Ich denke, das ist die eigentliche Belohnung, dass man damit leben kann, wie man mit der Pflegebedürftigkeit der Angehörigen umgegangen ist.
Ich habe damals meine Oma aus dem Altersheim geholt - gegen den Willen meiner Eltern. Meiner Oma war von einer Kurzzeitpflege im Altersheim unter dubiosen Umständen als Notfall ins Krankenhaus gekommen, von dort aus wieder ins selbe Altersheim in eine dauerhafte Pflege. Ich ging jeden Tag hin und bekam mit, dass sie nicht ausreichend zu trinken bekam und infolgedessen völlig verwirrt war - vielleicht waren es auch irgendwelche Medikamente, die das noch verstärkten. Irgendwann entdeckte ich ein Präperat namens Dipiperon, das versehentlich auf ihrem Nachttisch vergessen wurde, angeblich bekam es die Zimmernachbarin. Nach einem Besuch bei einem externen Arzt riet der mir, sie schnellstmöglich aus dem Heim zu holen, weil sie in einem gesundheitlich sehr, sehr schlechten Zustand war. Der für das Altersheim standartmäßig gerufene Arzt hatte das wohl nicht wahrgenommen - oder sie nie zu Gesicht bekommen.
Sie ist bei mir zu Hause gestorben - Jahre später, beim Lesen eines Buches. Auch ich durfte sie nach ihrem Tod waschen und anziehen, was für mich ein sehr intensiver, aber auch sehr guter Abschied von ihr war. Wieder Jahre später gab es einen Prozess gegen Pflegepersonal der Einrichtung, der mit mehreren Verurteilungen endete. Heute bin ich sehr froh, dass ich damals mit meiner Oma den Arzt aufgesucht und seinen Rat befolgt habe. Aber es hat auch viel Verzicht bedeutet, gerade was Familie und Beziehung angeht. Ich denke, es muss jeder selbst entscheiden, was das Richtige für ihn ist.