Pferdedieb hat geschrieben: ↑12 Jan 2020 10:47
Wie aber arrangiert man sich? Muss dann jeder Kompromisse eingehen und sich von bestimmten Gewohnheiten trennen, weil der Partner etwas nicht gut findet? Spielt sich das irgendwie automatisch ein?
"Man" gibt es in diesem Bereich leider nicht. Wenn ein Mensch der Kategorie, die sich mit einem "Ja, Schatz" am wohlsten fühlt, mit einem der Sorte "Ich sage wo es lang geht" zusammen ist, ist die Dynamik völlig anders als bei zwei "wir sollten das ausdiskutieren" Menschen oder zwei "ich mach mein Ding, Du machst Dein Ding, und was passt machen wir zusammen" - Typen.
Ich bin z.B. ein Mensch, der ungern "umerzieht". Brauche also jemanden, der kommuniziert, was er will, und auch mal Nein sagt. Finde aber natürlich auch nicht immer alles super, was mein Partner macht. Und dann kommt es auf den "Schweregrad" an. Kleinigkeiten spreche ich 2-3 Mal an. Wenn er dann nichts ändert, dann eben nicht. So sehr stört es nun auch nicht. Bei mittelgroßen Nervigkeiten muss ein Kompromiss gefunden werden, also eine Lösung, die beiden gleich weh tut. Und bei Dingen, in denen ein solcher Kompromiss nicht möglich ist, dann trenne ich mich lieber, als zu versuchen, ihn bis über die Schmerzgrenze zu verbiegen.
Beispiel für Kategorie 1 wären ständig herumliegende Socken. Wenn 2-3 "Kannst Du die vielleicht in den Wäschekorb legen?" nix bringen, sammel ich sie halt selbst ein oder lass sie liegen, bis er sie selbst mal zusammenräumt. In Kategorie 2 würde sowas wie Rauchen fallen. Finde ich nicht nur unappetitlich, vertrage ich auch gesundheitlich nicht. Mit einem Raucher müsste also ein Kompromiss her wie "Zusammen wohnen geht nicht. Wenn wir uns bei mir treffen, rauchst Du draußen, wenn wir uns bei Dir treffen, besorg ich mir vorher ein Asthmaspray und packe meine Klamotten bei Betreten des Bude in einen luftdichten Beutel". Kategorie 3 ist zum Glück selten. Da gab es z.B. die Situation, dass er echt gern reisen wollte. Mag ich auch gern, aber damals hatten wir Kinder im Alter von 1-6 Jahren, lebten von einem Einkommen, hatten ne Baustelle am Laufen ... zu fünft wegfahren war genauso wenig drin wie "Baustelle ne Woche ruhen lassen und Kids zur Supernanny bringen". Er hat es mit Verzicht probiert, ging aber nicht. Der Kompromiss "er fährt allein" funktionierte auch nicht - er hatte deutlich höhere Ansprüche als meine Budgetvorstellungen hergaben (sprich: es gab lange nervige Debatten), und wollte eigentlich auch lieber nicht allein fahren ... Letztlich war die Trennung (wo natürlich auch noch andere Dinge reinspielten) unvermeidlich. Und er hatte 3 Wochen später ne neue Freundin, die bis heute gern mit ihm in der Welt herum reist - und mir ging es auch besser ohne die Dauerdebatten.
Umgekehrt - also wenn mich jemand "umerziehen" will - bin ich erstmal ziemlich offen für Veränderungen. Probieren kann man fast alles mal - und man lernt ja immer dazu. Aber manche Sachen schaffe ich einfach nicht, und bei anderen merke ich, dass ich mich damit beim besten Willen nicht anfreunden kann. In ersterem Fall sind Kompromisse möglich (wenn wir vorher trainieren, er den Rucksack trägt und wir alle 1000m eine Pause einplanen, schaff ich auch ne 15km-Wanderung), in zweiterem Fall lassen wir es lieber (nein, Fernbeziehung über Jahrezehnte ohne jede Perspektive, sich öfter als 4 Tage pro Monat zu sehen, funktioniert für mich nicht).
Pferdedieb, wenn Du so ein Typ bist, der zwar nicht umerzogen werden will (in anderen Worten, nicht offen für Veränderungen ist), aber auch nicht Nein sagen kann, dann achte vielleicht darauf, eine Freundin zu wählen, die "zu Dir aufsieht", die also Freude daran hat, das zu tun, was Du möchtest. Ist zwar schwer in einer Gesellschaft, die Beziehungen auf Augenhöhe als Ideal sieht, aber nicht unmöglich. Oder probier aus, ob Du innerhalb einer Beziehung auf Augenhöhe auch Deine Interessen durchsetzen kannst - und wenn nicht, lauf. Eine Beziehung ist ja kein Gefängnis, Du kannst da jederzeit raus.