Serendipity hat geschrieben:BartS hat geschrieben:Wenn der Zeitpunkt wirklich egal ist, was sagst Du bei einem Mann, der Dir auf den ersten Blick gefällt und Dich fragt "Ey, ficken?".
Ganz klar, die Antwort lautet: Nein!
Und egal was dieser Mann in der Folgezeit noch anstellen oder sagen würde, ich hätte kein Interesse mehr an ihm. Im Gegenteil, eigentlich kommt sofort ein Anflug von Ekel hoch, egal wie sehr er mir auf den Blick vielleicht noch gefallen hat. Mit dieser einen Bemerkung hat sich bei mir so sehr ins Aus geschossen, dass er in meinen Augen nie mehr der Richtige für mich sein wird.
Siehst Du mal. Und jetzt stelle Dir vor, dieser Mann hätte es nicht gesagt, ihr hättet euch kennen und weiter lieben gelernt. Du hättest seinen etwas schrägen Humor schätzen gelernt, der ihn dazu verleitet, in einer intimen Situation zu sagen "Ey, ficken?" und hättet darüber gelacht und es gemacht.
Aussagen und Handlungen interpretieren wir je nach Zeitpunkt völlig anders. Ein "Ey ficken" am Anfang als ersten Eindruck bringt ihn in eine Schublade, in die er nicht mehr heraus kommt. Wenn man aber eine Person lange kennt, dann wissen wir seinen zotenhaften Ausspruch völlig anders einzuschätzen und empfinden da auch keinen Ekel davor.
Serendipity hat geschrieben:
Denn es gibt einen himmelweiten Unterschied zwischen dem optischen Gefallen und dem damit verbundenen Wunsch diese Person kennenlernen zu wollen und der Feststellung, dass dies der richtige Mensch ist um diesen (noch) näher und intensiver kennenlernen zu wollen.
Dann stellt sich doch die Frage, wie schafft jemand es zum ersten zum zweiten Punkt. Am Anfang ist (praktisch) niemand der richtige Mensch. Entsprechend kann man am Anfang auch vieles falsch machen. Und entsprechend kann ein überschnelles Tempo vieles zerstören, wenn man es nicht abschaltet. Oder ein zu langsames Tempo kann auch falsch sein (was auch in NBUCs Aussage steckt).
Serendipity hat geschrieben:
Um bei deinem Beispiel zu bleiben, gehört da auch der Umgang mit körperlicher Intimität dazu. Es gibt Menschen die können und wollen damit offen und auch zügig mit umgehen. Für diese Menschen ist es wichtig, dass sie auf einen Menschen treffen, der ebenso freizügig wie sie selbst damit umgeht. Treffen sie auf einen Menschen, der für Intimität Zeit braucht, sich zurückhaltend und defensiv verhält. Dann wird unweigerlich der Schluss gezogen: Wir sind in Sachen Intimität => Sex => sexuelles Verlangen => sexuelle Praktiken => ... nicht kompatibel. Hat Intimität und Sex für diese Person in einer Beziehung nämlich einen hohen Stellenwert, wird er diesbezüglich keine Kompromisse eingehen wollen.
Und dann als dritte Gruppe gibt es Menschen, denen ist der Umgang mit körperlicher Intimität wichtig, aber sie können damit einige Dates warten und sich auf den anderen einstellen. Weil sie wissen, dass körperliche Zurückhaltung bei den ersten Treffen und ein langsames Auftauen kein Zeichen von sexuellem Desinteresse ist, sondern die Person erst mit jemanden warm werden muss, um auch körperlich intimer zu werden. Diese Bereitschaft der Anpassungsfähigkeit ist glaube ich wirklich von Vorteil bei der Partnersuche, hat aber auch Grenzen. Zum Beispiel eine Tanzpartnerin von mir ist körperlich nicht zurückhaltend, sie fand es aber echt abturnend, dass die allermeisten Männer bei einer Datingplattform nach dem 2.Date mit ihr ins Bett wollten, damit sie sagen konnten, wie es weiter geht. Auf der anderen Seite hatte sie einen Menschen gefunden, den sie als sehr liebenswert empfand, der aber aus eigener religiöser Ansicht keinen Sex vor der Ehe wollte. So lange wollte sie auch nicht warten.
Alles was dazwischen lag, wäre meine Tanzpartnerin damals kompromissbereit gewesen. Völlig unflexibel waren aber die Typen, die entweder bis zur Ehe warten wollten oder beim 2.Date Sex brauchten.
Serendipity hat geschrieben:
Warum auch? Warum sollte er seinen Wunsch nach schneller Intimität zurückstellen und sich dem Tempo des anderen anpassen, wenn es da draussen genügend andere Menschen gibt, die diesen Punkt genauso betrachten wie er und das gleiche Tempo anschlagen?
Wenn es angeblich so viele andere Menschen gibt, die dasselbe Tempo gehen, warum suchen die dann dauernd? Vielleicht weil zu einer Beziehung noch mehr dazu gehört, als dasselbe Tempo zu gehen? Ein ähnliches Tempo zu gehen, ist eine notwendige, aber keine hinreichende Bedingung für eine Beziehung. Und um nochmal auf Deine Frage zurückzukommen, warum sollten sie warten? Weil man dann einem Menschen näher kommt, zu denen man auch sonst viele Gemeinsamkeiten hat.
Serendipity hat geschrieben:
Stattdessen könnte doch auch die eher zurückhaltende Person ihre Zurückhaltung aufgeben und sich dem schnelleren Tempo des anderen annähern.
Ich würde mal sagen, es ist wesentlich einfacher mal auf Sex zu verzichten als Sex mit jemanden zu haben, zu dem man noch nicht genügend Vertrauen hat.
Serendipity hat geschrieben:Aber auch dies wird keiner ernsthaft verlangen. Denn irgendwo gibt es einen Menschen, der genau das gleiche langsame Tempo geht.
Jetzt wird es langsam unlogisch. Wir sprachen davon, dass es Menschen gibt, die ein schnelles Tempo haben und solche die ein langsames haben. Wenn Menschen mit schnellen Tempo zueinander passen, dann doch wohl auch Menschen mit langsamen Tempo. Und nochmal, eine Beziehung ist ein Ausgleich von Anpassung und Autonomie. Wer eines von beiden nicht hat oder zulassen will, wird früher oder später scheitern.
Serendipity hat geschrieben:
Was du anscheinend nicht wahrhaben möchtest ist, das es darum geht den Menschen zu finden mit dem man harmonisiert ohne das einer von beiden sein Wesen und seinen Charakter drastisch anpassen oder gar ändern muss.
Sorry, aber ohne Änderung wird es nicht gehen. Oder willst Du sagen, Du musstet in Deinen Beziehungen überhaupt nichts an Deinen Verhaltensweisen ändern? Es geht auch nicht um Charakteränderung, aber um Verändern von Verhaltensweisen.
Serendipity hat geschrieben:
Es geht nicht darum, dass jemand so flexibel und zu allen Seiten biegsam ist, dass er dadurch fast sich selbst aufgibt nur um evtl. höhere Chancen in der Beziehungsanbahnung zubekommen. Denn dieser Art der Flexibilität kann kein Mensch auf Dauer standhalten, sondern er wird irgendwann (vielleicht auch erst in einer Beziehung) brechen und sein wahres Wesen mit allen Wünschen und Hoffnungen kommt wieder zum Vorschein.
Sorry, aber wer verlangt denn das? Muss sich jemand bis zur Selbstaufgabe verbiegen, wenn er beim 2.Date keinen Sex bekommt, sondern einfach andere Schritte der Annäherung startet und es vielleicht erst beim 4. oder 5.Treffen passiert? Ich finde, wer dazu nicht mal in der Lage ist, ist geistig ziemlich starr und festgefahren.