Hamburg89 hat geschrieben: ↑04 Nov 2023 08:01
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Ich habe gar nichts erfüllen können davon, bin bei manchem wie meinem Traumberuf knapp gescheitert und lebe jetzt nur noch vor mich hin.
Ich weiß, dass das was ich anpacke sowieso von vornherein zum Scheitern verurteilt ist und deshalb habe ich alles aufgegeben.
Du bist bei Deinem Traumberuf nur “knapp gescheitert“, aber Du wirst wissen, weshalb ein neuer Anlauf dazu nicht möglich für Dich ist. „Knappes Scheitern“ ist auch ein „knappes Daneben“, doch ich weiß, dass man resigniert, wenn dies unentwegt im Leben so ist und diese scharf verfehlte Grenze nie überwunden werden kann.
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Als ich neun Jahre alt war, stand in der Schule zum ersten Mal Sexualkunde auf dem Stundenplan. Sexualkunde war damals brandneu. Besonders neu war es, dass bereits Grundschüler darinnen geschult werden sollten. Niemand wusste in dieser ersten Zeit so recht damit umzugehen. Noch einigen Jahre zuvor waren diese Themen ein völliges Tabu vor Kindern gewesen.
Mit Sexualkunde wurden mir völlig unbekannte Geheimnisse der Biologie offenbart.
Ich aber war als Kind schockiert.
So ging das alles? Und wenn man Kinder haben wollte, dann musste man
das machen? Nein! Aus einer rein freundschaftlich eingestellten Familie kommend entschied ich, dass es dafür auch noch eine andere Möglichkeit geben musste. Das konnte doch einfach nicht des Rätsels Lösung sein! Wo ich mit meinen neun Jahren doch mich dazu entschlossen hatte, einmal Vater von zwei Kindern zu werden. Aber
so, auf
diese Art?
Später begriff ich natürlich, dass der Zeugungsakt zwangsläufig für eigene Kinder vonnöten war (die Retortenbabys waren noch kein Thema und sollen hier einmal vernachlässigt werden). Ich aber fing als Jugendlicher an, mich vor Spucke, Schweiß, Sperma, fremden Zähnen, nassen Zungen und eigengründigen Körpergerüchen zu ekeln. Und das tat ich sowohl bei mir selbst als auch bei anderen Menschen.
Dennoch verblieben lange Jahre und Jahrzehnte die Sehnsüchte nach Familie und Kindern. Ich war mein Leben lang sehr gut im Umgang mit Kindern zu nennen, zahllose Ehrenämter bis zum heutigen Tag unterstreichen das. Mit Frauen konnte ich ebenfalls sehr gut umgehen – bis zu der imaginären Grenze zwischen Freundschaft und Partnerschaft. Ich habe von vielen, vielen Menschen in meinem Leben hören dürfen, dass ich ein verflixt guter Partner und auch Vater gewesen wäre.
Heute ist die unerfüllte Sehnsucht darauf einer Erkenntnis gewichen, dass man mit Fragen des Lebens, die man offenkundig nicht ändern kann, sich arrangieren muss. Ich verbarrikadiere mich nicht im reinsten Sinne des Wortes, ich weiß aber, dass ich in meiner Seele wieder zu einem 12jährigen Jungen werden würde, wenn mir eine Frau ernsthaft Avancen machen würde.
Familie und Kinder haben sich insofern erledigt, dass ich vom Lebensalter her vielmehr Großvater einer Enkelschar sein könnte. Nun, das hätte doch auch was.
![Winken ;)](./images/smilies/abtreff/icon_wink.gif)