Konfliktstile und Abwertungen - Wie das Forum gemeinsam entwickeln?

Themen zum Diskussionsklima im AB-Treff.
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Kolinatan
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Konfliktstile und Abwertungen - Wie das Forum gemeinsam entwickeln?

Beitrag von Kolinatan »

Liebe Mitglieder,

aktuell gibt es einige Äußerungen im Forum, welche aus meiner Sicht nicht dabei helfen, eine konstruktive Diskussion zu führen. Ich werde einzelne Begriffe und Formulierungen im Spoiler am Ende meines Beitrages als Beispiele anfügen, ohne direkt zu referenzieren von wem die Äußerung getätigt wurde. Schließlich geht es mir nicht darum Einzelpersonen anzuprangern sondern ein grundsätzliches Problem zu thematisieren, vor dem ich stehe.

Mein persönliches Problem mit den zitierten Äußerungen ist, dass diese - nach meiner Bewertung - im verwendeten Kontext als Abwertung verwendet werden, entweder gegenüber der geäußerten Meinung oder auch der Person selbst. Auch wenn ich mich in einen Menschen hineinversetze und über die konsequente positive Unterstellung (KPU*) mir vorstellen kann, welche Bedürfnisse hinter dieser Äußerung stecken könnten, so löst dieses Vorgehen nicht mein Problem als Betreiber des Forums. Mein Ziel ist es das Forum zu einem Raum der lebendigen Harmonie weiterzuentwickeln.

* - Ich werde in Zukunft bevorzugt auf Begriffe aus dem Clear the Air-Kurs (CTA) zurückgreifen, da ich davon ausgehe, dass diese leichter zu verstehen sind, als Begriffe aus der Gewaltfreien Kommunikation. Auch auf die Konfliktstile - siehe Link zur lebendigen Harmonie -, werde ich im weiteren Beitrag Bezug nehmen. Daher bitte gerne einmal anschauen. Danke.

Aus meiner Sicht war vor meiner Rückkehr der vermeidende Konfliktstil vorherrschend, in welchem Mitglieder aussortiert wurden, wenn etwas nicht passt. Inzwischen hat sich dies dahingehend geändert, dass es eher auf einen konfrontativen Umgang hinausläuft, ohne jedoch wirklich etwas an der Konfliktfähigkeit geändert zu haben. Dabei werden Beiträge oft möglichst negativ interpretiert und anhand der eigenen negativen Vorstellungen und Unterstellungen, worum es dem anderen ginge, wird dann geantwortet. Die eigenen Anliegen (Ziele, Bedürfnisse) werden dabei in der Regel nicht transparent kommuniziert, sondern eher hinter Abwertungen des anderen versteckt. So wird dann gegenseitig mit ähnlichen abwertenden und unterstellenden Äußerungen fortgefahren und ein wirklicher Dialog - welchen ich so definiere, dass auf beiden Seiten zugehört wird und die Bereitschaft besteht einander verstehen zu wollen - findet nicht statt.

Da ich weiterhin davon ausgehe, dass Verwarnungen und Sperrungen nicht dazu führen, eine Verhaltensänderung zu bewirken, sondern es eher darum ginge eine Eskalation anstoßen zu müssen, werde ich bevorzugt auf die Methode setzen, einzelnen Mitgliedern die Schreibrechte für einzelne oder mehrere Unterforen zu entziehen.

Diese Beschränkungen werden in geeigneter Weise kommuniziert werden, damit transparent ist, wer sich ggf. nicht mehr am Austausch in einem bestimmten Unterforum wird beteiligen können. Es geht mir dabei nicht darum jemanden zu beschämen oder zu bestrafen, sondern meine Arbeit im Forum auf ein für mich akzeptables Maß (maximal eine Stunde pro Tag) zu reduzieren. Mir ist es wichtig meine Zeit sinnvoll zu nutzen und dies sehe ich nicht als gegeben an, wenn ich meine Zeit damit verbringe, mich in Konflikten zwischen Mitgliedern einzulesen und Maßnahmen zu ergreifen, um mit diesen Konflikten umzugehen (Meldungen bearbeiten, Ermahnen, Beiträge ganz oder teilweise entfernen, ggf. Klärung und weitere Maßnahmen). Hier wünsche ich mir mehr Eigenverantwortung und Selbstorganisation zwischen den Mitgliedern, um Konflikte selbstständig zu lösen. Gerne kann ich versuchen bei einer Konfliktklärung zu unterstützen.

Bevor ich erwäge die Schreibrechte einzuschränken, habe ich bereits zuvor mit dem jeweiligen Mitglied per PN kommuniziert. In der Regel über einen Zeitraum von mehreren Wochen. Soweit ich keine Bereitschaft erkennen kann, dass am eigenen Kommunikationsverhalten gearbeitet wird und insbesondere auf Abwertungen in Beiträgen verzichtet wird, werde ich - zukünftig kann die Aufgabe gerne von einem eigenen Kreis/Rolle in der Holokratie übernommen werden - über eine entsprechende Einschränkungen der Schreibberechtigung entscheiden. Mir geht es bei diesen Maßnahmen um mehrere Ziele: Schutz der Mitglieder vor Abwertungen, Öffnen des Austausch-Raums für persönliche Themen, Reduzierung des organisatorischen Aufwands, Änderung der Konfliktkultur Richtung lebendige Harmonie, Verringerung meiner Anwesenheitszeit im Forum.

Ich werde diese Änderung verstärkt ab Januar 2024 verwenden. Ich würde mich freuen, wenn Ihr mich aktiv dabei unterstützt, dass Abwertung in diesem Forum keinen Platz haben sollen. Einmal indem Ihr selbst Euch bemüht, in Euren Beiträgen auf Abwertung zu verzichten. Ihr könnt Eure Sichtweise, Meinung und Anliegen auch kommunizieren, ohne jemanden dabei abzuwerten. Es geht auch nicht darum, einen Konflikt nicht zu äußern. Ganz im Gegenteil, kann ein Konflikt bzw. eine Spannung direkt angesprochen werden, nur dass ihr dabei schildert was Euer Bedürfnis ist und warum ihr ein Problem mit einer Äußerung habt und nicht zu erzählen, was ihr meint, was mit dem Gesprächspartner nicht stimmen würde.

Ebenso freue ich mich über persönliche Rückmeldung, welche mir den Rücken stärkt und mich dabei unterstützt mein Ziel, dass Forum zu einem Ort eines verbindenden Miteinanders zu gestalten, in welchem Menschen mit unterschiedlichen Meinungen einen Platz haben, soweit sie bereit sind respektvoll miteinander umzugehen. Ich freue mich, wenn Ihr auf Grundlagen des Kriteriums - Keine Abwertungen bitte. - Lust habt in die Moderation einzusteigen und so den Umgang im Forum aktiver mitzugestalten. Ich alleine habe nicht die Zeit, auf jede einzelne abwertende Äußerung zu reagieren oder Beiträge zu "übersetzen" von eher wertenden und verallgemeinernden pauschalisierenden Aussagen, hin zu Bedürfnissen und Anliegen, damit es anderen Mitgliedern besser möglich ist, sich empathisch aufeinander einzulassen.

Eine weitere Unterstützungsmöglichkeit ist, wenn ihr Abwertungen als solche kenntlich macht. Indem Ihr erklärt, warum eine Äußerung oder ein Begriff bei Euch als Abwertung ankommt und nachfragt, ob dies im Sinne des Verfassers war. Nutzt hierfür auch gerne den Kommunikationskasten. Achtet bitte darauf, wenn Ihr den KK verwendet, selbst keine Abwertungen oder Vorwürfe zu formulieren. Dadurch würdet Ihr die Diskussion eher eskalieren als beruhigen. Probiert es gern einmal aus und wenn Ihr möchtet, gebe ich Euch gerne per PN Rückmeldung dazu. Lasst uns zusammen über und Fehler machen und es anschließend besser zu machen. Bis es uns gelingt so miteinander zu kommunizieren, dass gegenseitiges Verstehen und Austausch im Vordergrund steht und alle sich gerne daran beteiligen möchten. Vielen Dank.

Liebe Grüße
Kolinatan
[+] Abwertende Äußerungen in Beiträgen
Nicht jede Aussage/Wort in der Liste ist ohne Kontext als abwertende Äußerung ersichtlich und da ich bei den einzelnen Beiträgen nicht nachgefragt habe, bleibt es auch erst einmal nur meine Interpretation, dass für mich hier eine Abwertung mitschwingt. Bei manchen Aussagen mehr und bei anderen weniger. So dass diese in einem Gespräch eventuell gar nicht auffallen würden, weil der Tonfall deutlich macht, dass es anders gemeint ist (Unterschied von Abwerten zu Frotzeln zu Necken). Die nonverbalen Signale fehlen in der Schriftsprache und eine Äußerung kann so bei mehrmaligem Lesen, je nach eigener aktuellen Befindlichkeit, unterschiedlich interpretiert werden.

alberne Argumentation
beleidigt sein
Bestimmt ist mein Freudeskreis einfach nicht feministisch genug.
Es gibt viele Männer, die ihre Frauen bzw. Frauen im allgemeinen wie den letzten Dreck behandeln und weder rechts noch links sind.
grottigen Typen
Hast du die zahlreichen und oft ausführlichen Antworten in deinem eigenen Thread nicht gelesen?
homophobe Aussagen
Incel-Vibes
Kampfbegriffe von amerikanischen Republikanern
keine vernünftige Argumentation
linker Weltanschauung
Muss man euch denn alles erklären?
Pudel
schwuchteliger Schauspieler
substanzlose Redpill-Propaganda, ich nenne es eine Wahrheit
typische Woke-Bewegung-Vertreter
überdramatisiert
White Knight
widerliche Männer und widerliche Frauen

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Re: Konfliktstile und Abwertungen - Wie das Forum gemeinsam entwickeln?

Beitrag von Kolinatan »

Aufgrund einer anderen Diskussion um Männerbilder - welche aufgrund ihrer sexuellen Bezüge aktuell im Gefahrenbereich liegt - habe ich aktuell noch einen andere Aspekt für diese Diskussion. Das Thema ist Sexismus. In dem Beitrag von Frau Margrit Stamm vom 21.11.2016 sind einige Bezüge, welche ich auch für das Forum als relevant einstufe. Letztlich geistert das Thema Sexismus auch in verschiedensten Formen durchs Forum, angefangen von der Frage nach grenzverletzendem Verhalten bis zur den verallgemeinernden Aussagen über die unterschiedlichen Verhältnisse von Chancen zu Aufwand für Männer und Frauen bei der Partnersuche.

Das problematische bei den Debatten sind dabei vor allem die Verallgemeinerungen, welche sowohl Männern als auch Frauen zugeschrieben werden und Behauptungen wo diese pauschal Vor- oder Nachteile erfahren würden. Ohne Rücksicht darauf zu nehmen, dass es nicht allein am Geschlecht hängt sondern noch weitere Kriterien und Eigenschaften eine Rolle spielen. Darum führen pauschalisierte Aussagen und Verallgemeinerungen nicht zu einem konstruktiven Miteinander sondern einzelne Mitglieder bewerten die Aussagen als verletzend, weil diese ihre Realität nicht widerspiegeln. Bei ihnen kommt stattdessen an, dass ihr persönliches Problem abgewertet wird und sie trauen sich dann ggf. nicht (mehr) dieses überhaupt anzusprechen. Weil sie erleben, dass ihr Problem nicht ernst genommen wird. In der Folge verlieren wir alle, weil das Forum leerer wird. Dabei soll das Forum uns gerade dabei helfen besser miteinander und mit anderen Menschen, in Kontakt zu kommen und vielleicht sogar unsere Chance auf eine Beziehung zu verbessern.

Hier ein paar Zitate aus dem genanten Beitrag, welche mich besonders ansprechen, weil ich von einzelnen Mitgliedern dafür kritisiert wurde, dass ich nur, weil ich es kritisiere, wenn Männern pauschal die Täterrolle und Frauen pauschal die Opferrolle zugeordnet wird, ich automatisch eine Täter-Opfer-Umkehr betreiben würde und dadurch irgendwelche Handlungen verharmlosen würde. Mit geht es dabei darum aus den Stereotypen herauszukommen und statt mit der Frage von Schuld, möchte ich mich lieber damit befassen, wie und welche Rahmenbedingungen wir gemeinsam so ändern können, dass alle miteinander gut leben können.
Aber es geht mir hier vor allem um den anderen Teil des Sexismus, die sexuellen Übergriffe auf das weibliche Geschlecht. Die Debatte hierzu verläuft grundfalsch. Sie basiert auf einer massiv voranschreitenden Abwertung des Männlichen, die so alltäglich geworden ist, dass wir sie kaum noch wahrnehmen.
[...]
Wer jedoch ein Weltbild hat, in dem immer Männer die Täter sind und Frauen die Opfer, der unterliegt einer verzerrten Wahrnehmung. Ein Übergriff durch einen Mann bestätigt dann, dass Männer Sexisten seien und jede (JEDE!) Frau solche Erfahrungen mache. Folgedessen wird das Konträre – dass viele Männer keine Sexisten sind, Frauen sich aber sehr wohl sexistisch verhalten können – übersehen. In den Sozialwissenschaften bezeichnen wir dies als positivistisches Hypothesentesten, d.h., man schaut nur die Fälle an, welche die Vorannahmen bestätigen.

Männliche sexuelle Übergriffe auf Frauen sind ein No-Go. Niemand darf sie verharmlosen, als Gezeter abtun oder gar entschuldigen. Gleichwohl findet man weiblichen Sexismus, innerhalb des eigenen Geschlechts und gegenüber Männern. Deshalb ist er ebenso zur Kenntnis zu nehmen, auch wenn der männliche Sexismus deutlich gravierender ist.
[...]
In der Realität zwischen den Geschlechtern spielen Frauen oft eine undurchsichtige Rolle. Gemäss neuen Forschungsergebnissen ist ihre Ansicht, was Männer begehrenswert macht, noch genau die gleiche wie vor fünfzig Jahren. Ein echter Mann hat ein hohes Einkommen, er ist mutig, verantwortungsvoll, sexuell aktiv – und er kann eine Frau erobern. Andererseits soll er zarter, sensibler und weniger aggressiv sein. Nur wollen Frauen dann solche verweiblichten Männer gar nicht heiraten. Frauenversteher sind zwar ganz nett, aber doch eher nur in Ausnahmefällen.

Auszüge aus dem Beitrag "Bankrott der Männlichkeit?" vom 21.11.2026 von Margit Stamm.

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