Anglizismen und Denglizismen

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kreisel
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Re: Anglizismen und Denglizismen

Beitrag von kreisel »

Cringe / cringy wird wohl jetzt (oder schon länger, aber erst jetzt aufgefallen) für
"zum fremdschämen" benutzt.
pink_raven

Re: Anglizismen und Denglizismen

Beitrag von pink_raven »

useless, weird und creepy habe ich auch alles schon gehört :lol:
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kreisel
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Re: Anglizismen und Denglizismen

Beitrag von kreisel »

pink_raven hat geschrieben: 10 Feb 2021 10:37 useless, weird und creepy habe ich auch alles schon gehört :lol:
Ja, Weirdo und creepy finde ich schon "halb normal". Oder strange finde ich
schon ganz normal. Useless würde ich gleich verstehen, aber fände ich noch
ungewöhnlich.
Viele Begriffe sollen wohl von den Memes in den Alltag hinein kommen.
"Memes" ist ja eigentlich auch schon so ein Wort 8-)
pink_raven

Re: Anglizismen und Denglizismen

Beitrag von pink_raven »

Ich muss sagen, ich bin manchmal ganz froh englische Begriffe nutzen zu können (ein bisschen abhängig von meinem Gegenüber, *obviously* :lol: ), da ich fast ausschließlich englische Texte lese und Filme, Serien und YouTube auf Englisch schaue. Da fällt mir manchmal tatsächlich der englische Begriff vor dem deutschen ein, oder es gibt im Deutschen kein exaktes Wort dafür. :schwitzen:

Für "creepy" fällt mir da z.B. so direkt nichts passendes ein. :gruebel: Gruselig trifft es irgendwie nicht ganz, finde ich...
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kreisel
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Re: Anglizismen und Denglizismen

Beitrag von kreisel »

pink_raven hat geschrieben: 10 Feb 2021 17:19 Da fällt mir manchmal tatsächlich der englische Begriff vor dem deutschen ein, oder es gibt im Deutschen kein exaktes Wort dafür. :schwitzen:

Für "creepy" fällt mir da z.B. so direkt nichts passendes ein. :gruebel: Gruselig trifft es irgendwie nicht ganz, finde ich...
Das stimmt, manche Worte haben im englischen eine klare Bedeutung und dann gibt
es im Deutschen gar nicht so ein Wort mit derselben Nuance. Oder man müsste es ganz lange erklären.
Creepy hat ja auch noch etwas von "sozial unangemessen", finde ich, aber das alleine auch nicht. :gruebel:
pink_raven hat geschrieben: 10 Feb 2021 17:19Ich muss sagen, ich bin manchmal ganz froh englische Begriffe nutzen zu können (ein bisschen abhängig von meinem Gegenüber, *obviously*
Manche Leute beschweren sich ja richtig, wenn man zuviele Begriffe oder Abkürzungen einbaut,
die sie nicht verstehen. Ich hab auch schon in Foren gelesen, dass verboten werden soll, Abkürzungen
oder Anglizismen zu benutzen, weil andere Leute sich darüber geärgert haben.
Ich versuche eher noch dazu zu lernen. Aber zuviele unbekannte Begriffe in einem Satz sind dann
schon irgendwie mühsam, dann ist diese Botschaft wohl nicht für mich gedacht 8-)
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Two-Tone
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Re: Anglizismen und Denglizismen

Beitrag von Two-Tone »

Le Chiffre Zéro hat geschrieben: 03 Feb 2021 22:06 Übrigens ist das auch der Hauptgrund, warum ich bis heute an der „alten Rechtschreibung“ von 1901 festhalte und die „neue Rechtschreibung“ von 1996 boykottiere: Etymologisch und per Rechtschreibung von 1901 falsche, aber fälschlicherweise häufig verwendete – oder gar an den Haaren herbeigezogene – Schreibweisen wurden nicht nur für korrekt erklärt, sondern bei der Gelegenheit wurden etymologisch korrekte Schreibweisen für falsch erklärt.
Na da musst du dich schon nochmal mehr ins Zeugs legen. Anfang des 19. Jahrhunderts gab es auch eine Rechtschreibreform. Die Rechtschreibreform von 1901 ist die etymologisch falsche, aber damals häufig verwendete Form einer noch älteren Schreibweise, in der wahrscheinlich "sein" noch mit y geschrieben wurde. Und die Liste lässt sich endlos fortsetzen, bis ins tiefe Mittelalter. Aber es ist gut, dass sich Sprache verändert, denn: Die Veränderung der Sprache bedeutet Weiterentwicklung. Modernisierung. Anpassung.
Beispiel: „Spaghetti“ ist eigentlich die korrekte italienische Schreibweise. Jetzt ist aber „Spagetti“ korrekt – und „Spaghetti“ wird als falsch erachtet. Wohlgemerkt, „Spagetti“ würde im Italienischen „ẞpadschetti“ ausgesprochen.
Skandal. Bitte die Briten und US-Amerikaner auch rügen, die unsere deutschen Wörter nutzen und falsch aussprechen.
Anderes Beispiel: „Delphin“ wird jetzt „Delfin“ geschrieben, und „Delphin“ ist falsch. Das ist deswegen idiotisch, weil vor 1996 niemand „Delfin“ geschrieben hat. Aber man mußte ja unbedingt die Schreibweisen von Fremdwörtern eindeutschen.
"Delfin" kommt aus dem Griechischen. Der korrespondierende Buchstabe "ph", das Phi, entstammt aus dem Altgriechischen und wurde zu dieser Zeit bereits zu einem F, als Ersatz zum alten Digamma. Heißt: Schon die Griechen damals hätten uns den "Delfin" gelehrt, so etwa im zweiten Jahrhundert. Siehe auch den Wikipedia-Artikel zum Buchstaben "Phi".
Hat sich offenbar bis 1996 durchgesetzt, dass wir das Altgriechisch voll cool fanden und das sehr veraltete p(h) ins Lateinische transkripiert haben. Hat also nichts mit "Eindeutschen" zu tun.
Melli

Re: Anglizismen und Denglizismen

Beitrag von Melli »

Le Chiffre Zéro hat geschrieben: 03 Feb 2021 22:06Beispiel: „Spaghetti“ ist eigentlich die korrekte italienische Schreibweise. Jetzt ist aber „Spagetti“ korrekt – und „Spaghetti“ wird als falsch erachtet. Wohlgemerkt, „Spagetti“ würde im Italienischen „ẞpadschetti“ ausgesprochen.
Die Deutschen sagen sowieso "Schbagedi" [ʃb̥ag̊ɛd̥ɪ] :lach:

Das schöne an der Reform von 1996 ist, daß sie außer für Beamte, Schüler usw. nicht mehr verbindlich ist. Abgesehen davon, daß die meisten Leute eh nicht bemerken, welche Schreibung man gerade verwendet :mrgreen: Nur "daß" vs. "dass" bleibt dann noch in den Augen hängen.

(Auch wenn etymologisch der beliebte Fehler "das" korrekt wäre. Entsprechend engl. "that".)

Für mich lohnte sich das nicht, einen VHS-Kurs zu belegen, um nochmal schreiben zu lernen :specht: Bei Papieren muß ich mir eh helfen lassen, auch in technischer Hinsicht (ich leide an fortschreitender Microsoft-Allergie :oops:). Außerdem möchten die Herausgeber ja auch noch etwas zu tun haben :cooler: Dafür reiche ich meine Beiträge auch fristgerecht ein (oder melde mich rechtzeitig krank) :tanzen2:


PS: "Absolute Beginner" ist natürlich auch ein Fall von Bedeutungsverschiebung.
AviferAureus

Re: Anglizismen und Denglizismen

Beitrag von AviferAureus »

Two-Tone hat geschrieben: 11 Feb 2021 08:00 Aber es ist gut, dass sich Sprache verändert, denn: Die Veränderung der Sprache bedeutet Weiterentwicklung. Modernisierung. Anpassung.
Veränderung ist per se neutral und vermag durchaus Nachteile mit sich zu bringen: die Unterschiede zur älteren Sprache und zu verwandten Sprache werden größer und damit die Verständnishürden größer. Dat attische Griechisch und das klassische Latein sind in ihrer Blüte und ihrer von den damaligen Rednern, Philosophen und Historikern geschaffenen Gestalt erstarrt und ermöglichten über Jahrhunderte in Byzanz und Westeuropa und auch heute die Kommunikation zwischen verstorbenen, lebenden und zukünftigen Generationen und zwischen Ländern und Kontinenten. Ganz ohne Veränderungen kommt diese Sprache natürlich auch nicht aus, wie das an das Griechische angelehnte "autocineton" oder das an das Französische angelehnte "ordinatrum" beweisen.
"Delfin" kommt aus dem Griechischen. Der korrespondierende Buchstabe "ph", das Phi, entstammt aus dem Altgriechischen und wurde zu dieser Zeit bereits zu einem F, als Ersatz zum alten Digamma. Heißt: Schon die Griechen damals hätten uns den "Delfin" gelehrt, so etwa im zweiten Jahrhundert. Siehe auch den Wikipedia-Artikel zum Buchstaben "Phi".
Hat sich offenbar bis 1996 durchgesetzt, dass wir das Altgriechisch voll cool fanden und das sehr veraltete p(h) ins Lateinische transkripiert haben. Hat also nichts mit "Eindeutschen" zu tun.
Nun weiß ja niemand, wie die Griechen sprachen und in dem Film namens "Der Vater eines Mörders" nennt der alte "Rex" eine von Sokrates besprochene Schallplatte das Wertvollste, was die Menschheit sich vorstellen könnte. Die Schulaussprache hat sich seit dem vor vor knapp 100 Jahren spielenden Film nicht sonderlich gewandelt und uns wurden die in dem Film im Dialog zwischen dem Junglehrer Dr. Kandelbinder und dem Direktor besprochenen 3 Möglichkeiten zur Aussprache von χ (chi), φ (phi), ϑ (theta) auch vorgestellt (ebenfalls von einem Junglehrer und unserem Direx) und - dies wohl im Unterschied zu damals - zur Auswahl gestellt: k-hü, p-hü, t-hü oder ch, ph, th oder eine Mixtur aus beiden Systemen ch, ph, t-hü (so wie es in Fremdwörtern aus dem Griechischen gemacht wird). Für die im Film von Dr. Kandelbinder aus sprachwissenschaftlichen Gründen favorisierte und vorstehend zuerst genannte Aussprache entschied sich bei uns in der Klasse niemand. Ich war bei der zahlenmäßig kleineren ch, ph, th-Gruppe dabei, denn dann kann man τ (ti) und ϑ (theta) auch in der Aussprache unterscheiden. Dafür fielen dann gerne - trotz aller Bemühungen und Anstrengungen - ζ (zeta) und ϑ (theta) in der Aussprache zusammen. Dass die Schülerlein in Deutschland nicht nur im Englischunterricht, sondern auch im Griechischunterricht mit dem th zu kämpfen haben (im letzteren Fall aber aus eigener freier Entscheidung), wissen wohl nur diejenigen, welche Griechisch an der Schule hatten.
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Two-Tone
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Re: Anglizismen und Denglizismen

Beitrag von Two-Tone »

AviferAureus hat geschrieben: 11 Feb 2021 19:55 Veränderung ist per se neutral und vermag durchaus Nachteile mit sich zu bringen: die Unterschiede zur älteren Sprache und zu verwandten Sprache werden größer und damit die Verständnishürden größer.
Gut, mag sein, wenn ein Mensch mehrere Jahrhunderte leben kann, dass die Unterschiede zwischen "seyn" und einer zukünftigen Version des Wortes "sein" nicht mehr erfassbar sind, oder ein gemeinsamer Vorfahre von "the" und "der". Aber so lange lebt ein Mensch nicht, als dass ihn regionale oder zeitliche Unterschiede interessieren. Sie sind historisch und etymologisch interessant, und Unterschiede lassen sich gut zurückverfolgen.

Nun weiß ja niemand, wie die Griechen sprachen und in dem Film namens "Der Vater eines Mörders" nennt der alte "Rex" eine von Sokrates besprochene Schallplatte das Wertvollste, was die Menschheit sich vorstellen könnte. Die Schulaussprache hat sich seit dem vor vor knapp 100 Jahren spielenden Film nicht sonderlich gewandelt und uns wurden die in dem Film im Dialog zwischen dem Junglehrer Dr. Kandelbinder und dem Direktor besprochenen 3 Möglichkeiten zur Aussprache von χ (chi), φ (phi), ϑ (theta) auch vorgestellt (ebenfalls von einem Junglehrer und unserem Direx) und - dies wohl im Unterschied zu damals - zur Auswahl gestellt: k-hü, p-hü, t-hü oder ch, ph, th oder eine Mixtur aus beiden Systemen ch, ph, t-hü (so wie es in Fremdwörtern aus dem Griechischen gemacht wird). Für die im Film von Dr. Kandelbinder aus sprachwissenschaftlichen Gründen favorisierte und vorstehend zuerst genannte Aussprache entschied sich bei uns in der Klasse niemand. Ich war bei der zahlenmäßig kleineren ch, ph, th-Gruppe dabei, denn dann kann man τ (ti) und ϑ (theta) auch in der Aussprache unterscheiden. Dafür fielen dann gerne - trotz aller Bemühungen und Anstrengungen - ζ (zeta) und ϑ (theta) in der Aussprache zusammen. Dass die Schülerlein in Deutschland nicht nur im Englischunterricht, sondern auch im Griechischunterricht mit dem th zu kämpfen haben (im letzteren Fall aber aus eigener freier Entscheidung), wissen wohl nur diejenigen, welche Griechisch an der Schule hatten.
Nun alles interessant, aber hat jetzt nichts damit zu tun, dass Sprachen eingedeutscht werden sollen, welcher als Vorwurf in den Raum stand. Eher habe ich aufzeigen wollen, dass wir mit der neuen Rechtschreibung sogar den Urzustand geschafft haben. Zumindest wenn wir nach dem 2. Jahrhundert ausgehen. Soll der Vorwurf "Eindeutschung" weiterhin vorhanden sein, so ist es unnötig, den "Delphin" beizubehalten, da der Ursprung des ph in einem aspiriertem p aus dem Altgriechischen liegt. Beibehaltung nach der alten Rechtschreibung in Kombination mit dem Argument "man will doch alles eindeutschen" würde bedeuten, der Deutsche verwendet in seiner modernen Sprache ein aspiriertes p. Im der hochdeutschen Aussprache hauchen wir unser p zwar aus, doch im Gegensatz zum Griechischen ist eine Aspiration nicht notwendig zur Differenzierung von Wörtern.
Melli

Re: Anglizismen und Denglizismen

Beitrag von Melli »

[+] Exkurs
Man kann frühere Lautungen doch oft ganz gut erschließen, etwa durch Lehnwörter oder auch Fehlschreibungen.

Schulaussprachen sind halt genau das 🤷🏾‍♀️ Man kann sogar Tonakzente sprechen statt "schlagen" :shock: Ich hatte sogar mal mit einer heute gesprochenen Sprache mit ebensolchen zu tun. Da haben die Leute auch nicht mit den Armen in der Luft herumgefuchtelt :lach:
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LesHommes
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Re: Anglizismen und Denglizismen

Beitrag von LesHommes »

ich nutze ja mit großer Hingabe einshoppen und fraizen :mrgreen:
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Le Chiffre Zéro
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Re: Anglizismen und Denglizismen

Beitrag von Le Chiffre Zéro »

pink_raven hat geschrieben: 10 Feb 2021 17:19 Für "creepy" fällt mir da z.B. so direkt nichts passendes ein. :gruebel: Gruselig trifft es irgendwie nicht ganz, finde ich...
„Kriechig“.
Melli hat geschrieben: 11 Feb 2021 08:47 Das schöne an der Reform von 1996 ist, daß sie außer für Beamte, Schüler usw. nicht mehr verbindlich ist.
Das will ich hoffen.
Melli hat geschrieben: 11 Feb 2021 08:47 Abgesehen davon, daß die meisten Leute eh nicht bemerken, welche Schreibung man gerade verwendet :mrgreen: Nur "daß" vs. "dass" bleibt dann noch in den Augen hängen.
Bis darauf, daß da, wo es keine Korrekturleser gibt, meistens weder das eine noch das andere verwendet wird – und meistens auch kein Komma davor.
Melli hat geschrieben: 11 Feb 2021 08:47 (ich leide an fortschreitender Microsoft-Allergie :oops:)
Ich leide nicht darunter, ich genieße sie. Aber das ist OT.
← Das da sind keine Klaviertasten. Es sind Synthesizertasten. Doch, da gibt es Unterschiede.

Ich kann es euch erklären. Ich kann es aber nicht für euch verstehen. Das müßt ihr schon selbst tun.

INTJ nach Myers-Briggs
AviferAureus

Re: Anglizismen und Denglizismen

Beitrag von AviferAureus »

Two-Tone hat geschrieben: 12 Feb 2021 07:47 Gut, mag sein, wenn ein Mensch mehrere Jahrhunderte leben kann, dass die Unterschiede zwischen "seyn" und einer zukünftigen Version des Wortes "sein" nicht mehr erfassbar sind....
Auch das nur ein paar Jahrzehnte lebende Individuum kann mit einer konservativen Sprache leichter ältere Texte lesen oder leichter Texte verwandter Sprachen lesen. Je weniger Veränderungen entstehen, desto leichter wird die Wiedererkennbarkeit. Das Verb "sein" in den kontinentalgermanischen Sprachen ist für uns leichter identifizierbar als in den romanischen Sprachen. Die aus dem Verbum "sein" gebildete englisch Form "I am" hat vielleicht Ähnlichkeit mit dem griechischen "egṑ eimí", ist aber sonst nicht wiedererkennbar. Das gleichfalls zum Verb "sein" zugehörige plattdeutsche (und nur selten benutzte) "ik sün" (neben dem viel häufigeren "ik bün") hat seinen Ursprung vielleicht eher in Sprachspielereien (da auch im Plural "s" und "b" vor "-ünd" zuweilen ausgetauscht werden) als in den Tiefen der germanischen Sprachgeschichte.
Nun alles interessant, aber hat jetzt nichts damit zu tun, dass Sprachen eingedeutscht werden sollen, welcher als Vorwurf in den Raum stand. Eher habe ich aufzeigen wollen, dass wir mit der neuen Rechtschreibung sogar den Urzustand geschafft haben. Zumindest wenn wir nach dem 2. Jahrhundert ausgehen. Soll der Vorwurf "Eindeutschung" weiterhin vorhanden sein, so ist es unnötig, den "Delphin" beizubehalten, da der Ursprung des ph in einem aspiriertem p aus dem Altgriechischen liegt. Beibehaltung nach der alten Rechtschreibung in Kombination mit dem Argument "man will doch alles eindeutschen" würde bedeuten, der Deutsche verwendet in seiner modernen Sprache ein aspiriertes p. Im der hochdeutschen Aussprache hauchen wir unser p zwar aus, doch im Gegensatz zum Griechischen ist eine Aspiration nicht notwendig zur Differenzierung von Wörtern.
Aber Sprechsprache und Schriftsprache sind nicht nur Spiegelbilder in einem audiellen und einem visuellen Spiegel, in denen Grapheme und Phoneme sich wie Pixel gegenüberstehen (Lautschriften mal außen vorgelassen), sondern verfügen über jeweils ganz eigene Mitteilungsmöglichkeiten, mit denen der Sender (Sprecher, Schreiber) Informationen an die Rezipipienten (Hörer, Leser) weitergeben kann.
In der Sprechsprache sind dies etwa die Möglichkeiten der Stimme. Erinnert sei an den Malediktologen aus TKKG und der Schlangenmensch, welcher Klößchen und Karl dem Computer demonstriert, dass quasi jedes Wort mit der richtigen Intonation zu einem Schimpfwort werden kann, auch ein einfaches "du".
Im Schriftbild transportiert der "Delphin" dem Leser seine Abkunft aus dem Griechischen (was der italienische "delfino" nicht liefert) und das "Telephon" seine Nähe zur "Phonetik". Da "ph" im Deutschen als ein "Doppelbuchstabe" bzw. Buchstabenkombination einen bestimmten Lautwert wiedergibt, liegt auch kein Bedeutungsverlust gegenüber dem "Delfin" vor, abgesehen von der verringerten Erkennbarkeit der Verwandtschaft mit dem italienischen "delfino". Und zudem würde dann im Schriftbild des Deutschen das griechische Konsonantensystem zerrissen: th wäre dann ein "t" und ph ein "f" und ch ein "ch".
Zuletzt geändert von AviferAureus am 12 Feb 2021 22:29, insgesamt 1-mal geändert.
Spätzünder

Re: Anglizismen und Denglizismen

Beitrag von Spätzünder »

pink_raven hat geschrieben: 10 Feb 2021 17:19 Für "creepy" fällt mir da z.B. so direkt nichts passendes ein. :gruebel: Gruselig trifft es irgendwie nicht ganz, finde ich...
Wie wär's mit "unheimlich", "seltsam" oder "komisch", je nachdem was grad besser passt? Sind ja in Verbindung mit "ein ... Typ" schon gängige Bezeichnungen für solche Leute.
Clochard

Re: Anglizismen und Denglizismen

Beitrag von Clochard »

oder abartig, krank, verdreht... :lol:

gibt doch echt viele deutsche Wörter für creepy
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Giebenrath
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Re: Anglizismen und Denglizismen

Beitrag von Giebenrath »

Clochard hat geschrieben: 13 Feb 2021 08:49 oder abartig, krank, verdreht... :lol:

gibt doch echt viele deutsche Wörter für creepy
notgeil
Give a man a mask and he will show his true face. - Oscar Wilde
Clochard

Re: Anglizismen und Denglizismen

Beitrag von Clochard »

schwieriger wirds beim Nomen, wie übersetzt man den "creep"? :brille1:
Reinhard
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Re: Anglizismen und Denglizismen

Beitrag von Reinhard »

Einschleimen, anbiedern, sich heranmachen an ("to creep" als Verb).

Auch: einsickern, unterwandern oder durchsetzen (im Sinne von "ist durchsetzt mit"), wenn andere Dinge als Menschen gemeint sind, oder allgemeiner beim "creep into". Für Pilzbefall kann man auch "creep" verwenden.
Make love not war!
pink_raven

Re: Anglizismen und Denglizismen

Beitrag von pink_raven »

Interessante Diskussion :mrgreen:

Ich bleibe dabei creepy zu nutzen wenn ich davon ausgehen kann, dass mein Gegenüber das Wort kennt (in meinem Fall Kommilitonen und Freunde). Wenn nicht dann eher komisch, seltsam, widerlich,... je nachdem welche Nuance ich besonders hervorheben will.
AviferAureus

Re: Anglizismen und Denglizismen

Beitrag von AviferAureus »

Das Deutsche beut zum Wortstamme kriechen/to creep auch einiges an Formen und Bedeutungen:
den "Lippenauslaut" wie in to creep bietet kraufen (so wie to crouch einen "Kehlauslaut" hat) und auch die Bedeutung der feindselig lauernden Näherung: was kreuchstu hier viel, quid te hic intrudis et insidiose obversaris? (DWB XII, Sp 2206)
In den 1970ern gab es sogar einen Schlager über einen Creep bzw. Schleicher auf der Tanzfläche:
Schmidtchen Schleicher
mit den elastischen Beinen
wie er gefährlich in den Knien federn kann
Die Frauen fürchten sich und fangen an zu weinen,
doch Schmidtchen Schleicher schleicht sich immer wieder an.