Das Problem mit den Regeln...

Themen zum Diskussionsklima im AB-Treff.
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Kolinatan
Keiner schreibt schneller

Das Problem mit den Regeln...

Beitrag #1 » von Kolinatan »

Zuya Hiyaye hat geschrieben: 22.11.2024, 22:20 In aller Regel schreiben sich hier nicht zwei AB's gegenseitig, sondern es schreiben nur wenige AB's denen mehrere Nicht-ABs gute Ratschläge geben. Oder es schreiben sich mehrere Nicht_ABs über ABs untereinander.
Wenn ich mir Deine letzten beiden Beiträge (hier und hier) aus dem Thema "Herausforderungen beim 'sich ins Leben werfen'." anschaue und versuche die Kritik darin nachzuvollziehen, dass sich im Forum auch Menschen äußern dürfen und können, welche nicht mehr oder vielleicht nie AB waren, entsteht in mir ein anderes Bild, als dass es hier ein Problem gäbe, welches speziell für AB-Foren gälte. Es ist für mich erneut ein gesellschaftliches Problem. Eines, was auf gängigen - deswegen für mich nicht weniger problematischen - Verhaltensweisen beruht.

Egal um welches Thema es geht, ob um Beziehungen, Sport z.B. Fußball, Politik, Aussehen, Ernährung. Es gibt kein Thema, in welchem nicht irgendwelche selbsternannten Experten anderen ihre Vorstellung und Ratschläge um die Ohren hauen. Ist mal wieder Fußball EM/WM, dann gibt es in Deutschland Millionen von Menschen, die genau wissen wie die Fußballmannschaft hätte trainiert und aufgestellt werden müssen. Viele Journalisten, welche über Politik berichten, haben in ihren Artikeln auch gleich die Patentlösung für die geschilderten Probleme. Ebenso wie viele Menschen, wenn sie Nachrichten schauen, auch automatisch zu wissen meinen, was sie zu tun hätten, wenn sie "König von Deutschland" wären. Nicht zu vergessen die vielen Zeitschriften, welche tagtäglich den Menschen "Tipps" geben, für alle möglichen Lebensfragen insbesondere Beziehungen. Es gibt ein ganzes Gerne dazu: Selbsthilfeliteratur

Nein, das was Du beschreibst ist kein Problem von AB-Foren. Es ist die übliche Frechheit, welche in unserer Gesellschaft eine Normalität ist: Jeder darf seine eigen Maßstäbe und Vorstellungen auf andere projizieren und propagieren, dass andere diese Maßstäbe zu erfüllen hätten. Je nach Position sogar mit Gewalt. Anstatt sich jeder Mensch nur um seine Angelegenheiten kümmert, beanspruchen viel zu viele Menschen, dass sie Anderen Vorgaben machen dürfen und sind eingeschnappt, wenn man andere Vorstellung hat, wie ein Miteinander aussehen sollte.

Das eigentliche Problem ist: Wie gelingt es miteinander eine Form der Kommunikation zu finden, bei welcher alle Beteiligten gleichermaßen bereit sind mitzumachen? Wer hat die Aufgabe wen vor wessen Angriffen und Übergriffen zu schützen? Wie viel Eigenverantwortung und Zurückhaltung ist jeder Einzelne bereit aufzubringen oder ihm zuzumuten?

All diese Klärungen können anstrengend sein, sofern überhaupt Bereitschaft besteht diese einvernehmlich zu klären und nicht nur die eigenen Vorstellungen durchzudrücken. Es ist geradezu eine Ironie, wenn ich so etwas hier schreibe, während ich für die beiden Austauschforen (AB-Treff Café, AB-Treff Nachtclub) mit dem Codex inzwischen strikte Umgangsformen vorgegeben habe, um Eskalationen, Off-Topic und Abwertungen zu reduzieren und so meine Arbeit zu erleichtern, weil ich nicht dazu bereit war, wiederholt die Scherben zusammenfegen, weil ein Thema aus dem Ruder gelaufen ist. Inzwischen kann ich vorher eingreifen und für mich funktioniert es deutlich besser, mit den Verfassern lieber per PN Rücksprache zu halten ohne Zuschauer, statt später zu versuchen, wenn Missverständnisse die Fronten bereits verhärtet haben, wieder die Wogen zu glätten.

Für mich spiegeln sich die allgemeinen gesellschaftlichen Probleme, welche wir aufgrund unserer erlernten Umgangsformen haben, durchaus in den unterschiedlichen Problemstellungen von ABlern wieder. Dabei hat jedes AB seine individuelle toxische Dosis erhalten - u.a. an problematischen Glaubenssätzen. Nur ist diese Aussage von mir eine Tautologie und damit auch ein Glaubenssatz. Ob die Lösung darin liegt, Glaubenssätze zu überwinden oder einfach nur irgendwie weiterzumachen und ob - sofern es gelingt - der AB-Status überwunden wurde durch eigene Anstrengung oder Zufall oder eine Kombination davon, wird sich nie wirklich belegen lassen. Eines hilft Menschen allerdings durchaus: Wenn sie das Gefühl haben etwas tun zu können, statt den Umständen hilflos ausgeliefert zu sein.

Für mich ist der Sinn dieses Forum, den Betroffenen einen Ort zu geben, wo sie mit Ideen in Kontakt kommen können, welche ihnen helfen ihre Zuversicht zu stärken oder überhaupt wiederzufinden, weil es andere AB auch geschafft haben, etwas für sich zu verändern. Bei allen Tipps im Forum - welche ein AB ausprobieren kann - geht es am Ende nicht darum, dass es eine "sichere" Lösung gäbe, sondern darum seine Zuversicht zu behalten, dass eine Beeinflussung der eigenen Lebensumstände möglich ist.

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