"20 Jahre später
"Das passiert mir nicht noch einmal!" sprach´s und machte einen Riesenkussmund. "Komm, küss´ mich! Alte Hippe!" George war ein Clown und Rosie war seine Muse. Er lebte in einem Bauwagen. Die Jukebox spilkete "In A Sentimental Mood". Im Bauwagen war es so schön chaotisch. George hörte Rosie im Radio. So lernte er sie kennen. Sie las nachts um ein Uhr "Der futurologische Kongress" vor. Das war schön. Die Lesung wurde unterbrochen, weil George beim Sender anrief und sich daraufhin die Beiden über den Äther unterhielten. George mochte diesen Fernseh-Pater mit dem Rauschebart, der immer Lebenstipps gab. Es war ein lustiges Radiogespräch. Es war nämlich kurz vor Weihnachten und George fragte Rosie, ob sie Lust hätte, mit ihm Weihnachten nach Art der Oma zu begehen. Nach Art der Oma bedeutete mit Fondue. Er wollte also, dass sie Fondue macht. Die Oma ist vor 20 Jahren gestorben und seitdem war jedes Weihnachten für George scheiße. Zu Omas Zeiten war es so, dass erst zuhause beschert wurde und dann ging es pünktlich zur Oma, da gab es dann auch Geschenke und es wurde eben fonduet. Es war dann auch in der Regel ein Onkel väterlicherseits da, was dem ganzen Abend einen ironisch-heiteren-intellektuellen Anstrich gab, sprich ihn bezogen der Inhaltlichkeit zu einem Jahreshighlight machte. George kannte sich jetzt besser als früher. Er wusste, was ihm gut tut und was schlecht, also, naja, bei Menschen wusste er das nicht. Würde er das jemals lernen? Aus dem Internet kam einfach nichts vernünftiges heraus. Was hatte er mit Rosie für ein Glück gehabt! 99 andere Radiosprecherinnen hätten höflich oder unhöflich abgelehnt! Vielleicht hätte die Eva Herrmann Fondue gemacht. Oder sie hätte gesagt: "Es gehört zwar zu meiner Rolle als Frau, zu kochen ohne dass der Mann einen Finger krumm macht, da Sie aber nicht mein Ehemann sind lehne ich ab und werde stattdessen mit diesem vorchristliche, germanische Rituale praktizieren, so wie wir es immer zu tun pflegen."
Gestern war der George mit der Rosie auf einem Weihnachtsmarkt, einem richtigen Weihnachtsmarkt, mit Fahrgeschäften und so einem riesenhaften Tombolastand, wo es so riesenhafte Plüschtiere gibt. Als Kind war für ihn so ein Stand dimensionsmäßig, ja, rieisig. Es war irgendwie einschüchternd."
"Weihnachtsgeschichte 2018"
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