Noch schlimmer ist es, wenn man eben nicht zu spät geboren ist und 25 Jahre zu spät erfährt, daß man damals eigentlich ein Frauenschwarm hätte sein müssen oder tatsächlich war.eiertanz hat geschrieben: ↑27 Jul 2020 12:22 Und dann stellst du fest, dass du alle Anforderungen der U35-Frauen in den 90ern erfüllst und daher 1995 massenweise Frauen hättest abschleppen können, wärst du da schon in dem richtigen Alter, aber stellst fest, dass du davon nichts hast, weil du zu spät geboren bist.
Das Problem ist, daß Tenorita einen Beißreflex bekommen hat, weil sie unsere Posts als Diskriminierung von Frauen sieht, die älter sind, als wir jeweils sind. Auch sie scheint zu denen zu gehören, die fast ausschließlich zwischen den Zeilen lesen und den sachlichen Inhalt der Wortlaute der Posts nahezu gänzlich ignorieren.
Ich wollte einzig die kulturellen Diskrepanzen zwischen den Generationen hervorheben, die das Hineinversetzen in andere Kulturen erschweren. Und das funktioniert mit beiderlei Geschlechtern.
Stellen wir uns einmal folgenden Dialog zwischen einem 46jährigen Vater und seinem 18jährigen Sohn vor.
Sohn: „Papa, wie mach’ ich die Mädels auf mich aufmerksam, daß die auf mich stehen?“
Vater: „Erstmal brauchst du ’ne coole Karre. Einen Golf Ⅱ gibt’s für billig. Den legst du tiefer, Alufelgen drauf, Endrohr für mehr Sound, dann machst du hinten schwarze Folien auf die Scheiben, dicken Subwoofer rein, und dann Scheiben runter und immer die neueste Thunderdome hören!“
Sohn: „Papa … 1992 hat angerufen, es will seine Kultur wiederhaben.“
Vater: „Was? Zu meiner Zeit hat’s funktioniert!“
Sohn: „Ja, aber deine Zeit ist seit mehr als 20 Jahren vorbei! Heute geben die Mädels keinen Fick mehr darauf, was einer für ’ne Karre fährt! Und ’n alter tiefergelegter Golf mit schwarzen Scheiben und Kirmes-Techno-Wummerbässen ist einfach nur noch asi!“
Das hat genau gar nichts damit zu tun, daß der Vater angeblich ein alter Tattergreis ist.
Der Vater gibt seinem 18jährigen Sohn Tips, die nützlich waren, als er selbst 18 war. Nur war das 1992 und nicht 2020. Vieles von dem, was 1992 als cool und attraktiv galt, ist 2020 schon lange, lange passé. (Vater: „Guns N’ Roses!“ Sohn: „Wer soll das sein?“ oder Vater: „Hier, paß auf, dann ziehst du dir ’n Nirvana-T-Shirt an und ’n offenes kariertes Flanellhemd da drüber!“ Sohn: „Geht’s noch?“)
Ein anderes Beispiel für kulturelle Diskrepanzen zwischen Geburtenjahrgängen: Skateboards. Wer in den 70ern geboren ist, kennt das Skateboard noch als Tricksportgerät. Einen Ollie zu können, war Mindestanforderung, aber es konnte eben auch jeder Skater einen Ollie machen. So ziemlich jeder hatte den Namen Powell Peralta schon einmal gehört, und fast alle trauten sich auch in Halfpipes oder auf Miniramps. Wer in den 80ern geboren ist, war früher ähnlich eingestellt, nur daß seine Ikone nicht Powell Peralta hieß, sondern Tony Hawk, und nicht Kleidung vermarktete, sondern seine Identität für Videospiele hergab.
Die nach 1995 Geborenen haben von alledem nie etwas erfahren. Sie haben das Skateboard neu entdeckt als Hipster-Fortbewegungsmittel, fahren darauf einfach nur herum und fühlen sich dabei total hip und cool. Keiner von denen hat je Namen wie Powell Peralta oder Tony Hawk gehört, und keiner von denen kann auch nur einen lumpigen Ollie oder weiß auch nur, was das ist.
Wenn jetzt ein Ex-Skater-Papa seinem Hipster-Sohn den Tip gibt, ein paar Tricks wie den Ollie zu lernen und sich mal in einen Skatepark zu begeben, um noch cooler zu sein (weil das zu seiner Zeit cool war), wird sein Sohn zum einen kein Wort von alledem verstehen und zum anderen ihn für verrückt erklären.
Neben der Zeit, in der man in einem gewissen Alter war, spielt eben auch der Ort eine Rolle, wo man aufgewachsen ist bzw. zu dem Zeitpunkt lebte. Eine moderne, pulsierende Metropole wie Frankfurt am Main eignet sich die jeweils moderne Kultur bedeutend schneller an als ein abgelegenes Bergdorf, das mehr als zwei Stunden Autofahrt vom nächsten Ort entfernt ist, der sich „Großstadt“ nennen darf, und wo man Veränderungen aller Art von vornherein kritisch gegenübersteht. Bevor alle Welt online war, dauerte alles sogar noch länger.LonesomeCoder hat geschrieben: ↑29 Jul 2020 09:06In meinem konservativen und katholischen Dorf drehen sich die Uhren langsamertenorita hat geschrieben: ↑28 Jul 2020 22:38 Also schon in der Generation MEINER Eltern wurde das Modell " Mutti ist zu Hause und Vati verdient das Geld" mindestens zur Hälfte aufgeweicht. Und ich kenne in meinem Jahrgang ( und auch einige Jahre älter) keine einzige Nur- Hausfrau...
Was du da beschreibst, war spätestens nach den 50gern vorbei...
Konkretes Beispiel: Punk. Punk kam in den USA Mitte der 70er auf. In London kam es kurz darauf an, ca. Ende der 70er. Laut Rocko Schamonis semiautobiographischem Roman Dorfpunks kam Punk in Lütjenburg, einem kleinen Dorf an der Lübecker Bucht, erst ca. 1984 an. Zu dem Zeitpunkt war Punk längst in den USA tot und in England kommerziell geworden, also eigentlich auch halb tot.