inVinoVeritas hat geschrieben: ↑19 Aug 2020 11:44Zum Thema "Mit sich selbst im Reinen sein":
Ich ganz persönlich bin sehr mit mir im Reinen, weil ich einerseits meine Schwächen kenne und voll akzeptiere, zum anderen all meine Stärken sehen kann und stolz auf diese bin.
Ich fühle mich wohl in meiner Haut, bin generell zufrieden mit meinem Leben, auch wenn es natürlich immer irgendwelche unerfüllte Wünsche gibt, denen ich nacheifere.
Ich kann Liebe annehmen und geben, für andere da sein und gleichzeitig auch mal egoistisch mein Ding durchziehen, schäme mich für nichts, kann über mich selbst lachen (z.B. wenn ich mal was Trotteliges mache).
Diese generelle innere Zufriedenheit ist denke ich mit diesem Spruch gemeint und nicht, dass man sich in jeder Hinsicht perfekt findet oder in jedem Moment seines Lebens glücklich ist.
Das ist eine anschauliche Beschreibung dessen, was "mit sich selbst im Reinen sein" überhaupt bedeuten kann. Schön, dass es für dich nicht nur Theorie ist, sondern Realität.
Ich vermute mal, da bist du eine beneidenswerte Ausnahme - besonders hier im Forum.
Mir hat der Rest deines Beitrags allerdings einen Stich versetzt. Weil ich Selbstwertprobleme habe. Wem könnte ich mich denn mit meiner tiefen, alten Traurigkeit, dem immer wiederkehrenden, hartnäckigen Gefühl der Hilflosigkeit und meinen ganzen Ängsten antun?
Genau in die Kerbe hat das, was du geschrieben hast, geschlagen.
Sich selbst voll und ganz so annehmen und akzeptieren wie man ist, das ist die Basis für ein gutes Miteinander im sozialen Kontext.
Nein, ist es nicht. Es ist hilfreich, ja, aber zumindest ist es meiner Erfahrung nach keine notwendige Bedingung. Vor allem nicht in dieser Perfektion - "voll und ganz" ist ganz schön hoch gegriffen.
Wenn man sich selbst nicht wertschätzt, sich selbst nicht liebt, wie will man da Liebe und Wertschätzung von jemand anderem voll und ganz annehmen können?
Es geht. "Voll und ganz" vielleicht nicht, aber warum auch wieder diese Anforderung?
"Mit sich im Reinen sein" ist man ja nicht entweder ganz oder gar nicht, sondern eher irgendwas dazwischen.
Aus diesem Grund und wegen gemachter Erfahrungen in der Vergangenheit, mache ich auch einen großen Bogen (im romantischen/sexuellen Kontext) um Frauen, die nicht selbstbewusst sind, die Komplexe haben, die sich mit inneren Blockaden quälen.
Ich weiß dass eine gesunde, glückliche Beziehung für mich mit solchen Frauen nicht funktioniert, dass da dann immer Drama, Eifersucht und Konflikte wären und auch der Sex ist nicht toll mit jemandem, der seinen eigenen Körper nicht mag wie er ist (weil man sich dann nicht voll und ganz fallen lassen kann).
Wenn du mit so jemandem keine Beziehung willst, ist das dein gutes Recht. Nichtsdestotrotz klingt das ziemlich mitleidlos gegenüber Menschen, die mit Selbstwertproblemen zu kämpfen haben. Die, mit anderen Worten, noch nicht soweit sind wie du. Ich kann mir kaum vorstellen, dass du da in einem anderen Kontext mehr Geduld hast.
Ich bin froh, dass es auch genug Menschen gibt, die mehr Verständnis zeigen.
Bevor das jetzt falsch rüberkommt; Ich fühle mich nicht persönlich getroffen. Mir ging es nur darum, aufzuzeigen, wie deine Aussagen aufgenommen werden können.