mir wieder besser -> ich tue gut daran zu vermeiden", "Wie gut dass ich gegangen bin, sonst wäre vielleicht doch noch was Schreckliches passiert", "Es war so schrecklich, ich traue mich das nie wieder" vs "Schlussendlich war es erträglich" wenn man lange genug wartet usw). Es ist extrem wichtig wirklich so lange zu warten bis die Angst deutlich gesunken ist damit das Gehirn lernt dass nichts passiert ist. Und es muss freiwillig und bewusst sein.
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Re: Sozialphobie

Beitrag von Wenona »

Unkreativer hat geschrieben:
Captain Unsichtbar hat geschrieben:Zur Konfrontation: und wie will man das freiwillig machen? Der Alltag passiert nun mal. Es geht ja nicht bloss um hochgestochene Ziele.
Zuerst mal, nicht vermeiden. Man ist im Zug und will sich hinsetzen, aber in jeder Sitzgruppe sitzt schon jemand. Dann nicht stehenbleiben, sondern sich dazusetzen. An der Kasse stehen schon andere an. Dann nicht nochmal weggehen, bis niemand mehr ansteht, sondern sich einfach anstellen. Man sucht etwas im Laden und findet es nicht. Dann nicht einfach wieder gehen, sondern jemanden fragen.
Hat alles nichts mit Sozialphobie zu tun.
Mit müden Augen hat geschrieben: Und zumindestens an der Kasse (und im Zug wenn man aussteigen muss) kann man nicht so lange in der Situation bleiben bis die Angst um 50% oder mehr gesunken ist und das ist fatal, denn es unterstützt das Vermeidungsverhalten sogar noch [...]. Es ist extrem wichtig wirklich so lange zu warten bis die Angst deutlich gesunken ist damit das Gehirn lernt dass nichts passiert ist. Und es muss freiwillig und bewusst sein.
Angst verschwindet nicht wie durch Zauberhand von alleine.
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Re: Sozialphobie

Beitrag von Mit müden Augen »

Wenona hat geschrieben:
Mit müden Augen hat geschrieben:Und zumindestens an der Kasse (und im Zug wenn man aussteigen muss) kann man nicht so lange in der Situation bleiben bis die Angst um 50% oder mehr gesunken ist und das ist fatal, denn es unterstützt das Vermeidungsverhalten sogar noch [...]. Es ist extrem wichtig wirklich so lange zu warten bis die Angst deutlich gesunken ist damit das Gehirn lernt dass nichts passiert ist. Und es muss freiwillig und bewusst sein.
Angst verschwindet nicht wie durch Zauberhand von alleine.
Wenn man sich eine Situation aussucht die noch erträglich ist und lang genug bleibt ist die Angst am Ende deutlich geringer. Und wenn man das oft genug macht und nach den oben beschriebenen Grundsätzen kann die Angst auch tatsächlich dauerhaft deutlich sinken bzw steigt nicht mehr oder nur noch wenig. Komplett verschwinden wird sie vermutlich nie, aber das ist auch gar nicht nötig. Verhaltenstherapie ist wissenschaftlich anerkannt, das funktioniert, aber natürlich wie alles nicht bei jedem Menschen.
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Re: Sozialphobie

Beitrag von Momo »

Wenona hat geschrieben:Dass Fremde mehr Angst machen als Bekannte ist ein weit verbreiteter Irrglaube. :roll:
Wie kann man über seine eigenen Ängste einem Irrglauben anhängen?
Wenona hat geschrieben:Ebenso, dass Angst weniger wird, wenn man sich ihr stellt. :?
Wenona hat geschrieben:Angst verschwindet nicht wie durch Zauberhand von alleine.
Wie kann man Angst denn dann loswerden?
Versingled hat geschrieben:dafür aber eher das "Wissen, nicht willkommen zu sein" ... und es sich deswegen nicht "lohnt" sich den Mitmenschen in irgendeiner Art und Weise zu nähern. Ich hoffe Du verstehst, was ich meine ...
Ich glaube schon. Aber ich finde es sehr schade, dass du das so empfindest. Wofür würde es sich denn noch "lohnen"?
Captain Unsichtbar hat geschrieben:Und die vielgepriesene Konfrontation nützt halt so gar nichts. Ich meine, ich werde durch den Alltag sowieso immer in solche Situationen gezwungen und auch nach dem hundertsten Mal bekomme ich immer noch regelrecht Panik davor.
Das ist wirklich schwierig. Stellt sich da gar kein Gewöhnungseffekt ein?
Captain Unsichtbar hat geschrieben:Was mir aber auch auffällt, dass oft viele Menschen sich von dem Wort "sozial" fehlleiten lassen, und diese Angsstörung mit zwischenmenschlicher Kommunikationsunfähigkeit oder ähnlichem verwechseln. Auch mit Schüchternheit hat das wenig gemein.
Wie grenzt du das denn zueinander ab?
Saraj hat geschrieben:Aber es hilft auf jeden Fall, sich jeden Tag neu dazu zu ermutigen, Schritt für Schritt mehr am Schlachtfeld Leben teilzunehmen. (keine zu hohen Ziele setzen, wirklich nur ganz kleine Schritte) Indem man sich so akzeptiert, wie man ist. Also seine Angst nicht zwanghaft wegdrücken, sondern als Teil von sich akzeptieren, willkommen heißen und gewissermaßen sogar lieb gewinnen.
Das trifft es wunderbar :)
Ist aber irgendwie wieder so eins dieser Dinge, wo ich nicht beschreiben kann, wie man das macht. Wie geht das, sich selbst und seine Ängste zu akzeptieren? Irgendwie... nach Eigenschaften an sich suchen, die man gut findet, die man an anderen gut findet. Und darauf aufbauend ein positives Selbstbild schaffen, dass auch Eigenschaften verkraftet, die man an sich selbst nicht mag. Das klingt aber so nach "Leichter gesagt als getan." :?
Saraj hat geschrieben:Es wird immer wieder Menschen geben, die mich distanziert, neutral oder passiv erleben und davon irritiert oder gar verärgert sind. Aber die SP und auch meine Introversion gehören zu meinem Wesen, das war immer schon so und das wird bis zu einem gewissen Grad auch so bleiben. :)
:umarmung2:
Mit müden Augen hat geschrieben:(Laienmeinung:) Sowas kann bei Ängsten helfen, aber nicht bei richtigen Phobien, die sind deutlich stärker und stärker verankert.
Hm, für mich ist eine Phobie "nur" eine pathologisch übersteigerte Angst. Gibt es da in deinen Augen einen qualitativen Unterschied?

Wie ist das eigentlich mit der Angst vor der Angst, bzw. körperlichen Angstreaktionen, die sich verselbstständigen?
Ich hatte in der Schule eine ganze Zeit lang mit so heftiger Übelkeit zu kämpfen, dass ich einen ziemlich großen Anteil meiner Konzentration dafür aufwenden musste, jede einzelne Stunde durchzustehen. Damit war ich auch so beschäftigt, dass ich mich gar nicht mehr mit den eigentlichen, tiefer liegenden Ängsten befassen konnte.
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