Tania hat geschrieben: ↑20 Apr 2020 10:34
Hoppala hat geschrieben: ↑20 Apr 2020 00:10
Nun das Problem: ich wollte eigentlich eine Zeitspanne erfahren, in der man von Stand heute (also eben auch R<1) jetzt Experimente wagen kann, und ab welchem Punkt (zeitlich) man die wieder zurückdrehen kann und muss, um zu vermeiden, dass die Intensivbetten"vorräte" überfordert sind.
Das kleine Problem ist: niemand weiß, welche Auswirkungen eins dieser Experimente auf das R haben wird. Die Experten sind sich ja noch nicht einmal sicher, wie hoch R im ungebremsten Ansteckungsverlauf ist. Da spielen auch viele Faktoren rein... Bevölkerungsdichte, soziale Gepflogenheiten (Burkaträgerinnen in ländlicher Gegend vs New Yorker in vollen U-Bahnen), ob gerade Karneval ist ...
Wir wissen nur, dass eine Änderung einiger Maßnahmen höchstwahrscheinlich auch zu einer Änderung von R führt. Und dass wir erst ca. 3-4 Wochen, nachdem diese Änderung eingetreten ist, abschätzen können, wie groß R jetzt (seit 3-4 Wochen) ist. Wenn wir dann feststellen, dass es immer noch unter 1 ist, können wir der Politik beim SichaufdieSchulterklopfen zusehen - dann wurde alles richtig gemacht. Stellen wir fest, dass sie wieder bei 2.3 liegt, können wir schon mal anfangen, Särge bauen zu lassen. Zurück drehen lässt sich das dann nämlich nicht mehr.
Mein Gedanke scheint schwer nachvollziehbar. Ich beginne zu verstehen, warum Politik und Wissenschaft gar nicht erst versuchen, das zu kommunizieren.
Die Rechnung soll dazu dienen, Maßnahmen eben gerde noch rechtzeitig zurückdrehen zu könen, bevor das Gesundheitssysdtem kollabiert.
Weil im Voraus niemand weiß, welche Auswirkungen eine Maßnahme haben wird. Genau deshalb gilt es, rechtzeitig einen Marker/Indikator zu wissen, der sagt: "Jetzt stoipp, sonst in 4 Wochen zuviel." Eine Tendenz, die in den roten Bereich führen wird, rechtzeitig zu erkennen.
Wenn ein Fallschirmspringer fällt, ist das tödlich. Ein dynamischer, beschleunigender Prozess. Aber er kennt den Punkt, an dem er den Schirm lösen muss - so kommt er doch noch heil nach unten. Diesen Punkt gilt es zu bestimmen. Nur dass in unserem Fall die Fallbeschleunigung erst bestimmbar ist, wenn man schon gesprungen ist. Und außerdem exponentiell ist. Man muss schneller messen und rechnen, als man den Punkt für den Fallschirm erreicht.
Ich bin sicher, solche Rechnungen werden angestellt. Ansonsten wären Lockerungen unverantwortlich. Damit überhaupt gelockert und gerechnet werden kann, war es nötig einen Punkt zu bestimmen, an dem die Fallgeschwindigkeit noch gering genug ist. Den haben wir mit R<1 überschritten. Damit haben wir einen Anhaltspunkt.
Jetzt ist halt die Frage: wie ändert sich die "Gravitation" durch die Maßnahmen? Das lässt sich mit Zweitverzug messen und berechnen. Wenn ich genug Zeit für messen und berechnen habe. Und genau diese Zeitspanne: wieviel Zeit habe ich zum Gegensteuern: darum geht's. Je mehr Zeit, um so sicherer kann ich die Geschwindigkeit bestimmen, und Maßnahmen einpegeln. Denn der Fall soll nicht stoppen - nur so kontrolliert sein, dass wir halbwegs heil unten ankömmen.
Der Unterschied zwischen "Fliegen, bis der Sprit ausgeht" und "Jetzt Absturz akzeptieren" und "mit tolerierbaren Schäden notlanden".
Kurz: deine "Bedenken" sind bereits Teil der Überlegung. Damit man zurückdrehen kann.
Und ich fände wichtig, das zu wissen, weil es einen Anhaltspunkt geben kann, wie das "neue Zwischennormal" sich gestalten wird. Natürlich muss sich das dann erst in der Praxis beweisen. Es vorher abschätzen zukönnen, ist dennoch von Vorteil. Das ist rechnerisch anhand der bekannten Größen mit Unsicherheitsfaktor X möglich, auch wenn
ich das nciht rechnen kann. Ob das Ergebnis dann bestimmt genug ist, um tatsächlich ein praktischer Anhaltspunkt zu sein, muss sich zeigen. "3 Tage" ist kein dafür nützliches Ergebns. "12 Tage" für einiges schon. Bei gegebenen, noch sehr großen und natürlcih auch zu berücksichtigenden Unsicherheiten. Und ab 4 oder 6 Wochen würde es interessant.
Aber da sich so eine Rechung auch an der Realität feintunen lassen muss, muss man halt damit anfangen.
Tania hat geschrieben: ↑20 Apr 2020 10:34
@Poet (oder sonst jemand mit Mathefaible): kannst Du vielleicht mal ausrechnen, wie viele Infizierte es bei R=2.3 und einem Anfangswert von 40.000 Infizierten nach 4 Wochen wären? Und bei akuter Langeweile dasselbe mit R=1 und R=1.3 ?
Ich schätze, das kann sogar ich. Bei der Annahmen von 2 Wochen Inkubationszeit wären es dann - ohne Gegenmaßnahmen - nach 2 Wochen 40.000 + 92.000 = 132.000. Und nach 4 Wochen 132.000 + 303.600 = 435.600. Kumuliert, so wie uns die Zahl täglich um die hren gehauen wird.
Praktisch müsste man die Genesenen und Gestorbenen abziehen. Was ja angeblich auch so um 2 Wochen dauert. Dann sind wir nach 2 Wochen bei 92.000 und nach 4 Wochen bei 211.600.
Wobei ich hier natürlich sowohl die Dunkelziffer weglasse, als auch stufenweise rechne. In der Reaität ist es ein fließender Prozess; dafür könnte man währenddessen die Rechnung prüfen und kalibrieren.
Tania hat geschrieben: ↑20 Apr 2020 10:34
Was aus experimenteller Sicht natürlich völlig hirnrissig ist: gleich mehrere Änderungen auf einmal durchzuführen. Wissenschaftlich sauber wäre z.B., die Läden zu öffnen, 4 Wochen zu warten, die Auswirkungen zu protokollieren und dann zu entscheiden, ob das die Sache wert war, und ob noch Spielraum für einen nächsten Schritt ist. So, wie es jetzt gemacht wird, werden wir in 4 Wochen nicht wissen, ob für einen Anstieg nun die Ladenöffnung oder die Schulöffnung verantwortlich war - und müssen schlimmstenfalls beides wieder zurück nehmen.
Das wäre wissenschaftlich "sauber", aber unpraktikabel und damit unsinnig. Und unnötig. Wir kennen einen "Punkt Nul", so ungefähr, da wir den mit Maßnahmen schon unterschritten haben. Wesentlich ist zu wissen, wann ich auf welchen Warnindikator mit "zurück zu dem Maßnahmenpaket, das erwiesenermaßen die Kurve nach unten biegt" reagieren muss. Und genau diese Herleitung (und ihr mögliches, veränderliches Ergebnis) interessiert mich.
Umso mehr Dank an The Poet, dass er sich an der nicht ganz anspruchslosen praktischen Umsetzung des Gedankens versucht!
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