desigual hat geschrieben: ↑20 Mär 2020 23:28
Strange Lady hat geschrieben: ↑20 Mär 2020 22:14
Ich bin ja großer Fan von sozialer Solidarität, gesundem Menschenverstand und Altruismus ... aber grad gibt es eine fast schon faschistoide Gleichschaltung und Überwachung im Sozialen, die mir nicht geheuer ist. Klar ist es scheiße, wenn einige Leute hamstern und bunkern, aber dennoch sollte man nicht dazu übergehen, die Mitmenschen bei Schritt und Tritt kritisch zu beäugen und ungerechtfertigter Weise Böses zu unterstellen. Grad heute miterlebt, wie ein Mensch, der mit vollem Einkaufswagen im Rewe angepöbelt wurde. Wer weiß, warum der soviel einkauft ... seine eigene Verantwortung. Richtig gruselig wird es, wenn sich gleich ein blinder Mob zusammenrudelt und die Person angeht.
Ausgangsbeschränkungen schön und gut ... aber im vollen Bewusstsein unserer Grundrechte. Jeder hat immer noch das Recht auf persönliche Freiheit ... selbst wenn diese bedeutet, dass man kriminelle Akte (wie die Ansteckung anderer) begeht. Freiheit sollte immer vor Sicherheit kommen, in einer Demokratie.
Ich muss da auch schon geraume Zeit darüber nachdenken, weil ich mich schon durch Söders Ausgangsbeschränkungen in meiner Freiheit stark eingeschränkt fühle. Ich gehe davon aus, dass ab Montag die richtige Sperre kommen wird und der Gedanke macht mir zu schaffen.
Was mich gerade beschäftigt:
In den 60ern gingen viele gegen die Schaffung der Notstandsgesetze auf die Straße.
Heute nehmen wir es ganz locker hin, dass einige wenige Regierende uns so massiv unsere Freiheit nehmen. Es beschließen zwei, drei Politiker, die sich von wenigen (selbst ausgewählten??) Wissenschaftlern beraten lassen. Wo ist die Demokratie?
Das Infektionsschutzgesetz wurde demokratisch beschlossen (auch wenn es mit dem Reichsseuchengesetz einen Vorläufer aus Kaisers Zeiten hatte). Man hatte dabei sicherlich nicht alle möglichen Pandemien mal durchgerechnet, bevor es verabschiedet wurde, aber dass man in dem Moment eher auf Experten hören würde als auf die Risikowahrnehmung der Bevölkerung, war eigentlich schon klar.
Beim Brückenbau hört man doch auch auf Baustatiker anstatt auf Leute, die von der Seite auf die Brücke schauen und sagen "schaut stabil aus".
Bei Wissenschaftlern gilt übrigens noch am ehesten (von allen Bereichen unserer Gesellschaft) ein meritokratisches Prinzip. Deswegen waren ja die Doktorarbeits-plagiate so ein Skandal.
desigual hat geschrieben: ↑20 Mär 2020 23:28
Grundlage von alledem ist ein Infektionsschutzgesetz, das die Verantwortlichen ermächtigt, alle notwendigen Maßnahmen zu ergreifen - wirklich so krasse?
Übertragbare Krankheiten waren schon immer eine Geißel der Menschheit.
Ein Teil der Lebensqualität der 20. und 21. Jahrhundert ist auch darauf zurückzuführen, dass man Krankheitserreger und Übertragungsvektoren identifizierte. Bei der Mal-aria steckt noch im Namen, was man lange Zeit für den Auslöser hielt. Kannst du dir vorstellen, wie hilflos man sich gefühlt haben muss, wenn man beispielsweise im Mündungsgebiet eines Flusses gewohnt hat und regelmäßig sumpfige schlechte Luft zu einem reinzog und man dachte, dass man deshalb krank wird?
Vermutlich kannst du es dir vorstellen. Das ist das gleich Gefühl, wie wenn jetzt Corona als Welle auf einen zurollt.
desigual hat geschrieben: ↑20 Mär 2020 23:28
Weite Teile des Volkes fordern eine Ausgangssperre. Sogar manche von denen, die sich nicht an die bisherigen Regeln halten, sagen, dass eine strenge Verordnung mit polizeilicher Kontrolle wichtig wäre. Ja, sind das denn erwachsene Menschen? Wo sind mündige, verantwortliche Bürger???
Und schließlich: Alles, was mit Notstandsgesetzen und Verordnungen einzelner Politiker zu tun hat, hat nach der Weimarer Republik und dem Beginn der NS-Diktatur doch einen beunruhigenden Beigeschmack...
Vielleicht sehe ich das auch alles etwas dramatisch und ich gebe zu, dass ich mich mit den rechtlichen Hintergründen nicht auskenne und mich an alles, was mit Notstandsgesetze zu tun hat nur noch sehr oberflächlich erinnere.
Gerade diese Gefahr sehe ich doch weniger.
Ja, man kann mit einer Pandemie Ausgangssperren begründen ... aber physische Zusammenkünfte von ähnlich denkenden Personen sind heute für die politische Willensbildung nicht mehr ganz so wichtig. Das ist doch im Wesentlichen eh schon abgewandert auf Facebook, Twitter, Whatsapp, etc.
Ich bin mir auch keiner Zensur bewusst, die jetzt speziell mit Corona begründet werden. Auch die Seite von Wolfgang Wodarg ist noch erreichbar, obwohl ich seine Aussagen für widerlegbaren Stuss halte und es gemeingefährlich wäre, wenn man seine Analyse als Handlungsempfehlung nimmt.
Wenn irgendwann mal die Pandemie weg ist, aber die Ausgangssperre immer noch da, dann müssen wir halt trotzdem mit Mistgabeln vor dem Regierungsviertel einen ungesetzlich großen Menschenauflauf machen. Aber Revolution ist vorher eh illegal und im Erfolgsfall nicht mehr, also ist das dann auch schon egal.
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Dessenungeachtet gibt es schon ein paar schleichende Änderungen an Rechten, die jetzt eher schnell durchgedrückt werden können und hinterher vielleicht zu "komfortabel" sind, sie wieder abzuschaffen. Zurückdrängen oder Verbot von Bargeld als Zahlungsmittel und damit Überwachbarkeit aller Käufe. Standortüberwachung aller Mobiltelefone oder mit speziellen Menschentrackern.