Kann man sich die Fähigkeit zur Beziehungsanbahnung antrainieren?

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Nonkonformist

Re: Kann man sich die Fähigkeit zur Beziehungsanbahnung antrainieren?

Beitrag von Nonkonformist »

Two-Tone hat geschrieben: 26 Apr 2020 17:08
Um sich den Bereich, der für ihn ein Buch mit sieben Siegeln ist, weil er ihn einfach nicht wahrnehmen KANN, zu erschließen, kann er aber nur das nutzen, was ihm zugänglich ist und das ist nun mal der analytische Verstand.
Mit dem Stichwort "analytischer Verstand" haben wir die Chance, dass uns im Nerdthread einiges klar wird.
Star Trek's Lt. Cmdr. Data bleibt für mich der beste analogie.

Er kapiert die menschliche emotionen zwar nicht, weil er für emotionales empfinden nicht entworfen ist, aber er nimmt sie trotzdem wahr, analysiert sie und versucht sie nach zu ahnen.
Mal mit weniger erfolg, mal mit mehr.
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Hoppala
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Re: Kann man sich die Fähigkeit zur Beziehungsanbahnung antrainieren?

Beitrag von Hoppala »

tenorita hat geschrieben: 26 Apr 2020 14:05
Hier muss ich dir ausnahmsweise mal widersprechen, Hoppala. Asperger ist eine neurologische Erkrankung, die beinhaltet, dass manche Fähigkeiten hervorragend vorhanden sind, andere hingegen( leider vor allem die soziale Kompetenz- eigene Gefühle werden wahrgenommen- die Übertragung auf andere und das Erkennen, wie jemand anderes sich fühlt, sind jedoch stark eingeschränkt- es fehlt jeglicher Sinn für Botschaften in der Kommunikation, außer dem reinen, rationalen Inhalt usw.) so gut wie gar nicht ( Koriander hat das oben völlig exakt beschrieben). Es geht nicht darum, dass er die soziale Kompetenz nicht lernen WILL ( z.B. weil er Angst davor hätte, wie wir das hier in manchen Fällen im Forum sehen), sondern dass er es nicht KANN, weil sein Gehirn die Fähigkeit dazu nicht hat.
Bei diesem Thema ist - anders als bei der Frage, welche Frequenzen ud Lautstärken jemand noch wahrnehmen kann - nichts schwarz-weiß und alles relativ. Auch wenn die Diagnosen am Ende in absoluten Begriffen dargestellt werden, ist es nie so eindimensional.
Wer die Möglichkeit ausschließt, verliert sie garantiert.
Und im übrigen ist es ja die Analytik und Logik selbst, die zu dem Ergebnis führen muss, dass sie es bei den in Frage stehenden Themen allein nicht richten kann.
Das mag sogar extra unangenehm sein, wenn man so auf seine Schwächen gestoßen wird. Ändert aber nix - gerade wenn man "eigentlich" auf Analyse und Logik setzt.
Nutzungsregeln: Mediale Äußerungen von Menschen ersetzen keine Begegungen. Was du hier schreibst, bist nicht du. Was ich hier schreibe, bezieht sich nicht auf dich. Nur auf deinen Beitrag. Ich schreibe meine Meinung, deren Bedeutung in deinem eigenen Ermessen liegt. Vergiss, was dir nichts nützt.
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Re: Kann man sich die Fähigkeit zur Beziehungsanbahnung antrainieren?

Beitrag von tenorita »

Hoppala hat geschrieben: 26 Apr 2020 20:09 Bei diesem Thema ist - anders als bei der Frage, welche Frequenzen ud Lautstärken jemand noch wahrnehmen kann - nichts schwarz-weiß und alles relativ.
Auch bei Frequenzen und Lautstärken gibt es unterschiedliche Ausprägungen. Das ändert aber nichts daran, dass es einen riesigen Unterschied zu dem macht, was einem Menschen zur Verfügung steht, der die Einschränkung nicht hat.
Auch wenn die Diagnosen am Ende in absoluten Begriffen dargestellt werden, ist es nie so eindimensional.
Wer die Möglichkeit ausschließt, verliert sie garantiert.
Es geht nicht drum, ob Koriander Möglichkeiten ausschließt, sondern welche Möglichkeiten er überhaupt hat. Ich schrieb ja, um sinnvolle Ratschläge geben zu können, müsste man viel mehr persönliche Informationen haben, sowas würde ich nicht öffentlich in einem Forum diskutieren wollen.
Fakt ist jedenfalls, dass Koriander die Möglichkeiten, die DIR in Bezug auf zwischenmenschliche Beziehungen zur Verfügung stehen nicht hat und auch nicht einfach erwerben kann. Wenn überhaupt, dann muss er durch andere Kanäle Zugang finden, als es dir möglich ist.
Das mag sogar extra unangenehm sein, wenn man so auf seine Schwächen gestoßen wird. Ändert aber nix - gerade wenn man "eigentlich" auf Analyse und Logik setzt.
Das klingt so, als wenn der Autist eine Wahl hätte- wir reden aber von einer angeborenen neurologischen Störung...Der Autist " setzt" nicht auf Analyse und Logik- das sind die Mittel, die ihm ganz vorrangig zur Verfügung stehen. Wenn ich keinen Löffel habe, um eine Suppe auszulöffeln, dann muss ich es mit einer Gabel probieren- was anderes bleibt mir nicht übrig...Wenn ich die Gabel in einem bestimmten Winkel halte, werde ich es wohl irgendwie hinbekommen. Den Winkel muss ich aber erst mal rausfinden. Und so elegant wie mit dem Löffel wird es wohl nie werden. Wenn ich so einen aber nicht habe, ist es nicht sehr hilfreich, wenn mir jemand sagt, ich würde viel besser einen Löffel benutzen...
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Re: Kann man sich die Fähigkeit zur Beziehungsanbahnung antrainieren?

Beitrag von Hoppala »

tenorita hat geschrieben: 26 Apr 2020 20:40 Das klingt so, als wenn der Autist eine Wahl hätte-
Nö.

Und wer meint, nur ein Mittel zur Hand zu haben, der setzt da drauf. Da brauchen wir jetzt keine Wortklauberei betreiben.
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Re: Kann man sich die Fähigkeit zur Beziehungsanbahnung antrainieren?

Beitrag von Schlomo »

Ich tue mich tierisch schwer mit deiner Art und Weise zu argumentieren Hoppala. Ich halte mich eigentlich echt nicht für doof, aber wenn ich deine Posts lese, fehlt mir komplett der Zugang. Keine Ahnung, ob du zu schlau für mich bist oder ich einfach komplett inkompatibel bin.
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Re: Kann man sich die Fähigkeit zur Beziehungsanbahnung antrainieren?

Beitrag von Two-Tone »

Schlomo hat geschrieben: 27 Apr 2020 07:46 Ich tue mich tierisch schwer mit deiner Art und Weise zu argumentieren Hoppala. Ich halte mich eigentlich echt nicht für doof, aber wenn ich deine Posts lese, fehlt mir komplett der Zugang. Keine Ahnung, ob du zu schlau für mich bist oder ich einfach komplett inkompatibel bin.
Ich vermute mal, für ihn sind Autismus oder Asperger lahme Entschuldigungen. Immerhin erkennt er diese als Krankheiten an, soll ja auch Menschen geben, die das für eine Erfindung halten, wie Depressionen oder Burn-Out.
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Re: Kann man sich die Fähigkeit zur Beziehungsanbahnung antrainieren?

Beitrag von Schlomo »

Two-Tone hat geschrieben: 27 Apr 2020 10:03
Schlomo hat geschrieben: 27 Apr 2020 07:46 Ich tue mich tierisch schwer mit deiner Art und Weise zu argumentieren Hoppala. Ich halte mich eigentlich echt nicht für doof, aber wenn ich deine Posts lese, fehlt mir komplett der Zugang. Keine Ahnung, ob du zu schlau für mich bist oder ich einfach komplett inkompatibel bin.
Ich vermute mal, für ihn sind Autismus oder Asperger lahme Entschuldigungen. Immerhin erkennt er diese als Krankheiten an, soll ja auch Menschen geben, die das für eine Erfindung halten, wie Depressionen oder Burn-Out.
Das wollte ich damit noch nicht mal sagen. Es war eher so eine grundsätzliche Sache, die mir beim Mitlesen und 1,2 mal selber argumentieren aufgefallen ist. Bei allen anderen komme ich irgendwie klar und kann nachvollziehen, was gemeint und gewollt ist. Nur bei ihm so gut wie nie. Er ist überhaupt nicht auf meiner Wellenlänge, aber das kann an mir genauso liegen wie an ihm.
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Re: Kann man sich die Fähigkeit zur Beziehungsanbahnung antrainieren?

Beitrag von Koriander »

tenorita hat geschrieben: 26 Apr 2020 14:05 Koriander, ich bin keine Autismusexpertin, aber ich denke, dass es schwierig ist, hier im Thread vernünftige Ratschläge zu geben, weil ich glaube, man müsste viel mehr über dich wissen, um da speziell für dich Empfehlungen geben zu können ( wie starkt sind deine Symptome ausgeprägt, inwieweit hast du soziale Kontakte und wie laufen die ab, wieviel Nähe kannst du ertragen, wann setzt bei dir Reizüberflutung ein, wie gut kannst du Reaktionen von anderen einschätzen usw.). Hast du denn über das Thema schon mal mit einem Psychologen, der dich kennt, gesprochen?
Laut meiner damaligen Diagnose ist die Symptomatik schwach ausgeprägt. Was genau das bedeutet, weiß ich aber nicht. Schließlich kann die Stärke der einzelnen Symptome auch unterschiedlich sein. Ich müsste mal meine Eltern fragen, ob sie die Unterlagen mit dem Befund noch haben.
Aus meiner Erinnerung weiß ich aber noch, dass ich früher eine Reihe von Symptomen hatte: Ich habe als Kind fast nur in Fakten gesprochen und deswegen hielten mich viele für besserwisserisch und überheblich und empfanden das auch als nervig. Dazu kam noch, dass ich kein Gefühl dafür hatte, was anderen Menschen unangenehm sein könnte. Daher habe ich versehentlich oft was unangebrachtes gesagt oder gar Menschen bloßgestellt. Häufig wurden in meine Feststellungen auch Wertungen hinein interpretiert, obwohl ich das gar nicht so gemeint habe.
Das ist inzwischen wesentlich besser geworden. Ich überlege immer gut, ob ein Fakt, den ich gerade in meinem Kopf habe, mein Gegenüber überhaupt interessieren könnte oder ob das, was ich sagen will, in unserer Gesellschaft vielleicht als was negatives aufgefasst werden könnte. Ich versuche bewusst, auch mal zu beschreiben, wie ich mich fühle und frage mein Gegenüber explizit danach, wie es ihm/ihr geht. Und das ist nicht nur, um normal zu wirken. Mich interessiert ja tatsächlich, wie es meinem Gegenüber geht. Ich wusste früher nur nicht so recht, wie ich an diese Information kommen soll. Anderen Menschen gelingt das schließlich, ohne dass sie groß darüber nachdenken müssen.
Und ich versuche bewusst, auch mal Menschen mitzuteilen, was ich an ihnen mag und schätze.
Ich bemühe mich um höfliche Floskeln und darum, unseren gesellschaftlichen Konventionen und Protokollen zu folgen.
Und wenn die Gesprächsthemen ausgehen, spreche ich oft über das Wetter (auch wenn ich Smalltalk eigentlich furchtbar finde) oder was ich kürzlich in den Nachrichten gelesen habe. Das bietet oft eine gute Überleitung zu anderen Themen und hat mich schon oft vor peinlichem Schweigen gerettet.
Perfekt funktioniert das nicht, mir passieren immer wieder mal Fehler. Ein Kumpel von mir war wegen einem Fehler auch mal richtig sauer auf mich. Nur leider habe ich es gar nicht gemerkt, dass er sauer war und schon gar nicht warum. Er musste mir das erst detailliert in Worten erklären, was denn los ist, bis ich es verstanden habe.
Interessanterweise passiert es mir hin und wieder auch, dass ich eine Feststellung äußere und mein Gegenüber das als Kompliment auffasst, obwohl ich das gar nicht so meine. Aber ich sehe keinen Bedarf, daran was zu ändern. Schließlich freut sich mein Gegenüber über das Kompliment und ich verschweige, dass das gar nicht als Kompliment gemeint war.
Durch meine antrainierten Angewohnheiten führe ich ein sehr typisches Studentenleben. Ich hänge viel mit Leuten rum, die ich von der Uni kenne und mit meiner WG. Mit denen gehe ich auch öfter mal was trinken oder hin und wieder auf Partys. Ich habe auch ein paar sehr enge, vertraute Freunde, muss allerdings sagen, dass ich ihnen nicht ganz so nahe stehe, wie ich gerne würde, da es mir einfach schwerfällt, mich vollständig zu öffnen. Und ich muss sagen, dass es mir schwerfällt, nur zu zweit mit jemandem was zu unternehmen. Soziale Interaktionen werden für mich nämlich nach einer Weile richtig anstrengend. (Das liegt vermutlich daran, dass da bei mir so viel Systematik dahinter steckt und das macht auf Dauer müde.) Bei drei oder mehr Leuten kann ich mich auch mal ausklinken und eine Weile schweigen und mich ausruhen. Aber zu zweit habe ich die ganze Zeit die volle Aufmerksamkeit meines Gegenübers und muss durchgehend "Leistung bringen".

An Umarmungen von Freunden habe ich mich inzwischen gewöhnt. Aber das ist mehr so, dass ich es über mich ergehen lasse. Nur bei engen Freunden mag ich es tatsächlich. Auch an Reizüberflutungen habe ich mich inzwischen gewöhnt. Ich brauche genügend Ruhephasen dazwischen, aber ich komme damit klar.

Was Reaktionen von anderen einschätzen betrifft: Wenn es offensichtlich ist, dann gelingt mir das schon. (So als ganz extremes Beispiel: Wenn jemand weint, dann ist mir natürlich klar, dass die Person traurig oder verletzt ist.) Subtile Dinge nehme ich aber so gut wie gar nicht wahr. So als Beispiel: Vor knapp zwei Jahren war mal eine aus meinem Umfeld in mich verliebt und mein gesamtes Umfeld wusste es vor mir. Und zwar nicht, weil es rumerzählt wurde, sondern allein wegen ihrer Verhaltensweise. Gegen später kam mir dann zwar der Verdacht, aber ich hatte zu wenig Anhaltspunkte, um mir wirklich sicher zu sein. Erst als sie es mir gestanden hat, war ich überzeugt. Ich hab dann mal mit einem guten Freund darüber geredet und er meinte, dass das schon seit Monaten offensichtlich gewesen sei. (Falls das an diesem Punkt jemandem unklar sein sollte: Ich habe ihr Interesse leider nicht erwidern können.)
Und auch sonst bin ich häufig sehr überrascht davon, wenn ich z. B. erfahre, dass jemand in letzter Zeit unglücklich ist oder wenn es ein neues Paar in meinem näheren Umfeld gibt. Denn die anderen sehen da immer schon die subtilen Vorankündigungen. Ich erfahre es erst, wenn es jemand mir erzählt.

Das obige sollte nur als ein Auszug betrachtet werden. Die gesamte Problematik ist viel zu umfangreich, um das mal schnell in einen Post zu schreiben.

Mit einem Psychologen habe ich schon lange nicht mehr gesprochen, habe aber in letzter Zeit durchaus mal darüber nachgedacht. Nur leider gibt es in meiner Stadt keinen Experten für Asperger Autismus. Ich müsste also entweder für jede Sitzung in eine andere Stadt oder aber mit jemandem sprechen, der kein Experte auf diesem Gebiet ist. Und die Wartezeiten sind bekanntlich auch lang.
Hoppala hat geschrieben: 26 Apr 2020 20:09 Bei diesem Thema ist - anders als bei der Frage, welche Frequenzen ud Lautstärken jemand noch wahrnehmen kann - nichts schwarz-weiß und alles relativ. Auch wenn die Diagnosen am Ende in absoluten Begriffen dargestellt werden, ist es nie so eindimensional.
Wer die Möglichkeit ausschließt, verliert sie garantiert.
Und im übrigen ist es ja die Analytik und Logik selbst, die zu dem Ergebnis führen muss, dass sie es bei den in Frage stehenden Themen allein nicht richten kann.
Das mag sogar extra unangenehm sein, wenn man so auf seine Schwächen gestoßen wird. Ändert aber nix - gerade wenn man "eigentlich" auf Analyse und Logik setzt.
Mir ist natürlich klar, dass soziale Intelligenz ein besseres Mittel wäre, aber diese ist bei mir eben stark eingeschränkt. Und das ist nicht eine Frage meiner Überzeugungen oder dass ich ein eigentlich vorhandenes Mittel nicht sehen würde, sondern das wurde mir psychiatrisch diagnostiziert. Und natürlich kann sich ein Psychiater auch mal irren, aber das halte ich doch eher für unwahrscheinlich. Schließlich habe ich ja mein gesamtes Leben mit den typischen Problemen zu kämpfen gehabt, sowohl vor als auch nach der Diagnose.
Asperger Autismus gilt als unheilbar. Man kann nur eine Verhaltenstherapie machen und was man da letztendlich tut, ist über Verhaltensmuster sprechen und diese analysieren, so dass der Betroffene sich seinem Verhalten bewusst wird und gezielt einlenken kann, um mehr der sozialen Norm zu entsprechen. Das ist ja gerade widersprüchlich zum intuitiven Verhalten und eben auch ein analytischer Ansatz.

Und selbst wenn du recht hast und es einen Weg gibt, tausende von Experten auf diesem Fachgebiet weltweit sowie alle Betroffenen haben über Jahrzehnte hinweg den Weg nicht finden können. Warum sollte es mir als Laie plötzlich gelingen?
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Re: Kann man sich die Fähigkeit zur Beziehungsanbahnung antrainieren?

Beitrag von soukous »

Koriander hat geschrieben: 24 Apr 2020 11:28 Die Beziehungsanbahnung hingegen findet vorwiegend in Zweisamkeit statt und entzieht sich meiner Beobachtung. [...] Gibt es da vielleicht ein paar gute Bücher, die die Beziehungsanbahnung gut dokumentieren und analysieren? Und damit meine ich nicht PUA-Bücher, sondern Bücher, die auf wissenschaftlich fundierten Beobachtungen und Studien von Psychologen beruhen.
Die Psychologen haben genau das gleiche Problem wie du: Sie sind gehalten, Experimente unter Laborbedingungen durchzuführen und da sich die reale Beziehungsanbahnung im richtigen Leben abspielt, lässt sich diese nicht beobachten.

Warum muss es unbedingt wissenschaftliche Literatur sein, um Beziehungsanbahnung zu lernen? Du hast es als Nicht-Wissenschaftler doch auch geschafft, durch Beobachtung die soziale Interaktion zu erlernen. Von daher könntest du den Menschen, die es mehrfach hinbekommen haben, eine Liebesbeziehung einzugehen, durchaus zugestehen, dass sie über retrospektive Beobachtung und Analyse zu brauchbaren Ergebnissen kommen können.

Auf dem Buchmarkt gibt es so viele Flirtratgeber. Schau dir an, was die zu bieten haben. Einige Leute - mich eingeschlossen - haben übrigens mit der Dr. Sommer-Rubrik auf der Bravo-Website gute Erfahrungen gemacht, weil dort den Teenies, die von all dem noch keine Ahnung haben, alles haarklein erklärt wird.

Ich meine, dass das Thema "Wie komme ich von Bekanntschaft zu Liebschaft" erst kürzlich im AB-Treff in einem Thread behandelt wurde. Quintessenz war: Wenn du mit einer Frau in sozialen Situationen vergleichsweise lange Gespräche führen kannst, dann kannst du sie fragen, ob sie Lust hätte, dieses oder jenes mit dir zusammen zu unternehmen. Das ist der erste Schritt, auf den nach gegenseitiger Akzeptanz weitere folgen können.
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Re: Kann man sich die Fähigkeit zur Beziehungsanbahnung antrainieren?

Beitrag von Hoppala »

Koriander hat geschrieben: 27 Apr 2020 12:36 Mir ist natürlich klar, dass soziale Intelligenz ein besseres Mittel wäre, aber diese ist bei mir eben stark eingeschränkt. Und das ist nicht eine Frage meiner Überzeugungen oder dass ich ein eigentlich vorhandenes Mittel nicht sehen würde, sondern das wurde mir psychiatrisch diagnostiziert. Und natürlich kann sich ein Psychiater auch mal irren, aber das halte ich doch eher für unwahrscheinlich. Schließlich habe ich ja mein gesamtes Leben mit den typischen Problemen zu kämpfen gehabt, sowohl vor als auch nach der Diagnose.
Asperger Autismus gilt als unheilbar. Man kann nur eine Verhaltenstherapie machen und was man da letztendlich tut, ist über Verhaltensmuster sprechen und diese analysieren, so dass der Betroffene sich seinem Verhalten bewusst wird und gezielt einlenken kann, um mehr der sozialen Norm zu entsprechen. Das ist ja gerade widersprüchlich zum intuitiven Verhalten und eben auch ein analytischer Ansatz.

Und selbst wenn du recht hast und es einen Weg gibt, tausende von Experten auf diesem Fachgebiet weltweit sowie alle Betroffenen haben über Jahrzehnte hinweg den Weg nicht finden können. Warum sollte es mir als Laie plötzlich gelingen?
Genau das meine ich. Ich sehe nur auch die andere Seite der Medaille.
"stark eingeschränkt" = da ist was vorhanden. Vielleicht wenig, aber ein Ausgangspunkt. Wenn man dann noch meint, dass dieses Wenige, ausgebaut, am Ende bessere Möglichkeiten bieten könnte als der Behelfsumweg ...
Psychologische Diagnosen sind nie 100%. Es gab schon Fälle, da haben 5 Psychologen 5 Diagnosen gegeben. So eine Siagnose gibt immer nur eine Tendenz, ist eine Momentaufnahme, und sowohl beim Doagnostzierten als auch von Seiten des Diagnostizierenden veränderlich. Grautöne können teils ganz schon flächig grau sein. Offizielle Diagnosen hingegen müssen, zum Beispiel um Kassenleistungen zu erhalten, dann in klaren Farben gemalt sein. Da du selbst sagst, eine Tendenz dazu zu haben, dich an Fakten festzuhalten: die Fakten so einer Diagnose sind oft anderen Umständen geschuldet als deinem medizinischen Zustand. Psyche ist nicht wie ein gebrochenes Bein diagnostizierbar. Fakten sind hier (auch) Auslegungssache. Eher als Tendenzen zu verstehen.
Du sagst selbst, dass deine Symptome in deiner Wahrnehmng unterschiedlich snd, im Verlauf der Zeit. Allein schon, dass du dir ein Stück weit Sozialverhalten antrainiert hast, verändert deine Wahrnehmung. Auch das Hirn wird trainiert. Du bist kein Laie. Du bist dein eigener bester Experte. Das heißt ja nicht, dass am Ende "alles normal" ist.
Ich lege nur nahe, dass man Eigenschaften, die man als wertvoll erkennt, nicht nur deshalb aufgeben sollte, weil sie (noch?) nur wenig beitragen.
Ich sehe das immer wieder (und auch an mir): irgendwann ist man so gewöhnt daran, dass man was "nicht kann", dass man zu einem späteren Zeitpnkt, in einer anderen Situation, gar nicht auf den Gedanken kommt, dass man es von diesem Ausgangspunkt aus vielleicht doch hinbekommt. Ist vielleicht ein bisschen ähnlich wie Essensvorlieben: "Das hab ich noch nie gemocht". Bis man 20 Jahre später doch mal ein bisschen probiert. "oh, doch gar nicht so übel".
Veränderung findet statt.


Nebenbei: Verhaltenstherapie gibt Instrumente mit. Diese Instrumente sollen aber nicht - idealerweise - ein Leben lang deine Krücke sein, sondern auch helfen, eine neue, persönlich bessere Intuitiuon zu entwickeln. Auch Intuition verändert sich. Ist trainierbar. Von daher ist eine gute Verhaltenstherapie nicht widersprüchlich zum intuitiven Ansatz. Sie verhält sich wie eine Schiene beim Knochenbruch. Dass man sie braucht, ist nicht widersprüchlich dazu, dass du am Ende ohne Laufen können sollst. So gut wie möglich. Nur darum geht's: so gut wie möglich, Und dabei Ressourcen nicht abschreiben, nur weil sie mal nicht einsetzbar, sinnvoll, möglich waren.


Und du merkst vielleicht: dies ist von vorn bis hinten eine rationale Herleitung. Mit einem Ergebnis, das ins "Iirrationale" weist.

Im übrigen haben alle Menschen "Intuition" (mit wenige Ausnahmen, bei besonderen schweren Hirnschädigungen). Wir könnten sonst gar nicht leben. Dokumentierte Fälle mit genannten Hirnverletzungen haben früher oder später schwer selbstschädigendes Verhalten gezeigt.

Der Körper kann das also. Was unterschiedlich ist, ist, ob und wie man die selbst wahrnimmt, verarbeitet, ins Denken nd Handeln einfließen lässt. Technisch gesehen eine Frage der Signalweiterleitung und bewussten -verarbeitung.
Und natürlich ist auch die Außenwahrnehmung individuell unterschiedlich. Das spielt mit rein. Ist aber halt auch nicht unveränderlich - ohne dass jeder nun alles erreichen könnte.

"Ach das klappt eh nicht" ist nur situativ ein sinnvoller Gedanke.
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