Abstimmung 68. Schreibwettbewerb "Wenn ich mal 70 bin"

In diesem Bereich besteht die Möglichkeit an Schreibwettbewerben teilzunehmen. Probier es gerne einmal aus.

Abstimmung 68. Schreibwettbewerb "Wenn ich mal 70 bin"

Umfrage endete am 13 Mär 2016 00:28

1. Zu spät?
10
9%
2. Der richtige Weg
7
6%
3. Aufbruch
8
7%
4. Meine Jahrzehnte
7
6%
5. ätsch
3
3%
6. "
6
5%
7. Aus dem Vollen schöpfen
7
6%
8. Das Geburtstagsgeschenk
7
6%
9. Der Blick nach vorn
8
7%
10. Am letzten Arbeitstag
9
8%
11. Rückblick
8
7%
12. Kurzschluß
5
5%
13. Das Smartphone
9
8%
14. Erinnerungen von morgen
9
8%
15. Der alte Sack und die See
8
7%
 
Insgesamt abgegebene Stimmen: 111

ERSTER BEITRAG DES THEMAS
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Mannanna
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Abstimmung 68. Schreibwettbewerb "Wenn ich mal 70 bin"

Beitrag von Mannanna »

Hier nun die lang ersehnten Beiträge samt Abstimmung:

Vorweg nochmal ein großes Lob an alle für die rege Teilnahme Bild

In Anbetracht der 15 Beiträge :good: hat jeder fünf Stimmen
und die Abstimmung läuft 3 Wochen.


1.
Zu spät ?

Ich hab Angst,
es ist zu spät -
du kommst,
wenn nichts mehr geht,
wenn meine Augen
nichts mehr sehn,
wenn alle Uhren
stille stehn,
wenn die Welt
sich nicht mehr dreht -
ich habe Angst,
du kommst zu spät.

2.
Der richtige Weg

Es ist Frühling. Die Bäume haben bereits erste sanftgrüne Blätter bekommen, die sich zögerlich im Sonnenlicht entrollen. Die Vögel singen schon wieder ihre Lieder, die Insekten werden von Woche zu Woche zahlreicher, die Tage länger und die letzten Schneereste tauen glitzernd weg.

Ich sitze im Sessel und kreuze den letzten Tag im Kalender durch. Morgen ist der Tag gekommen, den ich zu Jahresbeginn bereits eingekreist hatte. Morgen ist mein Geburtstag, morgen werde ich 71 Jahre alt.
An der Pinnwand im Flur hängt ein Zettel, der mich die letzten Jahre begleitet hat, mehrere Umzüge überstanden hat, bereits mehrmals neu abgeschrieben werden musste und nun etwas vergilbt ist. Ein Zeuge der Vergangenheit. „Wenn ich mal 70 bin, gehe ich den richtigen Weg.“ steht blassblau auf gilbriggelb.
Während ich diesen Satz lese, denke ich über meine bisherigen Wege nach.
Irgendwie fing das mit den falschen Wegen schon früh an. Mein Leben bestand schon immer aus Kreuzungen und Weggabelungen, oft mit 3 oder mehr Wegen zur Wahl. Einmal einen Weg eingeschlagen, gab es nur unter Umständen und mit vielen Hindernissen verbunden einen Weg zurück. Manche Wege führten auch im Kreis, und so stand ich Wochen, Monate oder auch Jahre später wieder an der selben Weggabelung.
Doch am schlimmsten waren die Sackgassen: Wege, die ich hoffnungsvoll eingeschlagen hatte, endeten plötzlich und ich war zur Umkehr gezwungen. Das traurige Gefühl einen Weg wieder zurückgehen zu müssen, hat mich geprägt und mich auch in meinem Selbstwertgefühl schwer erschüttert.
Ich erinnere mich, dass ich mit Anfang 30, aus Angst schon wieder einen falschen Weg zu gehen, einfach stehen bleiben wollte. An Ort und Stelle verharren, keinen Schritt mehr tun, das Leben an mir vorüber ziehen lassen. Doch bis zum bitteren Ende hab ich es nicht geschafft.
Ich habe mir stattdessen wieder einmal Mut gemacht, Durchhalteparolen ausgegeben und Hoffnung gesät.

Ich gehe zurück ins Wohnzimmer und setze mich wieder in meinen Sessel. Die Sonne scheint nun auch ins Zimmer, der Frühling ist nun auch drinnen spürbar.
Fast vier Jahrzehnte habe ich von Mut, Hoffnung und Sonnenlicht gezehrt, bin meinen Weg immer weiter gegangen. Ich habe aufgehört mich umzudrehen. Was rechts und links des Weges war interessierte mich zunächst noch, irgendwann zog es immer schneller vorbei. In den letzten Jahren war auf beiden Seiten meines Weges nur noch bunter Nebel, der zunehmend blasser wurde.

Heute mache ich einmal etwas richtig, heute gehe ich den richtigen Weg.
Ich nehme meine Tasse von dem kleinen runden Tischchen neben dem Sessel und trinke einen Schluck warmen Tee. Neben der Tasse liegt mein Begleiter für den richtigen Weg. Ich nehme meinen treuen Freund in die Hand. Zunächst noch kalt, erwärmt er sich doch schneller als gedacht.
Seit Jahren beäuge ich ihn verstohlen, nun bin ich mir sicher. Ich denke noch einmal an den Zettel: „Wenn ich mal 70 bin, gehe ich den richtigen Weg.“ - Und drücke ab.

3.
Aufbruch

Ich trete in den Sonnenschein: 46° im September und das schon seit zwei Wochen. Vor 25 Jahren haben viele den Klimawandel noch bestritten. Zum Glück gibt es ja diese klimaaktive Funktionswäsche, die den Körper auf angenehmen Temperaturen hält. Ich schwitze nichtmals.

„Mach’s gut, altes Haus. Laß dich mal wieder blicken.“ „Ja, mal hin und wieder nach dem Rechten sehen und Euch auf Trapp halten. Haha….“ „Hahaha…“ Das war mein letztes Gespräch mit den Kollegen gerade eben. Vielleicht sieht man tatsächlich mal wen wieder, im Supermarkt oder so. Ich gucke auf den Kugelschreiber, der mir zum Abschied geschenkt wurde. Mit Firmenlogo in Gold. Jetzt bin ich in Rente. Seit die FDP-geführte Bundesregierung unter Kanzler Phillip Rösler die Rente mit 70 eingeführt hat, muß ja jeder noch ein bißchen länger arbeiten.
Es ist Zeit zum Mittagessen und ich kehre in ein Restaurant ein. Ich habe schon oft alleine gegessen, aber heute ist es irgendwie anders. Ich werde nach dem Essen nicht zur Arbeit zurückgehen, sondern nach Hause.

In meiner Wohnung ist es still. Abends hört man ständig die Nachbarn, tagsüber sind aber fast alle bei der Arbeit oder unterwegs.
Später mal. Früher habe ich viel auf „später mal“ verschoben, weil ich keine Zeit hatte. Jetzt ist „später mal“ und jetzt habe ich Zeit, aber ich kann mich kaum erinnern, was ich eigentlich alles machen wollte.
Ich habe schon immer gerne Reisepläne gemacht: Sidney, Peking, Rio de Jainero usw. Nur Los Angeles und San Francisco mußte ich streichen, als vor 5 Jahren halb Kalifornien bei dem großen San Andreas-Beben in den Pazifik gerutscht ist. Nun, Pläne machen ist einfach, Pläne umsetzen was anderes. Also mal sehen… später mal…
Meine Brille piept und vor meinem Gesicht klappen mehrere holographische Mitteilungen auf: „Herzlichen Glückwunsch zum wohlverdienten Ruhestand“, „Endlich Rente: Hurra!“ „Jetzt für’s Alter vorsorgen!“ „Unser neuer Treppenlift ist da! Kinderleicht aufzubauen!“ Woher wissen bloß die ganzen Firmen, Versicherungen und Banken, daß ich heute in Rente gehe? Und warum haben diese Kassenbrillen keinen Knopf, wo man den Werbemist abschalten kann? Wahrscheinlich wegen der Werbeverträge, die die Krankenkassen mit der Industrie haben. Ich setze die Brille ab und die Kontaktlinsen ein. Da gibt es nur einen einzigen Sponsor, weshalb ich jetzt immer einen kleinen Mercedesstern links unten im Blickfeld habe.

Was mache ich jetzt? Etwas Reisen, ja, aber sonst? Das ganze Jahr über kann ich auch nicht unterwegs sein. Vielleicht zum Arzt gehen? Im Moment fühle ich mich ganz gut, also wozu?
In meinem bisherigen Leben war ich meist mit meinem Beruf beschäftigt und halbwegs ausgefüllt. Der Beruf hat dafür gesorgt, daß ich mich jung fühlte und es war einfach, etwas auf „später mal“ zu verschieben. Man ist ja immer so alt, wie man sich fühlt, nicht wahr? Wie fülle ich jetzt die Zeit? Vielleicht Rosen züchten auf dem Balkon? Einem Verein beitreten? Wandergruppe „Rüstige Renter“ oder so mit einer Klingel am Spazierstock? Ach nee… Was könnte ich denn machen, was bis heute zu kurz gekommen ist?
Da wäre… JAHAAAA! Richtig! Die Frauen! Ich werde mir eine Freundin suchen! Jetzt fühle ich mich alt genug dafür.
4.
Meine Jahrzehnte

Das erste Jahrzehnt -
ich kann mich kaum an alles erinnern.
ich weiß nur ganz sicher:
es war bunt und laut und schön.
Im zweiten Jahrzehnt hieß es:
Hausaufgaben und Ferienlager,
lernen und Prüfung,
zur Schule und zur Uni gehn.

Das dritte Jahrzehnt -
es war richtig turbulent:
mit Kinderlachen und Kindertränen,
mit Zuckertüte und Zeugnisheft
und mit den ersten Schrammen im Leben.
Mit Beruf, Haushalt und als Mutter
war das vierte Jahrzehnt etwas schwierig dann,
mit Elternversammlung und Weihnachten feiern,
wie ne richtige Familie - nur ohne Mann.

Das fünfte Jahrzehnt - Umzug,
die große Stadt getauscht gegen ein Dorf, ganz klein,
und dazu eine neue Lebensmaxime:
es gibt nur noch Beruf und Hobby.
In mein Leben kommt kein Kerl mehr hinein.
Der gute Vorsatz war nach einigen Jahren,
noch vor dem sechsten Jahrzehnt, ganz vergessen.
Jetzt genieß ich das bunte Leben mit ihm
und bin auf das siebte,
auf unser Jahrzehnt, ganz versessen.

5.
ätsch

wenn ich irgendwann mal 70 bin
fährt man mich zum altenheim hin.
vor den augen, dass ich bald sterbe,
hofft so mancher auf ein dickes erbe.

doch in der börse kein einziger cent
und auf nem sparbuch,
unter der matratze,
hab ich auch nicht gepennt.

aber hoffen und harren
hält manchen zum narren.
die kohle ist längst weg,
für einen richtig guten zweck.

wie schön, dass der sarg nen deckel hat
die gören sind sauer
und schmeissen mir ganz bestimmt
keine blumen ins grab.
6.

Wie eh und je wird schwarzes Krähenvieh in großen, wilden Schwärmen laut krächzend über brachliegende Felder und karge Wiesen stieben. Einsam aber werde ich in diesen Tagen sein, wie mir schon heute schwant. Nistete sich erst ein kleines Glücksgefühl in meinem Bauch ein, das wohlig warm in meinen Körper ausstrahlte, als ich das Thema des aktuellen Schreibwettbewerbs las, so wich es schnell und machte einer kargen Traurigkeit Platz, die an seine Stelle trat.

War mir zunächst noch der Gedanke gekommen, von einer Alten zu berichten, die einem bunten Paradiesvogel gleich ihr Leben im Alter in vollen Zügen genießen würde, die sich die Träume und Vorstellungen ihrer Jugend verwirklicht hätte, so wurden diese schönen Gedanken gnadenlos zerpflückt von Aasgeiern, die sich auf die längst dem Tode anheimgefallenen Visionen stürzten.

Schwarz und bedrohlich legten sich die schwarzen Schwingen der Angst über mein Gemüt. Einsam würde ich in jenen Jahren sein, da ich mich heute nicht in der Lage sah, etwas von der lichten Leichtigkeit schillernder Federn in mein Leben hineinzulassen und mich, eigentlich Schwarmvogel , doch weiterhin den sozialen Gefügen entzog. Tag um Tag, Woche um Woche, Monat um Monat, Jahr um Jahr, ja gar Jahrzehnt um Jahrzehnt zog ich mich mehr in meine düstere Höhle zurück, sandte zwar regelmäßig Klopfzeichen nach draußen, wies jedoch Reaktionen auf diese mit penetranter Unentschlossenheit zurück, bis sich all jene von mir abwendeten, die ihre Kräfte auf ihr eigenes Leben verwenden und diese nicht an mir abarbeiten wollten.

Ich dachte an die Eltern, die sich trotz ihres Kummers weiter aus der Ferne um ihr Küken sorgten, das nur scheinbar flügge geworden war, während es in seinem eigenen Nest langsam verrottete.

Ich sah mich allein an einem Küchentisch sitzend und aus dem Fenster starrend, die Krähen auf dem Dach des Nachbarhauses beobachtend, mit Einkäufen beladen, Treppenstufen mühsam zu einer kleinen, schlecht geheizten Wohnung hinaufsteigend und ohne Lachfalten an den Augenwinkeln dahinvegetierend.

Wie jener kleine metallene Ring, der ein Füßchen meines Wellensittichs in meiner Kindheit unwiederbringlich markierte, hielt Traurigkeit mein Herz in seinen Klauen, wenn ich das Thema des aktuellen Schreibwettbewerbs las. Erst nach Tagen kam mir einem frisch gelegten Ei gleich, der Gedanke, dass ich darüber schreiben sollte, was dieses Thema in mir auslöste. In jenen Tagen stieb wie eh und je schwarzes Krähenvieh in großen wilden Schwärmen laut krächzend über brachliegende Felder und karge Wiesen.


7.
Aus dem Vollen schöpfen
Mein schlohweißes Haar wippt wuschelig um meinen Kopf herum, während ich barfuß ein paar Schritte über die farbbespritzten Dielen zurücktrete. Zufrieden lächelnd lege ich den Kopf schief und betrachtete meine Arbeit der letzten Stunden. Ich wasche am Becken die Pinsel aus, streckte mich, schalte die laut schallende Musikanlage aus und laufe dann vorbei an den wandfüllenden Fenstern zur Küchenzeile, wo ich den Kessel aufsetze, um mir einen frischen Kaffee aufzubrühen. Der Duft des Kaffeepulvers in der papiernen Filtertüte zieht mir in die Nase. Rasch bestreiche ich eine dick abgeschnittene Brotscheibe kräftig mit Butter, belege sie mit Salami und einer Scheibe würzigem Käse. Das Kaffeepulver brühe ich mit kochendem Wasser auf und lasse es durchlaufen, tappe mit der großen Tasse in der einen und der Brotscheibe in der anderen Hand hinüber zum Atelierfenster und werfe einen Blick nach draußen.
Mein Lieblingswetter, nämlich strahlender Sonnenschein bei herrlich blauem Himmel mit weißen Schäfchenwolken, hatte mich heute schon früh aus dem Bett und an die Leinwand gelockt. Nachdem ich gestern meinen ersten Entwürfen noch einige Skizzen hinzugefügt hatte, hatten wir abends noch lange lachend gemeinsam am großen Holztisch gesessen, Rotwein getrunken und erzählt. Als er mir noch vor Sonnenaufgang durchs Haar strich und sich mit einem Kuss von mir verabschiedete, weil er früh ins Büro musste, war ich kurz aufgewacht, aber schnell wieder eingeschlafen.
Ich beiße von meinem Brot ab, während ich beobachte, dass die Vorbereitungen im Hof schon in vollem Gange sind. Lachen dringt zu mir herauf. Zwischen den bunt umstrickten Bäumen spannen sich schon Lampion-Ketten. Die Männer tragen Tische und Bänke heran, die die Frauen aufstellen. Rasch laufe ich zur Küchenzeile zurück, um zu überprüfen, ob der Obstkuchen, den ich zwischendurch in den Ofen geschoben habe, schon fertig ist. Mit meinen selbstgehäkelten, bunten Topflappen nehme ich die Backform aus dem Ofen und stelle sie auf der Spüle ab.
Unter der Dusche befreie ich mich von Farbresten und ziehe mich dann an. Ich schnappe mir den Kuchen und fahre im offenen Lastenaufzug nach unten. Unter fröhlichem Gelächter bauen wir alles für unser Sommerfest auf, das wir Bewohner der alten Fabrik nun schon viele Jahre zusammen feiern.

8.
Das Geburtstagsgeschenk

Das Hausinformationssystem zeigte eine gelbe Warnung an, als ich die Tür aufschloss. Vorankündigung, morgen kommt ein Paket, das nicht in den Zustellraum passt. Ich soll es persönlich entgegennehmen. Ich war verwundert. Wer schickt mir denn ein Paket und noch dazu ein so großes?

Der Zustellraum kündigte am nächsten Morgen die Lieferung hektisch blinkend und trötend an. Erst mit geöffneter Türe ließ das nicht allzu laute, aber durchdringende Geräusch nach, ein rotes Licht zeigte den freizuhaltenden Bereich an. Schließlich wurde eine Kiste geliefert, und ich war ein klein wenig enttäuscht, dass sie nicht so groß war, wie das Licht hatte vermuten lassen. Den Platz brauchte das Rangieren des Transportbots, der nach einem Druck auf den Empfangsquittierungsknopf sich wieder in die Zustellschleuse verzog.

Die Kiste sah alt aus. Aus Holz, genagelt, nicht lackiert. Etwa mannshoch, sonst eher schmal. Trotzdem blockierte sie den Weg, aber der Transport-Roboter war schon weg. Ich ging um sie herum, und auf der Rückseite war ein kuvertierter Brief, aus Papier. Eigentlich kam es mittlerweile billiger, Daten auf ein Faltdisplay zu schicken, als tatsächlich auf irgendwas zu schreiben. Leicht belustigt dachte ich, der Absender ist entweder recht extravagant, oder altmodisch.

Ich öffnete den Brief und beim Rausziehen erkannte ich schon, warum er alt und aus Papier war. Ich erkannte ihn wieder. Hatte ich mich tatsächlich dazu überwunden, damals vor vielen Jahren? Offensichtlich, er war ja jetzt hier. Ich versuchte mich an damals zu erinnern, aber es war schon zu lange her, oder ich hatte es verdrängt.

Dann kamen statt des Wortlauts des Briefs die Gefühle während des Verfassens wieder hoch: Wehmut, viel Hoffnung, ein bisschen wie beim Streich spielen, nun, das war geglückt, ich war selbst über die Lieferung überrascht. An die Freude erinnerte ich mich auch noch. Die war aber nicht beim Bestellen selbst, sondern die vielleicht zwei Wochen danach, ich muss wohl ein Dauergrinsen gehabt haben.

„Hallo ich (oder du),
ich schicke dir (oder mir) ein Geschenk zum Siebzigsten. Auch wenn es mit ein paar Tagen Verspätung eintreffen wird, die Firma besteht nun mal auf mindestens 25 Jahren, hoffe ich mal, du (oder ich) erlebst es noch selbst und bei guter Gesundheit. Und selbst wenn du (oder ich) sie nicht mehr brauchst, hoffe ich, dass du (oder ich) viel Spaß mit ihr haben wirst.“

Oh, ja. Es war echt ein Schnäppchen gewesen, das ist der Vorteil, wenn man so lange Zeit im Voraus bezahlt. Eigentlich war es eher ein Bezahlen der Entwicklungskosten, mal schauen, was daraus geworden ist.

Sie war nur mit Unterwäsche bekleidet, dunkelblond, etwa 1,70 groß. Haare schulterlang. Als Tribut an den Miniaturisierungsaufwands war sie stämmig und mit großen Brüsten ausgestattet. Na, mir sollte es recht sein. Das Gesicht war hübsch, aber gleich als künstlich erkennbar. Das wirke langfristig nicht so verstörend, sagten die Psychologen.

„Wie schalte ich das Miststück jetzt ein?“
„Durch Ansprache. Du hast mich gerade aktiviert.“
Die helle Stimme einer jungen Frau. Betörend. Klang fast schon zu jung.
„Soll ich Miststück heißen?“
„Ähhh ... nein.“ Ich versuchte mich an den Namen zu erinnern, den ich mir ausgesucht hatte. Damals. Mir fiel nichts mehr ein.
„Wie nennst du dich bisher?“
„Servicebot Syntrope, Baureihe XV, Seriennummer 723583“.
„Wie wird deine Baureihe sonst so benannt?“
„Amanda, Natalie, Leonie, Stefanie, Sonja, Jennifer, ...“
Ich winkte ab, das half mir nicht weiter. Nach einer Weile: „Verena.“ entschied ich ganz spontan.

„Gut, Verena also, und für welchen Hauptzweck hast du mich gekauft?“
„Ich habe dich nicht ..." Ich brach ab, eigentlich war es ja doch so. „Wozu wirst du denn sonst eingesetzt?“. Schon wieder die Frage, als würde ich mich nach anderen richten wollen, was ja nun überhaupt nicht zutraf. Und als wüsste ich die Antwort nicht schon. Aber da war die Frage schon gestellt.

„Von Paaren wird meine Baureihe vor allem als Haushaltshilfe nachgefragt. Aufräumen, Putzen und Kinderbetreuung, dafür habe ich auch die notwendigen gesetzlichen Zertifizierungen. Das Kleinkindmodul kann für geringen Aufschlag freigeschaltet werden. Bei Alleinstehenden hängt der Verwendungszweck vom Alter ab, bei jungen als Bettgefährten, bei alten als Pflegerin, und irgendwo dazwischen meist als Psychologische Betreuung, ratgebende Freundin oder Urlaubsbegleiterin.“

Nun, eine Pflegerin brauchte ich nicht, das hat der medizinische Fortschritt eigentlich ganz gut hingekriegt. Aber es klang nach einem ungemein praktischen Zweck, vielleicht vormerken für später. Und von den anderen Sachen ... „In dem Fall bin ich dann jung und alleinstehend.“

„Ah ja.“
Jetzt fühlte ich mich zurückgesetzt. Von einer Bot. Als wüsste ich nicht, dass die AI-Sprachroutinen solche Bewertungen nicht mit einfließen lassen. Naja, auch egal. Zumindest war es jetzt angesprochen.

„Hier geht es lang zum Schlafzimmer“. Nach zwei Schritten blieb ich stehen und drehte mich um. „Wenn du als Pflegerin was taugst, dann kannst du mich doch sicher auch tragen.“ Auch wenn mir klar war, dass viel Aufwand reingesteckt wurde, dass sich die Haut realistisch anfühlte, so war ich dann doch davon überwältigt, als Verena um mich herum griff und ich ihre Arme und Brüste und ihre Körperwärme spürte.

Da wusste ich: „Bestes Geschenk überhaupt!“

9.
Der Blick nach vorn

Sonntag war mein großer Tag, aber jetzt ist Donnerstag. Heute ist meine etwas spärliche Verwandtschaft da. Man unterhält sich leise, ein unterdrücktes Kichern hier, ein Wispern dort. Ein paar der jungen Leute kenne ich gar nicht. Wahrscheinlich die Kinder von irgendwelchen Neffen und Nichten, die ich vor 20 Jahren mal bei ihrer Taufe gesehen habe. Bei zweien war ich auch bei der Konfirmation, aber ich weiß nicht mehr, welche beiden das waren. Vielleicht sind gerade die beiden jetzt auch gar nicht hier. Zumindest ist es anständig, daß überhaupt jemand gekommen ist, wo es doch heute mal um mich geht. Ob es denen auch um mich geht? Das glaube ich nicht so recht, die meisten davon haben mich viel zu selten gesehen, als das sie eine persönliche Beziehung zu mir hätten aufbauen können. Warum sind die trotzdem hier? Wohl, weil es sich eben so gehört. Und weil der gute Onkel und Großonkel sie ja vielleicht auch im Testament… nicht wahr?
Eine Musik beginnt zu spielen und sie stimmen „Happy birthday“ an. Halt! Das ist nicht „Happy birthday“, sondern irgendwas anderes. Kenne ich nicht. Es dudelt so ein bißchen und der Gesang ist etwas schlapp. Ein wenig mehr anstrengen könnten die sich schon. Aber immerhin singen sie was für mich. Ist doch nett. Dann tritt jemand vor und hält eine kurze Rede über mich. Auch schön, aber ich glaube nicht, daß das hier irgendwen großartig interessiert.
Irgendwie gehöre ich gar nicht so richtig dazu, obwohl es heute nur um mich geht. Also was soll ich hier noch? „Wißt ihr was? Macht’s gut, ich gehe jetzt. Vielleicht trifft man sich ja mal irgendwo wieder“, sage ich, doch weil gerade schon wieder Musik gespielt wird, hört das offensichtlich niemand.
Ich blicke ein letztes Mal auf meinen Sarg und lasse mich durch die Mauer der Friedhofskapelle treiben. Seit Sonntag bin ich eben nur noch eine langsam verblassende Erinnerung. Ein vergilbendes Foto in irgendeinem Familienalbum, das in ein paar Jahren auf einem Dachboden oder in einem Keller verstaubt. Und falls es doch noch einmal von jemandem betrachtet werden sollte, wird er sich nicht mehr erinnern können, wer dieser Mann da auf dem Foto eigentlich mal war. Und das ist wohl auch gut so.

Draußen scheint die Sonne. Was kommt jetzt? Die Auflösung in das endgültige Nichts oder was neues? Immerhin bin ich schon seit Sonntag tot. Also wer weiß? Mal sehen…

10.
Am letzten Arbeitstag

„Hey.“
„Hallo.“
„Heute ist doch dein letzter Tag?“
„Die Rente habe ich mir ja schwer verdient.“
„Feierst du das irgendwo?“
„Nö, wozu? Gut, dass es rum ist, aber so gut, dass man das feiern muss, sehe ich keinen Grund.“
„Der Kontakt über das Firmenkonto wird gesperrt?“
„Nehm ich an. Selbst wenn nicht, ich wird nicht mehr reinschauen.“
„Gibt es eine, … wie kann ich dich sonst erreichen?“
„Das willst du? Hast du doch bisher auch nicht.“
„Habe ich nicht?“
Kurze Pause.
„Hast recht. Aber nur weil wir unsere Büros benachbart sind.“
„Das wird’s wohl sein. Aber auch sonst haben wir wenig miteinander zu tun. Genaugenommen sind wir sogar in verschiedenen Abteilungen. Eigentlich treffen wir uns nur immer … am Kaffeeautomaten.“
„Ja. … Das aber dauernd.“
Pause.
„Ich geb‘s zu.“
Pause.
„Was? … Was gibst du zu?“
„Ich habe immer den Moment abgepasst, wenn du an meiner Bürotür vorbei bist … um mir dann schnell auch einen Kaffee zu holen.“
„Und wenn ich nur auf dem Weg zum Klo an deiner Tür vorbei bin?“
„Das hab ich gewusst, dann war deine Gangart anders. Außerdem hast du dann doch keine Tasse dabei.“
„Du hast also immer geschaut, ob ich eine Tasse dabei hab? Ich versteh‘s nicht. Kann außerdem gar nicht sein, du warst oft genug vor mir da.“
„Nein, nur manchmal. Und eigentlich wollte ich ja kurz nach dir kommen.“
„Du hast dich dann immer an mir vorbeigedrängelt.“
„Eben drum. So konnte ich immer kurz meinen Hintern an deinen drücken.“
„Deswegen? … Du tatest immer so hektisch. … Damit ich keine Fragen stelle?“
„Oh. Nein, überhaupt nicht … eigentlich habe ich sogar gewollt, dass du Fragen stellst.“
„Was denn für Fragen?“
„Warum ich mich dauernd an dich drücke. Auch wenn es immer nur kurz war.“
Pause.
„Und warum hast du das getan?“
„Ich hab deine Nähe gesucht.“
„Du warst an mir interessiert? Das hättest du auch deutlicher zeigen können.“
„Hab ich doch. Anfangs.“
„Ganz am Anfang warst du doch verheiratet. Deine Scheidung kam erst später.“
„Ja, aber wir haben damals schon getrennt gelebt. Das war abzusehen. Und ein bisschen lag es auch daran, dass ich mir Hoffnungen gemacht hab.“
„Auf mich?“
„Du hast so überhaupt nicht darauf reagiert.“
„Das war doch kein Interesse! Nach der Scheidung war ich deine Schulter zum Ausheulen.“
„Das war die einfachste Methode, von dir eine Umarmung zu bekommen.“
„Die einfachste Methode wäre gewesen, einfach zu fragen. So dachte ich im Gegenteil, du bist über die Trennung noch nicht hinweg. Und als du von einem Tag auf den anderen aufgehört hast --“
„-- aufgehört mit schauspielern. Die Methode hat ja nichts gebracht.“
„Da dachte ich, jetzt hast du einen Neuen. Und schon wieder war ich halt immer zu spät dran.“
„Ich hatte keinen Neuen. Was meinst du, warum ich dauernd nach Beziehungstipps gefragt hab?“
„Das habe ich nie verstanden. Dafür war ich eh der falsche. Und zu der Zeit hast du doch auch ein paar Freunde gehabt.“
„Flüchtige Bekanntschaften. Ein bisschen Ablenkung. Weil ich an dich nicht rankam. Du hast keines meiner Signale registriert.“
„Registriert habe ich es schon. Deine Nähe war ja nicht zu übersehen, hat mir immer gut getan, meine Phantasien beflügelt. Aber wenn das ein Signal gewesen sein soll, hatte ich doch vollkommen Recht, wenn ich gesagt hab, dass ich schlecht bin darin, solche subtilen Signale zu verstehen. Und die Behauptung habe ich doch auf öfters aufgestellt. Das wussten auch alle Kollegen.“
„Ich wusste es nicht.“
„Naja, vielleicht nur alle männlichen Kollegen. Einen von denen hast du nicht gefragt.“
„Nein.“
„Und viele Gelegenheiten verpasst.“
Pause.
„Du hast immer noch Interesse?“
„Deshalb bin ich hier. Ist ja schließlich dein letzter Tag. Sonst laufen wir uns ja nie über den Weg.“
„Dann schlage ich vor, wir machen es wie die anderen jungen Pärchen in der Firma und treffen uns nach der Arbeit im Café gegenüber.“
„Ich werde dort sein.“
„Dann haben wir jetzt ein Date.“

11.
Rückblick

Als ich 10 war, da war jemand mit 20 erwachsen, mit 30 oder 40 alt und jeder über 50 uralt, 70 war außerhalb meiner Vorstellungkraft.
Als ich 20 war, da war meine eines Vaters Mutter gestorben, bevor sie 70 war. Meiner Mutter Vater hatte seinen 70 Geburtstag gefeiert und ich fand ihn zwar alt, aber er war ein tatkräftiger Mann voller Lebensfreude.
Als ich 30 war, da hatte ich die ersten Küsse mit einer Frau getauscht. Die Eltern meiner Mutter hatten ihre Goldene Hochzeit gefeiert, meiner Mutter Mutter war wenige Jahre nach ihrem 70. Geburtstag gestorben. Meiner Mutter Vater war mit über 80 Jahren verstorben.
Als ich 40 war, da hatte ich endlich beruflich meinen Weg gefunden.
Als ich 50 war, da hatten meine Eltern ihre Goldene Hochzeit gefeiert, bevor mein Vater mit über 80 Jahren gestorben war. Meine Eltern waren über 70, als sie anfingen in meinen Augen alt zu werden.
Als ich 60 war, da hatte ich endlich eine zweite Frau geküßt, ich hatte die gelebte Liebe gefunden, mich manchmal wieder wie 16 gefühlt.
Als ich 70 war, da hatte ich mein Berufsleben hinter mir gelassen, ich hatte mir das Leben neben einer - meiner - Frau eingerichtet.
Und nun - ich fühle mich lange nicht so alt, wie mein letzte Geburtstag es sagte, wie es die Blicke aus den Augen der kleinen Kinder es sagen. Wenn ich in ihre AUgen Blicke, dann bin ich jung, so jung.



12.
Kurzschluss

Es war an einem dieser sinnlosen Tage, an denen man besser gar nicht erst aufgestanden wäre. Könnte der Mensch endlich in die Zukunft sehen, würde er sich so manchen Ärger und Frust sparen,
er würde an solchen Tagen besser im Bett bleiben und an die Decke starren. Man glaubt gar nicht, was es alles Interessantes an einer Decke zu entdecken gilt – nicht nur diverse Spinnweben, auch interessante Farbmuster und Unregelmäßigkeiten.

Aber da wir erst das Jahr 2016 schreiben und noch ahnungslose Nichtsblicker sind, stand ich also wie jeden Morgen missmutig auf anstatt den ganzen Tag an die Decke zu starren und mich im Bett zu verkriechen. Ach, wäre ich doch schon 70! Dann müsste ich nicht mehr meinen nervenaufreibenden Job ertragen und würde mich stattdessen an der Copacabana vergnügen, am besten mit einem Cocktail in der einen Hand und mit der anderen Hand eine hübsche Latina im Arm halten. Abends Salsa tanzen und das Leben genießen.

Nur noch etwa 14600 Tage. Hört sich erst mal viel an, ist es bei längerem Betrachten aber gar nicht mehr. Die Tage vergingen in meinem langweiligen Leben sehr schnell und hinterließen keinen bleibenden Eindruck. Ich verstand nicht zu leben. Ich hatte keine Freunde
und Frauen meideten mich wie die Pest, wahrscheinlich weil sie spürten, dass immer ein großer Stein auf meinem Herzen lag und mich hinderte, das Leben leicht zu nehmen und es zu genießen.

An diesem bedeutungsschweren Tag also - es war ein Montag und ich hasse diese Tage!-, wurde ich schon am Morgen von einem Spaziergänger nass gespritzt. Ich fluchte leise vor mich hin, denn ich hatte keine Zeit mehr, wieder zurückzugehen und mir eine neue Anzughose anzuziehen. Heute war Sitzungstag im Gericht und der Tag war straff strukturiert, jeder Fall war nur mit 20 Minuten eingeplant: Handeln mit Kokainkügelchen, Schwarzfahren, räuberische Erpressung und schwerer Diebstahl. Alles übliche Straftaten, begangen von Jugendlichen, deren Hauptproblem es war, dass sie einfach zuviel Zeit hatten. Es kümmerte sich niemand um sie und sie hatten keine Vorbilder mehr. Sie schwänzten die Schule und ihren Eltern fiel es nicht mal mehr auf.

Als ich mein Büro betrat, kam ich kaum noch durch die Tür: Überall stapelten sich rote Strafakten, die noch bearbeitet werden wollten. Auf meinem Schreibtisch lag eine Aktennotiz von meiner Sekretärin. Ach du Scheiße. Der Verhandlungstag war von 10.00 Uhr auf 9.00 Uhr vorverlegt worden und ich hatte mich noch gar nicht auf die Fälle vorbereitet. Oh nein! Hastig überflog ich die 1. Strafakte, als es an meiner Tür klopfte. „Ich soll Ihnen ausrichten, dass Sie der Präsident sprechen möchte. Es geht wohl um ein Beschwerdeverfahren gegen Sie,“ sagte die junge, blonde Sekretärin streng. Ich nickte ihr zu und sie schloss leise die Tür. Oh man. Irgendwann musste es ja soweit kommen. Schon seit Monaten häuften sich auf meinem Schreibtisch die Beschwerden, ich hatte es einfach nicht mehr geschafft, gegen die Aktenflut anzukommen. Ich merkte, wie mir der Schweiß ausbrach.

Nur noch 14600 Tage, dann bin ich endlich frei! Wenn ich mal 70 bin, werde ich in ein völlig neues Leben starten, irgendwo im Süden, wo die Sonne jeden Tag scheint und mir keiner mehr was anhaben kann!
Gut, immerhin war ich Richter beim Jugendgericht, unabhängig in meinen Entscheidungen, nur dem Gesetz und meinem Gewissen unterworfen. Dennoch konnte mir ein Beschwerdeverfahren schaden und ich könnte frühzeitig pensioniert werden.
Aber war das denn so schlimm? Musste ich wirklich warten bis ich 70 war?

Abermals klopfte es an meine Tür. Die blonde Sekretärin sagte, es wäre gerade ein Aktenkoffer abgegeben worden, der noch im Asservatenschrank eingeschlossen werden müsste.

Ich nahm ihn ihr ab und als sie gegangen war, sah ich mir das Asservat an. Ungläubig starrte ich das Kuvert an und traute meinen Augen nicht: Banknote an Banknote !!! Eine halbe Million?
Das gab’s doch gar nicht !!!

Wie in Trance ging ich ein paar Minuten später schwebend aus meinem Büro. Ich winkte der blonden, beflissenen Sekretärin noch zu, die schon die Gerichtstür aufschloss, rief ihr noch zu, dass ich bald nachkommen würde, und ging dann leichten Fußes aus dem Gerichtsgebäude. Im Aktenkoffer schlummerte etwa eine halbe Million. Schon 3 Stunden später saß ich im Flieger nach Rio de Janeiro, immer noch etwas debil vor mich hin grinsend.

Warum erst warten bis man 70 Jahre alt ist? Hasta la vista, baby!!!

13.
Das Smartphone

Nachdenklich spaziere ich durch die glitzernde weiße Landschaft, atme die frische, kühle Luft ein. Der Schnee knirscht unter meinen Schuhen. Kaum zu fassen - 70 Jahre! Dabei fühle ich mich wie 30. Na gut, an manchen Tagen wie 80, aber trotzdem ... unglaublich, wie schnell die Zeit vergeht!

Mitten in der friedlichen, winterlichen Stille höre ich helles Kinderlachen. Unwillkürlich folgt mein Blick dem Lachen und fällt auf zwei Kinder in dicken, bunten Winterjacken. Das Haar lugt unter den Strickmützen hervor, die kleinen Näschen und Wangen sind ganz rot vor Kälte. Eines der Kinder hält einen kleinen, dunklen Gegenstand in der Hand. Es sieht aus, als hätten sie ihn gerade gefunden, wahrscheinlich auf der großen Mülldeponie in der Nähe. Neugierig betrachten die Kinder ihren Fund, doch ganz offensichtlich entpuppt sich das Ding als Enttäuschung. Nach einer kurzen, eingehenden Untersuchung werfen es schließlich weg und laufen aufgeregt wieder in Richtung Mülldeponie.

Wie Kinderspiele sich doch ändern. Ich atme aus und schaue meinem Atem nach. Kleine, weiße Wölkchen. Wir haben als Kinder bei kaltem Winterwetter "Rauchen" gespielt. Mit Kaugummi-Zigaretten. Ist das wirklich schon über 60 Jahre her? Heute spielen Kinder auf Müllhalden. Nutzen sie als Abenteuerspielplätze, bis all der Müll aus vergangenen Zeiten verwertet werden kann.

Im weißen Schnee zeichnet sich dunkel der Gegenstand ab, den die Kinder weggeworfen haben. Neugierig trete ich näher. Das Ding kommt mir bekannt vor. Ich stupse es mit dem Fuß an, dann muss ich lächeln. Ich bücke mich und hebe den Gegenstand auf. Kaum zu glauben - ein Smartphone! Meine Güte, wie lange schon habe ich kein Smartphone mehr gesehen! Und wie mir diese Dinger damals auf die Nerven gegangen sind! Kaum ein vernünftiges Gespräch konnte man noch führen, weil jeder ständig auf seinem Telefon herumwischen musste!

Beinahe gerührt betrachte ich das Smartphone in meiner Hand. Natürlich ist es kaputt, das Display fast vollständig zerbröselt, aber eine seltsame ferne Erinnerung an meine Jugend. Und vielleicht hat es ja noch Sammlerwert.

Gedankenverloren stecke ich das kaputte Smartphone in meine Jackentasche und stapfe durch den Schnee, den das Licht des späten Nachmittags bläulich färbt. Es wird kälter und auch langsam dunkel - Zeit, um mich auf den Heimweg zu machen. Ich freue mich schon auf mein Sofa und eine heiße Tasse Tee.

Smartphones, denke ich, und muss wieder lächeln. Das waren noch Zeiten. Obwohl sich bis auf die Smartphones und Kaugummi-Zigaretten im Grunde gar nicht so viel geändert hat. Und bis auf die Außerirdischen natürlich. Was hat man in meiner Jugend gelacht, wenn jemand von Ufos oder Aliens faselte. Und jetzt kaufen sie unseren alten Elektromüll. Und alte Autoreifen. Schon komisch, wofür sich die Aliens begeistern können. Naja, Souvenirs vom Planeten Erde halt, Menschen kaufen ja auch allen möglichen Unsinn. So anders als wir sind sie gar nicht, aber zum Glück vernünftiger als wir Menschen.

Ohne die Aliens hätte es für die Menschheit düster ausgesehen – ein ewiger Kreis aus Vorurteilen, Gier, Hass, Unterdrückung, Krieg und Gewalt. Da mussten erst die Mädels vom anderen Stern kommen, um die Menschheit eines Besseren zu belehren. Wirklich beschämend, aber alleine hätte es die Menschheit bestimmt nicht gelernt. Auch nach einem vierten Weltkrieg nicht.

14.
Erinnerungen von morgen

Ich schaue auf und begegne ihrem durchdringenden Blick. Sie sitzt auf dem Platz direkt gegenüber, regungslos wie ein Reptil. Nur wenn die Bahn ruckend anfährt schwankt ihr Kopf leicht zur Seite, der faltige Hals zu zart für die Last des Schädels. Ein Luftzug streift ihr Haar, fein und weiß wie Distelwolle, so wirr wie meine Gedanken. Wie es sich wohl anfühlt? Ich würde am Liebsten mit den Fingern durchfahren...

Sie blinzelt.

Ich schaue schnell herunter, auf den Schlüsselbund in meinen Händen. Wie peinlich, beim Starren erwischt worden zu sein. Aber warum eigentlich? Schließlich ist sie es doch, die mich die ganze Zeit anstiert! Alte Menschen meinen wirklich sich alles erlauben zu können...

Aber warum wirkt sie so vertraut? Ich riskiere einen weiteren kurzen Blick in ihr Gesicht. Auf irritierende Weise vertraut. Kennen wir uns? Die Schlüssel klirren leise, während ich rastlos an ihnen herumnestle. Jeden einzelnen mit dem Daumen nachfahre, mir die Glätte des Metalls ebenso sorgfältig einpräge wie seine scharfen Kanten. Ich komme nicht drauf. Sie hat etwas von meiner Mutter. Das muss es sein. Der gleiche verhärmte Gesichtsausdruck. Gleich muss ich aussteigen; bloß nicht in ein Gespräch verwickeln lassen. Solche Leute ziehe ich magisch an - die Betrunkenen, die Obdachlosen, die Alten und Einsamen. Mit einem Mal nimmt mich die Aussicht aus dem Fenster völlig in Beschlag. Eine Ulme, und noch eine, aha, Donnerwetter!

Ich finde heute einfach keine Worte, schon gar nicht die richtigen, und die wenigen die ich habe darf ich nicht verschwenden. Warum muss es heute sein? Ich bräuchte noch eine kleine Gnadenfrist, ein paar Tage, eine Woche vielleicht... Aber er hat darauf bestanden, keine Ausflüchte mehr. Meine Gedanken rasen, überschlagen sich, fallen über einander her. Die ängstlichen brüllen die hoffnungsvollen nieder, die zweifelnden werfen wahllos Brandsätze in die Menge. Das reinste Chaos. Mein Blick klebt wieder an den vielen Schlüsseln.

Bloß nicht aufblicken.

Ich blicke auf.

Sie betrachtet mich weiterhin, die Stirn sorgenvoll gerunzelt, als ob sie wüsste was mir bevorsteht. Sie macht Anstalten etwas zu sagen. Überlegt es sich. Oder auch nicht, doch die Bahn bremst, ich bin da, springe auf, erhasche durch die staubige Scheibe einen kurzen Blick auf ihn, vorne am Bahnsteig. Mein Herz macht einen Satz. Ich drängele mich zur Tür und schaue nicht zurück.
15.
Der alte Sack und die See

Ich bin ein alter Mann, der allein in einem kleinen Boot in der Ostsee fischt, und ich bin jetzt vierundachtzig Tage hintereinander hinausgefahren, ohne einen Fisch zu fangen. Nacht für Nacht fahre in die offene See hinein, sehe das Land am Horizont kleiner werden und die Möwen um mir kreisen, wie Geier über einem Kadaver.

Vor der Abfahrt traf ich meinen alten Freund Klaus. Er ist etwas jünger als ich, gemütlich und stets gut gelaunt. Wir lernten uns vor 30 Jahren auf einem AB-Treffen kennen, hier in diesem kleinen Fischerort an der Ostsee. Damals schrieb ich gerade den Text für den 368sten Schreibwettbewerb, bevor ich mich mit meinem kleinen Boot aufmachte, mir mein Abendessen zu angeln. Klaus mochte auch gern Fisch, aber Angeln war nicht seine Sache. So versprach ich, ihm hin und wieder einen Dorsch mitzubringen. Leider kam ich oft ohne einen Fang heim.

Mir selbst machte es nicht so viel aus, schon einige Jahre aß ich abends in der Gaststätte am Hafen, weil ich keine Lust mehr hatte, für mich allein zu kochen. Danach fuhr ich gewöhnlich raus. An diesem Abend setzte sich Klaus zu mir, wir sprachen über belangloses Seemannsgarn. Bevor ich ging, drückte er mir etwas in die Hand und sein Blick stach mir in die Augen. Ein Glücksbringer sollte es sein. Überrascht schaute ich auf die goldene Münze in meiner Hand. Meine Augen waren etwas schwach, aber dass es keine aktuelle Währung war, das sah ich. Ich bedankte mich mit schiefem Lächeln und wünschte ihm eine gute Nacht.

Nun ja, viel Glück hatte ich in dieser Nacht wieder nicht. Der Morgen graute und gerade als ich das leere Netz einholen wollte, rutschte mir etwas aus der Tasche, sprang über die Reling und verschwand in den Fluten. Es war der Glücksbringer.
Aus einem Reflex beugte ich mich über Bord und schaute hinterher, aber er war längst in den dunklen Tiefen verschwunden.

Plötzlich sah ich ein Glitzern im Wasser. Das konnte nicht die Münze sein, unter dem Kiel lagen sicher 8-10 Meter Wasser. Dennoch glitzerte es, mal hier, mal da, es schien ein Schwarm zu sein, der mein Boot umkreiste. Schnell warf ich die Angel aus und ließ das Netz ins Wasser.
Es dauerte nicht lange, da schien mir was ins Netz gegangen zu sein. Ich holte es ein und traute meinen Augen nicht. Ein einzelner, riesiger Fisch. Was war das? Ein Schweinswal? Aber er hatte Schuppen, die im Licht der gerade aufgehenden Sonne bläulich schimmerten. Gerade als ich den zappelnden Fisch ins Boot gehievt hatte, drehte er sich zu mir um und ich schaute in seegrüne Augen. Das war ja gar kein Fisch ...

Ich traute meinen Sinnen nicht, in meinem Netz zappelte und schimpfte eine Meerjungfrau.

Seltsamerweise mit Taucherbrille und Atemgerät, das sie gerade abnahm, um besser schimpfen zu können. Jetzt erkannte ich, was mir wirklich ins Netz gegangen ist: eine Taucherin in einem modischen Anzug, mit einer Art Fischschuppenmuster, das in der Morgensonne glitzerte und mit einem Antrieb, der es ihr ermöglichte, ohne Begleitboot hier draußen zu tauchen.

Noch baff über meine vorherige Fehleinschätzung entgegnete ich, dass dies ein Fischereigebiet ist und sie hier nicht einfach tauchen könne, noch dazu um diese Tageszeit. Nach dem ersten Schreck ließ sie sich von mir helfen, sie behutsam aus meinem Netz zu schälen, um Netz und Anzug nicht zu beschädigen.
Während ich ihr aus dem Netz half, erfuhr ich, dass auch sie sich für Fische interessiere und versucht habe, mittels der winzigen Kamera an ihrer Taucherbrille Aufnahmen zu machen. Die beste Zeit dafür sei bei Tagesanbruch, und dem musste ich zustimmten.

In eine Decke gehüllt und sich an ihrem warmen Kaffee festhaltend schaute sie aufs Meer hinaus, während ich Kurs Richtung Heimathafen nahm. So konnte ich mir meinen Fang nebenher genauer anschauen. Meine Nixe hatte langes blondes Haar, das hier und da schon leicht ergraute. Als sie meinen Blick bemerkte, lächelte sie und wir begannen ein Gespräch. Sie erzählte mir, dass sie gerade erst hierher gezogen sei und ich bemerkte wieder ihre wachen, grünen Augen. Erstaunt stellte ich fest, dass sie wohl etwa mein Alter hatte.

Um das ganze abzukürzen: wir kamen uns im Laufe des Gesprächs näher und verabredeten uns für den nächsten Tag, gemeinsam hinaus zu fahren und die besten Fischgründe zu suchen. Auch wenn ich es kaum mehr für möglich hielt, wohnen wir mittlerweile zusammen und sind seit fast zehn Jahren ein Paar.

Auch wenn ich in dieser Nacht wieder mit leeren Netzen zurückkehre, der größte Fang meines Lebens wird zu Hause auf mich warten.

Klaus, der mir damals den Talisman gab, treffe ich bis heute regelmäßig. Am Kai sehe ich ihn schon, er winkt mir zu und ich weiß, er wird warten und mir helfen, das Boot zu vertäuen.
Morgen werde ich wieder rausfahren und irgendwann werde ich wieder Glück haben und etwas fangen.
Nichts auf der Welt ist so gerecht verteilt wie der Verstand. Denn jedermann ist überzeugt, daß er genug davon habe. (Descartes)

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ERSTER BEITRAG DES THEMAS
Lisa

Re: Abstimmung 68. Schreibwettbewerb "Wenn ich mal 70 bin"

Beitrag von Lisa »

Ein großes DANKE auch von mir für die rege Teilnahme und die vielen tollen Beiträge! :good: :good: :good:
w82nrw

Re: Abstimmung 68. Schreibwettbewerb "Wenn ich mal 70 bin"

Beitrag von w82nrw »

15 Beiträge?
Dann ist ja gut dass ich mein Beitrag nicht fertig bekommen habe, sonst hätte man die Umfrage splitten müssen :schwitzen:
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Mannanna
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Re: Abstimmung 68. Schreibwettbewerb "Wenn ich mal 70 bin"

Beitrag von Mannanna »

Nochmal hochschieben, bevor das alles in Vergessenheit gerät... ;)
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Re: Abstimmung 68. Schreibwettbewerb "Wenn ich mal 70 bin"

Beitrag von Reinhard »

Beitrag #2 "Der richtige Weg" war mir zwar zu morbide, um dafür zu stimmen, aber irgendwie die Story, die mich am meisten reingezogen hat. Aber vermutlich wäre Schriftstellerei trotzdem nicht der richtige Weg für den Verfasser ...

Und ansonsten: Stand jetzt gibt es ganze vier Spitzenreiter. Gibt es bei so einem Endstand eine Stichwahl?
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Antonia
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Re: Abstimmung 68. Schreibwettbewerb "Wenn ich mal 70 bin"

Beitrag von Antonia »

Ich fände es besser, wenn man den Schreibwettbewerb professioneller aufziehen würde, also Kriterien zugrunde legen würde, über die dann die Leser explizit abstimmen müssen, z.B.

jeweils eine Stimme für

- Originalität : Idee, Ansatz, außergewöhnlicher Stoff, Überschrift
- Geschichte : Thema, Spannung, Erzählstil
- Figuren : Beschreibung, Charakterentwicklung, lebendige Dialoge
- Sprache : Wortwahl, Abwechslungsreichtum
- Erzählton : Stimmung, Klangfarbe, Athmosphäre


Wenn man nach KEINEN objektiven Kriterien vorgeht, entscheiden ja letztlich nur die Vorlieben der Leser
darüber, ob ihnen ein Text vom Inhalt her gefällt oder nicht.
Ich finde das schade, denn es gibt sehr gut geschriebene Texte, die nur vom Inhalt
her den meisten Lesern nicht so gut gefallen.
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Re: Abstimmung 68. Schreibwettbewerb "Wenn ich mal 70 bin"

Beitrag von Einsamer Igel »

Antonia hat geschrieben:Ich fände es besser, wenn man den Schreibwettbewerb professioneller aufziehen würde, also Kriterien zugrunde legen würde, über die dann die Leser explizit abstimmen müssen, z.B.

jeweils eine Stimme für

- Originalität : Idee, Ansatz, außergewöhnlicher Stoff, Überschrift
- Geschichte : Thema, Spannung, Erzählstil
- Figuren : Beschreibung, Charakterentwicklung, lebendige Dialoge
- Sprache : Wortwahl, Abwechslungsreichtum
- Erzählton : Stimmung, Klangfarbe, Athmosphäre


Wenn man nach KEINEN objektiven Kriterien vorgeht, entscheiden ja letztlich nur die Vorlieben der Leser
darüber, ob ihnen ein Text vom Inhalt her gefällt oder nicht.
Ich finde das schade, denn es gibt sehr gut geschriebene Texte, die nur vom Inhalt
her den meisten Lesern nicht so gut gefallen.
Wie stellst du dir da die Abstimmung vor?
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Re: Abstimmung 68. Schreibwettbewerb "Wenn ich mal 70 bin"

Beitrag von Mannanna »

Antonia hat geschrieben:Ich fände es besser, wenn man den Schreibwettbewerb professioneller aufziehen würde, also Kriterien zugrunde legen würde, über die dann die Leser explizit abstimmen müssen, z.B.

jeweils eine Stimme für

- Originalität : Idee, Ansatz, außergewöhnlicher Stoff, Überschrift
- Geschichte : Thema, Spannung, Erzählstil
- Figuren : Beschreibung, Charakterentwicklung, lebendige Dialoge
- Sprache : Wortwahl, Abwechslungsreichtum
- Erzählton : Stimmung, Klangfarbe, Athmosphäre


Wenn man nach KEINEN objektiven Kriterien vorgeht, entscheiden ja letztlich nur die Vorlieben der Leser
darüber, ob ihnen ein Text vom Inhalt her gefällt oder nicht.
Ich finde das schade, denn es gibt sehr gut geschriebene Texte, die nur vom Inhalt
her den meisten Lesern nicht so gut gefallen.
Also 1. sind wir hier nicht beim literarischen Quartett und es geht auch nicht um den Nobelpreis für Literatur.
2. Willst du ernsthaft 5 Abstimmungen mit (in diesem Wettbewerb) je 15 Antworten abhalten? Wie sollte man z.B. für den ersten Beitrag "Zu spät" eine Stimme für Figuren oder Erzählton abgeben, obwohl man den Beitrag am besten findet?
Wobei deine Kriterien ja auch wieder von jedem subjektiv gewertet werden. Was z.B. der eine für einen tollen Erzählstil oder schöne Klangfarbe hält, gefällt dem nächsten gar nicht.
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Re: Abstimmung 68. Schreibwettbewerb "Wenn ich mal 70 bin"

Beitrag von Mannanna »

Reinhard hat geschrieben:Beitrag #2 "Der richtige Weg" war mir zwar zu morbide, um dafür zu stimmen, aber irgendwie die Story, die mich am meisten reingezogen hat. Aber vermutlich wäre Schriftstellerei trotzdem nicht der richtige Weg für den Verfasser ...

Und ansonsten: Stand jetzt gibt es ganze vier Spitzenreiter. Gibt es bei so einem Endstand eine Stichwahl?
Also wenn mehr als zwei Leute erste werden, würde ich eine Stichwahl abhalten. Schon allein im Hinblick darauf, wer den nächsten Wettbewerb machen soll.
Aber warten wir's erstmal ab...
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Re: Abstimmung 68. Schreibwettbewerb "Wenn ich mal 70 bin"

Beitrag von Antonia »

Ich wollte nur ein paar Anregungen oder Denkanstöße geben,
wie man es etwas objektiver machen könnte. Dass es letztlich subjektiv bleibt, ist mir schon klar.
Bei 15 Texten ist es in der Tat schwierig, alle miteinander zu vergleichen und nach den
genannten Kriterien abzustimmen. Ich schaue mal im Internet, wie es bei anderen Schreibwettbewerben
gehandhabt wird. Wahrscheinlich kann man auch nur die selben Erzählformen miteinander vergleichen, also z.B. Kurzgeschichte mit Kurzgeschichte oder Gedicht mit Gedicht, aber nicht Kurzgeschichte mit Gedicht.
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Re: Abstimmung 68. Schreibwettbewerb "Wenn ich mal 70 bin"

Beitrag von Einsamer Igel »

Der Kreativbereich fristet in diesem Forum eh schon ein Nischendasein, es nehmen wenige teil und nicht viel mehr nehmen an der Abstimmung teil. Ob das besser wird, wenn man die Abstimmung auffächert, glaube ich eher nicht. Ich kann den Gedanken nachvollziehen, aber ich glaub nicht, dass es in diesem Forum funktioniert.
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Re: Abstimmung 68. Schreibwettbewerb "Wenn ich mal 70 bin"

Beitrag von Reinhard »

Antonia hat geschrieben:Ich wollte nur ein paar Anregungen oder Denkanstöße geben,
wie man es etwas objektiver machen könnte. Dass es letztlich subjektiv bleibt, ist mir schon klar.
Bei 15 Texten ist es in der Tat schwierig, alle miteinander zu vergleichen und nach den
genannten Kriterien abzustimmen. Ich schaue mal im Internet, wie es bei anderen Schreibwettbewerben
gehandhabt wird. Wahrscheinlich kann man auch nur die selben Erzählformen miteinander vergleichen, also z.B. Kurzgeschichte mit Kurzgeschichte oder Gedicht mit Gedicht, aber nicht Kurzgeschichte mit Gedicht.
Nach herkömlicher Zuordnung haben wir dreimal Lyrik (#1, 4, 5), einmal Drama (#10) und Rest Epik. Wenn man danach aufteilt, hat schonmal derjenige gewonnen, der eine Kategorie nimmt, die sonst keiner hat, während innerhalb der Kurzgeschichten die Auswahl kaum geringer wird. Gedichte schreiben ist halt nicht jedermanns Sache.


Zum Thema Stichwahl: momentan werden es sogar mehr Beiträge, die gleich viele Stimmen haben. Schafft es bald einer, eine siebte Stimme zu ergattern?
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Re: Abstimmung 68. Schreibwettbewerb "Wenn ich mal 70 bin"

Beitrag von Mannanna »

Reinhard hat geschrieben: Zum Thema Stichwahl: momentan werden es sogar mehr Beiträge, die gleich viele Stimmen haben. Schafft es bald einer, eine siebte Stimme zu ergattern?
Ich habe eher den Eindruck, einige Leute stimmen absichtlich so ab, daß möglichst viele Beiträge die gleiche Stimmenanzahl haben. Die Beiträge selbst sind dabei wurscht.
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Re: Abstimmung 68. Schreibwettbewerb "Wenn ich mal 70 bin"

Beitrag von Ringelnatz »

Mannanna hat geschrieben:
Reinhard hat geschrieben: Zum Thema Stichwahl: momentan werden es sogar mehr Beiträge, die gleich viele Stimmen haben. Schafft es bald einer, eine siebte Stimme zu ergattern?
Ich habe eher den Eindruck, einige Leute stimmen absichtlich so ab, daß möglichst viele Beiträge die gleiche Stimmenanzahl haben. Die Beiträge selbst sind dabei wurscht.
Also ich habe abgestimmt bevor ich mir die Ergebnisse habe anzeigen lassen. Vielleicht kann man einstellen, dass ohne abgestimmt zu haben die Ergebnisse unsichtbar bleiben?
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Re: Abstimmung 68. Schreibwettbewerb "Wenn ich mal 70 bin"

Beitrag von Mannanna »

Das Ergebnis ist noch nicht aussagekräftig ;)
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Re: Abstimmung 68. Schreibwettbewerb "Wenn ich mal 70 bin"

Beitrag von Mannanna »

Hier gibt es 3340 Mitglieder. Macht 16700 Stimmen. Bis jetzt sind wir bei 85...

Also noch fröhlich angeklickt, es sind keine 12 Tage mehr. Vorher aber auch durchlesen ;)
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Re: Abstimmung 68. Schreibwettbewerb "Wenn ich mal 70 bin"

Beitrag von w82nrw »

Mannanna hat geschrieben:Vorher aber auch durchlesen ;)
gelesen hab ich sie, allerdings kann ich mich nicht entscheiden. Wenn ich deinen Eindruck bestätigen wollte könnte ich meine 5 Stimmen auf die verteilen die aktuell 6 Stimmen haben :pfeif:

Meinst du ernsthaft das machen Leute??
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Re: Abstimmung 68. Schreibwettbewerb "Wenn ich mal 70 bin"

Beitrag von Mannanna »

w82nrw hat geschrieben:
Mannanna hat geschrieben:Vorher aber auch durchlesen ;)
gelesen hab ich sie, allerdings kann ich mich nicht entscheiden. Wenn ich deinen Eindruck bestätigen wollte könnte ich meine 5 Stimmen auf die verteilen die aktuell 6 Stimmen haben :pfeif:

Meinst du ernsthaft das machen Leute??
Weiß ich nicht, war aber mein Eindruck. Ansonsten wäre ja die literarische Qualitätsdichte diesmal besonders hoch ;)
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Re: Abstimmung 68. Schreibwettbewerb "Wenn ich mal 70 bin"

Beitrag von Mannanna »

94 Stimmen mittlerweile und noch ist nichts entschieden. Hach, das ist ja spannender als das Endspiel der letzten Fußball-WM...
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Lisa

Re: Abstimmung 68. Schreibwettbewerb "Wenn ich mal 70 bin"

Beitrag von Lisa »

Nur 94 Stimmen bisher? Kommt schon, Leute! Abstimmen! Es wird spannend ... :tanzen2:

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