Sichtweisen

Alles zu Deiner persönlichen Situation, Deinen Erlebnissen und was Dir auf dem Herzen liegt als Absoluter Beginner.
ERSTER BEITRAG DES THEMAS
Bergkristall

Sichtweisen

Beitrag von Bergkristall »

Ich möchte dieses Thema als Ergänzung zu dem Zuversicht-Thread anbieten, den Tintenmalerin eröffnet hat.
Thematisch hängt es zusammen, ist aber nicht ganz Dasselbe.

Und wie der Zufall es so will, hat mir das Leben gerade das perfekte Beispiel geliefert.
Ich war kurz in der Stadt, um noch etwas zu erledigen. Da traf ich einen entfernten Arbeitskollegen.
Er arbeitet in unserer IT -Abteilung, was bedeutet, dass ich höchstens alle paar Wochen mit ihm zu tun hab.
Er hat sich schon oft mir gegenüber sehr unverträglich verhalten.
Wieso weiß ich nicht. Ich weiß nicht mal, wie er genau heißt, sondern nur wie er aussieht und wo er arbeitet.

Gerade eben standen wir uns an einer Ampel gegenüber.
Wir sahen uns in die Augen und ich nickte ihm freundlich lächelnd zu, um ihn zu grüßen.
Er aber sah mit wutverzerrtem Gesicht weg und als die Ampel grün wurde, ging er ohne zu grüßen an mir vorbei.

Jetzt gibt es für mich mehrere Möglichkeiten, das zu bewerten.
Wie ich das tue, hängt natürlich in der Regel auch an mir, daran wie ich mich gerade fühle, und wie mein genereller Blick auf die Welt ist.

Es gibt sexualisierte Sichtweisen.
a. Extrem positiv bis hin zu selbstüberschätzend (würde wohl auf viele Normalo Frauen zutreffen):

Wahrscheinlich ist er verknallt in mich oder findet mich einfach total scharf. Und weil er nicht die Eier in der Hose hat, das zuzugeben, ist er eben unfreundlich und ignoriert mich.

b. Extrem negativ / AB-Typisch bis teilweise krankhaft (konnte ich früher besonders gut):

Ich widere ihn total an: Er findet mich so hässlich und ekelhaft, dass er mir vorsichtshalber ganz deutlich zeigt, wo mein Platz aus seiner Sicht ist. Damit die fette Kuh bloss nicht auf die Idee kommt ihn etwa anbaggern zu wollen.

Dann gibt es die normaleren, objektiven Sichtweisen:

a. Er hat mich trotz des kurzen Augenkontaktes diesmal wirlich nicht gesehen, weil er in Gedanken ganz woanders war.
( Unwahrscheinlich in dem Fall, weil nicht das erste Mal, aber nicht ausgeschlossen)

b. Ich habe ihn mit irgendwas verärgert, das mir gar nicht bewusst ist. Vielleicht schlecht über jemanden gesprochen, der ihm wichtig ist. Oder jemand hat nur behauptet, ich hätte das getan. Oder ich habe irgendwelche extra Arbeit verursacht, die ihm auf den Geist gegangen ist.
Oder, oder, oder

c. Irgendwas, an das ich so gar nicht denke. Vielleicht auch irgendein normaleres Mittelding bei den sexualisierten Sichtweisen.

Worauf ich hinaus will:
Alles was uns jeden Tag im Leben passiert, jede Kleinigkeit, ganz egal in welchem Kontext, können wir für uns bewerten und einordnen.
Und wir tun das, ob uns das bewusst ist oder nicht.

Und wenn ich zum Beispiel jeden der mich ignoriert, oder der mal unfreundlich zu mir ist, weil er zum Beispiel Sorgen hat, oder einen schlechten Tag einordne unter "er schützt sich vor mir widerlicher, hässlicher Frau", dann hat das eine Außwirkung auf mich, auf mein Lebensgefühl, meine Austrahlung - einfach auf Alles.

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Solstice
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Re: Sichtweisen

Beitrag von Solstice »

Guter Beitrag!
Was nützt einem bei dem genannten Beispiel die negative Sichtweise? Nichts. Der Mann kennt dich ja nichtmals persönlich.

Mal sehen wie lange es dauert bis der Thread abdriftet in Richtung "aber alles immer positiv zu sehen wäre Selbstbetrug und Verblendung" ;)

Plot-Twist: Der Typ kennt dich seit Jahren, grüßt dich jeden Morgen und hat schon 8mal deinen Computer repariert. Du weißt aber immer noch nicht seinen Namen und behauptest, du würdest ihn selten sehen :lol:
Inzwischen auch im ab-forum.de zu finden :winken:
Bergkristall

Re: Sichtweisen

Beitrag von Bergkristall »

Das wird erfahrungsgemäß nicht lange dauern. ;)

Aber 100 Punkte für deinen Alternativ Plot.

Dann wäre wenigstens objektiv klar, wieso er langsam sauer ist. :mrgreen:
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Re: Sichtweisen

Beitrag von Tyralis Fiena »

Bergkristall hat geschrieben: 18 Sep 2017 14:06 Worauf ich hinaus will:
Alles was uns jeden Tag im Leben passiert, jede Kleinigkeit, ganz egal in welchem Kontext, können wir für uns bewerten und einordnen.
Und wir tun das, ob uns das bewusst ist oder nicht.
Na, ich bin nur wieder kleines bisschen erstaunt. Also erstaunt über die mögliche Wirkung, obwohl es sich dabei nur um einen entfernten Arbeitskollegen handelt. Und auch erstaunt , weil nach deiner Aussage jede Kleinigkeit, die uns passiert, eingeordnet wird. In der Ausführlichkeit überlege ich deren Gründe nur bei Menschen, die mir näher stehen. Aber stimmt schon, eine eigentlich harmlose (Nicht)reaktion kann, wenn sie z.b. auf eine explosive Laune trifft, ziemlich drastische Gegenreaktionen hervorbringen.
Wozn

Re: Sichtweisen

Beitrag von Wozn »

Also ich muß gestehen daß ich tendenziell ein Problem mit plakativem Optimismus habe.
Man sollte sich zwar tatsächlich nicht ständig kasteien & sich beizeiten vor Augen halten daß die meisten Menschen sich sehr viel weniger Gedanken um einen machen als man denkt, mir geht aber der ständige Appell "positiv" zu sein eher auf den Keks, weil ich immer das Gefühl habe daß er von Leuten kommt denen es ziemlich gut geht & die einfach nur keinen Bock auf Leute haben, denen nicht gerade die Sonne aus dem Hintern scheint.

Auf mich wirkt das oft wie Hohn, auch wenn es gar nicht so gemeint ist.
Da ich eine blühende Phantasie habe, neige ich z.B. dazu mich zu ermahnen "auf dem Teppich zu bleiben" & mir stets darüber klar zu sein, daß die Chancen mein ABtum zu beenden verschwindend gering, wenn nicht sogar nicht existent, sind. Da erscheinen mir Dinge wie "Zuversicht " & "positiv sein" oft als leere Versprechungen - besser man versucht sich mit der konkreten Situation abzufinden & macht sich klar daß man nicht aus Bosheit als unattraktiv bewertet wird, sondern weil man ganz einfach unattraktiv ist & die Mitmenschen eben gar nicht anders können als einen nicht begehrenswert zu fiden. Ich versuche also "den Frauen" zumindest zu vergeben & mich friedlich mit den bestehenden Realien abzufinden, mehr lässt sich da gar nicht machen.
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Captain Unsichtbar
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Re: Sichtweisen

Beitrag von Captain Unsichtbar »

Und ich dachte immer nur extreme Sozialphobiker meines Kalibers werten jedes kleinste Detail. Da habe ich wohl wieder mal was neues gelernt. :frech2:
Allerdings wäre die Frage tatsächlich interessant: was du jetzt als gegeben hinnimmst, trifft möglicherweise gar nicht auf alle zu, will heissen deine Fall A-Normalo-Frau würde diesen Gedanken womöglich gar nicht erst haben, weil sie einfach über so Kleinigkeiten steht? Also nur so eine Überlegung. Du gehst ja momentan davon aus, dass zwar jeder Mensch gleich viel wahrnimmt und gleich wichtig einstuft, sich aber in der Wertung der Wahrnehmung unterscheidet. Ich wage aber die Behauptung, dass wir Menschen uns in der Gewichtung(relevant/irrelevant/etwas dazwischen) einer Wahrnehmung noch stärker unterscheiden als in ihrer Wertung (positiv/neutral/negativ).
"And sometimes I get nervous
When I see an open door
Close your eyes, clear your heart
Cut the cord"
– The Killers
Bergkristall

Re: Sichtweisen

Beitrag von Bergkristall »

Captain Unsichtbar hat geschrieben: 18 Sep 2017 17:18 Und ich dachte immer nur extreme Sozialphobiker meines Kalibers werten jedes kleinste Detail. Da habe ich wohl wieder mal was neues gelernt. :frech2:
Allerdings wäre die Frage tatsächlich interessant: was du jetzt als gegeben hinnimmst, trifft möglicherweise gar nicht auf alle zu, will heissen deine Fall A-Normalo-Frau würde diesen Gedanken womöglich gar nicht erst haben, weil sie einfach über so Kleinigkeiten steht? Also nur so eine Überlegung. Du gehst ja momentan davon aus, dass zwar jeder Mensch gleich viel wahrnimmt und gleich wichtig einstuft, sich aber in der Wertung der Wahrnehmung unterscheidet. Ich wage aber die Behauptung, dass wir Menschen uns in der Gewichtung(relevant/irrelevant/etwas dazwischen) einer Wahrnehmung noch stärker unterscheiden als in ihrer Wertung (positiv/neutral/negativ).
Ich würde dir da nicht mal widersprechen wollen.
Weil wir natürlich auch nur Dinge und Menschen Werten, die wir als relevant wahrnehmen.
Bewusst oder unterbewusst.

Und in so einem Fall " drüber zu stehen " ist auch eine alternative Reaktion.

In dem realen Fall ist es mir übrigens tatsächlich egal, ob mich dieser Mann grüsst oder nicht oder mag oder nicht.
Ich habe so gut wie nichts mit ihm zu tun und die EDV Abteilung ist recht groß.

Ich habe ihn als Beispiel herausgegriffen, weil er mir zufällig begegnet war und mir einfiel, dass ich an so einer sozialen Situation wunderschön positive und negative Herangehensweisen an das Leben verdeutlichen kann.

Es ging um etwas Generelles.
Der EDV Typ war nur ein Beispiel.

Aber ja:
Zu meiner Glanz AB Jammer Zeit habe ich jedes kleinste Detail auf die Goldwaage gelegt. Auch ohne Sozialphobie.
Jede Bemerkung darauf gescannt ob sie eine Beleidigung gegen mich enthalten könnte.
Schliesslich war ich ja nichts wert und ich war gewöhnt und erwartete von jedem nur das Schlechteste.

Diesen Blick auf die Welt vermisse ich wirklich nicht, denn der ist echt deprimierend. ;)
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Re: Sichtweisen

Beitrag von BartS »

Bergkristall hat geschrieben: 18 Sep 2017 14:06 Worauf ich hinaus will:
Alles was uns jeden Tag im Leben passiert, jede Kleinigkeit, ganz egal in welchem Kontext, können wir für uns bewerten und einordnen.
Und wir tun das, ob uns das bewusst ist oder nicht.
Absolute Zustimmung. Leider kann man das nicht so bewusst steuern, aber es hilft zumindest zu verstehen, dass viele Dinge einfach unbewusst stattfinden.
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Momo
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Re: Sichtweisen

Beitrag von Momo »

Wozn hat geschrieben:Also ich muß gestehen daß ich tendenziell ein Problem mit plakativem Optimismus habe. [...]
Seh ich doppelt? *nachgucken geht*
Nein, ist tatsächlich Wort für Wort dieselbe Antwort. Inklusive Rechtschreibfehler...
BartS hat geschrieben:Leider kann man das nicht so bewusst steuern, aber es hilft zumindest zu verstehen, dass viele Dinge einfach unbewusst stattfinden.
Das sehe ich anders. Dinge, Situationen oder Verhaltensweisen auf eine bestimmte Art zu bewerten ist zwar ein unbewusster Prozess, aber letztlich nur eine Angewohnheit. Etwas, dass man sich also auch wieder abgewöhnen kann, indem man sich eine andere Angewohnheit aufbaut.
Dazu muss man diese unbewussten Denkmuster ins Bewusstsein holen und immer wieder bewusst durchbrechen.
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kreisel
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Re: Sichtweisen

Beitrag von kreisel »

@Bergkristall
find den Beitrag auch gut und plage mich oft mit mir selbst rum, wenn ich zu
negativ drauf bin. Kommt auch immer auf die Phase an und die emotionale Stimmung
vorher.
Das Bewusstmachen und umlernen dauert dann schon etwas länger.

Würde auch nicht so zum positiven tendieren (bin ganz toll, der Mann findet mich sexy),
sondern bin schon mit neutralen Alternativen zufrieden.
die sind ja meist auch realistischer, wie ich finde.

Wozn hat geschrieben: 18 Sep 2017 16:54 Also ich muß gestehen daß ich tendenziell ein Problem mit plakativem Optimismus habe.

Da ich eine blühende Phantasie habe, neige ich z.B. dazu mich zu ermahnen "auf dem Teppich zu bleiben" & mir stets darüber klar zu sein, daß die Chancen mein ABtum zu beenden verschwindend gering, wenn nicht sogar nicht existent, sind. Da erscheinen mir Dinge wie "Zuversicht " & "positiv sein" oft als leere Versprechungen - besser man versucht sich mit der konkreten Situation abzufinden & macht sich klar daß man nicht aus Bosheit als unattraktiv bewertet wird, sondern weil man ganz einfach unattraktiv ist & die Mitmenschen eben gar nicht anders können als einen nicht begehrenswert zu fiden. Ich versuche also "den Frauen" zumindest zu vergeben & mich friedlich mit den bestehenden Realien abzufinden, mehr lässt sich da gar nicht machen.
das würde ich jetzt auch als neutrales Interpretieren sehen.

Das mit der Zuversicht und eher positive Deutungen war der Thread mit der Zuversicht.
Peter

Re: Sichtweisen

Beitrag von Peter »

Tyralis Fiena hat geschrieben: 18 Sep 2017 16:33 Na, ich bin nur wieder kleines bisschen erstaunt. Also erstaunt über die mögliche Wirkung, obwohl es sich dabei nur um einen entfernten Arbeitskollegen handelt. Und auch erstaunt , weil nach deiner Aussage jede Kleinigkeit, die uns passiert, eingeordnet wird.
Captain Unsichtbar hat geschrieben: 18 Sep 2017 17:18 Und ich dachte immer nur extreme Sozialphobiker meines Kalibers werten jedes kleinste Detail. Da habe ich wohl wieder mal was neues gelernt.
Ich denke, es ist völlig normal, dass wir sehr schnell sehr viel wahrnehmen und bewerten. Manchmal bewusst, oftmals aber auch nur unbewusst.
Wir wirken auf die ein oder andere Weise immer auf unsere Mitmenschen.
BartS hat geschrieben: 18 Sep 2017 20:57 Leider kann man das nicht so bewusst steuern, aber es hilft zumindest zu verstehen, dass viele Dinge einfach unbewusst stattfinden.
Das geht in vielen Bereichen und in vielen Situationen durchaus.
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Solstice
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Re: Sichtweisen

Beitrag von Solstice »

Tintenmalerin hat geschrieben: 18 Sep 2017 22:01 Dinge, Situationen oder Verhaltensweisen auf eine bestimmte Art zu bewerten ist zwar ein unbewusster Prozess, aber letztlich nur eine Angewohnheit. Etwas, dass man sich also auch wieder abgewöhnen kann, indem man sich eine andere Angewohnheit aufbaut.
Dazu muss man diese unbewussten Denkmuster ins Bewusstsein holen und immer wieder bewusst durchbrechen.
So in etwa arbeiten doch auch Psychotherapeuten, oder? Man lernt, die negativen Denkmuster zu erkennen, zu hinterfragen und positivere oder zumindest neutrale Interpretationen in Betracht zu ziehen. Von daher ist Bergkristalls Beitrag mit dem Beispiel sehr treffend. :daumen:
Inzwischen auch im ab-forum.de zu finden :winken:
Bergkristall

Re: Sichtweisen

Beitrag von Bergkristall »

Solstice hat geschrieben: 19 Sep 2017 08:22
Tintenmalerin hat geschrieben: 18 Sep 2017 22:01 Dinge, Situationen oder Verhaltensweisen auf eine bestimmte Art zu bewerten ist zwar ein unbewusster Prozess, aber letztlich nur eine Angewohnheit. Etwas, dass man sich also auch wieder abgewöhnen kann, indem man sich eine andere Angewohnheit aufbaut.
Dazu muss man diese unbewussten Denkmuster ins Bewusstsein holen und immer wieder bewusst durchbrechen.
So in etwa arbeiten doch auch Psychotherapeuten, oder? Man lernt, die negativen Denkmuster zu erkennen, zu hinterfragen und positivere oder zumindest neutrale Interpretationen in Betracht zu ziehen. Von daher ist Bergkristalls Beitrag mit dem Beispiel sehr treffend. :daumen:
Ja richtig.
Genauso funktioniert eine gute Verhaltenstherapie.

Und in der Tat kann es das eigene Leben schon sehr bereichern, wenn man es von negativ zu wenigstens neutral schafft.
Besser natürlich noch zu ... nicht überzogen... positiv.
Wozn

Re: Sichtweisen

Beitrag von Wozn »

Das hängt wohl von der Ebene ab, über die wir sprechen, will heißen von dem konkreten Lebensbereich.

Wenn ich weiß daß ich etwas halbwegs gut kann, ist eine neutrale oder sogar positive Deutung möglicher Reaktionen okay, solange ich "auf dem Teppich bleibe" & nicht selbstgefällig werde.

Bei Dingen oder Situationen die ich nicht kann, bzw. zu denen mir auf natürliche Weise der Zugang fehlt (also z.B. Partnerfindung, bei nicht vorhandener Attraktivität), empfiehlt sich ein vosichtigerer Blick auf die eigene Person - nicht unbedingt ein negativer, aber wenn man noch nie als attraktiv wahrgenommen wurde ist es doch sehr unwahrscheinlich daß es sich einfach so, Schlag auf Schlag, ändert.

In der Regel sind die Mitmenschen aber eher nicht darauf aus einem aktiv zu schaden oder wirklich auf Konfrontatioinskurs - jenseits einer schulischen Peer-Group wird man viel seltener gemobbt, da Erwachsene einfach ganz andere Sorgen haben als Außenseiter zu hänseln oder zu demütigen. Es kommt natürlich vor (und scheint immer öfter vorzukommen), dafür müssen aber spezielle gruppendynamische Vorrausetzungen gegeben sein. In der Regel wird der/die komische AB auf der Arbeit oder sonstwo einfach nur ignoriert (und die wenigsten Leute wissen überhaupt was ein AB sein sollte....).

Das Problem beim ABtum ist, daß man ab einem bestimmten Zeitpunkt anfängt viel darüber nachzugrübeln warum einen denn Niemand attraktiv findet & darüber so ein bißchen paranoid wird.
Dadurch fängt man an überall mögliche versteckte Sticheleien oder Feindseligkeiten zu vermuten, wo meist gar keine sind. Weil das Selbstbewußtsein unter der Situation leidet fängt man an sich nicht nur in Bezug auf die eigene Attraktivität, sondern gänzlich zu hinterfragen & sieht dann plötzlich immer mehr hämische Fratzen, wo meist nur desinteressiertes Durch-einen-Hindurchblicken ist.

Dabei verwechselt man oft Äpfel mit Birnen:
Ich, zum Beispiel, würde mich durchaus als liebenswert bezeichnen. Die meisten Menschen, die ich kenne, mögen mich & ich hatte, seit der Schule, eigentlich nicht mehr mit Anfeindungen zu tun.
Auf dieser Ebene ist also alles okay.
Trotzdem weiß ich daß ich für Frauen unattraktiv bin, auf dieser Ebene geht nichts.
Das heißt aber nicht daß mir Jemand was Böses will, nur daß ich Frauen, als potentieller Partner, eben am Arsch vorbeigehe, aber schaden will mir Niemand, Frauen wollen halt nur nicht daß ich auch nur eine Sekunde lang glaube ich hätte Chancen bei ihnen, alles Andere in Bezug auf mich ist ihnen egal.

Man sollte diese Ebenen sauber trennen, um sich das Leben nicht noch schwerer zu machen als es als AB schon ist.
Nonkonformist

Re: Sichtweisen

Beitrag von Nonkonformist »

Die meisten menschen sind mir soviel kopfkino eigentlich nicht wert.
Es gab einige menschen die mich nicht gemocht haben, ohne das ich irgendeinen anlass dazu gegeben habe.
Aber keiner ist dazu verpflichtet mich zu mögen; sie dürfen von mich denken was sie wollen.

Gedanken mache ich mich nur bei menschen aus meinen engeren sozialkreis, und bei meinen direkten kollegen und chefs.
Alle anderen können von mich denken was sie wollen, das geht so mittlereweile ziemlich an mich vorbei.
Das leben ist einfach zu kurz um deswegen zu grübeln.
Und wann man damit aufhört, lebt man auch um einiges entspannter.
Wenona

Re: Sichtweisen

Beitrag von Wenona »

Peter hat geschrieben: 19 Sep 2017 07:35
Captain Unsichtbar hat geschrieben: 18 Sep 2017 17:18 Und ich dachte immer nur extreme Sozialphobiker meines Kalibers werten jedes kleinste Detail. Da habe ich wohl wieder mal was neues gelernt.
Ich denke, es ist völlig normal, dass wir sehr schnell sehr viel wahrnehmen und bewerten. Manchmal bewusst, oftmals aber auch nur unbewusst.
Wir wirken auf die ein oder andere Weise immer auf unsere Mitmenschen.
Genau, das im Eingangspost Beschriebene ist die ausführliche Beschreibung einer sekündlichen Wahrnehmung.
Wir werten immer, in jeder Sekunde. Müssen wir, sonst kämen wir nicht klar.
mit wutverzerrtem Gesicht
kann z.B. auch heißen:
- ihn hat die Sonne geblendet
- er hat Sozialphobie und hat sich von dir oder jemandem in deiner Nähe beobachtet gefühlt
- er hat in diesem Moment gerade an den gestrigen Anpfiff von seinem idiotischen Chef gedacht, oder an das statuierte Exempel von Negan bei TWD oder an beides gleichzeitig
- er hat Rückenschmerzen, und beim losgehen hat es besonders gezogen
- er hat eine psychiatrische Störung, und reagiert auf bestimmte Leute immer so, ähnlich wie jemand mit Tourette-Syndrom


Ich zwinge mich oft, deine 2. a), b) oder c) Variante mir ins Gehirn zu drücken.
An einigen Tagen glaube ich mir, an anderen nicht. :?
Meistens tendiere ich zu 1. b).
Alle zwei Jahre hab ich mal nen guten Tag, dann macht mir 1. a) Spaß. :roll:
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Re: Sichtweisen

Beitrag von Isa_01 »

Wenona hat geschrieben: 19 Sep 2017 19:08 Alle zwei Jahre hab ich mal nen guten Tag, dann macht mir 1. a) Spaß. :roll:
Ok, wenn wir Wenona also mit wutverzerrtem Gesicht auf der Strasse sehen wissen wir, dass heute nicht dieser gute Tag ist.

:-)
Morningstar

Re: Sichtweisen

Beitrag von Morningstar »

Nonkonformist hat geschrieben: 19 Sep 2017 14:20 Die meisten menschen sind mir soviel kopfkino eigentlich nicht wert.
Es gab einige menschen die mich nicht gemocht haben, ohne das ich irgendeinen anlass dazu gegeben habe.
Aber keiner ist dazu verpflichtet mich zu mögen; sie dürfen von mich denken was sie wollen.

Gedanken mache ich mich nur bei menschen aus meinen engeren sozialkreis, und bei meinen direkten kollegen und chefs.
Alle anderen können von mich denken was sie wollen, das geht so mittlereweile ziemlich an mich vorbei.
Das leben ist einfach zu kurz um deswegen zu grübeln.
Und wann man damit aufhört, lebt man auch um einiges entspannter.
Genau das ist eine gesunde Einstellung, man kann auch selbst mit sich glücklich und zufrieden sein ohne notwendigerweise von jedem gemocht zu werden. Interessanterweise ist es genau diese Einstellung die einen auch für andere Menschen attraktiver macht da man so selbstbewusst und stark rüber kommt. Ich bin dazu über gegangen mich nur noch um meine Belange und die von Familie/Freunden zu kümmern. Seitdem ich nicht mehr viel über das Wohlergehen der Welt und was andere denken könnten nachgrübel geht es mir immer besser.

Zu viel Rücksichtsnahme und ständiges Nachgeben bzw. "Nice Guy" Verhalten ist schlichtweg Verleugnung der eigenen Identität was einen zwangsläufig unglücklich und unattraktiv für andere Macht.
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Re: Sichtweisen

Beitrag von TheRealDeal »

Tyralis Fiena hat geschrieben: 18 Sep 2017 16:33
Bergkristall hat geschrieben: 18 Sep 2017 14:06 Worauf ich hinaus will:
Alles was uns jeden Tag im Leben passiert, jede Kleinigkeit, ganz egal in welchem Kontext, können wir für uns bewerten und einordnen.
Und wir tun das, ob uns das bewusst ist oder nicht.
Na, ich bin nur wieder kleines bisschen erstaunt. Also erstaunt über die mögliche Wirkung, obwohl es sich dabei nur um einen entfernten Arbeitskollegen handelt. Und auch erstaunt , weil nach deiner Aussage jede Kleinigkeit, die uns passiert, eingeordnet wird. In der Ausführlichkeit überlege ich deren Gründe nur bei Menschen, die mir näher stehen. Aber stimmt schon, eine eigentlich harmlose (Nicht)reaktion kann, wenn sie z.b. auf eine explosive Laune trifft, ziemlich drastische Gegenreaktionen hervorbringen.
Ich versuche wirklich nicht zu werten. Denn tue ich das, sage ich: "Du bist so!". Und dann ist der Schritt zu "Du bist so nicht richtig, wie Du bist!" nicht weit. Natürlich macht alles etwas mit uns. Mir bewusste Dinge, versuche ich neutral abzulegen. Zumindest solange, wie mir niemand etwas tut.

Grundsätzlich sind Menschen Herdentiere und daher wollen sich Menschen nicht unbeliebt machen oder ausgrenzen. Man möchte andere Menschen auch sympathisch finden und sich gut mit Ihnen verstehen, deswegen denke ich zunächst nicht negativ über Menschen, selbst, wenn deren Verhalten einen Anlass geben würde...
Angst verhindert nicht den Tod, aber sie verhindert das Leben.
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Re: Sichtweisen

Beitrag von Tyralis Fiena »

Wenona hat geschrieben: 19 Sep 2017 19:08
Genau, das im Eingangspost Beschriebene ist die ausführliche Beschreibung einer sekündlichen Wahrnehmung.
Wir werten immer, in jeder Sekunde. Müssen wir, sonst kämen wir nicht klar.
Unbewusst zwischen relevant und nicht relevant fürs Bewusstsein? Vielleicht auch bedrohlich? Ja, sicher. Sonst wäre u.a. die Informationsflut viel zu gross. Allein auf die bewusste Wertung trifft das allerdings auf die meisten wohl nicht zu. Das stelle ich mir auch ziemlich übel vor, wenn es anders wäre.

Da halte ich ähnlich es so wie meine Vorposter. Der andere Mensch wird einfach nur wahrgenommen, ohne denjenigen bewusst einzusortieren. Das trifft für gewöhnlich auch zu, wenn derjenige durch Verhalten oder nicht druckreife Ausdrücke versucht, einen zu provozieren. Während draussen vielleicht der Sturm tobt, herrscht im Kopf einfach nur friedliche Stille. :mrgreen: