Die Reaktion der Brony-Community war übrigens entsprechend: Die Familie nahm bis heute an die $10.000 an Spenden ein. Nur von Bronies.
In anderen Kreisen wäre eine wahrscheinlichere Reaktion gewesen herauszufinden, wer genau den Jungen so gemobbt hat, und auf Basis dieses Wissens Racheaktionen anzuzetteln.
Diddlina hat geschrieben:Ja, ich bin unsensibel ; ich kann verstehen, wenn jemand wegen einer Behinderung gemobbt wird oder Armut etc. aber nicht "nur" weil er die falsche TV Serie mag oder falsche Band hört...der Grund ist mir einfach zu banal für so eine heftige Reaktion.
Meinst du mit Grund das Mobbing und mit Reaktion den Suizid oder mit Grund, daß der Junge
MLP mochte, und mit Reaktion das Mobbing?
In letzterem Fall ist der Grund tatsächlich auf den ersten Blick so banal, daß es schon erschreckend sein sollte.
In ersterem Fall: Was wäre eine
wirksame Alternative gewesen? Sofortige Umstellung des eigenen Geschmacks auf das, was von einem erwartet wird? Wie so oft?
Diddlina hat geschrieben:Hätte er sich keine Hilfe bei den Eltern/Lehrern etc. holen können ?
Und das hat
wann die letzten Male nachhaltig gewirkt, das Mobbing irreversibel beendet und dafür gesorgt, daß die Mobber zur Rechenschaft gezogen werden?
Eltern und Lehrer tun für gewöhnlich selbst massivstes Mobbing in der Schule als dieselben Hänseleien ab, die es vor 30, 40, 50 Jahren gab. Lehrer sind selbst nicht darin geschult, was Mobbing ist und wie damit umzugehen ist. Darum können sie sich auch gar nicht kümmern, sie sind so schon damit genug gestreßt, den Schulstoff durchzubringen, und tun kein Stück mehr, als wofür sie bezahlt werden – mit Ausnahme junger, idealistischer Lehrer, die frisch auf die Schule gekommen sind, aber noch vollkommen unerfahren und somit noch leichter hinters Licht zu führen sind. Ältere Lehrer sind nicht selten noch geprägt von der 68er Ideologie, in der Mobbing ganz einfach nicht vorkommt, also existiert es wirklich nicht. Und die wenigsten Eltern haben sich seit ihrer Hochzeit (oder gar seit Eintritt ins Berufsleben) soziokulturell irgendwie weiterentwickelt.
Mobber sind wiederum schon längst so gerissen, so vorzugehen, daß a) Eltern und Lehrer genau gar nichts davon merken, b) das Mobbingopfer höchstens selbst als Störenfried dasteht, also vom Lehrer noch extra auf den Deckel bekommt, und c) steht am Ende die Aussage des einzelnen Mobbingopfers gegen die Aussagen von mehreren Mobbern, die etwas ganz anderes sagen, die Aussagen der ganzen Klasse, die allesamt Zeugen sind, sich aus Angst oder Gleichgültigkeit aber nicht auf die Seite des Mobbingopfers begeben wollen, sowie die Aussagen der Lehrer, die nichts davon mitbekommen haben, folglich also nichts passiert sein kann.
Und selbst wenn reagiert wird –
wie wird reagiert? Och, wir reden mal miteinander. Sind ja nur Kinder. Damit die Mobber hinterher weiterhin frei herumlaufen und schalten und walten können, wie sie wollen – mit dem Wissen, daß sie zum einen verpfiffen wurden (na, wer hat sie denn wohl verpfiffen, gibt ja nur einen, der davon überhaupt weiß, der sie hätte verpfeifen können) und zum anderen tun und lassen können, was sie wollen, wenn ihnen eh keine Strafe droht. Zweifelsfrei nachweisen kann man ihnen noch nicht einmal Taten, die, wenn von Erwachsenen ausgeübt, Freiheitsstrafen nach sich ziehen würden oder zumindest sehr hohe Schmerzensgelder. Und es steht ja immer noch die Aussage des einen Mobbingopfers gegen die mehreren Mobber.
Über die Eltern der Mobber kann man häufig eh nichts erreichen. Zum einen haben viele notorische Mobber Eltern, die selbst keinen Bock haben, ihre Kinder richtig zu erziehen. Gerade in den USA pumpen Eltern ihre Kinder lieber mit Ritalin voll und setzen sie vor die Glotze, damit die Ruhe geben, als sich um sie zu kümmern. Warum also sollten sie ihre Brut wegen des Psychoterrors maßregeln, den sie auf unschuldige Mitschüler loslassen? Das ist dann auch nicht selten die Art von Mensch, die in dem Alter, in dem ihre Kinder sind, genauso gedacht hätte.
Selbst wenn sie etwas zu unternehmen gedächten, so gibt es herzlich wenig, womit man diese Mobber wirklich wirksam – will sagen, mit regelrechter Schockwirkung – hätte bestrafen können. Und bringen würde es auch nichts Positives, im Gegenteil. Was wäre denn eine gerechte Strafe? Papa nimmt seinem mobbenden Sohn zur Strafe das iPhone oder Galaxy weg. (Ich hätte beinahe gesagt, "Papa zertrümmert das Gerät vor den Augen seines Sohns mit einem Vorschlaghammer", aber Papa hat es meistens selbst bezahlt und denkt nicht im Traum daran, ein elektronisches Gerät, das eine Summe gekostet hat, die zu seiner Zeit™ viel Geld™ war, zu zerstören.) Der Bengel ist sauer. An wem läßt er seine Wut aus? An seinem Vater? Natürlich nicht. An leblosen Gegenständen? Nein, auch nicht. Am Mobbingopfer, das ihn wohl verpfiffen hat? BINGO!
Am nächsten Tag in der Schule paßt besagter Mobber mit seiner Gang das Mobbingopfer ab in einer Situation, wo es keine erwachsenen Zeugen gibt – UND SCHLÄGT IHM MEHRFACH MIT DER FAUST INS GESICHT! Wenn er zu Boden gehen sollte, wird heutzutage, im 21. Jahrhundert, auch noch auf ihn eingetreten. Der smartphonelose Mobber klaut sich am Ende womöglich noch das Smartphone des Mobbingopfers, das trotz vielfältiger Möglichkeiten des Eigentumsnachweises das Gerät nie wiedersehen wird, erpreßt sich die PIN und die Lockscreen-Entriegelung unter Androhung weiterer Schläge und behauptet, es sei seins. Ach ja, die Verletzungen hat der Junge, weil er gegen irgendetwas gelaufen ist, der Trottel, oder was weiß ich.
Das hat's dann auch gerade gebracht. Da hat die "Strafe" auch gerade ganz toll gewirkt. Ganz prima. Wirklich.
Es gibt genau drei Umstände, unter denen Mobbing aufhört:
- Sämtliche Mobber verlieren von sich aus das Interesse am Mobbing oder zumindest an diesem Mobbingopfer.
- Das Mobbingopfer wechselt das Umfelt, flieht also feige vor den Mobbern, die das als persönlichen Triumph auffassen und in ihrer Tätigkeit weiter bestärkt werden.
- Sämtliche Mobber werden komplett aus dem Verkehr gezogen, so daß sie dem Mobbingopfer unter gar keinen Umständen mehr begegnen können. Nicht in der Schule/im Studium/beruflich, nicht privat, überhaupt nicht mehr.
Steht "Maßregelung" irgendwo auf der Liste? Nein, "Maßregelung" steht nicht auf der Liste.
Wahrscheinlich müßte Mobbing erst hunderte oder tausende weitere Todesopfer fordern, die jeweils von den Medien auf Titelseiten breitgetreten werden – entweder durch Suizid des Opfers oder durch einen generalstabsmäßig über Monate vorher durchgeplanten bewaffneten Rachefeldzug des Opfers gegen die Täter, im Medien-Neusprech "Amoklauf" genannt –, bis
vielleicht irgendeine Regierungs- oder Oppositionspartei darauf anspringen
könnte (um Wählerstimmen zu sammeln; wenn es funktionieren sollte, was diese Partei vorschlägt, ist das ein netter Nebeneffekt).
Allerdings sollten diese weiteren Todesopfer nichts mit
MLP:FiM zu tun haben. Die Bronies haben ja jetzt schon einen schlechten Ruf unter annähernd allen Nichtbronies. Schwul, pädophil, zoophil, generell pervers, auf jeden Fall gestört. Wenn die BILD-Zeitung erst ein, zwei derartige Fälle in Verbindung mit dem Bronytum bringt, dann werden die das unter Garantie in die komplett falsche Richtung ausschlachten, und dann werden die Bronies in Deutschland endgültig und auf ewig stigmatisiert sein, und
MLP:FiM wird der nächste Metal, der nächste Hip Hop, das nächste Counter-Strike, das nächste Final Fantasy, die nächsten Actionfilme...
Perfiderweise gibt es übrigens tatsächlich eine
MLP:FiM-Episode, in der es um Mobbing inklusive schwerer Sachbeschädigung geht:
S03E04 "One Bad Apple". Und in der haben die gemobbten Cutie Mark Crusaders selbst beschlossen, die Mobber
nicht zu verpfeifen, weil die Obermobberin in dem Falle, daß sie das tun, Racheaktionen angekündigt hat. Ich nehme mal an, im Falle dieses Jungen war es genauso: Sollte er die Mobber verpetzen, machen sie ihn erst recht fertig.
Unterschiede zwischen Serie und Realität:
- Der Junge hatte keinerlei Möglichkeit, sich seiner Peiniger mittels einer garantiert idiotensicher funktionierenden Todesfalle zu entledigen.
- Der Junge hatte keinerlei Hinweise darauf, daß seine Mobber vielleicht selbst Mobbingopfer sein könnten.
Ihr könnt mir übrigens glauben: Ich weiß, wovon ich schreibe.
Ich weiß ganz genau aus Erfahrung am eigenen Leibe, wie Mobbing abläuft.
← Das da sind keine Klaviertasten. Es sind Synthesizertasten. Doch, da gibt es Unterschiede.
Ich kann es euch erklären. Ich kann es aber nicht für euch verstehen. Das müßt ihr schon selbst tun.
INTJ nach Myers-Briggs