Überschwemmungen im Ahrtal

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Moon
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Re: Überschwemmungen im Ahrtal

Beitrag von Moon »

Mannanna hat geschrieben: 02 Aug 2021 14:00 Laut der Liste war der Pegelstand 1804 bei 2,50m, 1910 bei 5 m und 2021 bei 7 m.
Ich glaube, das hast Du falsch gelesen. Für 1910 wird tatsächlich ein Pegelstand von 5 m angegeben. Bei 1804 steht aber:

"Der Höchststand des Hochwassers war in Antweiler 2,50 m und in Dernau 1,85 m höher als das Hochwasser von 1910."

D. h. man muss die 5 m und die 2,5 bzw. 1,85 m von 1804 addieren. Damit liegt man dann auch in der Größenordnung von 7 m.

Nach dem rekonstruierten Spitzenabfluss war das Hochwasser von 1804 wohl sogar noch heftiger als das diesjährige:

1804: 1100 m³/s
2021: 506 m³/s
Mannanna hat geschrieben: 02 Aug 2021 14:00
Das Hochwasser war ja auch in Belgien. Ist da auch die Topographie ähnlich wie an der Ahr?

Was mich beunruhigt, ist auch nicht, daß es hier und da mal eine Überschwemmung gibt, sondern das die Extrem-Ereignisse immer häufiger werden. Wieviele "Jahrhundert-Sommer" hatten wir in den letzten 20 Jahren? 5 oder 6 oder so? Wo sowas früher vielleicht nur alle 10-15 Jahre mal aufgetreten ist. Man erinnere sich an die Dürre 2018 oder an letztes Jahr mit den Feuern in Kalifornien und Australien.
Ich denke, man muss da unterscheiden zwischen den Hitze- bzw. Dürreereignissen, wo ein Zusammenhang mit dem Klimawandel mehr oder weniger auf der Hand liegt und den Hochwasserereignissen, wo der Zusammenhang weniger klar ist. Ja, Extremwetterereignisse nehmen zu, aber das bedeutet nicht, dass sich jedes Extremwetterereignis unmittelbar mit dem Klimawandel erklären lässt. Insbesondere Hochwasserkatastrophen hat es in Mitteleuropa schon immer gegeben, oder zumindest solange die Menschen solche Ereignisse niedergeschrieben haben.

Es sei hier auch an das Magdalenenhochwasser von 1342 erinnert, bei dem es in Mitteleuropa großräumig zu verheerenden Überschwemmungen gekommen ist und bei dem es wahrscheinlich durch die Wassermassen zu so viel Erosion gekommen ist wie sonst in 2000 Jahren.

https://de.wikipedia.org/wiki/Magdalenenhochwasser_1342
https://en.wikipedia.org/wiki/St._Mary_ ... %27s_flood
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Re: Überschwemmungen im Ahrtal

Beitrag von Mannanna »

Moon hat geschrieben: 02 Aug 2021 23:19
Mannanna hat geschrieben: 02 Aug 2021 14:00 Laut der Liste war der Pegelstand 1804 bei 2,50m, 1910 bei 5 m und 2021 bei 7 m.
Ich glaube, das hast Du falsch gelesen. Für 1910 wird tatsächlich ein Pegelstand von 5 m angegeben. Bei 1804 steht aber:

"Der Höchststand des Hochwassers war in Antweiler 2,50 m und in Dernau 1,85 m höher als das Hochwasser von 1910."

D. h. man muss die 5 m und die 2,5 bzw. 1,85 m von 1804 addieren. Damit liegt man dann auch in der Größenordnung von 7 m.

Nach dem rekonstruierten Spitzenabfluss war das Hochwasser von 1804 wohl sogar noch heftiger als das diesjährige:

1804: 1100 m³/s
2021: 506 m³/s
Stimmt. Sorry.

Moon hat geschrieben: 02 Aug 2021 23:19
Mannanna hat geschrieben: 02 Aug 2021 14:00
Das Hochwasser war ja auch in Belgien. Ist da auch die Topographie ähnlich wie an der Ahr?

Was mich beunruhigt, ist auch nicht, daß es hier und da mal eine Überschwemmung gibt, sondern das die Extrem-Ereignisse immer häufiger werden. Wieviele "Jahrhundert-Sommer" hatten wir in den letzten 20 Jahren? 5 oder 6 oder so? Wo sowas früher vielleicht nur alle 10-15 Jahre mal aufgetreten ist. Man erinnere sich an die Dürre 2018 oder an letztes Jahr mit den Feuern in Kalifornien und Australien.
Ich denke, man muss da unterscheiden zwischen den Hitze- bzw. Dürreereignissen, wo ein Zusammenhang mit dem Klimawandel mehr oder weniger auf der Hand liegt und den Hochwasserereignissen, wo der Zusammenhang weniger klar ist. Ja, Extremwetterereignisse nehmen zu, aber das bedeutet nicht, dass sich jedes Extremwetterereignis unmittelbar mit dem Klimawandel erklären lässt. Insbesondere Hochwasserkatastrophen hat es in Mitteleuropa schon immer gegeben, oder zumindest solange die Menschen solche Ereignisse niedergeschrieben haben.
Sehe ich anders.
Da höhere Temperaturen mehr Verdunstung mit sich bringen, sind halt auch solche Starkregenereignisse dem Klimawandel zuzurechnen. Außerdem ist der Klimawandel ja nun mal global und stetig. Da kann man nicht behaupten; "Ja, also die Hitzewelle DA und DORT und die Eisschmelze HIER und der Permafrost DAHINTEN liegen am Klimawandel, aber die Überflutungen bei uns jetzt nicht. Weil es ja Überschwemmungen auch früher schon gegeben hat."

Ohne den Einfluß des Klimawandel hätte es eben nicht 168 mm/ 3 Stunden geregnet, sondern vielleicht bloß 120. Hätte wohl auch für Überschwemmung gereicht, aber eben nicht so stark wie jetzt.
Moon hat geschrieben: 02 Aug 2021 23:19 Es sei hier auch an das Magdalenenhochwasser von 1342 erinnert, bei dem es in Mitteleuropa großräumig zu verheerenden Überschwemmungen gekommen ist und bei dem es wahrscheinlich durch die Wassermassen zu so viel Erosion gekommen ist wie sonst in 2000 Jahren.

https://de.wikipedia.org/wiki/Magdalenenhochwasser_1342
https://en.wikipedia.org/wiki/St._Mary_ ... %27s_flood
Bei diesen Ereignissen von vor hunderten Jahren weiß man aber auch nicht so recht, woran es gelegen hat. Irgendein großer Vulkanausbruch oder ein anderes quasi einmaliges Großereignis kann eben auch das Wetter mal beeinflussen. Das früheste Schilderung dürfte die biblische Sintflut sein, bei der es ja angeblich 40 Tage (?) geregnet hat... Nur ist dann eben danach auch erstmal wieder Ruhe und Normalisierung. Während derzeit die Temperaturen schon wenigstens seit 30 Jahren ganz deutlich meßbar im Durchschnitt steigen und die heutigen Extremereignisse eben "höhere Temperaturen" als gemeinsame Ursache haben. Weshalb sie halt immer häufiger werden.
Nichts auf der Welt ist so gerecht verteilt wie der Verstand. Denn jedermann ist überzeugt, daß er genug davon habe. (Descartes)

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Re: Überschwemmungen im Ahrtal

Beitrag von Moon »

Mannanna hat geschrieben: 03 Aug 2021 07:42 Sehe ich anders.
Da höhere Temperaturen mehr Verdunstung mit sich bringen, sind halt auch solche Starkregenereignisse dem Klimawandel zuzurechnen. Außerdem ist der Klimawandel ja nun mal global und stetig. Da kann man nicht behaupten; "Ja, also die Hitzewelle DA und DORT und die Eisschmelze HIER und der Permafrost DAHINTEN liegen am Klimawandel, aber die Überflutungen bei uns jetzt nicht. Weil es ja Überschwemmungen auch früher schon gegeben hat."

Ohne den Einfluß des Klimawandel hätte es eben nicht 168 mm/ 3 Stunden geregnet, sondern vielleicht bloß 120. Hätte wohl auch für Überschwemmung gereicht, aber eben nicht so stark wie jetzt.
Das klingt zwar zunächst mal plausibel, aber ich nicht sicher, ob die Daten über tatsächliche Hochwasserereignisse damit wirklich in Einklang zu bringen sind.

Wenn man sich z. B. die Liste der Hochwasserereignisse an der Ahr ansieht, sieht man eben, dass es schon seit dem Mittelalter immer wieder schwere Hochwasser gegeben hat. Da bis heute schlimmste Hochwasser, das von 1804, fand gegen Ende der sog. Kleinen Eiszeit, einer ungewöhnlich kalten Periode, die sich an das Klimaoptimum des Mittelalter anschloss, statt. Auch sonst gab es während der Kleinen Eiszeit immer wieder Hochwasserereignisse an der Ahr.

https://de.wikipedia.org/wiki/Kleine_Eiszeit

Auf der englischen Seite zum Magdalenenhochwasser ist auch eine Hauswand mit Wasserstandsmarkierungen in Hann. Münden zu sehen. Abgesehen vom Magdalenenhochwasser fanden die schlimmsten Überflutungen auch hier alle während der Kleinen Eiszeit statt.

Das ist jetzt vielleicht nicht repräsentativ, aber die vorliegenden Daten scheinen nicht wirklich auf eine positive Korrelation von höheren Temperaturen und höheren Wasserständen hinzudeuten.
Mannanna hat geschrieben: 03 Aug 2021 07:42
Moon hat geschrieben: 02 Aug 2021 23:19 Es sei hier auch an das Magdalenenhochwasser von 1342 erinnert, bei dem es in Mitteleuropa großräumig zu verheerenden Überschwemmungen gekommen ist und bei dem es wahrscheinlich durch die Wassermassen zu so viel Erosion gekommen ist wie sonst in 2000 Jahren.

https://de.wikipedia.org/wiki/Magdalenenhochwasser_1342
https://en.wikipedia.org/wiki/St._Mary_ ... %27s_flood
Bei diesen Ereignissen von vor hunderten Jahren weiß man aber auch nicht so recht, woran es gelegen hat. Irgendein großer Vulkanausbruch oder ein anderes quasi einmaliges Großereignis kann eben auch das Wetter mal beeinflussen. Das früheste Schilderung dürfte die biblische Sintflut sein, bei der es ja angeblich 40 Tage (?) geregnet hat...
Es war vermutlich eine Vb-Wetterlage, wie sie immer mal wieder vorkommt, wenn auch normalerweise nicht so extrem.

Ein großer Vulkanausbruch hätte sich eher durch einen kalten Sommer mit verminderter Sonneneinstrahlung bemerkbar gemacht, wie etwa 1816 mit dem "Jahr ohne Sommer".

https://de.wikipedia.org/wiki/Jahr_ohne_Sommer
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Re: Überschwemmungen im Ahrtal

Beitrag von Mannanna »

Moon hat geschrieben: 03 Aug 2021 18:18 Das klingt zwar zunächst mal plausibel, aber ich nicht sicher, ob die Daten über tatsächliche Hochwasserereignisse damit wirklich in Einklang zu bringen sind.
Ich finde schon. Was früher alle vielleicht alle 50 Jahre als bemerkenwertes Ereignis stattgefunden hat, gibt es jetzt alle 10 bis 20 Jahre. Es wird halt immer häufiger. https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_von ... te_note-13 (In der zweiten Liste fehlt noch das jetzige Hochwasser in China)
Moon hat geschrieben: 03 Aug 2021 18:18 Es war vermutlich eine Vb-Wetterlage, wie sie immer mal wieder vorkommt, wenn auch normalerweise nicht so extrem.

Ein großer Vulkanausbruch hätte sich eher durch einen kalten Sommer mit verminderter Sonneneinstrahlung bemerkbar gemacht, wie etwa 1816 mit dem "Jahr ohne Sommer".

https://de.wikipedia.org/wiki/Jahr_ohne_Sommer
Den Vulkanausbruch hatte ich nur als Beispiel für ein fast einmaliges "Super-Event" gemeint, das eben kurzzeitig das Wetter verändert. Bei Jahrhunderte alten Ereignissen hat man da eben nur subjektive Überlieferungen und ggf. Eis- oder Sedimentbohrkerne, aus denen man vielleicht noch was rekonstruieren kann, was die wirkliche Ursache war ("De Herr God hett uns gestrafft ob unser Sind" ist da wahrscheinlich nicht die stichhaltigste Erklärung).

Öfter wird auch genannt, daß sich der Jetstream verändert hat, was aber wohl auch eeine Folge der Erwärmung ist.

btw: Weil ich es weiter oben erwähnt habe:
https://de.nachrichten.yahoo.com/tauend ... 46028.html
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Re: Überschwemmungen im Ahrtal

Beitrag von Siegfried »

Viele der größten Schäden gehen eben auch auf die Bausünden der letzten Jahrzehnte zurück. Wenn da die Bäche und Flüsse mitten durch die Dörfer gehen und keine 10 Meter Platz mehr haben bis schon die ersten Häuser anfangen, Flussbegradigungen, versiegelte Flächen aus Bebauung und Landwirtschaft. Wo soll das Wasser da auch hin ? Und viele bleiben auch auf ihrem Schaden sitzen weil die Versicherungswirtschaft viele der besonders betroffenen Gebiete schon lange vorher als Hochrisikogebiete eingeschätzt haben wodurch viele auch keine fast unbezahlbare Hochwasserversicherung besitzen.