Mit Enttäuschungen umgehen

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Momo
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Mit Enttäuschungen umgehen

Beitrag von Momo »

Ich habe mich letztes Jahr das erste Mal verliebt und dabei auch gleich die erste große Enttäuschung erlebt.
Das klingt irgendwie melodramatisch, vor allem wenn man bedenkt, dass wir uns eigentlich kaum kannten, noch nicht mal ein wie auch immer geartetes "Wir" ausgesprochen worden war und wir körperlich kaum über freundschaftliche Berührungen hinausgekommen sind.
Aber emotional hat es mich ziemlich mitgenommen.

Als es vorbei war, bevor er auch nur richtig begonnen hatte, habe ich geweint.
Ich habe vermieden, wütend auf ihn zu sein, habe viel zu viel an ihn gedacht, habe versucht, ihn zu vermeiden.
Wollte ihn unbedingt noch mal sehen, um ihn umzustimmen, nein, um mit ihm abzuschließen, nein, ich weiß auch nicht, vielleicht könnte es mir ja helfen, loszulassen?
Ich bin ihn nicht losgeworden, seine Persönlichkeit hat angefangen mich zu nerven, ich habe mir vorgestellt, wie es wäre, ihn auflaufen lassen zu können, ich habe mich gefragt, was gewesen wäre, wenn ich nicht... Aber ich habe es nicht über mich gebracht, irgendetwas zu bereuen.
Ich habe ihm einen Abschiedsbrief geschrieben, der von Anfang an nur für mich gedacht war.
Ich habe ab und zu den Mann durchscheinen sehen, den ich so anziehend fand, war davon frustriert, habe mir verziehen, dass ich mich nicht völlig in ihm getäuscht hatte...
Ich habe meine Wut auf ihn endlich zugelassen, habe mir selbst eingestanden, wie sehr mich sein Verhalten verletzt hat, habe mich hintergangen gefühlt, versuche, ihm zu verzeihen.
Ich habe eine Liste geschrieben, warum wir sowieso nicht zusammengepasst hätten...
Hab glaube ich die meisten der fünf Phasen der Trauer durch. Aber irgendwie bin ich immer noch nicht mit ihm fertig. So gründlich, wie er sich von mir befreit hat, wollte ich das andersrum gar nicht. Und irgendwie fällt es mir dadurch noch mal schwerer, loszulassen.

Kennt ihr das, dass euch Menschen tiefer berühren, als sie es rein rational betrachtet sollten? Dass ihr einfach nicht loskommt?
Wie geht ihr mit Enttäuschungen um? Was kennt ihr für Strategien, um sie zu überwinden? Wie könnt ihr loslassen?
Wie verhindert ihr, dass eine/mehrere Enttäuschung/en sich zu einem generellen Misstrauen verwachsen?
I want to be a mystery, yet be known
I want to be together, yet alone
Is it too much to ask, to be famous yet unkown?
To be a wanderer, yet have a home?
- Kara Douglas

Ich bin queer.

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Batman

Re: Mit Enttäuschungen umgehen

Beitrag von Batman »

Willkomen im Club :winken:

Da wir etwas gemeinsam :umarmung2: mich hat es letztes Jahr auch zum ersten mal :amor:
Es war ein so unglaublich intensives Gefühl :shylove:

Meine erste Erfahrung blieb auch unerwiedert un einfach nur schmerzhaft :sadman:
Ich bin extrem abgestürzt und habe Wochen lang geweint :crybaby:
Es hat wirklich lange gedauert, um damit zu recht zu kommen.
Dachte, ohne diesen Menschen geht es nicht :sadman:
Wollte eine Freundschaft, offenbar weil ich mich an eine Hoffnung klammerte die nicht existiert :hammer:
Irgendwan hat es klickt gemacht. Ich weine wegen einer Frau, der ich als Mann egal bin.
Ich habe Erinnerungen in den Kamin geworfen, den Schmerz ausleben.
Habe mit jemand aus dem Forum geschrieben.

Der Sport hat mich gerettet.

Die Gedanken kreisen natürlich hin und her.
Ab un zu denke ich noch an sie, ist ja menschlich.

Enttäuschungen und Rückschläge machen uns stärker.

Tu was dir gut tut :vielglueck:

Du darfst traurig, wütend un schlecht gelaunt sein ;)
FrankieGoesTo...

Re: Mit Enttäuschungen umgehen

Beitrag von FrankieGoesTo... »

Die erste große Enttäuschung war für mich auch damals hart. Konnte zunächst auch nicht loslassen. Und als sie dann jemand anderes kennenlernte, der sich kaum bemühen musste (im Gegensatz zu dem, was ich investiert hatte) und sie gleich ins Bett hüpften, war ich vier Wochen lang echt von der Rolle.

Heute versuche ich von Anfang an etwas vorsichtiger mit Gefühlen zu sein. Mich nicht gleich reinzusteigern, sondern es immer zwischendurch auszubalancieren, wenn ich merke, dass der andere nicht weit ist wie ich mit den Gefühlen. So tut die Ablehnung am Ende nicht ganz so weh.
asymetric
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Re: Mit Enttäuschungen umgehen

Beitrag von asymetric »

Verliebt habe ich mich noch nie. Aber bei mir hat die Begegnung mit einer Person einen Teil von mir reaktiviert, den ich sehr lange intensiv verschüttet habe.

Ich habe genügend Situationen erlebt wo ich mit Fug und Recht sagen kann, ich habe mich professionell verhalten. Professioneller als andere in dieser Situation.
Das hab ich mit dem Wissen was ich zu dem Zeitpunkt hatte, auch in jener Situation gemacht.

Dafür das ich mich noch nicht mal verliebt hatte, hat es mich emotional ziemlich derbe aufgewühlt.
Hätte nicht gedacht dass das geht.
Ich hab vlt nur genippt von dem Glas welches du scheinbar ge-ext hast.

War irgendwo als wenn ein Teil des Bewusstseins gerade Amok läuft und man es nicht wirklich abstellen kann.
Das war vor mehr als nem Jahr. Ich denk heute noch dran.

Ich bin es gewohnt meine Gefühle mit meinem Verstand niederzuknüppeln. Die Fähigkeit hat mir da begrenzt geholfen.

In meinem Leben habe ich schon ziemlich viel an mir verbessert, habe gelernt. Im Nachhinein bin ich dafür dankbar, einfach dankbar. Doch in der Situation fühlte es sich eigentlich immer erstmal Scheisse an. Aber vermutlich ist es dieses Wissen, das jedes Wachstum an Anfang sich erstmal scheisse anfühlt, weh tut, aber das es ohne das nicht geht, liessen mich weiter machen. Es nimmt nicht den Schmerz den man in der Situation fühlt, egal ob es so etwas emotionales ist, oder man sich beim Sport gerade sagt "scheisse tut das weh, warum mach ich diese gottverdammte Rotzkacke überhaupt?"

Der Mensch ist ein Gewohnheitstier. Ich empfinde Glück, empfinde eine tiefe Dankbarkeit für das Stück welches ich dadurch gewachsen bin, NACHDEM ich mich irgendwo Scheisse gefühlt habe. Das lässt mich die Situation in der ich mich scheisse fühle irgendwo anders interpretieren.

Stell dir vor du siehst dich von aussen, du siehst diese Person, welche da gerade am Boden ist, stell dir vor du umarmst sie, du umarmst also dich selbst, so wie du einen guten Freund/Freundin in der gleichen Situation umarmen würdest, oder umarmen wölltest.

Du hast eine neue Erfahrung gemacht. Egal wie scheisse die Situation sich angefühlt hat, sie hat dich nicht umgebracht. Du bist daran gewachsen.

Du bist weiter als du es vorher warst.
Liebe wird aus Mut gemacht.
Tyrion

Re: Mit Enttäuschungen umgehen

Beitrag von Tyrion »

Tintenmalerin hat geschrieben: 09 Feb 2018 22:26Kennt ihr das, dass euch Menschen tiefer berühren, als sie es rein rational betrachtet sollten? Dass ihr einfach nicht loskommt?
Ja, das kenne ich bestens. Die tiefste emotionale Geschichte war gleichzeitig meine größte und bitterste Enttäuschung. Zumal ich alles, einfach alles und noch viel mehr für sie getan habe. Aber darüber habe ich schon viel hier im Forum geschrieben. Losgekommen bin ich heute noch nicht von ihr - obwohl es weitreichende Folgen für mich hatte/hat/haben wird.
lieschenmueller

Re: Mit Enttäuschungen umgehen

Beitrag von lieschenmueller »

Hallo Tintenmalerin!

Ein guter Thread, der mich auch gerade sehr anspricht. :hut: :umarmung2:

Ich finde es schwierig, von der Person loszukommen, so fern es noch keine ausreichend lange, verbindende Zeit mit ihr gab. Ich kenne fast keine Schwachstellen und habe ein zu verklärtes Bild dieses Menschen. Person ist quasi ein Ideal.

Andererseits finde ich es auch irgendwie blöd, sich vorwiegend auf die Schwachstellen zu konzentrieren, um besser mit der Enttäuschung umzugehen. Aber deinen Schilderungen nach vermute ich, dass es zwischen euch einige Reibereien oder mehr Enttäuschungspotenzial gab. In dem Fall kann ich keinen Rat geben. Mir würde es so leichter fallen, von einem Menschen emotional loszulassen. Jedoch ist das natürlich bei jedem anders.

Vergessen kann ich ihn ohnehin nicht vollständig, also versuche ich damit zu leben.
In meiner Therapie riet mir meine Therapeutin, ich sollte mich damit abfinden, dass ich im Leben anderer Menschen nur einen kleinen Platz einnehme. Seitdem bin ich etwas genügsamer in Bezug auf andere Menschen geworden. Es ist zwar ein kleiner Platz, aber immerhin ist es ein Platz!
Diese Sichtweise ist auch irgendwo eine Form des Loslassens. Was soll man auch sonst machen? Erzwingen kann man nichts. Kämpfen wäre vielleicht eine Alternative. Jedoch sollte man sich auch bewusst sein, wann es sich lohnt zu kämpfen und wann nicht. :gruebel:

Was ich noch gut finde, sind Abschiedsrituale. Dein Abschiedsbrief war ein guter Schritt, denke ich.

Ich bin zwar kein Raucher, aber bei solchen Gelegenheiten kaufe ich mir eine Packung Zigaretten. Jede Zigarette ist eine Abschiedszigarette. Ist die Packung irgendwann aufgeraucht, habe ich das Gröbste hinter mir. :coolsmoke:
Nur als Beispiel eines Rituals. Gibt sicher auch gesündere Alternativen :lol: , bitte nicht nachmachen.
Zuletzt geändert von lieschenmueller am 10 Feb 2018 05:00, insgesamt 2-mal geändert.
lieschenmueller

Re: Mit Enttäuschungen umgehen

Beitrag von lieschenmueller »

asymetric hat geschrieben: 09 Feb 2018 23:35

Stell dir vor du siehst dich von aussen, du siehst diese Person, welche da gerade am Boden ist, stell dir vor du umarmst sie, du umarmst also dich selbst, so wie du einen guten Freund/Freundin in der gleichen Situation umarmen würdest, oder umarmen wölltest.

:good: So gut.

Und eine :umarmung2: an alle Vorposter.
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kreisel
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Re: Mit Enttäuschungen umgehen

Beitrag von kreisel »

Tintenmalerin hat geschrieben: 09 Feb 2018 22:26 Kennt ihr das, dass euch Menschen tiefer berühren, als sie es rein rational betrachtet sollten? Dass ihr einfach nicht loskommt?
Wie geht ihr mit Enttäuschungen um? Was kennt ihr für Strategien, um sie zu überwinden? Wie könnt ihr loslassen?
Wie verhindert ihr, dass eine/mehrere Enttäuschung/en sich zu einem generellen Misstrauen verwachsen?
Ja, ich kenne das.
Ich hatte da das Gefühl, dass da vergessene und recht schöne Seiten erst mal
zum Leben erwachen, und dann aber mit diesem erwartungsfrohen
Gefühlspack in einer Sackgasse münden.

So ähnlich wie bei dem Film "Zeit des Erwachens".
Eine kurze Phase des Aufblühens und dann wieder zurück müssen ins
vergessen.
Diese fehlende Möglichkeit ist es, die mich traurig macht, oder dass die Sonne,
der Regen, die Bedingungen fehlen, damit die neu anklingenden Seiten
gelebt werden können.

Vielleicht war genau diese eine Persönlichkeit die Bedingung, und wenn sie sich
entfernt / fehlt?

Ich habe die Trauer erstmal zugelassen.
Dann bin ich viel spazieren gegangen, am liebsten dann mit einer Freundin,
die das nachvollziehen konnte, oder wo wir uns auch schonmal gegenseitig
trösten mussten.

Briefe schreiben mach ich auch. (meist ohne absenden).

Und irgendwie macht mich der Zustand auch bewusster und achtsamer.
Halt so aufgerüttelt bewusst.

Arbeiten und Normalität hilft dann auch ein bisschen.


Und meistens habe ich auf dem Höhepunkt des Schmerzes irgendein
inneres Bild, was mich verstehen lässt und mich irgendwie tröstet.

Bei einem Mann hatte ich z. B. das Bild, dass ich ihn brauche oder er mich
belebt wie eine Herz Lungen Maschine. Fand ich ein krasses Bild, aber
es hat mich irgendwie berührt.

Und in einer anderen Situation hätte ich mir so gewünscht, dass er seine Bedenken
über Bord wirft (er hat gemeint er wäre zu alt und hat sich gegen die Gefühle
entschieden), das war irgendwie besonders schmerzhaft, weil ja die
Grundlagen- Gefühle da waren, und dennoch Distanz.
Da hatte ich irgendwann so ein Gefühl, dass ich das Steuerrad eines Schiffes
loslassen muss, weil ich seine Entscheidungen und die Situation nicht
steuern kann.


Im Nachhinein hat so eine Situation immer sehr meine Perspektive verändert.
Mir was ganz neues gezeigt.

Es zeigt ja auch Seiten von mir drin.
Ein Mann, in den ich verliebt war, war sehr musikalisch und improvisierte so rum,
und einer konnte super klettern und war viel in der Natur; es waren alles Eigenschaften
wo ich mich irgendwie minderwertig fühlte und mich mit verbinden wollte.

Diese Perspektive hat mich auch etwas weitergebracht: Dass ich die Sachen,
die der andere hat, die so anziehend sind, versuchen kann in mir zu entwickeln.
Darf man nur nicht zu weit treiben, sonst gibts nicht mehr viel zu entdecken und wenig
"Grund zum Verlieben" :kopfstand: :pfeif:

LG
kreisel
grenouille

Re: Mit Enttäuschungen umgehen

Beitrag von grenouille »

Tintenmalerin hat geschrieben: 09 Feb 2018 22:26
Kennt ihr das, dass euch Menschen tiefer berühren, als sie es rein rational betrachtet sollten? Dass ihr einfach nicht loskommt?
Wie geht ihr mit Enttäuschungen um? Was kennt ihr für Strategien, um sie zu überwinden? Wie könnt ihr loslassen?
Wie verhindert ihr, dass eine/mehrere Enttäuschung/en sich zu einem generellen Misstrauen verwachsen?


Hallo Tintenmalerin,

zunächst: ja, das kenne ich zu gut. Das reichte vom Partykontakt, dem ich ewig hintervertrauerte, bis zu einem Arbeitskollegen im Nebenjob, der mir in einer langen Nachricht erklärte, dass er mich toll finden würde, sich dann aber doch zurückzog (die Gründe dafür sind bis heute unbekannt, obwohl das Ganze schon über zwei Jahre zurückliegt).

Lange nachdem ich mit ihm (eigentlich) abgeschlossen hatte, sah ich ihn mit seiner Freundin, was mir dann doch nochmal einen Stich versetzte. Auch Wut kam auf, zusammen mit dem Gedanken: "Warum darf der eine Beziehung haben, trotz seines unangebrachten Verhaltens, und ich nicht? Warum ist das nur so unfair?" Eine gewisse Wut lässt sich nicht immer vermeiden, wichtig ist, dass sie nicht ewig andauert.

Ich brauche leider auch ewig, um über jemanden hinwegzukommen. Geholfen hat da die absolute Kontaktvermeidung (wenn möglich), eine bewusste Auflistung der negativen Seiten des OdB, das geht ein bisschen in die Richtung des bereits genannten Briefes und der Zuspruch von Freunden, in der Hinsicht, dass sie mich darin bestärken, im Bezug auf die Person nichts falsch gemacht zu haben.

Misstrauen hatte ich lange Zeit auch. Ich meine, wenn jemand eindeutiges Interesse bekundet, man sich freut und es dann trotzdem nicht klappt, denkt man erst einmal, es würde wohl nie funktionieren. Nun sind wir alle unterschiedlich, und ich habe mir bewusst gemacht, dass ein Rückzug von der Seite des ObB nicht immer unbedingt in direkter Verbindung mit einer Abneigung mir gegenüber in Verbindung steht. Man sieht das Innere der Person nicht: Hat sie womöglich ein Problem im psychologischen Bereich? Eine Enttäuschung erlebt, die derzeit keine Beziehung möglich machen? Einen Schicksalsschlag erlitten? Das muss natürlich nicht der Fall sein, aber es KANN. Habe es zumindest schon einmal erlebt.

Natürlich gibt es gegen Liebeskummer aber kein Patentrezept und Ratschläge sagen sich so leicht...

Ich wünsche dir alles Gute bei der Überwindung dieser Zeit :umarmung2:
Knallgrau

Re: Mit Enttäuschungen umgehen

Beitrag von Knallgrau »

Tintenmalerin hat geschrieben: 09 Feb 2018 22:26 Ich habe mich letztes Jahr das erste Mal verliebt und dabei auch gleich die erste große Enttäuschung erlebt.
Das klingt irgendwie melodramatisch, vor allem wenn man bedenkt, dass wir uns eigentlich kaum kannten, noch nicht mal ein wie auch immer geartetes "Wir" ausgesprochen worden war und wir körperlich kaum über freundschaftliche Berührungen hinausgekommen sind.
Aber emotional hat es mich ziemlich mitgenommen.

Als es vorbei war, bevor er auch nur richtig begonnen hatte, habe ich geweint.
Ich habe vermieden, wütend auf ihn zu sein, habe viel zu viel an ihn gedacht, habe versucht, ihn zu vermeiden.
Wollte ihn unbedingt noch mal sehen, um ihn umzustimmen, nein, um mit ihm abzuschließen, nein, ich weiß auch nicht, vielleicht könnte es mir ja helfen, loszulassen?
Ich bin ihn nicht losgeworden, seine Persönlichkeit hat angefangen mich zu nerven, ich habe mir vorgestellt, wie es wäre, ihn auflaufen lassen zu können, ich habe mich gefragt, was gewesen wäre, wenn ich nicht... Aber ich habe es nicht über mich gebracht, irgendetwas zu bereuen.
Ich habe ihm einen Abschiedsbrief geschrieben, der von Anfang an nur für mich gedacht war.
Ich habe ab und zu den Mann durchscheinen sehen, den ich so anziehend fand, war davon frustriert, habe mir verziehen, dass ich mich nicht völlig in ihm getäuscht hatte...
Ich habe meine Wut auf ihn endlich zugelassen, habe mir selbst eingestanden, wie sehr mich sein Verhalten verletzt hat, habe mich hintergangen gefühlt, versuche, ihm zu verzeihen.
Ich habe eine Liste geschrieben, warum wir sowieso nicht zusammengepasst hätten...
Hab glaube ich die meisten der fünf Phasen der Trauer durch. Aber irgendwie bin ich immer noch nicht mit ihm fertig. So gründlich, wie er sich von mir befreit hat, wollte ich das andersrum gar nicht. Und irgendwie fällt es mir dadurch noch mal schwerer, loszulassen.

Kennt ihr das, dass euch Menschen tiefer berühren, als sie es rein rational betrachtet sollten? Dass ihr einfach nicht loskommt?
Wie geht ihr mit Enttäuschungen um? Was kennt ihr für Strategien, um sie zu überwinden? Wie könnt ihr loslassen?
Wie verhindert ihr, dass eine/mehrere Enttäuschung/en sich zu einem generellen Misstrauen verwachsen?
Oh damit triffst du genau meine momentane Situation Tintenmalerin. :sadwoman: Ohne die Situation genau zu schildern - ich hab ja bereits nen Thread geschrieben - versuche ich grad seit fast nem Monat über nen Mann wegzukommen.

Ich habe so viel geweint, dass ich mich schon gewundert habe, dass ich noch Tränen habe. Abends, morgens, in den unmöglichsten Siuationen kam es wieder durch. Ich bin in Heulkrämpfen zusammengebrochen und hatte wirklich Herzschmerzen, im wahrsten Sinne des Wortes. Ich konnte nicht essen, nicht schlafen, mich nicht konzentrieren und hätte mich am liebsten im Bett zusammengerollt und aufs Sterben gewartet, wäre ich nicht so pflichtbewusst trotzdem weiter zur Arbeit gegangen und hätten mich nicht 5 Freundinnen "rund um die Uhr" betreut, weiß ich nicht, wie es weitergegangen wäre. Das klingt jetzt vermutlich sehr dramatisch, aber er war der erste Mann, der klar kommuniziert hat, dass er Interesse an mir hat und das ich eine attraktive, lustige und begehrenswerte Frau bin. Als ich anfing es zu glauben, zu genießen und mich fallen zu lassen und es vorallem zuzulassen, hat er es beendet. Ich hatte mehr zugelassen als bisher und das hat mich dann völlig aus der Bahn geworfen. Bis dahin wusste ich nicht, dass ich zu solchen Gefühlen für einen Mann fähig wäre.

Imzwischen glaub ich, hab ich das schlimmste überwunden. Ich hab immer noch kleine Rückfälle und ihn zu sehen löst in mir die ganze Bandbreite an Gefühlen aus, aber es wird leichter...langsam, aber merklich.

Ich habe die ersten Wochen viel geschrieben und vernichtet und viel geredet, immer wieder dasselbe, immer wieder durchgekaut und ich habe das Gefühl, dass das hilft. Ich rede jetzt nach wie vor mit meinen Mädels, aber nicht mehr so "besessen".

Anfangs wollte ich ihn dauernd sehen, habs aber kaum ausgehalten, wenns dazu kam. Jetzt wo es mir lieber wäre ihn nicht zu sehen, kommts dauernd dazu und auch wenn es anstrengend ist, hab ich das Gefühl, dass auch das heilsam sein kann. Wenn ich konfrontiert bin, bin ich kurz angebunden und höflich und der Puls schnellt nicht mehr so hoch. Es wird besser.

Ich merke umso mehr ich das alles annehme und nichts verhindere an Gefühlen (ich vermeide z.B. mir irgendwas krampfhaft einzureden "er ist es nicht wert, warum fühlst du so oder so?") oder vermeide an Situationen (wie gesagt ich bin höflich distanziert) umso mehr beruhigt sich mein Herz und mein Puls. Alles darf da sein: Trauer, Enttäuschung, Wut, Liebe, Ekel, Abscheu, Schmerz, Verlustgefühl,... und umso weniger ich hinterfrage, warum ich "schon wieder" traurig bin und mich stattdessen ablenke, umso besser gehts mir. Umso weniger ich mir verbiete auf dem grünen Messager ;) zu gucken, ob er online ist, umso weniger muss ich es tun.

Also was hilft? Zumindest mir: Alles zulassen, das einzige was verboten ist, ist mich bei ihm zu melden. ;)
Glockenspiel

Re: Mit Enttäuschungen umgehen

Beitrag von Glockenspiel »

Kenne das Gefühl sehr gut als meine langjährige Freundin mit mir Schluss gemacht hatte. Für mich brach eine Welt zusammen und ich habe wochenlang nur geweint. Alles was nur entfernt mit ihr zu tun hatte, erinnerte mich plötzlich an sie und ich musste wieder anfangen zu weinen.
Ich hatte keine Lust auf gar nichts und wollte auch keinen anderen Menschen an meiner Seite haben als sie.
Es hat mir sehr geholfen die Sachen immer und immer wieder mit mir nahestenden Menschen zu besprechen. Alleine das von der Seele reden hat Wunder gewirkt. Außerdem habe ich versucht all meine Gedanken auf Papier zu bringen und die Geschichte mit dieser Person zu verfassen. Dabei sind viele Tränen gerollt. Schlussendlich habe ich diese ganzen Dinge dann verbrannt und ich habe mich 100x besser gefühlt, aber letztendlich sind dies alles auch nur Dinge, um den Trauerprozess zu beschleunigen. Durch den Schlamm muss man dennoch. Denn die Zeit heilt alle Wunden.
Oxymoron

Re: Mit Enttäuschungen umgehen

Beitrag von Oxymoron »

"Die Zeit heilt alle Wunden", dass finde ich jetzt eher unsinnig. Oberflächlich mag das vielleicht der Fall sein, aber je nach Verletzung bleibt ein unheilbarer Schaden zurück. Besonders wenn mit den Gefühlen und Hoffnungen einer Person gespielt worden sind. Und mit solchen Enttäuschungen kann ich ganz und gar nicht umgehen. Man fühlt sich dann einfach nur belogen und minderwertig, verliert allgemein das Vertrauen in andere Menschen. Sowas nimmt mich immer extrem mit und schürt nur meine Unsicherheit.
Fazit: Ich kann mit großen Enttäuschungen im Liebesleben nicht umgehen und sie verarbeiten. Wenn ich mir vorstelle es irgendwann mal noch einmal zu versuchen, da kriege ich teilweise Ekelgefühle und eine totale Abneigung dagegen.
Sommersprosse

Re: Mit Enttäuschungen umgehen

Beitrag von Sommersprosse »

Liebe Tintenmalerin,
liebe alle,

ich wollte mich einfach nur für den Thread bedanken.
Es hilft mir gerade ein bisschen zu lesen, wie ihr mit Enttäuschungen umgeht und ich hoffe, mir das ein oder andere mitnehmen zu können.
Ich selbst kann leider nicht so viel beitragen, merke ich doch gerade wieder, dass ich einfach ziemlich hilflos bin und keine wirkliche Strategie habe... :cry:
FrankieGoesTo...

Re: Mit Enttäuschungen umgehen

Beitrag von FrankieGoesTo... »

Einige Strategien, die bei mir immer helfen:

- sich ablenken/mit Freunden treffen
- sich was gönnen (Kino, Konzert, CDs, DVDs, neue Klamotten, Restaurantbesuch)
- das Erlebnis kreativ in Kunstform verarbeiten (in meinem Fall Songs schreiben, aber natürlich geht das auch mit Lyrik, Malen etc.)
- mich auf das besinnen, was bei mir gut läuft
Batman

Re: Mit Enttäuschungen umgehen

Beitrag von Batman »

Oxymoron hat geschrieben: 10 Feb 2018 23:19 "Die Zeit heilt alle Wunden", dass finde ich jetzt eher unsinnig. Oberflächlich mag das vielleicht der Fall sein, aber je nach Verletzung bleibt ein unheilbarer Schaden zurück.
Du kannst sagen es ist ein blöder Spruch. Dennoch ist er 100% war, die Zeit macht es einfach erträglicher. Ich werde wohl auch nie vergessen, das es meine erste Erfahrung mit Gefühlen war. Mit der Zeit lernst du besser damit umzugehen und findest Wege. Die ersten Wochen sind unglaublich schmerzhaft und ist wohl auch gut so. Wir sind Menschen. Doch aufstehen und weiter machen, ist die Devise!

Hab übrigens auch einen Abschiedsbrief geschrieben und es hat unglaublich gut getan. Ihn zu versenden war jedoch ein Fehler :wuetend: naja, was geschehen ist, ist geschehen.
Oxymoron

Re: Mit Enttäuschungen umgehen

Beitrag von Oxymoron »

Ich denke es ist vielleicht sowieso besser von dem Wunsch einer liebevollen Beziehung Abstand zu nehmen. Es ist ja so, dass in der heutigen Zeit Emotionalität und überhaupt die Anzahl der Beziehungen abnehmen. Es möchte sich jeder nur noch selbstverwirklichen und verliert dabei aus den Augen das die Liebe dabei kein Hindernis ist.
grenouille

Re: Mit Enttäuschungen umgehen

Beitrag von grenouille »

Oxymoron hat geschrieben: 11 Feb 2018 17:28 Ich denke es ist vielleicht sowieso besser von dem Wunsch einer liebevollen Beziehung Abstand zu nehmen. Es ist ja so, dass in der heutigen Zeit Emotionalität und überhaupt die Anzahl der Beziehungen abnehmen. Es möchte sich jeder nur noch selbstverwirklichen und verliert dabei aus den Augen das die Liebe dabei kein Hindernis ist.
Das stimmt mich irgendwie traurig, auch wenn es einen gewissen Wahrheitsgehalt hat. Die meisten, die ich kenne, wünschen sich eine liebevolle Beziehung. Gut, die Leute sind jung (Anfang-Mitte 20) und idealisieren das Ganze vielleicht ein bisschen.
Dennoch, ich kann und will diesen Wunsch einfach nicht aufgeben.

Ich nehme einmal an, dass die genannte Selbstverwirklichung sich hier u.a. auf den Beruf bezieht? Da gibt es solche und solche. Ich kenne "karrieregeile" Leute, aber auch welche, die für eine Partnerschaft und eine eventuelle Familie auf die große Karriere verzichten würden. Mich eingeschlossen, ich suche eher eine Tätigkeit mit einem gewissen Maß an Sicherheit, ohne die große Karriere oder Selbstverwirklichung. Ganz unabhängig von einem Partner oder einer späteren Familie.
Selbstverwirklichung allgemein bedeutet für mich auch, dass man sich ständig weiterentwickelt, seine Talente ausschöpft und damit seine Ziele erreicht. Aber für mich wären Ziele nicht nur beruflicher Natur, sondern ein ausgeglichenes Verhältnis aus Arbeit und funktionierendem Privatleben. Ich denke nicht, dass wirklich so viele Leute keine Partnerschaft eingehen wollen, weil diese die Selbstverwirklichung unmöglich machen würde.
Neuling92

Re: Mit Enttäuschungen umgehen

Beitrag von Neuling92 »

Tintenmalerin hat geschrieben: 09 Feb 2018 22:26 [...]
Kennt ihr das, dass euch Menschen tiefer berühren, als sie es rein rational betrachtet sollten? Dass ihr einfach nicht loskommt?
Wie geht ihr mit Enttäuschungen um? Was kennt ihr für Strategien, um sie zu überwinden? Wie könnt ihr loslassen?
Wie verhindert ihr, dass eine/mehrere Enttäuschung/en sich zu einem generellen Misstrauen verwachsen?
Ja das kenne ich. Wie ich damit umgehe...Garnicht. Bzw. ich kann es nicht. Ich hatte in meinem Leben bis jetzt zwei "beste" Freundinnen, für die ich auch ihr bester Freund war. In beide hatte ich mich auch verliebt, konnte das aber nicht richtig vermitteln/zeigen sodass ich immer nur der gute Kumpel war. Die erste Liebe/Freundschaft verlief sich langsam nach dem Abi. Richtige Trauer/Schmerz hatte ich nur als ich ihren ersten Freund bei Facebook auf den Bildern sah. Aber aufgrund der Distanz kam ich rellativ schnell drüber weg.

Die andere Liebe/beste Freundin hat mir letzte Woche aus dem nichts die Freundschaft gekündigt. Ich hatte mich über 8 Jahre sehr gut mit ihr verstanden und einiges mit ihr erlebt. Auch hier war ich zwar wieder nur der gute Kumpel, aber ich sagte mir immer "lieber der gute Kumpel, als garkein Kontakt mehr". Aber aufeinmal schrieb sie mir, das wir uns fremd geworden seien und sie keinen Kontakt mehr will. Ohne weitere Erklärung. Das Wochenende zuvor waren wir noch feiern und haben Pläne geschmiedet. Seit dem geht es mir total beschissen. Ich will antworten, werde aber keine bekommen. Ich will natürlich weiterhin Kontakt zu der Person, weil ich sie sehr mag, werde aber keinen mehr bekommen. Es ist so als wäre jemand gestorben....
Da ich sowieso kaum Leute kenne, und meine Kontakte an einer Hand abzählen kann, macht sowas meine Situation natürlich nicht besser.
Manchmal geh ich abends zu mir an den See und schaue die Promenade entlang und Frage mich, was ich nur falsch gemacht habe um an diesem Punkt zu sein wo ich jetzt bin...
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Esperanza
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Re: Mit Enttäuschungen umgehen

Beitrag von Esperanza »

Ein Thread der mir aus der Seele spricht. Mir fällt es auch sehr schwer meinen Ex vollständig loszulassen. Und das ist nur Einer. :surprise: Wie Normalos das immer wieder aufs Neue hinkriegen ist mir ein Rätsel.
Aber es wird besser liebe Tintenmalerin und alle anderen die sich da schwer tun. ;) Irgendwann sieht man ein, dass einem nichts anderes übrigbleibt als die Gegebenheiten zu akzeptieren uns sich damit abzufinden. Und ein bisschen hilft die Zeit schon. ;)
Kein Mensch war ohne Grund in deinem Leben. Der eine war ein Geschenk. Der andere eine Lektion. Manche auch beides.
Schneeleopard

Re: Mit Enttäuschungen umgehen

Beitrag von Schneeleopard »

Esperanza hat geschrieben: 12 Feb 2018 18:22 Wie Normalos das immer wieder aufs Neue hinkriegen ist mir ein Rätsel.
Beim ersten Mal ist es am Schlimmsten.
Einfach wird es danach nicht.
Aber etwas besser schon ...

Und man wird vorsichtiger beim 'Hineinsteigern' und wartet auf die Realität anstatt seinen Träumen zu folgen.