LonesomeCoder hat geschrieben: ↑19 Aug 2018 16:36
Ja, im Unterbewusstsein, was ich gern als "Reptilienhirnteil" von gesamten Hirn bezeichne, gibts keine Kondome und auch nicht das Wissen drüber, dass es schon mehr Menschen auf dem Planeten gibt, als dieser dauerhaft verkraften kann. Auch die Kriterien zur Partnerwahl kommen bei vielen von daher.
Jeder sollte seine Sexualität so gestalten, wie er oder sie will. Für mich persönlich macht Monogamie im Kondomzeitalter nur mehr Sinn, wenn Kinder da sind. Sonst finde ich keinen logischen Grund dafür, warum Liebe und Sexualität eine 1:1 Beziehung zwischen zwei Menschen sein muss und keine M:N-Relation sein darf. Der Vorteil von Polygamie wäre, dass ein Partner nicht mehr alles bieten muss und damit die Anforderungen sinken. Es steht jedem frei, das anders zu sehen und meine Sichtweise nicht gut zu finden. Ich bin da keinem böse. Ich wäre für "freie Liebe".
Aber was ist der Grund, warum es keine Konkurrenz geben darf? Warum Exklusivrechte gefordert werden?
Es gibt zwar ein unbewusst wirksames evolutionäres Erbe auf Reptilienniveau. Du übersiehst, dass es aber auch noch ein unbewusst wirksames evolutionäres Erbe aus der Säugetierentwicklung und aus der Entwicklung der MENSCHHEIT gibt. Darum setzt du Unterbewusstsein mit "Reptilienhirnteil" gleich. Die evolutionäre Psychologie ist um einiges komplexer als das. Ich schlage vor, dass du dich da einliest - falls es dich wirklich interessiert. Deine Sichtweise ist sehr unvollständig. Aber von "nicht gut" habe ich nicht geschrieben. Auch dein Wunschdenken von "freier Liebe" und "Polygamie" bewerte ich nicht. Ich schätze nur die Wahrscheinlichkeit der Wunscherfüllung als gering ein.
In unserem evolutionären Erbe ist eben nicht nur das Paaren um jeden Preis vorhanden, sondern auch der Wunsch, sich mit den Partnern zu paaren, die so aussehen und sich so verhalten, als würden daraus gesunde, starke und wieder fortpflanzungsfähige Kinder entstehen. Und es ist der Wunsch da, sich mit zuverlässigen Partnern zu binden. Diese genetisch angelegten Programme sind gelegentlich im Widerspruch und im Wettstreit zu einander, aber sie sind vorhanden.
Der Wunsch, sich mit zuverlässigen Partnern zu binden ist vorhanden, weil eine zuverlässige gemeinsame Elternschaft in der Entwicklungsgeschichte der Menschheit einen enormen Überlebensvorteil der Kinder bewirkte. Zuverlässig bedeutet aus biologischen Gründen für die beiden Geschlechter unterschiedliches: Die grösste Gefahr, der eine Frau im evolutionären Kontext ausgesetzt war, ist das verlassen Werden. Die grösste Gefahr für den Mann ist in dem Kontext die Vergeudung seiner Lebenszeit und -energie für Kinder, die nicht seine sind.
Aus diesen Gründen, die man in der Fachliteratur detailliert nachlesen kann, ist der Wunsch nach einer zuverlässigen 1:1 Bindung unbewusst neben anderen Wünschen angelegt. Das betrifft den Bereich Beziehung und Partnerschaft im engeren Sinn.
Im Bereich F+ und Affären ist das andere genetische Programm wirksam: Der unbewusste Wunsch, gesunde Kinder zu zeugen. Da das Kinderkriegen für die Frauen so ungleich aufwändiger ist, sind sie in dem Bereich auch ungleich wählerischer. Die Frauen riskieren ja eine Schwangerschaft beim Sex und ihr Leben bei einer Geburt. Darum sind sie unbewusst so erpicht auf gesunde, gesund aussehende, starke Männer, mit noch ein paar evolutionär relevanten Attributen.
Wenn man sich jetzt eine Utopie mit freier Liebe und Polyirgendwas basteln möchte, die auch funktionieren soll, dann sollte sie den evolutionären Gegebenheiten Rechnung tragen. Dafür habe ich mich auch einmal interessiert, aber nichts aussichtsreiches gesehen.