In der Blog-Sektion kann ich aus mir unbekannten Gründen nicht schreiben.
Aber da ich hier nun einmal aktiv geworden bin, möchte ich einen Schwank aus dem Leben eines alleinstehenden Midd-Dreißers zu besten geben.
Ich bin mit Ende zwanzig, damals noch im Handwerk tätig, von einem Gerüst gefallen.
Dabei hab ich mir in der LWS einen Wirbel kaputt gebrochen (bin auf ne Kabeltrommel geknallt).
Nun leben wir ja im 21. Jahrhundert und ich wurde mehr oder minder gut versorgt, weshalb ich auch heute noch beide Stelzen fast problemlos bewegen kann – vor 100 Jahren hätte es wohl düster ausgeschaut.
Nun bin ich aber ein sog. „Schmerzpatient“ und nachdem ich alles durch hatte, habe ich mich der Schulmedizin abgewannt. Das Ibu hatte nicht gewirkt, vom Novalgin bekam ich Herzprobleme und Allergien und das Diclo brennt einem einfach faustgroße Löcher in den Magen. Danach kam man mir mit Opiaten, aber die Welt durch einen Schleier zu betrachten und langsam Blöde zu werden, hat mir dann auch nicht gefallen. Irgendwann habe ich dann Gras für mich entdeckt, also medizinisches Cannabis, genauer gesagt Skunk. Das hat geholfen, und zwar ganz ohne Löcher in der Magenschleimhaut. Dennoch blieb ein Problem: Die zunehmende Gefühlstaubheit an den Fußsohlen. Was tun? Also wieder zum Orthopäden…
Ohne Durchsicht des des MRT, das ich extra dafür über mich ergehen lassen habe, war die Antwort direkt klar:
Unter Röntgen eine Kanüle in die Wirbelsäule einführen zu lassen und mir Kortison in die Wirbelsäulenflüssigkeit zu spritzen… Ein Arztgespräch zur Behandlung hat es nie gegeben…
Aber nun zum „Alleinstehenden“-Teil:
Wieder am Tresen angekommen informiert mich die junge Schwester:
Nach der Injektion muss ich unbedingt abgeholt werden. Es ist davon auszugehen, dass ich nach der Behandlung mehrere Stunden lang das Bein nicht richtig bewegen kann. Außerdem müsse man mir Medikamente verabreichen und es wäre verantwortungslos, mich unter deren Einfluss allein aus der Praxis zu lassen. Außerdem sei es sehr wichtig, dass ich in der ersten Nacht nach der Injektion beaufsichtigt werde, da es bei einer solchen Menge Kortison zu Herzproblemen kommen könnte… „Aha… „Sage ich…“.
„Aber wer bitte soll mich denn bitte des Nachts beaufsichtigen?“, „Ich weiß ja nicht mal, wer mich nach der Injektion abholen sollte?“…
„Sie müssen aber abgeholt werden!“, bekräftigte die junge Frau.
„Ich hab aber keinen, der mich abholt!“, bekräftigte ich.
„Na ihre Frau, oder Freundin, oder sonst jemand“, meinte die Schwester nun trotzig.
Ich seufzte, „Mit allen dreien kann ich nicht dienen, ich habe niemanden, der mich abholen kann. Stellen Sie mir doch einfach einen Transportschein aus!“
Doch auch hier stellte sich die Angestellte Quer: „Einen Transportschein könne man mir nicht ausstellen, sowas mache man nur, wenn die Behandlung besonders invasiv und ein Transport unbedingt nötig sei…“
Ich darauf: „Okay, also ich weiß ja nicht, was sie hier sonst noch so machen, aber für mich hört es sich so an, als wollten sie mir unter dauerhaftem Röntgen eine Stahlkanüle in die Wirbelsäule einführen, um in diese eine nicht unerhebliche Menge Kortison einzuspritzen… Was ihrer eigenen Aussage nach dazu führt, dass ich mehrere Stunden lang meine Beine nicht bewegen kann und am besten noch die ganze Nacht beaufsichtigt werden muss, damit ich nicht drauf gehe… Wie „invasiv“ und schwerwiegend muss eine Behandlung eigentlich sein, damit ich einen Taxi-Schein bekomme?“ Brauchen Sie dafür einen Hammer? Vielleicht noch einen Meißel?“
Da unterbricht mich die Schwester rüde: „Herr Gott, lassen Sie sich halt von irgendeinem Familienmitglied abholen, oder halt von einem Kollegen!“ Und ich antworte: „So, jemanden habe ich aber nicht! Herr Gott!"...
Ich habe am Ende davon abgesehen, mich in der Praxis behandeln zu lassen, und habe einen besseren Orthopäden gefunden, der nun meine Beine behandeln möchte, ohne mir Sachen in die Wirbelsäule zu stecken… Der interessante Punkt ist aber, wie sehr die Gesellschaft davon ausgeht, dass man in ‚klassischen‘ Verhältnissen lebt. Ich muss eine Frau/Freundin haben, oder aber eine intakte Familie, die mich von Ärzten abholt. Es ist gar nicht die Möglichkeit vorgesehen, dass es anders sein könnte! Ich stelle mir das sehr traurig vor, wenn da ein altes Ommchen von 80 Jahren steht, das keine Familie mehr hat und das Gleiche mit der frechen Schwester durchstehen muss… Oder hätte die Schwester dann mehr Verständnis? Liegt es vielleicht einfach nur daran, dass ein Mann meines Alters eine Familie haben muss? Dass es ihr einfach nicht aufgehen möchte, dass es sein kann, dass ich wirklich niemanden habe, der mich abholen könnte?
Ich finde, unser Gesundheitssystem ist sehr einseitig ausgelegt. Sowas ist mir leider schon sehr oft passiert. Es wird davon ausgegangen, dass man „Angehörige“ haben muss, und wenn man die nicht hat, dann hat man eben Pech – dann fällt man eben aus dem heraus, was das System vorgesehen hat…
Was meint Ihr dazu?
Neulich beim Orthopäden
ERSTER BEITRAG DES THEMAS
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- Kommt an keinem Thema vorbei
Re: Neulich beim Orthopäden
Ich glaube in dem Alter ist es selten dass man weder Familie noch Freunde noch Arbeitskollegen oder Nachbarn hat
- Vogel
- Begeisterter Schreiberling
Re: Neulich beim Orthopäden
Kommt mir vertraut vor. Wobei ich vermute, das es hier weniger die Annahme ist, in "klassischen Verhältnissen" zu leben, als nicht zu verstehen, dass es dafür überhaupt keine Angehörigen gibt.
Man nimmt immer an, dass irgendwer schon für Dich Zeit hat und dich nach Hause bringen und beaufsichtigen kann.
Als jemand der dafür die notwendige med./ pflegerische Qualifikation hat, kann ich über diese Entwicklung nur den Kopf schütteln. Bei solchen Eingriffen, die eine beaufsichtigende Person benötigen, möchte ich ehrlich gesagt keine Person dabei haben, die keine Ahnung von Medizin und Notfällen hat.
Man nimmt immer an, dass irgendwer schon für Dich Zeit hat und dich nach Hause bringen und beaufsichtigen kann.
Als jemand der dafür die notwendige med./ pflegerische Qualifikation hat, kann ich über diese Entwicklung nur den Kopf schütteln. Bei solchen Eingriffen, die eine beaufsichtigende Person benötigen, möchte ich ehrlich gesagt keine Person dabei haben, die keine Ahnung von Medizin und Notfällen hat.
- Vogel
- Begeisterter Schreiberling
Re: Neulich beim Orthopäden
Ja, das ist der Gedanke dahinter.
Nur: auch die müssen vielleicht arbeiten; haben keine Zeit oder sind schlichtwegs für so etwas nicht zuverlässig genug oder geeignet.
Vor vielen Jahren habe ich meine Weisheitszähne in Vollnarkose operieren lassen. Als meine Begleitperson hatte mein Vater Zeit. Letztendlich war er es, der in der Praxis Betreuung brauchte. Heute ist er weit über 80Jahre alt- ich hätte mehr Angst um ihn, als um mich.
- Tönnes
- Noch etwas schweigsam
Re: Neulich beim Orthopäden
Richtig, sicherlich habe ich mit Mitte dreißig noch lebende Verwandte, aber die kommen sicherlich nicht mit dem Auto in meine Stadt, um mich vom Grusel-Orthopäden abzuholen. Die würden das ja nicht mal in Erwägung ziehen und würden sich von der reinen Frage danach brüskiert zeigen. Und die Verwandten, die ich vor Ort habe, sind zwei Großmütter, die eine dement und die andere krebskrank. In der Regel muss ich die zum Arzt bringen und nicht sie mich. Die Wahrscheinlichkeit, dass eine davon mal vorbeischneit, um mich in ihrem schicken Auto abzuholen, klingt eher nach einer schönen Gutenachtgeschichte, die ich einer von beiden demnächst vorlesen werde…Vogel hat geschrieben: ↑02.11.2024, 21:26 Kommt mir vertraut vor. Wobei ich vermute, dass es hier weniger die Annahme ist, in „klassischen Verhältnissen“ zu leben, als zu verstehen, dass es dafür überhaupt keine Angehörigen gibt.
Man nimmt immer an, dass irgendwer schon für dich Zeit hat und dich nach Hause bringen und beaufsichtigen kann.
Als jemand, der dafür die notwendige med./pflegerische Qualifikation hat, kann ich über diese Entwicklung nur den Kopf schütteln. Bei solchen Eingriffen, die eine beaufsichtigende Person benötigen, möchte ich ehrlich gesagt keine Person dabeihaben, die keine Ahnung von Medizin und Notfällen hat.
Aber ich verstehe, was du meinst. Wenn du aber sagst, vom Fach zu sein, vielleicht kannst du ja Licht ins Dunkel um den sog. „Transportschein“ bringen? Also den Schein, aufgrund dessen dich der Taxifahrer auf Kassenkosten heimfahren darf.
Nun war das geplante ja nicht etwa ein Hausarztbesuch mit ner Packung Ibu 400 und dem Wunsch baldiger Besserung…
Nein: Geplant war ein schwerer Eingriff in meine Wirbelsäule unter durchgehender Röntgenbestrahlung, und das mit dem Versprechen anschließender, zweitweiser Lahmheit… Was genau müssen sie eigentlich mit einem anstellen, das einen Transport rechtfertigt? Also Stahlkanülen im Rückenmark langen ja offensichtlich nicht, hinterher nicht mehr laufen zu können auch nicht… Braucht es erst eine handfeste Lobotomie, damit die Kasse den Transport eines Menschen übernimmt, oder verstehe ich da was falsch?
Nachbarn? Dein Ernst? Lebst du auf dem Dorf? Also, ich persönlich lebe in der Stadt und ich finde die Idee, meine Nachbarn zu fragen, ob sie mich zum Arzt fahren könnten, schlicht abstoßend… Ich finde ja schon den Gedanken abstoßend, dass Sie meine Post annehmen könnten! Mein Adresszusatz bei Amazon lautet auf jedem Paket gut lesbar: „KEINE ABGABE AN NACHBARN!“
- Vogel
- Begeisterter Schreiberling
Re: Neulich beim Orthopäden
Generell muss so ein Transportschein vom Arzt genehmigt werden, und nur wenn es medizinisch notwendig ist. Allerdings werden die auch nur bei stationären Behandlungen verordnet. Nicht bei ambulanten Behandlungen- wie in Deinem Fall. Nur wenn Du dauerhaft in Deiner Mobilität beeinträchtigt wärst (Rollstuhl, bettlägerig) wäre es möglich. Oder möglich wäre es auch, wenn Du eine medizinisch-fachgerechte Betreuung/ Lagerung bräuchtest wie bei ansteckenden Karnkheiten, Wundgeschwüre, .... Allerdings: Das Einspritzen von Kortison - ich vermute bei Dir eine Facetteninfiltration oder eine periradikuläre Therapie- wird bei anderen Ärzten als sehr gut verträglich beschrieben- es seien am selben Tag sogar Spaziergänge möglich. Die Kasse würde da bestimmt keinen Transport zahlen.
So auf die Schnelle hätte ich diese Behandlung auch nicht angenommen. Zumal es nur Symptombehandlung ist.
Warum? Was hast Du gegen Deine Nachbarn? Warum abstoßend?Tönnes hat geschrieben: ↑02.11.2024, 22:57Nachbarn? Dein Ernst? Lebst du auf dem Dorf? Also, ich persönlich lebe in der Stadt und ich finde die Idee, meine Nachbarn zu fragen, ob sie mich zum Arzt fahren könnten, schlicht abstoßend… Ich finde ja schon den Gedanken abstoßend, dass Sie meine Post annehmen könnten! Mein Adresszusatz bei Amazon lautet auf jedem Paket gut lesbar: „KEINE ABGABE AN NACHBARN!“
Hier in meinem Wohnhaus haben die älteren Rentnerinnen sehr guten Kontakt untereinander- sie helfen sich, gehen sich gegenseitig besuchen. Unter uns jungen menschen daggeen gibt es kaum Kontakt. Aktuell ist das mir ganz Recht, da ich deutlich weniger Zeit habe wie die Renterinnen und ich lieber richtige Freunde hätte, statt Nachbarn.