Kennenlerngeschichte der Eltern bekannt?

[Berglöwe]

Ich glaube, die Kennenlerngeschichte ist ganz besonders wichtig. Gerade für Leute, deren Elternhaus dann eben zerrüttet war o.ä. .
Weil ... mindestens für ein paar Minuten (wenn die Entstehung nicht gerade eine Vergewaltigung war) müssen sich die Eltern ja nahegestanden haben. Meistens ja bekanntlich länger. Und oft haben sie sich sogar geliebt.
Ich glaube, es ist sehr wichtig für den eigenen Seelenfrieden, dass man weiß, worauf die eigenen Existenz gründet. Und dass man auch eben dadurch weiß, dass man irgendwie die Legitimation hat, so etwas auch mal erleben zu dürfen. Dass es ok ist. Dass da was Gutes bei rauskommt.

Nunja das hat was. Ich meine man kann, sofern es nicht wirklich eine Vergewaltigung war, meist von der bloßen eigenen Existenz ausgehen, dass sich wohl die Eltern mal geliebt haben müssen. Es wird aus meiner Erfahrung allerdings erst so richtig deutlich, wenn man es auch mal gesagt bekommen hat.

Was man vorgelebt bekommt ist ja Beziehungsleben, mehr oder weniger harmonisch. So weit kommen die meisten ABs aber gar nicht erst, weil schon das Kennenlernen und die Beziehungsanbahnung Probleme machen. Deswegen würde ich denken, dass die Kennenlerngeschichte der Eltern schon so eine Art Inspirationspunkt in der unterbewussten Selbstmodellierung sein könnte - beziehungsweise, wenn sie fehlt, eben eine Leerstelle, die dann später Problem nach sich zieht.

Also ich will ja die Wirkung und die Bedeutung dieser Geschichte für das eigene Leben auch nicht gänzlich abstreiten aber da gibt es meiner Meinung nach einfach andere Dinge, die viel mehr Einfluss auf einen haben. Vielleicht tue ich mich auch deswegen so skeptisch weil mir dieser Gedanke einfach zum ersten mal begegnet.

Inwiefern sollte die Geschichte als Inspirationspunkt für die unterbewusste Selbstmodellierung dienen?

[Nonkonformist]

Wozu muss dann die konkrete Kennenlerngeschichte bekannt sein? Zählt da nicht mehr, was dann vorgelebt bekommt?

Was man vorgelebt bekommt ist ja Beziehungsleben, mehr oder weniger harmonisch.

Was ich vorgelebt bekommen habe war eine ehe aus der hölle - wann es zuneigung gab haben sie diese meinst gut versteckt; weiter gab es zwangskonvertierungsversuche und zumindestens ein drittel der zeit streit, mit ein vater der geschrieen und beleidigt und gedroht hat, und manchmal auch gehauen, und dann in anschluß wochen bis monatelang kein wort mehr gesprochen hat - und meine mutter der kaum ein wort gesagt hat aber sich nicht zwangskonvertieren lassen hat, und das sich meist aus angst für das unbekannte 'gefallen' lassen hat. Sicher ein drittel der zeit war unseren haus in angst versetzt - und die weiteren zeit müßte man immer vorsicht sein, das so eine situation nicht erneut entsteht. Null harmonie, null spontanität, und mein bruder und ich haben uns sehr zurückgezogen; spaß gemacht hat unseren jugend zuhause meist nur, wann meinen vater in der arbeit war (schichtdienst, also zum unterschiedlichen tageszeiten.)

Kennenlerngeschichten sind für mich nur das beweis das eine rosarote brille der rest des lebens ziemlich zerstörren kann - die meisten ehen in meine familie waren katastrophen mit dramatischen folgen.

[selina]

Die Geschichte wurde oft und gern erzählt.
Mein Vater kam neu in die Firma in der meine Mutter arbeitete. Mein Mutter fand ihn auf den ersten Blick unmöglich.
'Zufällig' verletzte sich dann mein Vater ziemlich oft bei der Arbeit.
Und meine Mutter musste ihm dann immer helfen. Dadurch kamen sie sich näher.

Auch die, schlüpfrige, Kennenlerngeschichte meiner Oma haben wir als Kinder immer gern angehört.

[Nasobem]

Meine Eltern hatten beide eine Arbeitsstelle als wissenschaftliche Mitarbeiter an der gleichen Uni. Im Prinzip am Arbeitsplatz kennen gelernt, das ist ja glaube ich auch die häufigste Art, den Partner kennen zu lernen oder zumindest unter den häufigsten Arten.

[Wenona]

Nunja das hat was. Ich meine man kann, sofern es nicht wirklich eine Vergewaltigung war, meist von der bloßen eigenen Existenz ausgehen, dass sich wohl die Eltern mal geliebt haben müssen. Es wird aus meiner Erfahrung allerdings erst so richtig deutlich, wenn man es auch mal gesagt bekommen hat.

Und selbst wenn es eine Vergewaltigung war, oder die Mutter als Hure gearbeitet hat, und der Vater ein Freier war, oder wenn man eben einfach ein "Unfall" ist, dann ist es trotzdem wichtig zu wissen, worauf die eigene Existenz eigentlich gründet, wie man entstanden ist. Einfach um Ruhe zu finden. Also so sehe ich das. Es geht gar nicht um die Wertung, ob das Zusammensein der Eltern nun "gut" oder "schlecht" war, sondern um die Tatsachenbestände an sich.

Also ich will ja die Wirkung und die Bedeutung dieser Geschichte für das eigene Leben auch nicht gänzlich abstreiten aber da gibt es meiner Meinung nach einfach andere Dinge, die viel mehr Einfluss auf einen haben. Vielleicht tue ich mich auch deswegen so skeptisch weil mir dieser Gedanke einfach zum ersten mal begegnet.

Ich denke, sehr viele Dinge spielen eine Rolle, nicht nur das, aber eben auch das.

Auch die, schlüpfrige, Kennenlerngeschichte meiner Oma haben wir als Kinder immer gern angehört.

DAS wäre doch auch mal was zum rausfinden.
Ich muss mal meine jeweiligen Schwestern anhauen, das rauszufinden bei meinen Großeltern.
Ich habe ein neues Projekt.

[Gilbert]

Ja, ist bekannt. Meine Eltern haben sich im Urlaub auf einem Campingplatz kennengelernt. Am Meer auf der Halbinsel Darß.

Das Seltsame daran: Als ich mit 18 Jahren das erste Mal allein in den Urlaub fahren durfte, wäre ich um ein Haar an dieser Stelle in der Ostsee ertrunken. Ein älterer Herr hörte beim Baden meine Hilferufe und zog mich aus dem Wasser.
Eigentlich wäre ich nie AB geworden....

[Elli]

Ja, ich kenne die Geschichte (die sehr unspektakulär ist, sie sind sich in einer kirchlichen Jugendgruppe begegnet). Schön fand ich, wie begeistert mein Vater noch viele Jahrzehnte später von den ersten Begegnungen erzählen konnte, bei denen er meine Mutter aber wohl nur stumm angeschmachtet hat (mein Vater ähnelt ein bisschen den Männern hier im Forum).

Bei meinen Großeltern war es aber auch eine schlüpfrige Geschichte, die meine Oma immer wieder mal erzählt hat.

[Pferdedieb]

Meine Eltern kommen aus dem gleichen Ort aber ich kenne die Geschichte nicht, wie sie sich damals näher gekommen sind.
Tabuthema Liebe. Wenn es überhaupt wirklich Liebe war.

Die haben wohl beide jemanden gebraucht, sie waren auch damals schon zwischen 35 und 40 und hatten vielleicht Torschlusspanik.
Vielleicht haben sie sich nur zusammengefunden, weil die Auswahl immer knapper wurde. Könnte ich mir durchaus vorstellen.
Wenn im Supermarkt der Lieblingspudding leer ist, nimmt man halt einen anderen, bevor der auch noch weg ist.

Jedenfalls antwortet mein Vater immer, wenn er gefragt wird, ob sein Sohn (also ich) vergeben ist: "Ich habe auch erst mit 40 geheiratet, hat doch auch noch gereicht." Für meine Eltern existiert das AB-Problem also gar nicht. Wer unter 40 ist braucht eh keine Freundin. Was bei ihnen funktioniert hat, wird wohl auch für Pferdedieb gut sein. Wie unrecht sie doch damit haben

[Brax]

Jedenfalls antwortet mein Vater immer, wenn er gefragt wird, ob sein Sohn (also ich) vergeben ist: "Ich habe auch erst mit 40 geheiratet, hat doch auch noch gereicht."

Ist das nicht auch eine Art, dich zu verteidigen? Immerhin besser doch als "Ach, ich weiß auch nicht, was bei dem schiefgegangen ist."

Ich wüsste eigentlich mal gern, was meine Mutter ihren Freundinnen sagt, wenn das Gespräch unter ihnen auf ihre Kinder und deren Partner/Hochzeiten/Babys kommt.

On-topic: Meine Mutter hat die Kennenlerngeschichte meiner Eltern mal so grob umrissen. Aber nur, als ich danach fragte. Von selbst hätten sie es wohl nie erzählt. Und auch jetzt weiß ich nur, wo und unter welchen Umständen sie sich kennenlernten. Wie sie in Kontakt miteinander kamen, weiß ich bis heute nicht.
Und ich glaube ebenfalls, dass meine Eltern eine Art zweite Wahl füreinander waren. Aber wenigstens beruht das auf Gegenseitigkeit.

[Pferdedieb]

Jedenfalls antwortet mein Vater immer, wenn er gefragt wird, ob sein Sohn (also ich) vergeben ist: "Ich habe auch erst mit 40 geheiratet, hat doch auch noch gereicht."

Ist das nicht auch eine Art, dich zu verteidigen? Immerhin besser doch als "Ach, ich weiß auch nicht, was bei dem schiefgegangen ist."

Ist es nicht. Glaub mir, ist es nicht. Er hält sowieso nicht viel von (jungen) Frauen, der ist heilfroh, dass ich Single bin.

[Wenona]

50 % unserer Generation erzählen mal ihren Kindern: "Intaned!".

[Mit müden Augen]

Aber dann gäbs dich doch nicht ...

Ich fürchte, das war sein Punkt. Ich fände das allerdings schade.

Ja unbedingt wäre das schade... Aber die Idee, dass es besser gewesen wäre, es würde mich nicht geben, hatte ich auch lange Jahre... Da lag ich voll daneben... Das lag vor allem daran, dass ich glaubte, das (mein) Leben würde mir nicht zustehen, weil ich der Meinung war, dass ich bei, oder kurz nach meiner Geburt, hätte sterben sollen, natürliche Auslese quasi...

Danke euch. Ja das war genau mein Gedanke, aber nicht weil ich glaube mir steht es nicht zu zu leben sondern weil mein "Leben" nicht diese Bezeichnung verdient, das ist nur Folter.

[Gilbert]

Jedenfalls antwortet mein Vater immer, wenn er gefragt wird, ob sein Sohn (also ich) vergeben ist: "Ich habe auch erst mit 40 geheiratet, hat doch auch noch gereicht."

Ist das nicht auch eine Art, dich zu verteidigen? Immerhin besser doch als "Ach, ich weiß auch nicht, was bei dem schiefgegangen ist."

Ist es nicht. Glaub mir, ist es nicht. Er hält sowieso nicht viel von (jungen) Frauen, der ist heilfroh, dass ich Single bin.

Was dein Vater darüber in diesem Zusammenhang denkt oder sagt, sollte dir gemächlich am Bobbes vorbeigehen.
Dein Elternhaus scheint dich sehr stark in deinem Leben zu beeinflussen. An deiner Stelle würde ich mich allmählich und schrittweise davon abnabeln.

[Carmen1452]

Also ich kenne die Kennenlerngeschichte meiner Eltern grob. Weiß aber nicht wer oder wie mir das erzählt wurde. Aber als Liebespaar habe ich meine Eltern nie erlebt. Ich glaube oder denke auch manchmal das ich das zerstört habe. Irgendwie sehen meine Eltern wo nur mein Bruder da war auf den Fotos glücklicher aus. Ich muss dazu sagen das ich halt immer ein gesundheitliches Problem Kind war. Denke dadurch ist die Beziehung meiner Eltern vielleicht auf der Strecke geblieben.

Bei uns wurde oder wird auch sehr selten über das Thema Beziehungen geredet. Mein Bruder ist ja auch AB. Aber ihn stört das nicht. Ich glaube meine Mutter und auch mein Vater finden das auch nicht schlimm.

Ich denke aber auch das es vielleicht irgendwie einfacher ist wenn einem eine Beziehung vorgelegt wird. Vielleicht verstehen dann die Eltern auch eher das eigene Problem. Meine Eltern sind ja mit ihrer Beziehung so wie sie ist zufrieden.

[Brax]

Aber als Liebespaar habe ich meine Eltern nie erlebt.

Frage an alle: Wünscht ihr euch das eigentlich, eure Eltern als Liebespaar zu erleben bzw. erlebt zu haben?

Ich finde und fand das auch als Kind schon immer ziemlich ... na ja, abstoßend, wenn ich zwischen meinen Eltern irgendwas Zärtliches wie Kuss oder Umarmung oder einen flirtigen Spruch mitbekommen habe. Gott sei Dank kam das nur ganz selten vor. Aber ich lese hier immer wieder, dass das offenbar vielen total fehlt.

Ich glaube oder denke auch manchmal das ich das zerstört habe. Irgendwie sehen meine Eltern wo nur mein Bruder da war auf den Fotos glücklicher aus. Ich muss dazu sagen das ich halt immer ein gesundheitliches Problem Kind war. Denke dadurch ist die Beziehung meiner Eltern vielleicht auf der Strecke geblieben.

Mag sein, dass sie überfordert waren (wenn, dann ist das aber nicht deine Schuld). Wahrscheinlicher ist jedoch, dass sie sich einfach auseinandergelebt haben, oder?
Viele sind halt ein paar Jahre zusammen, leben sich langsam auseinander, wollen sich wegen dem/n bereits vorhandenen Kind/ern erstmal nicht trennen, und merken dann eben nach einer Weile, dass es doch nicht geht.

Manche versuchen auch, mit noch einem Kind die Beziehung wieder zu kitten, wenn sie nicht mehr so gut läuft.

Das liegt aber alles nicht an den Kindern persönlich.

[désespéré]

Aber als Liebespaar habe ich meine Eltern nie erlebt.

Frage an alle: Wünscht ihr euch das eigentlich, eure Eltern als Liebespaar zu erleben bzw. erlebt zu haben?

Auf gar keinen Fall. Ich kann doch nicht jemanden als Liebespaar erlebt haben wollen, wo man sich sonst Wochen lang anschwegt bzw. anschreit!

[Brax]

Désespéré, ich verstehe ehrlich gesagt nicht, was du sagen willst, sorry.

Ich meine das mit dem Liebespaar übrigens nicht sexuell, sondern allgemein gesehen, also ob man mitbekommen hätte wollen, dass sich die Eltern mal küssen oder auf dem Sofa aneinanderkuscheln oder einfach sonstwie zärtlich miteinander umgehen.

[désespéré]

Désespéré, ich verstehe ehrlich gesagt nicht, was du sagen willst, sorry.

Ich meine das mit dem Liebespaar übrigens nicht sexuell, sondern allgemein gesehen, also ob man mitbekommen hätte wollen, dass sich die Eltern mal küssen oder auf dem Sofa aneinanderkuscheln oder einfach sonstwie zärtlich miteinander umgehen.

Hast recht, Brax! Hab's geändert. Um auf Deine Ausgangsfrage zurückzukommen: In einer Zweckgemeinschaft brauch ich keine gespielte Liebe!

[Versingled]

Aber als Liebespaar habe ich meine Eltern nie erlebt.

Frage an alle: Wünscht ihr euch das eigentlich, eure Eltern als Liebespaar zu erleben bzw. erlebt zu haben?

Ich finde und fand das auch als Kind schon immer ziemlich ... na ja, abstoßend, wenn ich zwischen meinen Eltern irgendwas Zärtliches wie Kuss oder Umarmung oder einen flirtigen Spruch mitbekommen habe. Gott sei Dank kam das nur ganz selten vor. Aber ich lese hier immer wieder, dass das offenbar vielen total fehlt.

Na ja ... wenn es überhaupt nicht stattfindet? Und sich die Mutter über die Eltern eines Jugendfreunds dahingehend auslässt, dass sie sich lautstark und vor "Zeugen" ein "wie kann man in dem Alter Hand in Hand spazieren gehen?" nicht verkneifen kann ... ?

Küsse, flirtiges Verhalten, Umarmungen zwischen meinen Eltern hätten mich nicht in irgendeiner Weise befremdet. Wie sie offensichtlich lieblos in 2 Welten lebten tat (und tut) es schon ...

[Nonkonformist]

Aber als Liebespaar habe ich meine Eltern nie erlebt.

Frage an alle: Wünscht ihr euch das eigentlich, eure Eltern als Liebespaar zu erleben bzw. erlebt zu haben?

Es wäre besser gewesen als die katastrophen-beziehungen die ich in meinem jugend miterlebt habe.
Es hat mich extrem vorsichtig gemacht in der partnerwahl; ich wird niemanden mit große unterschiede in wertvorstellungen und lebensziele in betracht nehmen - nicht mal wann ich in so eine frau verliebt wäre.

Für mich hat das ganze begriff beziehung emotional eine ziemlich negative ladung.

Und so einiges von meiner bindungsängste greift bestimmt darauf zu.