Umgang mit sozialer Phobie im Alltag

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Re: Umgang mit sozialer Phobie im Alltag

Beitrag von Nonkonformist »

Wenona hat geschrieben: 03 Okt 2017 10:15
2. Die Sache mit dem Profil. Dabei geht es nicht nur um Kaltansprachen. Sondern u.a. auch darum, eine eigene Meinung zu haben, und zu vertreten, sich zu zeigen, zu dem zu stehen, was man sagt, und was man ist. Klarzumachen, was man will, und was man nicht will. Jemand ohne erkennbares Profil, ohne 'Charakter' ist absolut unattraktiv.
Mal ehrlich, glaubst du wirklich das die ABs hier im forum kein profil haben?
Eher beharren wir hier zu krass auf unseren eigenartigkeiten.
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Captain Unsichtbar
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Re: Umgang mit sozialer Phobie im Alltag

Beitrag von Captain Unsichtbar »

Wuchtbrumme hat geschrieben: 03 Okt 2017 11:20 Captain Unsichtbar, ich glaube, die sind einfach nur vom Thema abgekommen. Das ist ärgerlich aber in Foren normal, habe ich gemerkt.
Das ist mir schon bewusst und könnte ich so auch akzeptieren, das kommt ja öfter vor. Was mich aber gestört hat, ist das Beharren darauf, es hätte damit zu tun. Das finde ich einerseits ignorant anderseits auch auf eine gewisse Art beleidigend.
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Wuchtbrumme
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Re: Umgang mit sozialer Phobie im Alltag

Beitrag von Wuchtbrumme »

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Re: Umgang mit sozialer Phobie im Alltag

Beitrag von summertime »

Captain Unsichtbar hat geschrieben: 03 Okt 2017 10:39 Wer Partnersuche oder eine eigene Meinung haben mit sozialer Phobie vergleicht hat echt kein Ahnung um was es eigentlich geht... sorry aber selten so einen Schwachsinn gelesen. Aber ehrlich gesagt habe ich genau diese Entwicklung des Threads vorhergesehen. Ist immer das Gleiche. Ab irgendeinem Punkt wird einfach jede irgendwie geartet Angst die nur annähernd mit Menschen zu tun hat, in den Topf "Soziale Phobie" geworfen. :roll:
Ein ernsthafter Austausch ist ab diesem Punkt meist nicht mehr möglich.
Das liegt aber auch daran, dass soziale Phobie wirklich ein sehr weites Feld ist. Es kann durchaus sein, dass man aufgrund der Phobie Probleme bei der Partnersuche hat oder dass man aus Angst abgelehnt zu werden anderen "nach dem Mund redet" (kenne ich teilweise auch von mir). Solche Dinge müssen nichts mit Sozialphobie zu tun haben, es kann aber durchaus der Fall sein.
Ich bin auch von sozialer Phobie betroffen und habe mich gerade dazu durchgerungen, einen neuen Therapieversuch zu starten. Ich habe mir ehrlich gesagt bisher weniger Gedanken über die Form der Therapie gemacht, am Wichtigsten ist es mir, dass ich einen Therapeuten finde, von dem ich mich verstanden fühle. Bei meinem ersten Versuch war es eine tiefenpsychologische Therapie, die ich aber abgebrochen habe, eben weil ich mich von dem Therapeuten nicht verstanden fühlte. Er war der Meinung, ich müsste mich nur den angstauslösenden Situationen stellen, dann würde ich merken, dass alles gar nicht so schlimm und die Angst unberechtigt ist, und alles wäre okay (etwas vereinfacht ausgedrückt).
Ich habe aber festgestellt, dass es so einfach leider nicht ist. Manchmal mag die Strategie funktionieren, aber ich habe auch schon Situationen erlebt, in denen ich mir gedacht habe "es wird schon nicht so schlimm werden" und es dann doch schlimmer war als befürchtet. :? Wenn man sich mit Angst in eine soziale Situation begibt, merken die Menschen, mit denen man interagiert eventuell, dass man ängstlich, schüchtern, unsicher etc. wirkt. Das kann dann wiederum abschreckend, irritierend, anstrengend etc. auf andere wirken und dazu führen, dass sie sich zurückziehen. Solche Situationen, die ich schon öfter erlebt habe, bewirken dann bei mir, dass ich mich darin bestätigt fühle, dass ich mit anderen Menschen nicht klarkomme und sie mich ablehnen. Das verstärkt wiederum die Ängste und das Rückzugsverhalten.
Ich erhoffe mir von einem Therapeuten, dass er diese Problematik erst einmal versteht und nachvollziehen kann und zum anderen, dass er mir hilft, Strategien zu entwickeln, um mit solchen Situationen umzugehen. Ich glaube, es geht vor allem um die Änderung der eigenen Sichtweise, darum, nicht immer nur die negativen Erfahrungen mit anderen Menschen zu sehen, sondern auch die positiven, sich von Enttäuschungen nicht zu sehr runterziehen zu lassen und allgemein sich um die Meinung und Reaktion von anderen nicht mehr so viele Gedanken zu machen.
caissa

Re: Umgang mit sozialer Phobie im Alltag

Beitrag von caissa »

Hey, das ist mein erster Post ich habe sonst immer nur im Forum mitgelesen.
Ich bin seit 6 Monaten in Psychotherapie wegen Sozialer Phobie. Die Behandlungsform ist kognitive Verhaltenstherapie in Einzel- und Gruppensitzungen.
Wie die meisten die an sozialer Phobie leiden bin ich erst in Therapie gegangen als der Leidensdruck von Folgeerkrankungen (Depressionen und Suchtkrankheiten) zu groß wurde. Das finden eines Therapieplatzes hat damals lange gedauert, Warteliste bei vielen Psychologen ca. 1 Jahr. Man muss auch gucken ob die eine Kassenzulassung haben, sonst ist es wieder kompliziert mit der Krankenkasse. Damals musste ich bei vielen Psychologen anrufen und das ist nicht leicht mit sozialer Phobie.
In der Einzel- und Gruppentherapie werden dann Gedankengänge besprochen, z.B. das man nicht immer alles schwarz/weiß sehen sollte und man nicht katastrophiert. In Einzeltherapie wurden oft auch Rollenspiele gemacht, einfach nur Smalltalk üben, Vorlesen üben und die Stimme aufnehmen oder per Video zu sehen wie man wirkt. Es werden auch draußen Übungen gemacht mir dem Therapeuten zusammen wenn man bereit dafür ist. Man geht halt immer soweit wie man sich auch zutrauen kann.
Die Einzeltherapie hat mir mehr gebracht als die Gruppentherapie, dort lernt man nur Leute kenne den es genauso geht mit unterschiedlicher stärke der Phobie.
Im Alltag bringt es viel wenn man sich nicht selber so fertig macht und seine Gedankengänge nochmal hinterfragt. Und ich finds gut wenn einmal die Woche jemand da ist mit dem man nochmal reden kann.
Naja und wegen Beziehungen wurde am Anfang der Therapie gefragt in welchen Verhältnissen ich lebe und ob ich schon mal eine Beziehung hatte.
Aber das wird nicht zum Thema gemacht und ist eher auch nichts ungewöhnliches, in der Therapiegruppe sind die Männer zumindest auch alle ohne Beziehung.
Brotaufstrich

Re: Umgang mit sozialer Phobie im Alltag

Beitrag von Brotaufstrich »

Ich habe vermutlich auch eine Sozial Phobie bzw. eventuell sogar eine Unsicher vermeidende Persönlichkeitsstörung (vereinfacht gesagt, wenn die Soziale Phobie ein Teil der eigenen Persönlichkeit ist). Richtig bewusst über diese krankhafte Schüchternheit wurde ich mir erst mit 18, wodurch einige Dinge dagegen unternommen habe. Entgegen vieler Aussagen hier, fand ich Psychotherapie nur bedingt hilfreich. Das Erforschen von Gründen hat mir eigentlich überhaupt nichts gebracht. Besser fand ich da schon das angeleitete aktiv werden und die Konfrontationen. Therapie ist für mich daher eher ein nice to have. Es kann nicht schaden, aber die meiste Arbeit musst du so oder so selbst übernehmen.

Was mir gerade in letzter Zeit gut geholfen hat ist, dass ich versuche es nicht mehr so wichtig zu nehmen, was andere von mir denken. Daher wenn ich zum Beispiel automatisch denke: "Wenn ich jetzt das sage, halten mich die anderen für komisch", sage ich mir anschließend innerlich:"Und wenn schon, dann halten mich die anderen eben für komisch." Zusätzlich versuche ich mich auch selbst besser zu akzeptieren. Daher wenn ich irgendwas falsch gemacht habe oder eine peinliche Situation erlebt habe, versuche ich mir selbst Verständnis entgegenzubringen oder eventuell sogar über die Situation zu lachen.

Nichtsdestotrotz ist das wichtigste immer noch die regelmäßige Konfrontation. Und hier liegt ein Fehler nicht nur darin die Konfrontation zu meiden sondern auch wenn man sich zu schnell zu schwierige Aufgaben vornimmt. Meine Erfahrungen waren dann immer, dass ich entweder ewig gebraucht habe bis ich den Mut dazu hatte oder es überhaupt nicht geschafft habe. Das resultiert dann in Frustration und wirft einen eher wieder zurück. Mein Tipp wäre daher sich wirklich kleine, aber kontinuierliche Steigerungen zu suchen. Schaut einfach mal in euer Leben, welche Dinge euch Angst machen oder Widerstand erzeugen. Es gibt sicher auch bei euch viele Dinge, die nur wenig Widerstand erzeugen, die ihr aber aus Bequemlichkeit trotzdem nicht macht. Bei mir wäre das zum Beispiel, in einem Restaurant auf die Toilette zu gehen, obwohl ich dort kein Gast bin. Für mich eine durchaus bewältigbare Aufgabe. Trotzdem vermeide ich das im Alltag, weil es mir unangenehm ist. Daher versuche ich mir jetzt bewusst zu werden, dass das eine Übung ist und es mich weiter bringt, um das unangenehme Gefühl zu überwinden und es trotzdem zu machen.
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Re: Umgang mit sozialer Phobie im Alltag

Beitrag von LonesomeCoder »

Brotaufstrich hat geschrieben: 03 Okt 2017 16:11 Bei mir wäre das zum Beispiel, in einem Restaurant auf die Toilette zu gehen, obwohl ich dort kein Gast bin. Für mich eine durchaus bewältigbare Aufgabe.
Finde ich ein schlechtes Beispiel, weil es meist nicht erlaubt ist (siehe Beschilderung). Oder man muss als Nicht-Gast zahlen. Bei McDonalds haben sie sogar Schlösser mit PINs, die PIN steht auf der Rechnung.
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Re: Umgang mit sozialer Phobie im Alltag

Beitrag von Captain Unsichtbar »

Brotaufstrich hat geschrieben: 03 Okt 2017 16:11 Nichtsdestotrotz ist das wichtigste immer noch die regelmäßige Konfrontation. Und hier liegt ein Fehler nicht nur darin die Konfrontation zu meiden sondern auch wenn man sich zu schnell zu schwierige Aufgaben vornimmt. Meine Erfahrungen waren dann immer, dass ich entweder ewig gebraucht habe bis ich den Mut dazu hatte oder es überhaupt nicht geschafft habe. Das resultiert dann in Frustration und wirft einen eher wieder zurück. Mein Tipp wäre daher sich wirklich kleine, aber kontinuierliche Steigerungen zu suchen. Schaut einfach mal in euer Leben, welche Dinge euch Angst machen oder Widerstand erzeugen. Es gibt sicher auch bei euch viele Dinge, die nur wenig Widerstand erzeugen, die ihr aber aus Bequemlichkeit trotzdem nicht macht. Bei mir wäre das zum Beispiel, in einem Restaurant auf die Toilette zu gehen, obwohl ich dort kein Gast bin. Für mich eine durchaus bewältigbare Aufgabe. Trotzdem vermeide ich das im Alltag, weil es mir unangenehm ist. Daher versuche ich mir jetzt bewusst zu werden, dass das eine Übung ist und es mich weiter bringt, um das unangenehme Gefühl zu überwinden und es trotzdem zu machen.
Ich finde deinen Beitrag gut, unter anderem auch weil es mal ein Alltagsbeispiel beinhaltet das mehr auf das Kernproblem (Spotlight-Effekt) eingeht. Ich kenne das mit der Toilette übrigens auch. :schwitzen:
Zu deinem Vorgehen habe ich aber eine Frage. Zu schreibst ja, die Dinge die man aus Bequemlichkeit nicht macht, sind das bei dir jetzt Dinge, die du nicht unbedingt machen müsstest, oder schon? Das wurde mir noch nicht ganz klar. Ich frage deshalb, weil ich persönlich es schwierig finde mich für Dinge zusammenzureissen, die ich sowieso nicht machen müsste, da fehlt mir die Motivation, der Anstoss. Auf der anderen Seite könnte man natürlich sagen, weil es kein unmittelbares Muss ist, wäre der Druck nicht so hoch erfolgreich sein zu müssen. Wenn man scheitert, was kümmert es mich, da ich es nicht gebraucht hätte. Allerdings befürchte ich, dass ich genau deswegen eher kneifen würde. Es ist dann bequem zu sagen "Ach brauch ich ja eh nicht." :?
LonesomeCoder hat geschrieben: 03 Okt 2017 20:33
Brotaufstrich hat geschrieben: 03 Okt 2017 16:11 Bei mir wäre das zum Beispiel, in einem Restaurant auf die Toilette zu gehen, obwohl ich dort kein Gast bin. Für mich eine durchaus bewältigbare Aufgabe.
Finde ich ein schlechtes Beispiel, weil es meist nicht erlaubt ist (siehe Beschilderung). Oder man muss als Nicht-Gast zahlen. Bei McDonalds haben sie sogar Schlösser mit PINs, die PIN steht auf der Rechnung.
Im Gegenteil ich finde das Beispiel hervorragend. Es ist überhaupt auch das erste situative Beispiel für soziale Phobie. Im Übrigen sind nicht immer alle Orte gleich. Du solltest nicht immer gleich von deiner Situation auf andere schliessen.
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Re: Umgang mit sozialer Phobie im Alltag

Beitrag von LonesomeCoder »

Was ist daran so toll, Leute zu was zu motivieren, was nicht sich nicht gehört und viele völlig zurecht Hemmungen haben? Ich unterscheide zwischen Sachen, wo Leute zu unrecht Angst und Hemmungen haben und wo es gut ist, welche zu haben.
Da finde ich andere Sachen wie im ÖPVN nach einem Sitzplatz zu fragen, den jemand mit seiner Tasche blockiert besser. Oder einen Burger ohne Tomaten zu bestellen, weil man sie nicht mag. Oder nach dem Weg fragen anstatt Google Maps zu verwenden. Oder nach einem Taschentuch zu fragen. Oder in der Apotheke Kondome kaufen (selbst wenn man sie nicht braucht).
Warnung vor Pickup: https://www.abtreff.de/viewtopic.php?p=1062199#p1062199
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Re: Umgang mit sozialer Phobie im Alltag

Beitrag von Captain Unsichtbar »

Ich wollte noch mal etwas zum Thema Partnersuche und soziale Phobie sagen. Ich wollte nicht sagen, dass soziale Phobie keinen Einfluss auf die Partnersuche hätte, aber eben nicht auf diese Weise wie hier dargestellt. Die Probleme würden sich indirekt auswirken, weil sie den Alltag des Betroffenen beeinflussen. Zum Beispiel könnte für mich ein Date problematisch werden, da ich meine Probleme mit Lokalen habe. Ich bewege mich persönlich selten bis gar nie in irgendwelchen Lokalen, deshalb wäre das für mich eine "hostile" Umgebung. Ich müsste mich also einerseits davor fürchten mich auf einem völlig fremden Gelände zu bewegen und hätte anderseits auch noch das schlimmstmögliche (im Sinne von aufmerksamste) Publikum. Wahrscheinlich wäre meine Angst vor der Örtlichkeit in dem Moment sogar noch grösser, als die vom eigentlichen Date. Also so gesehen würde die soziale Phobie natürlich die Partnersuche beeinflussen, aber eben indirekt.
Auf die rein zwischenmenschliche Kommunikation selbst hat die soziale Phobie keinen direkten Einfluss. Was natürlich nicht heisst, dass der Betroffene nicht auch noch andere soziale Hemmnisse haben kann.
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Re: Umgang mit sozialer Phobie im Alltag

Beitrag von Captain Unsichtbar »

LonesomeCoder hat geschrieben: 03 Okt 2017 21:01 Was ist daran so toll, Leute zu was zu motivieren, was nicht sich nicht gehört und viele völlig zurecht Hemmungen haben? Ich unterscheide zwischen Sachen, wo Leute zu unrecht Angst und Hemmungen haben und wo es gut ist, welche zu haben.
Da finde ich andere Sachen wie im ÖPVN nach einem Sitzplatz zu fragen, den jemand mit seiner Tasche blockiert besser. Oder einen Burger ohne Tomaten zu bestellen, weil man sie nicht mag. Oder nach dem Weg fragen anstatt Google Maps zu verwenden. Oder nach einem Taschentuch zu fragen. Oder in der Apotheke Kondome kaufen (selbst wenn man sie nicht braucht).
Ach sei doch nicht immer so eine Miesepeter... 1. hat er niemand dazu motiviert, sondern ein Beispiel von sich selbst genannt 2. gibt es sehr viele Orte wo das erlaubt ist (Stichwort Fragen, von meinen Freunden machen das viele).
Im Endeffekt muss doch sowieso jeder für selbst wissen wo seine Probleme liegen. Nicht jede Situation ist für jeden gleich Problematisch. Mit dem Sitzplatz- und Burgerbeispiel habe ich zb kein Problem. Hier geht es nur um methodische Beispiele. Lösen muss es jeder für sich.
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Re: Umgang mit sozialer Phobie im Alltag

Beitrag von summertime »

Captain Unsichtbar hat geschrieben: 03 Okt 2017 21:05 Auf die rein zwischenmenschliche Kommunikation selbst hat die soziale Phobie keinen direkten Einfluss. Was natürlich nicht heisst, dass der Betroffene nicht auch noch andere soziale Hemmnisse haben kann.
Doch, eventuell schon, siehe auch den Wikipedia-Artikel. Dort wird ja "Sprechhemmung" als mögliches Symptom genannt, und die Angst sich zu blamieren kann sich auch negativ auf die Kommunikation auswirken. Muss natürlich nicht unbedingt sein, das meinte ich ja damit, dass die soziale Phobie ein weites Feld ist und sich unterschiedlich äußern kann.
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Re: Umgang mit sozialer Phobie im Alltag

Beitrag von Brotaufstrich »

Captain Unsichtbar hat geschrieben: 03 Okt 2017 20:53 Ich finde deinen Beitrag gut, unter anderem auch weil es mal ein Alltagsbeispiel beinhaltet das mehr auf das Kernproblem (Spotlight-Effekt) eingeht. Ich kenne das mit der Toilette übrigens auch. :schwitzen:
Zu deinem Vorgehen habe ich aber eine Frage. Zu schreibst ja, die Dinge die man aus Bequemlichkeit nicht macht, sind das bei dir jetzt Dinge, die du nicht unbedingt machen müsstest, oder schon? Das wurde mir noch nicht ganz klar. Ich frage deshalb, weil ich persönlich es schwierig finde mich für Dinge zusammenzureissen, die ich sowieso nicht machen müsste, da fehlt mir die Motivation, der Anstoss. Auf der anderen Seite könnte man natürlich sagen, weil es kein unmittelbares Muss ist, wäre der Druck nicht so hoch erfolgreich sein zu müssen. Wenn man scheitert, was kümmert es mich, da ich es nicht gebraucht hätte. Allerdings befürchte ich, dass ich genau deswegen eher kneifen würde. Es ist dann bequem zu sagen "Ach brauch ich ja eh nicht." :?
Ja das ist das Problem mit den "leichteren" Sachen. Es ist zwar einfacher sich zu überwinden, aber sie belohnen einen dafür auch nicht so wie zum Beispiel eine Frau anzusprechen (wenn man denn Erfolg hat :mrgreen: ). Meistens hat man trotzdem einen kleinen Vorteil wie ein kleines Gespräch, man muss weniger suchen oder muss nicht mit voller Blase rumlaufen ;) Ich bin da auch noch dran etwas für mich zu finden wie ich mich konstant zu beispielsweise 3 oder 5 kleineren Überwindungen pro Tag bringen kann. Ich hatte mir schon überlegt dafür eine app zu schreiben, die einem Aufgaben gibt, die dem eigenen Level entsprechen. Durch machen oder nicht machen von Aufgaben steigt man dann auf oder ab im Level. Keine Ahnung, ob das als Motivation ausreicht, aber ich werde mich vermutlich nichtsdestotrotz dransetzen, einfach weil mich die Aufgabe interessiert.
LonesomeCoder hat geschrieben: 03 Okt 2017 21:01 Was ist daran so toll, Leute zu was zu motivieren, was nicht sich nicht gehört und viele völlig zurecht Hemmungen haben? Ich unterscheide zwischen Sachen, wo Leute zu unrecht Angst und Hemmungen haben und wo es gut ist, welche zu haben.
Da finde ich andere Sachen wie im ÖPVN nach einem Sitzplatz zu fragen, den jemand mit seiner Tasche blockiert besser. Oder einen Burger ohne Tomaten zu bestellen, weil man sie nicht mag. Oder nach dem Weg fragen anstatt Google Maps zu verwenden. Oder nach einem Taschentuch zu fragen. Oder in der Apotheke Kondome kaufen (selbst wenn man sie nicht braucht).
Meiner Meinung sind diese starken Ansprüche an sich selbst, sich immer perfekt und sozial konform verhalten zu müssen, etwas was die soziale Phobie aufrecht erhält. Klar haben manche Gaststättenbesitzer ein Problem damit, dass du ihre Toilette benutzt. Genauso haben auch manche überhaupt kein Problem damit. Im Grunde hat niemand einen Nachteil, wenn du einfach fragst. Meiner Meinung kann man das auf so ziemlich jede soziale Situation übertragen. Der Gedanke, es jedem recht zu machen und "perfekt" zu sein, blockiert nur, sodass man am Ende überhaupt nichts macht. Da gibt es auch ein paar Therapiemodelle worum es speziell darum geht sich gezielt daneben zu benehmen (Mishaps exposure, Rejection Therapy, Shame Attacks)
Gekko12

Re: Umgang mit sozialer Phobie im Alltag

Beitrag von Gekko12 »

Hallo,

bin auch noch relativ neu im Forum hier.

Ich denke auch das ich an Sozialer Phobie oder einer Angststörung leide. Um es genau zu erläutern müsste ich hier mein ganzes Leben erklären was nicht alles toll gelaufe ist.

Nur soviel: Es hat bei mir mit 10 Jahren angefangen als ich meinen Kindergeburtstag schon nicht mehr Feiern wollte. Später als es dann mit dem Weggehen langsam losging habe ich mich immer mehr zurückgezogen und mich abgekapselt. Habe auch Angst vor Feiern und Menschenmengen bekommen. Ich konnte nicht mal mehr auf die Kirmes bei uns im Ort Gehen weil ich dachte die Leute schauen mich alle an. Bis davor war ich immer gerne da gewesen.

Was nur komisch ist: Es scheint bei mir selektiv zu sein.

Habe dann mit 18 eine Ausbildung im Handel angefangen und blühe seitdem in diesem Rahmen auf. Verkaufs; Vertretergespräche etc alles kein Problem.War auch auf einer Mehrwmonatigen Weiterbildung, bei der war ich auch gesellig und garnicht schüchtern.

Auch bei uns im Elterlichen Gastronomiebetrieb wo ich immer Mitgeholfen habe bis er schliessen musste konnte ich reden und auch Smalltalk etc halten. Habe immer erzählt bekommen ich wäre der Perfekte Wirt. Nur im Privaten Rahmen geht halt nix. Habe da Riesen Ängste.

Habe bis ich 26 Jahre alt war nur Malocht wie ein Tier, was mein Leben auch voll ausgefüllt hat. Als der elterliche Betrieb dann schliessen musste und ich wieder angefangen habe Wegzugehen, habe ich dann schockiert festgestellt wie verschüchtert und unsicher ich bin. Auch mit den Frauen klappt es nicht. Ich werde dann auch noch von Freunden etc beträngt ich solle doch mal hinmachen mit den Frauen. Habe grade noch einen Korb von einer Frau bekommen bei der ich zulange gewartet habe. War aber wie eine Befreiung, so blöde es klingt.

Es ist schlimmer wenn man einfach nicht aus sich rauskommen kann und es nicht schafft als wenn man konkret gesagt bekommt das es nicht passt.

Habe das ganze wahrscheinlich auch vererbt bekommen. Mein Vater zu dem ich keinen Kontakt mehr habe hat das Problem dann versucht mit Alkohol zu lösen.

Durch den ganzen Mist habe ich auch noch wahrscheinlich sowas wie Depressionen bekommen denn ich kann kaum noch schlafen, habe Herzrasen Grübelattacken etc.

Neidisch sehe ich dann au meine Kumpels und Arbeitskollegen mit denen ich ab und zu weggehe. Die sind entweder das genaue Gegenteil also etrovertierte Frauenaufreisser oder genauso Loser bei Frauen wie ich. Bin dann auch depremiert da ich mein Leben ansonsten alles im Griff habe und Finanziel ( wie in meinen ersten Beitrag ) auch keine Probleme habe. Neidisch sehe ich dann auf einen Kumpel der alles andere wie ein Astralkörper hat, immer Pleite ist aber immer eine Dame an der Seite hat.

Es hat sich aber bei mir auch jetzt in einem Jahr viel getan. Immer in kleinen Schritten. Nur gibt es eine Grenze die ich jetzt irgentwie erreicht habe, an der es nicht weitergeht. Habe deshalb und auch wegen der Depressionen morgen meine erste Therapiesitzung.

Ich hoffe ich bin nicht zu weit übers Ziel hinausgeschossen.
Saraj
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Re: Umgang mit sozialer Phobie im Alltag

Beitrag von Saraj »

caissa hat geschrieben: 03 Okt 2017 13:15 z.B. das man nicht immer alles schwarz/weiß sehen sollte und man nicht katastrophiert.
Im Alltag bringt es viel wenn man sich nicht selber so fertig macht und seine Gedankengänge nochmal hinterfragt.
Kannst du mir noch etwas genauer ausführen, wie du vorgehst, wenn du im Alltag deine eigenen Gedanken nochmal hinterfragst? Ich würde das auch gerne machen, weil ich mich seit ein paar Tagen in einer Endlosschleife von grausamen Gedanken befinde, die vielleicht nur zu 45 Prozent die Realität abbilden, mich aber dermaßen heftig beuteln, dass ich im Alltag zu nichts mehr in der Lage bin. Bekomme das aber kaum hin und hab auch niemanden zum Reden.
Oxymoron

Re: Umgang mit sozialer Phobie im Alltag

Beitrag von Oxymoron »

Mir hat es geholfen mich selber "schockzutherapieren". D.h. ganz bewusst in solche Situationen zu gehen, mir in meiner persönlichen Zukunftsplanung Arbeitsplätze und Ausbildungen gesucht, bei denen ich gezwungen werde mit verschiedenen Leuten und schwierigen Situationen umzugehen.

Man muss halt manchmal in das kalte Wasser springen und muss sich ein dickes Fell zulegen. Ähnlich wie es wahrscheinlich den meisten Menschen in die Wiege gelegt wird. Ich denke mir immer, die Welt dreht sich nicht um mich und ich bin den anderen Menschen egal. So habe ich mir meine soziale Phobie mehr oder minder abgewöhnt.
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Re: Umgang mit sozialer Phobie im Alltag

Beitrag von Captain Unsichtbar »

Brotaufstrich hat geschrieben: 04 Okt 2017 19:24 Ja das ist das Problem mit den "leichteren" Sachen. Es ist zwar einfacher sich zu überwinden, aber sie belohnen einen dafür auch nicht so wie zum Beispiel eine Frau anzusprechen (wenn man denn Erfolg hat :mrgreen: ). Meistens hat man trotzdem einen kleinen Vorteil wie ein kleines Gespräch, man muss weniger suchen oder muss nicht mit voller Blase rumlaufen ;) Ich bin da auch noch dran etwas für mich zu finden wie ich mich konstant zu beispielsweise 3 oder 5 kleineren Überwindungen pro Tag bringen kann.
Mir fehlen dazu leider momentan die Möglichkeiten. Meine Probleme befinden sich meist in Situationen, die nicht wirklich einen Erfolg bieten können. Der Erfolg wäre im Grund nur der reibungslose Ablauf selbst und das ist zu wenig.
Meiner Meinung sind diese starken Ansprüche an sich selbst, sich immer perfekt und sozial konform verhalten zu müssen, etwas was die soziale Phobie aufrecht erhält. Klar haben manche Gaststättenbesitzer ein Problem damit, dass du ihre Toilette benutzt. Genauso haben auch manche überhaupt kein Problem damit. Im Grunde hat niemand einen Nachteil, wenn du einfach fragst. Meiner Meinung kann man das auf so ziemlich jede soziale Situation übertragen. Der Gedanke, es jedem recht zu machen und "perfekt" zu sein, blockiert nur, sodass man am Ende überhaupt nichts macht. Da gibt es auch ein paar Therapiemodelle worum es speziell darum geht sich gezielt daneben zu benehmen (Mishaps exposure, Rejection Therapy, Shame Attacks)
Guter Einwand. :daumen:
Das könnte tatsächlich auch einen gewissen Zusammenhang haben. Als Kind wurde mir dauernd bei allem gesagt "'man' tut dies nicht, 'man' tut es so". Da wird dieses Gesellschaftsdenken natürlich richtig schön konditioniert.
Mir gefällt das mit dem gezielt daneben benehmen, eine gute Freundin hatte mir das auch schon mal vorgeschlagen. Und dir Vorstellung daran fühlt sich interessanterweise gar nicht mal schlecht an. Nur die Umsetzung... lassen wir das, soweit bin ich noch nicht :lol:
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caissa

Re: Umgang mit sozialer Phobie im Alltag

Beitrag von caissa »

Saraj hat geschrieben: 05 Okt 2017 10:49
caissa hat geschrieben: 03 Okt 2017 13:15 z.B. das man nicht immer alles schwarz/weiß sehen sollte und man nicht katastrophiert.
Im Alltag bringt es viel wenn man sich nicht selber so fertig macht und seine Gedankengänge nochmal hinterfragt.
Kannst du mir noch etwas genauer ausführen, wie du vorgehst, wenn du im Alltag deine eigenen Gedanken nochmal hinterfragst? Ich würde das auch gerne machen, weil ich mich seit ein paar Tagen in einer Endlosschleife von grausamen Gedanken befinde, die vielleicht nur zu 45 Prozent die Realität abbilden, mich aber dermaßen heftig beuteln, dass ich im Alltag zu nichts mehr in der Lage bin. Bekomme das aber kaum hin und hab auch niemanden zum Reden.
Am Besten ist wenn man das nochmal schriftlich aufschreibt:
1. Beschreibung der Situation
2. Gedanken (alle automatischen Gedanken die aufkommen mit Emotionen)
3. Hinterfragen (Denkfehler aufdecken wie: Alles oder Nichts Denken, Verallgemeinerungen, Hellsehen, Abwehr des Positiven)
4. Alternative Gedanken (Es gibt Menschen die das anders sehen, Was ist das schlimmste das passieren könnte, Bedeutet das tatsächlich das ich ... bin?)
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Momo
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Re: Umgang mit sozialer Phobie im Alltag

Beitrag von Momo »

caissa hat geschrieben:
Saraj hat geschrieben:Kannst du mir noch etwas genauer ausführen, wie du vorgehst, wenn du im Alltag deine eigenen Gedanken nochmal hinterfragst? Ich würde das auch gerne machen, weil ich mich seit ein paar Tagen in einer Endlosschleife von grausamen Gedanken befinde, die vielleicht nur zu 45 Prozent die Realität abbilden, mich aber dermaßen heftig beuteln, dass ich im Alltag zu nichts mehr in der Lage bin. Bekomme das aber kaum hin und hab auch niemanden zum Reden.
Am Besten ist wenn man das nochmal schriftlich aufschreibt:
1. Beschreibung der Situation
2. Gedanken (alle automatischen Gedanken die aufkommen mit Emotionen)
3. Hinterfragen (Denkfehler aufdecken wie: Alles oder Nichts Denken, Verallgemeinerungen, Hellsehen, Abwehr des Positiven)
4. Alternative Gedanken (Es gibt Menschen die das anders sehen, Was ist das schlimmste das passieren könnte, Bedeutet das tatsächlich das ich ... bin?)
Ich hab dazu mal mit einem Programm gearbeitet, Moodgym.
Da gibt es auch eine Auflistung verzerrter Gedanken;
  • Alles-oder-Nichts-Denken - Alles wird entweder als absolut perfekt oder als absolute Katastrophe wahrgenommen. Die Dinge sind entweder gut oder schlecht, schön oder hässlich, wertvoll oder wertlos, Grautöne existieren nicht.
  • Übergeneralisieren - Einzelne Versehen oder Fehler werden als generelles Versagen interpretiert.
  • Selektive Verallgemeinerung - Nur ein kleiner (negativer) Aspekt der Situation wird wahrgenommen, während ein größerer (positiver) Aspekt der Situation ausgeblendet wird.
  • Das Positive abwerten - Nicht ernst nehmen oder Ignorieren jeglicher positiver Bemerkungen, Leistungen und Komplimente.
  • Übereilte Schlüsse ziehen - Sie denken negativ über etwas, ohne dass es dafür Beweise gibt. Es gibt zwei typische Fehler:
    - Gedankenlesen: Sie glauben, dass jemand schlecht über Sie denkt, ohne dafür Beweise zu haben.
    - Der Wahrsager-Fehler: Sie wissen sicher, was in der Zukunft passieren wird (ohne Beweise dafür zu haben, dass es auch wirklich so kommt).
  • Katastrophisieren (Übertreiben und Untertreiben) - Damit ist gemeint, dass man manche Dinge viel größer und andere Dinge viel kleiner macht, als sie wirklich sind.
  • Emotionale Beweisführung - Das Gefühl wird als Beweis für die Richtigkeit der Gedanken genommen.
  • Absolute Forderungen: “Sollte” und “Muss”-Gedanken - Wenn das eigene Denken von Begriffen wie „man sollte”, „man muss” oder „es gehört sich, dass ...” bestimmt wird, hat das möglicherweise wenig mit der eigentlichen Realität zu tun. Das kann auch dazu führen, dass man sich unglücklich, niedergeschlagen oder schuldig fühlt.
  • Globale negative Selbst- und Fremdbewertungen - Emotional geprägtes globales „Abstempeln” einer Person oder Situation. Ein Beispiel wäre, dass eine Person nicht nur aufgrund ihres Handelns oder einzelner Eigenschaften negativ bewertet wird, sondern gleich die ganze Person als negativ abgestempelt wird.
  • Personalisieren - Alle Ereignisse aus der Umwelt werden auf die eigene Person bezogen. Auch, wenn überhaupt kein Zusammenhang zwischen dem Ereignis und dem eigenen Verhalten besteht.
I want to be a mystery, yet be known
I want to be together, yet alone
Is it too much to ask, to be famous yet unkown?
To be a wanderer, yet have a home?
- Kara Douglas

Ich bin queer.
Reinhard
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Re: Umgang mit sozialer Phobie im Alltag

Beitrag von Reinhard »

Nachdem ich es jetzt eine Weile vor mir hergeschoben habe, will ich jetzt auch mal meine Erfahrung beisteuern. Ich weiß jetzt nicht, ob sie direkt unter Sozialphobie fallen, aber ich erzähle jetzt einfach mal.


Bei mir war es (und, teilweise, ist es immer noch) so, dass ich in einer sozialen Situation relativ wenig Ängste habe, mein Problem war ein starkes Vermeidungsverhalten vor dem Beginn. Also jetzt bezeichne ich es als Vermeidungsverhalten, solange man noch drin steckt in den Denkmustern, kommt einem das Vermeiden so furchtbar logisch vor. :hammer:

In meinem Vorstellungsthread habe ich schon ein Beispiel dafür gebracht. Obwohl ich hungrig war, konnte ich mir einreden, dass ich doch gar nichts zum Essen brauche, dass ich es noch eine Weile aushalte und daheim gibt es eh besseres Essen und so weiter. Alles mögliche, nur um nicht aus der anonymen Masse heraustreten zu müssen und sagen "hier bin ich!" (... und verkauft mir eine Bratwurst, oder was ähnlich Banales). Vielleicht ist bei den banalen Sachen die Hemmschwelle kleiner, aber die Motivation eben auch, und dann siegte öfters mal die Hemmschwelle ...

Telefonieren ist ein weiteres Topic. Oder genaugenommen: das Anrufen. Mit einem Telefonat habe ich wenig Probleme, mit dem Angerufenwerden auch nicht, aber selber wo anrufen ist ebenso ein Moment des Heraustretens aus der Anonymität. Sogar noch schlimmer als persönlich mit jemanden in Kontakt zu treten, aus Sicht meiner Wahrnehmung, man weiß ja nie, ob man wen bei was unterbricht und so.

Das große Problem dabei ist, dass es diesen Moment des Heraustretens aus der Anonymität bei fast jeder Interaktion mit anderen Menschen gibt. Etwas kaufen (vielleicht an der Supermarktkasse ausgenommen), einen Kollegen was fragen, einen Termin vereinbaren, einen Antrag stellen, irgendwo was abholen und so weiter. Oh -- natürlich -- auch Frauen ansprechen. Das war alles bei mir mit irgendwelchen Gedanken verbunden, ob es das braucht oder ich es anders lösen kann oder einfach liegenlassen kann und irgendwer wird sich schon bei mir melden. Was nicht heißt, dass ich alle diese Sachen nicht konnte, aber letztendlich habe ich sowas vergleichsweise selten gemacht. Die wichtigeren Sachen noch eher, aber manches fällt halt hinten runter.

Irgendwann hat sich daraus dann ein gewisser Änderungsdruck ergeben. Leidensdruck in dem Sinne war es nicht, ich habe mich damit nicht schlecht gefühlt. Es war dann eher so ein rationaler Gedanke, dass es mit der Lebensweise wohl kaum dauerhaft so weitergehen könnte und ich was ändern muss. Wenn man es sich überlegt, was man alles ändern könnte, fallen einem gleich viele Sachen ein. Aber als konkreter Ratschlag für Leute, die in ähnlicher Lage stecken: man muss nicht alles gleichzeitig ändern oder mit dem Größten anfangen. Irgendwelche kleinen Änderungen in greifbarer Nähe wird es doch geben. Sachen, für die man nicht viel Überwindung braucht. Oder nur einen kleinen Anstoß.

Beispielsweise habe ich früher mal meinen Morgenkaffee daheim getrunken, bevor ich in die Arbeit gefahren bin. Irgenwann mal hat die Kaffeemaschine so langsam den Geist aufgegeben, und weil ich trotzdem meinen Kaffee haben wollte, habe ich mir dann auf dem Weg in die Arbeit einen Halt an einer Bäckerei eingelegt. Für mein "Das brauche ich doch nicht" Selbst wäre das nicht gleich wegrationalisiert worden. :shock: So war ich schon mal da und die Hemmung hat sich abgebaut, und danach ein paar Tage in Folge und so habe ich es geschafft, das gleich zu einer Gewohnheit zu machen, auch wenn ich mittlerweile wieder eine funktionierende Kaffeemaschine habe. Gewohnheiten machen die Sache einfacher, man rätselt nicht mehr jeden Tag, ob man denn heute soll oder nicht, oder woanders als sonst.

Ein anderes Mittel gegen meinen inneren Schweinehund: Fluchtreflexe ins Leere laufen lassen. Man kann sich schlecht einreden, dass man etwas einfacher zuhause bekommt, wenn man mehrere Fahrstunden davon weg ist. :) Bei mir waren das dann AB-Treffen, aber das kann natürlich jeder anders handhaben ...

Zumindest bei mir haben solche "Einzelerfolge" auch dazu geführt, dass ich insgesamt Hemmungen abgebaut habe. :daumen: Vielleicht liegt das daran, dass ich die Vermeidung eher schon vor der sozialen Situation zeigte als währenddessen und das "Davor" ist doch oftmals recht ähnlich. Andererseits bin ich immer noch recht zurückhaltend. Aber irgendwo ist das ja auch OK, ich muss mich ja auch nicht komplett umkrempeln ...
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