Alexas hat geschrieben:Kief hat geschrieben:Warum ist Dein Vorankommen langsam?
Bzw. welche Erwartungen hast Du?
[...]
Solange Du Fortschritte bemerkst, und Dir neue Welten erschliesst, solange ist alles in Ordnung, und Du kommst voran.
Achja, Kief, kannst du mir mal ein Beispiel dafür geben, welche "Sozialdynamiken" du so erkannst hast und welchen Details, die dir vorher verborgen waren? Ich glaube wir treiben das vlt. besser per PN weiter. Nicht, dass wir den Thread hier kapern.
Ich kann sie benennen.
Rueckblickend kommt es mir ziemlich banal vor.
Relevant ist eher die Groessenordnung, und dass ich noch nicht an den Grenzen meiner Wahrnehmung angekommen bin.
Sowie methodisch, dass ich begriffen habe, wie ich auch aus Alltagssituationen weiterlernen kann.
Und ich nehme an, das ist fuer den Thread ganz passend ...
und ich muss mich da eh recht knapp fassen, weil ich sonst ganz schnell ne halbe Woche oder zwei Wochen brauche, wenn ich in Details gehe.
Jeder Mensch reagiert auf mehreren Ebenen: Stress, Freude, Neugier, Angst, Aerger ... all das drueckt sich unterbewusst aus.
Bei einem Menschen vielleicht nur auf der stimmlichen Ebene, durch gepresste Sprache, bei wem anders druecken sich Gefuehle auf saemtlichen Ebenen aus: Stimme, Koerperhaltung, Mimik, Sprache, Aktivitaetslevel, Niveau ...
nun kann ich nicht auf alles gleichzeitig achten.
Vor allem kann ich nicht saemtliche Personen um mich herum permanent scannen.
Man kann sich nicht fortwaehrend konzentrieren.
Aber je mehr Ahnung ich habe, desto haeufiger fallen mir auch dezente Reaktionen auf, bei irgendeiner der Ebenen - und ich kann dann gezielt schauen.
Und vor allem: wenn ich Unterschiede bemerke, dann kann ich auch endlich beurteilen, ob mir die Reaktion zusagt oder nicht.
Ich kann daraus lernen.
Aus jedem Erlebnis.
Ganz ohne Coach und ohne Stundenlohn.
Dieser Schritt war methodisch der Wichtigste, um die jetzt jahrelange Entwicklung zu beginnen.
Beispiele:
anfangs, wenn jemand aergerlich war mit mir, dann habe ich das ggf. erst wochenlang spaeter erahnt.
Wenn ich dazu Hinweise bemerke, dann realisiere und verstehe ich das jetzt frueher, in einem Bruchteil der Zeit. (Wenn ich dazu wenige oder keine Hinweise habe, dann ist es immer noch so langsam, oder ich raff es selbst gar nicht.)
Dann habe ich allmaehlich mitbekommen, wenn Gespraeche uebel ausgingen, was an meinen Reaktionen dazu gefuehrt hat. Ich konnte immer genauer meinen Einfluss eingrenzen, was bei wem Trigger ausloest.
Welche unbedachten Aeusserungen, welche Einstellung, welche "Klarheit" provokant rueberkam.
So kam ich in fliessendem Uebergang zu Sozialdynamik.
Das betrifft eigentlich alles, worauf man achten koennte.
Was erzeugt Freude, Zustimmung, Furcht, Rueckzug ... all das kann man beobachten, und die Konsequenzen in der Gruppe zuordnen.
Da Sozialdynamiken staendig ablaufen, hat alles auch mehr oder weniger Einfluss - und spannend wird es, wenn sich dann erhebliche Aenderungen ergeben, wenn Stimmungen drastisch kippen oder gezielt gewechselt werden.
Beispielsweise hatte ich gestern eine Besprechung, und habe zwischendurch ein paar sachliche Punkte dem Versammlungsleiter uebermitteln wollen.
Parteifuehrung, aus der Ferne angereist zu uns, ich habe die Erwartung gehabt, das waere ein ganz Professioneller, dem ich die Infos mal eben geben kann.
Aber nach zwei Saetzen bekam ich mit, dass er die Info zwar aufnehmen konnte, aber das fuer ihn nicht die optimale Zeit war. Er hatte selbst so viele Sorgen im Kopf, dass er mit dem Reden gar nicht mehr aufhoerte.
Was er von mir erlebt hat, und noch mehr von mir gehoert hat, da hat er auf mich projeziert, dass ich in manchen Sachen so ueberragend bin, so dass er sich jetzt bei mir ausplappern wollte.
Wenn ich mich von seinem Gelaber belaestigt fuehle, kann das schnell in gegenseitige Enttaeuschung und Abgrenzen muenden. Wenn ich das bemerke und durchschaue, kann ich mir ueberlegen, ob ich das aus menschlichen Gruenden ueber mich ergehen lassen will, oder ihm dezent zukommen lasse, dass ich dafuer selbst den Kopf zu voll habe, und den Rest der Pause mich zuureckziehen will.
Die Konstellation und beiden letzten Varianten waeren mir vorher nicht klargeworden.
Das Detail war die Gespraechsfuehrung, wie er mein Thema abgeblockt hat, und es selbst gar nicht bemerkt hat.
Seine Aufmeksamkeit richtete sich nicht aufs Zuhoeren, sondern aufs Erzaehlen.
Nach der Besprechung war es irrsinnig spaet, und wir mussten schauen, wie wir alle nach Hause kamen.
Der Plan, ein Grossraumtaxi zu bestellen, ist irgendwie gescheitert. Also bestellten wir zwei normale Taxen.
Die Gruppenleiter waren selbst nicht mehr fit, haben das nicht mehr koordiniert. Wurde einfach unuebersichtlich.
Irgendwann ging eine Person frustriert weg: "Wir vier fahren zum Bahnhof Zoo! Klaert ihr den Rest!"
Fuer die meisten war das nur eine Stressreaktion, bruesk, aber greift niemanden wirklich an.
Fuer mich war klar: keiner fuehlt sich verantwortlich dafuer, dass es ein taugliches Ergebnis gibt. Dass es zwei Plaetze zuwenig gibt, darum will sich keiner kuemmern, klassische Verantwortungsdiffusion.
Niemand hat die Energie uebrig, dafuer noch eine Loesung zu erarbeiten, alle hoffen auf wen anderes.
Also besteht die Gefahr, dass wahrscheinlich ich und noch wer am Ende ohne Platz dastehen.
Frueher haette ich derlei nicht rechtzeitig begriffen, und mich nicht mehr rechtzeitig kuemmern koennen.
Das Detail war, dass keiner Klarheit wuenscht, weil keiner die Energie dafuer aufbringen wollte, das Ruder in die Hand zu nehmen.
Alle waren in dieser "jemand muesste mal"-Stimmung.
Beispiele mit Humor fallen mir nicht ein, das sind eher spontane Sachen.
Beispiele beim Flirten oder mit groesseren Konflikten faend ich den Personen gegenueber bissel unpassend - bzw. mir fallen keine Beispiele ein, die ich von den Personen her okay finde.
Insgesamt sind die Details hilfreich, wenn man erstmal bemerkt hat, dass man da etwas begutachten sollte.
Um zu bemerken, ob man aufmerken sollte, dafuer ist es schon hilfreich, wenn man darauf achtet, worauf sich anderer Leute Aufmerksamkeit richtet:
konzentrieren sie sich auf eine Person, auf eine Person woanders, auf ein Thema, auf die Umgebung, suchen sie etwas Bestimmtes ...
oder sinkt die Konzentration, wuenscht jemand Rueckzug, entspannt man sich, langweilt sich, wird abgelenkt oder abgeschreckt?
Aufmerksamkeit ist der erste soziale Indikator fuer mich.
Der ist mir erst als letzter klargeworden.
CU, Kief