Corona-Virus: Wie schlimm wird es? [Keine politischen Diskussionen! Der Thread wird sonst kommentarlos geschlossen!!]

Dein Thema passt in keines der anderen Freizeit-Foren? Kein Problem, schreib es einfach in diesen Bereich.
Melli

Re: Corona-Virus: Wie schlimm wird es?

Beitrag von Melli »

knopper hat geschrieben: 16 Apr 2020 02:29Ja… ich finde ja dass eine Impfung ein klarer "Endpunkt" des Ganzen sein MUSS, heißt die Pandemie wird für beendet erklärt, es kehrt wieder völlig der normale Alltag ein, die Wirtschaft erholt sich langsam wieder usw..
Was heißt "muß". Es geht nicht darum, was man gerne hätte.
knopper hat geschrieben: 16 Apr 2020 02:29jetzt über irgendwelche weiteren Viren, zu spekulieren, die ja noch in Fledermäusen und anderem Getier schlummern, ist doch alles nur Hirngespinst.
Die schlummern nicht, die entwickeln sich beständig weiter.

Aber: Sinica non leguntur :specht:
knopper hat geschrieben: 16 Apr 2020 02:29Ich meine wie wahrscheinlich ist es dass nach Corona, oder noch besser währenddessen, gleich wieder das nächste Virus ausbricht? Ist das wirklich ein realistisches Szenario? Kann das wirlich sein? :gruebel: Das wäre ja wirklich der Supergau und bald nicht mehr zu handeln. Da würden sich ja übelst die Verwerfungen auftun…
Um es mit Loriot zu sagen: "Das kann passieren, aber es darf nicht passieren."
knopper hat geschrieben: 16 Apr 2020 02:29Nein, nein ich glaube schon an einen Endpunkt wenn es halt die Impfung gibt
Auch wenn das noch so schockieren wird: Diese Zuversicht kann ich nicht teilen.

Um genau zu sein: es gibt keinen Impfstoff gegen keinen einzigen Coronavirus.
knopper hat geschrieben: 16 Apr 2020 02:29und dass man bei der nächsten Epidemie (die hoffentlich noch auf sich warten lässt) etwas schneller reagiert und daraus gelernt hat.
Hoffen wir's.
Zuletzt geändert von Melli am 16 Apr 2020 19:13, insgesamt 1-mal geändert.
Benutzeravatar
Dérkesthai
Keiner schreibt schneller
Beiträge: 2714
Registriert: 18 Aug 2018 08:02
Geschlecht: männlich
AB-Status: AB Vergangenheit
Wohnort: Los Strangeles / ÄNÄRWÄ

Re: Corona-Virus: Wie schlimm wird es?

Beitrag von Dérkesthai »

[+] Off Topic
Calliandra hat geschrieben: 16 Apr 2020 13:47
Dérkesthai hat geschrieben: 16 Apr 2020 11:50
The Poet hat geschrieben: 15 Apr 2020 20:36
Ich hoffe doch sehr, dass da Profis im Einsatz sind! Nur dass Laktase seit neuestem auch Coronaviren spaltet, nicht nur Milchzucker, das ist mir neu :zaehneputzen: SCNR ;)
This, my friend, I don't quite understand. (Ich wollte nur reimen...) Aber ich verstehe die Anmerkung tatsächlich nicht.
Ich helfe mal aus :hut:
Der Kommentar ist auf dein Wort profilaktisch bezogen, was man sonst eher prophylaktisch schreiben würde, in deinem Fall aber nach einem Laktoseprofi klingt, den man im Zusammenhang mit Corona nicht vermuten würde. ;) Der zweite Wortteil -laktisch wurde herumalbernderweise von Laktase abgeleitet – einem Enzym, was Laktose spaltet.
Achso.
The Poet hat geschrieben: 16 Apr 2020 16:35
Jupp, genau... daher auch das "SCNR"+ Smiley dahinter, weil ich es selbst auch immer scheiße finden, wenn Leute den Grammar Nazi (oder in diesem Falle den Spelling Nazi) spielen, und ich deutlich darauf hinweisen wollte, dass ich es lustig meine und dich damit nicht offenden/bloßstellen will.

Ach so, und der Smiley hat einfach nur die Zähne geputzt... wegen Mundhygiene und so. Denn auch Milchzucker ist ein Zucker :mrgreen:
Ich habe das nicht negativ aufgefasst. Ich habs einfach nur nicht verstanden und finds bisher auch nicht so witzig. Sorry. Aber keine Sorge, kein negativer Punkt oder offended-sein meinerseits vorhanden. Ich habe nur geringfügiges Interesse dauernd nach Kürzel suchen zu müssen (SCNR). Ich verfluche meine Faulheit schon, wenn ich vllt. schreibe, und rüge mich intensiv.
⛧ Ad signandum domum contra diabolum. ⛤
"Black is such a happy colour." (Adam's Family)
Melli

Re: Corona-Virus: Wie schlimm wird es?

Beitrag von Melli »

Melli hat geschrieben: 13 Apr 2020 14:55Dagegen sprechen Länder wie Japan, Hingkong und Singapur (Why does Japan have so few cases of COVID19? – Leider stimmt mit DOI da was nicht :().
Die URL geht: https://www.embopress.org/doi/10.15252/emmm.202012481
Abstract hat geschrieben:There is a lot of interest brewing as to why Japan has such low numbers of confirmed infected cases of the COVID19 disease, caused by the SARS‐COV‐2 virus (Figure. 1), despite its high population density (over 6,100 persons/sqkm in Tokyo, 2.4 times higher than New York City) and large percentage of high‐risk individuals over 65 years of age (about 26%, compared with 15% in the USA). In Singapore and Hong Kong, rapid and strict quarantine rules and contact tracing has helped to “flatten the curve”. In South Korea, mass testing and quarantine measures appears to have reduced the rate of new cases. However, Japan has not engaged in expansive testing, contact tracing or strict quarantine measures and yet is reporting a slow growth rate of infected persons and a death rate that is currently just 1/10th of world average It is difficult to make direct comparison of infection rates, because the number of tests per capita vary dramatically between countries. However, this low death rate cannot be simply explained by lack of testing or reporting, as no surge in death from respiratory syndromes has been reported either.
Conclusion hat geschrieben:There are many other theories to explain the low number of COVID19 cases in Japan, yet we still do not have enough information to determine the cause of this striking discrepancy. Clearly, we do not understand what causes these differences. Many of these hypotheses can be tested as suggested above, such as examining ACE2 expression levels in the respiratory tract, GWAS data on COVID19 susceptibility, and whether BCG vaccines indeed confer long term innate immune resistance to SARS-CoV2. The three-pronged approach by the Cluster Response Team the Japanese Ministry of Health has thus far contained the spread of COVID19 by quickly identifying clusters of infections, testing, and quarantine of the infected individuals. A word of caution is whether this approach will work in cases where super spreaders ignite a large-scale transmission, or when there are multiple clusters that occur throughout the country at once. Perhaps one of the reasons for the low number of cases in Japan might relate to lack of super spreader events to date. Just within the last 24 hours, Japan has declared the state of emergency, as Tokyo faces more than 1,000 confirmed cases, more than double the number a week ago. Perhaps stronger social distancing measures are required to keep the curve flattened in Japan.
knopper

Re: Corona-Virus: Wie schlimm wird es?

Beitrag von knopper »

Melli hat geschrieben: 16 Apr 2020 18:39
knopper hat geschrieben: 16 Apr 2020 02:29jetzt über irgendwelche weiteren Viren, zu spekulieren, die ja noch in Fledermäusen und anderem Getier schlummern, ist doch alles nur Hirngespinst.
Die schlummern nicht, die entwickeln sich beständig weiter.
ja aber das taten sie ja bisher auch, die ganzen 60er Jahre, die ganzen 70er, die 80er und die 90er....nichts! bis dann halt der erste Ausbruch 2002/2003 kam... heißt lange ist eben nichts passiert, warum auch immer. :gruebel:
Melli hat geschrieben: 16 Apr 2020 18:39
Um es mit Loriot zu sagen: "Das kann passieren, aber es darf nicht passieren."
äh ja richtig :D
Melli hat geschrieben: 16 Apr 2020 18:39
Auch wenn das noch so schockieren wird: Diese Zuversicht kann ich nicht teilen.

Um genau zu sein: es gibt keinen Impfstoff gegen keinen einzigen Coronavirus.
hm nun ja dann erzählen uns die Virologen und Mediziner die ganze Zeit etwas anderes. Frau Dr. Brinkmann meinte gestern noch sie sei ziemlich zuversichtlich bzw. sie geht sogar "fest davon aus" dass es in einem Jahr einen Impfstoff gibt.
Nun ja wir werden sehen.
Falls nicht kann es ja nur so kommen dass ich das Virus "endemisiert", weiß nicht ob man das nun so nennt.
Heißt es "baut" sich soweit in die Bevölkerung ein dass es genauso wie die "normalen" Coronaviren letztendlich nur noch Erkältungen verursacht, da die häufig zitierte Grundimmunität dann ja da ist.
ComebackCat

Re: Corona-Virus: Wie schlimm wird es?

Beitrag von ComebackCat »

knopper hat geschrieben: 16 Apr 2020 20:02
Falls nicht kann es ja nur so kommen dass ich das Virus "endemisiert", weiß nicht ob man das nun so nennt.
Heißt es "baut" sich soweit in die Bevölkerung ein dass es genauso wie die "normalen" Coronaviren letztendlich nur noch Erkältungen verursacht, da die häufig zitierte Grundimmunität dann ja da ist.
Beim aktuellen Tempo der Verbreitung haben wir in einem Jahr gerade einmal gut eine Million Infizierte. D.h. die Herdenimmunität ist erst in 80 Jahren vorhanden. Vielleicht auch schon in 70 wegen der demographischen Entwicklung. :-)

Vielleicht machen es die Schweden doch besser. Man weiß es nicht.
knopper

Re: Corona-Virus: Wie schlimm wird es?

Beitrag von knopper »

ComebackCat hat geschrieben: 16 Apr 2020 20:14 Beim aktuellen Tempo der Verbreitung haben wir in einem Jahr gerade einmal gut eine Million Infizierte. D.h. die Herdenimmunität ist erst in 80 Jahren vorhanden. Vielleicht auch schon in 70 wegen der demographischen Entwicklung. :-)

Vielleicht machen es die Schweden doch besser. Man weiß es nicht.
tja...aber die Kliniken wären in diesen 70 Jahren nie überlastet…toll! Dann kann man ja langsam wieder öffnen...jo :hammer:

Aber gut gibt halt keine Ideale Lösung.

Und klar, ein Massaker will auch niemand....
-> https://www.nordkurier.de/nachrichten/t ... 70303.html
Ohne Gegenmaßnahmen hätte die Coronavirus-Pandemie dem Imperial College in London zufolge in diesem Jahr bis zu 40 Millionen Menschen weltweit das Leben kosten können.
Melli

Re: Corona-Virus: Wie schlimm wird es?

Beitrag von Melli »

knopper hat geschrieben: 16 Apr 2020 20:02
Melli hat geschrieben: 16 Apr 2020 18:39
knopper hat geschrieben: 16 Apr 2020 02:29jetzt über irgendwelche weiteren Viren, zu spekulieren, die ja noch in Fledermäusen und anderem Getier schlummern, ist doch alles nur Hirngespinst.
Die schlummern nicht, die entwickeln sich beständig weiter.
ja aber das taten sie ja bisher auch, die ganzen 60er Jahre, die ganzen 70er, die 80er und die 90er....nichts! bis dann halt der erste Ausbruch 2002/2003 kam... heißt lange ist eben nichts passiert, warum auch immer. :gruebel:
Mehr Glück als Verstand :oops: Freilich nützt das immer weniger, je enger das Zusammenleben von Menschen, Haus- und Wildtieren wird.
knopper hat geschrieben: 16 Apr 2020 20:02
Melli hat geschrieben: 16 Apr 2020 18:39 Auch wenn das noch so schockieren wird: Diese Zuversicht kann ich nicht teilen.
Um genau zu sein: es gibt keinen Impfstoff gegen keinen einzigen Coronavirus.
hm nun ja dann erzählen uns die Virologen und Mediziner die ganze Zeit etwas anderes. Frau Dr. Brinkmann meinte gestern noch sie sei ziemlich zuversichtlich bzw. sie geht sogar "fest davon aus" dass es in einem Jahr einen Impfstoff gibt.
Ich weiß nicht wie sie darauf kommt.

Allgemeinhin haben die meisten Ärzte (auch Psychologen usw.) die unangenehme Eigenschaft zu glauben, sie täten Patienten einen Gefallen damit, ungerechtfertigte Hoffnungen zu schüren. Die Einsicht "Be open and honest with sufferers" hat sich leider nie durchsetzen können. Aber kann gut sein, daß sich Ärzte auch selbst Sand in die Augen streuen.
ComebackCat hat geschrieben: 16 Apr 2020 20:14D.h. die Herdenimmunität ist erst in 80 Jahren vorhanden.
Und wenn es keine Herdenimmunität gibt? Für ein Virus ist eine zahlreiche Trägerschaft allerdings ein schönes Reservoir, um zahlreiche neue Varianten herauszubilden.

Ein schlechter, aber absehbarer Ausgang wäre eine ähnliche Verbreitung und Entwicklung wie bei den für grippale Infekte verantwortlichen Coronaviren, nur leider mit den bekannten gravierenderen Verläufen.
Benutzeravatar
The Poet
Keiner schreibt schneller
Beiträge: 4127
Registriert: 21 Jun 2014 00:22
Geschlecht: männlich
AB-Status: AB
Ich bin ...: offen für alles.
Wohnort: Hessen

Re: Corona-Virus: Wie schlimm wird es?

Beitrag von The Poet »

tenorita hat geschrieben: 16 Apr 2020 17:27
The Poet hat geschrieben: 16 Apr 2020 17:09 Angenommen, die Dunkelziffer hat sich zwischenzeitlich nicht geändert, dann kann man also durchaus sagen, dass die Reproduktionszahl jetzt schon (bzw. vor 10 Tagen schon, denn das ist ja etwa das Delay, mit dem Infizierte in Statistiken auftauchen wegen Messverzug etc.) unter 1 liegen muss.

Alles sehr eigenartig :gruebel: . Vielleicht nutzt das RKI noch irgendwelche abgefahrenen quantenphysikalisch verschrödingerkatzierten Dark-Magic-Hochrechnungsmodelle? :?:
Helft mir mal, wenn ich ( als Mathelegasthenikerin ;) ) einen Denkfehler habe, aber auf die Dunkelziffer kommt es doch gerade gar nicht an...
Es geht doch um die Zahl der Intensivbetten, die zur Verfügung stehen...Um auszurechnen, wann die voll wären, wenn...brauche ich doch die Dunkelziffer nicht( alles leichte Verläufe), sondern ich gehe von den bekannten Zahlen aus und schätze daran ab, wieviele schwere Verläufe zu erwarten sind.
Also bei 130.000 bekannten Fällen passiert doch was anderes in den Krankenhäusern, als bei 500.000 bekannten Fällen, auch wenn die Reproduktionszahl beide Male 1 wäre...
Die Dunkelziffer ist doch nur relevant, wenn man die Letalität des Virus beziffern möchte. Und natürlich würde sich eine hohe Dunkelziffer, wenn man die Anzahl der bekannten Fälle einigermaßen im Griff behält, verlangsamend auf die Infektionsrate insgesamt auswirken
Angenommen, es würde jetzt mehr oder weniger getestet als noch vor einer Weile, dann würde das die Dunkelziffer verändern, und das würde den Graph (also z.B. den aus der MoPo) gegenüber dem "wahren Graphen" verzerren. Ganz einfach gedacht: Mehr Tests = proportional auch mehr detektierte Fälle.

Wenn du also eine Phase in der Erkrankung hast mit ausreichend Tests und darauf folgt eine Phase mit zu wenig Tests, und du näherst dich mit den positiv getesteten Fallzahlen der TEST_CAPACITY_MAX, bekommst du (angenommen, für diese zweite Phase gilt TEST_CAPACITY_MAX = const) grob eine linear werdende kumulierte Kurve, obwohl die Fallzahl weiterhin superlinear wächst.

(Das ist derzeit höchstwahrscheinlich nicht der Fall. Aber das da oben dient ja auch nur zur Illustration des Problems. Daher habe ich das als VORbedingung davorgeschrieben im letzten Posting: Angenommen, an dieser Ratio "detektierte Fälle : Gesamtfälle" hat sich nix geändert, dann ... usw.. ;) )


Aber angenommen die Kurve "stimmt" (im Sinne von: An besagter Ratio "detektierte Fälle : Gesamtfälle" ändert sich im Zeitverlauf nix), dann hast du natürlich Recht, dann ist die Dunkelziffer egal für alle weiteren Berechnungen bzgl. Intensivbettenzahl und so.


edit: Ok, bevor das auch noch missverstanden wird: Mit "wahrer Graph" meine ich nicht den Graphen, der die wahre Fallzahl angibt, sondern schlichtweg denjenigen, bei dem zwar wegen mir ein Dunkelfeld da sein darf, dieses sich aber (proportional zu den erfassten Fällen gerechnet) über die Zeit nicht ändert. Puh, Gott ist das alles kompliziert auszudrücken, was man in seinem Kopf hat... :schwitzen:
Zuletzt geändert von The Poet am 16 Apr 2020 21:40, insgesamt 2-mal geändert.
=/\= Das Schicksal beschützt Narren, kleine Kinder, und Schiffe mit dem Namen Enterprise. =/\=
Reinhard
Eins mit dem Forum
Beiträge: 10183
Registriert: 07 Jan 2016 10:53
Geschlecht: männlich
Ich bin ...: verdammt bissig.
Wohnort: Oberpfalz

Re: Corona-Virus: Wie schlimm wird es?

Beitrag von Reinhard »

Hoppala hat geschrieben: 16 Apr 2020 14:30 Ich hab da mal ne Frage an die Zahlenkünstler hier. Weil ich gerad nicht die Muße/den Kopf/die Routine habe, das selbst zu Ende zu rechnen.
Zumal die Zahlen seltsam unpräzise und teils um die Ecke sind. Ich wundere ich mimmer mehr, warum in den Fachbehörden und Redaktionen niemand mal Zahlen zusammenstellt, die einen zusammenhängenden Überblick geben ... und noch nicht mal intensiv danach gefragt wird (die Medien stürzen sich nur auf jeden Brocken, der ihnen vorgeworfen wird. Spekulationen wie Sand am Meer, eigene sachliche Überlegungen auf Basis von belegbaren Fakten: Mangelware).
Selbst in den alternativen Medien ist da Fehlanzeige. :sadman:

Hoppala hat geschrieben: 16 Apr 2020 14:30 Es geht ja nach Aussage der Experten und Poltiiker nicht darum, Infektionen überhaupt zu verhindern, sondern das Gesundheitssystem am Laufen zu halten. (Sinnvollerweise. Nebenher begründet das auch, dass Maßnahmenkataloge regional/national verschieden sein müssen.)
Das liegt dann wohl an einer anderen Einschätzung der Maßnahmefolgekosten. Prinzipiell bin ich für's Ausrotten der Krankheit. :twisted:

Hoppala hat geschrieben: 16 Apr 2020 14:30 Der Flaschenhals im Gesundheitssystem sind einerseits die Intensivbetten, andererseits die allgemeinen Behandlungsmöglichkeiten. Verfügbarkeit von Personal und Material kommt dazu. (Das ist wohl sowieso ein nebulöser Bereich.)

Laut Wikpedia gibt es in D ca. 40.000 Intensivbetten. Davon sind derzeit 42% frei. Aus den angegebenen Zahlen errechne ich: ca. 10% der belegten Betten sind mit Coronapatienten belegt. Wenn wir davon ausgehen, dass andere Intensivfälle nicht wesentlich zunehmen, stünden gerad noch 17600 Betten zur Verfügung (minus Personal, Material, ich weiß).

15% aller bestätigten und noch aktuellen Coronafälle (also minus offfiziell beretis Gesundete oder Verstorbene) werden hospitalisert. 28% davon (also 4,3% der bestätigten aktuellen Fälle) müssen auf die Intensiv.
es wäre also noch Platz für etwa die 7fache Zahl Intensivpatienten. Wären die voll, hätte man rein rechnerisch die 7fache Zahl aktuell Infizierter.
Es ist aber die regionale Verteilung zu beachten. Das Verlegen von Intensivpatienten ist schwierig, aber auch das vorsorgliche Verlegen von Patienten, bevor sie intensiv werden, ist nicht so ganz einfach. Deshalb helfen freie Betten in Mecklenburg-Vorpommern den Bayern wenig.

Umgekehrt: das wäre auch ein Grund dafür, dass nicht alle dieselben Maßnahmen (bzw. Lockerungen) umsetzen sollten.

Hoppala hat geschrieben: 16 Apr 2020 14:30 Die aktuelle Infektionsrate soll bei etwa 1,1 - 1,2 liegen. (stimmt das?) Wir wären also noch im Wachstumsbereich.
7fach ist praktisch nach 2 Verdopplungsstufen erreicht (3 Stufen können wir uns nicht mehr erlauben). Wie viel zeitliche Luft iist also jetzt, die Infektionsrate unter 1 zu drücken?
Ich sehe das ähnlich wie The Poet, wenn die Zahl der Neuinfizierten abnimmt, dann ist R schon kleiner 1. Jetzt kann man sich über die Messlücke wegen Ostern streiten, oder ob da sich schon Leute eh nicht an die Regeln gehalten gehaben und Vermutungen über Änderungen an der Dunkelziffer und so ... aber erstmal sieht es so aus, dass die Zahl der Neuinfizierten tatsächlich abnimmt. :tanzen2:

Aber auch hier, das ist wieder eine Gesamtbetrachtung. Wenn regional (oder nach einem anderen Kriterium abgegrenzt) die Vermehrung immer noch exponentiell ist, und woanders geht die Infiziertenzahl gegen null, dann ist das langfristig ebenfalls ein exponentielles Wachstum. Sieht man spätestens wenn die "woanders" nicht mehr sinken können, weil sie schon null sind.

----

Man kann das auch darauf anwenden, dass danach unterschieden wird, ob jemand als infiziert identifiziert wird und in Quarantäne geschickt wird. Dann ist Reproduktionsrate R_gesamt = (R_quarantäne * I_quarantäne + R_freilaufend * I_freilaufend ) / I_gesamt. Und wenn R_gesamt = 1 ist und R_quarantäne kleiner 1 und nahe 0 ist, dann muss R_freilaufend immer noch einigermaßen größer als 1 sein. Dann wächst I_freilaufend an sich auch an, wogegen dann das Verhängen von Quarantänen ankämpft.

Auch das kann ein relevanter Flaschenhals sein. Angenommen, die freilaufenden Infizierten zu Beginn = 1000 und die Quarantinerer (ist das ein Wort?) schaffen es, je Infektionsperiode (das sind mehrere Tage) alle Bestands- und 500 Neu-Infizierte zu quarantinieren. R_quarantäne = 0 (der Einfachheit der Rechnung wegen).

R_freilaufend = 1,5.
==> jede Periode werden 1500 neu infiziert, davon bleiben 1000 freilaufend übrig ==> konstante Zahl im Zeitverlauf

R_freilaufend = 1,6 ... dann sind nach Periode t freilaufend:
t=1 : 1100
t=2 : 1260
t=3 : 1516
t=4 : 1925
t=5 : 2580
t=6 : 3628
t=7 : 5304
... und so weiter ...
Dann haben wir wieder flott exponentielles Wachstum mit einer Rate, die sich annähert an Faktor 1,6 je Länge_der_Infektionsperiode. Und wenn man es merkt, dass man nicht genügend schnell quarantinieren konnte und daher die Dunkelziffer ansteigt, dann sind die Reserven im Gesundheitssektor auch schon weg, bevor du schaust. Weil es ja vom Ansatz her eine Dunkelziffer ist.

Das ist natürlich ein ziemlich vereinfachtes Szenario, weil die Quarantäne-rate nicht konstant bleiben wird. Erst wird man als mögliche Quarantänekandidaten die Verdächtigen mit hoher Kontaktzahl testen dann die mit geringer und damit steigt die Rate der Quarantänen auch mit an.

Trotzdem muss man bei Lockerung der Maßnahmen mit einem Anstieg von R_freilaufend rechnen ... und dann muss man auch mit einem Anstieg der Test- und Kontaktverfolgungs-möglichkeiten folgen können. In dem Beispiel würde es reichen, die Fähigkeiten auf 600 neu Infizierte entdecken zu erhöhen, oder man startet mit I_freilaufend = 937.


Hoppala hat geschrieben: 16 Apr 2020 14:30 https://de.m.wikipedia.org/wiki/COVID-1 ... eutschland

Ja, Dunkelziffer ... die ist halt dunkel. Das sollte nich tabhalten, mit dem zu arbeiten, was (einigermaßen) sicher bekannt ist. Und die Dunkelbereiche (und ggf. einen Rahmen für Konsequenzen je nach dem) deutlich dazu sagen.
Ich würde auch davon absehen, zugleich die Zahl der Intensivbetten einzurechnen, die wegen frühzeitigem Versterben wieder frei werden (übrigens auch knapp 30% - wer also auf der Intensiv landet hat noch ne 1:2 Chance ...).
Das sollte in die Berechnung der durchschnittliche Länge des Verbleibs auf Intensiv schon eingangegen sein. Das unterscheidet doch nicht nach Umständen des Abgangs ...

Hoppala hat geschrieben: 16 Apr 2020 14:30 Die nächste Überlegung wäre dann, welche Maßnahmen konkret zum aktuellen Stand der Infektionsvberbreitung (1,1) geführt haben und die beizubehalten oder zu verstärken. Welche Maßnahmen nix dazu beigetan haben (und die aufzuheben). Welche Maßnahmen zusätzlich sinnvoll wären, und idealerweise effizient (also mit minimalem Aufwand den benötigten Nutzen erzielen)?
Das ist halt grad der schwer zu sagende Teil. Da modellieren grade viele Leute daran rum, um Einblick in die Dynamiken zu kriegen und daraus abzuleiten, was denn nun wieviel bringt. Manche Sachen kann man vielleicht empirisch ableiten, was welchen Effekt hatte wo andere Länder die eine Maßnahme und mal die andere zuerst eingeführt haben.

Fehler werden gemacht werden. :sadman:
Intelligente Menschen lernen aus den Fehlern anderer.

Hoppala hat geschrieben: 16 Apr 2020 14:30 Insbesondere die Effizienz der Maßnahmen scheint mir verbesserungsbedürftig.
Auch die Effektivität, natürlich. Aber dafür müsste man erst mal genauer hinschauen, was akut Sache ist. Und dafür wäre sinnvoll zu wissen, wieviel Zeit man maximal hat. (Je schneller, desto besser, schon klar. Dennoch gibt ein Limit einen Rahmen vor, der dann zu Kompromissen bei der erreichbaren Effizienz führt).

Anybody? Wann sind die Betten voll, das Gesundheitssystem überlastet?
Diese Rechung wäre m. E. auch nützlich, um langfristig das gesellschaftliche Leben einzuregeln und Warnindikatoren zu definieren bzw. gezielte Maßnahmen (statt Schrotschuss), wenn rote Lichter anspringen.
Die Schwierigkeit ist halt, dass es schon recht spät und man viel mehr weitere Infektionen hat, wenn man erst an Hospitalisierungen merkt, dass man einen Superspreader hatte oder man die Reproduktionszahl des Virus allgemein hat ansteigen lassen.

Hoppala hat geschrieben: 16 Apr 2020 14:30 So ganz am Schluss: das ist die eigentliche Frage, die mich umtreibt: wie wird diese Sache, dieses lokal und weltweit gesellschaftliche Trauma, unser Zusammenleben, Gesellschaft, Gemeinschaft, Körperlichkeit - der Mensch braucht das auch für seine Gesundheit - verändern? Zumindest für die Üergangsphase, bis es medizinisch "normal" geworden ist (was danach kommt, muss noch im Dunkeln bleiben, bis der neue medizinische Normalzustand - Impfung? Immunität? Behandlung? weitgehende Ausrottung? Stete Bedrohung - bekannt ist).
Das Trauma wird dauern. Und die Welt verändern. Nur wie? Werden unbekannte Menschen sich je wieder auf die Pelle rücken, ohne sich vorher mit Schutzmaterial abzugrenzen?
Hmm. Es wird wohl kein so großer Horror werden wie die Pest im Mittelalter. Wenn es einigermaßen unter Kontrolle bleibt, wird es so gefährlich werden wie die Teilnahme am Straßenverkehr. Von der Art "unter Kontrolle" sind wir momentan aber weit weg.

Hoppala hat geschrieben: 16 Apr 2020 14:30 Werden wir jede Begegnung künftig als potentielle Bedrohung wahrnehmen? Wird skeptisch Abstand halten das neue "normal"?
Was hieße das für den Umgang der Menschheit mit sich selbst?
Zum Beispiel für die gerad Pubertierenden und ihr künftiges Leben?
Was hieße das für Mannschaftssport, Kampfsport, Gemeinschaft und Gemeinschaftsgefühl?
Lässt sich die Menschheit überhaupt so einpferchen? Was kann man aus den Umwälzungen, Veränderugen vergangener Seuchen lernen, die ja großteils noch wesentlich radikaler auf die Menschheit einstürzten; allerdings ohne das Bewusstsein, dass körperliche Nähe das zentrale Risiko herstellt?

Letzteres mögen im ABTreff für manche sehr abstrakte Fragen sein. Aber es sieht doch wohl eher nicht so aus, als vereinfachten sich die Bedingungen, zur Zweisamkeit zu finden? Wie wird das künftig aussehen? (Und bitte nicht "online" antworten. Das entscheidende ist und bleibt die gemeinsamen Begegnung. Künftig mit Sicherheitsabstand, Gesichtsschutz und Handschuhen??? Und "ohne" ins Gesicht sehen, einander riechen, spüren, nur nach Coronatest???
Man wird sich aufeinander einlassen, außer wenn der andere gerade fiebert oder hustet.

Und wenn man es dann gemeinsam kriegt, dann ist das halt so.
Make love not war!
knopper

Re: Corona-Virus: Wie schlimm wird es?

Beitrag von knopper »

Melli hat geschrieben: 16 Apr 2020 21:11 Und wenn es keine Herdenimmunität gibt? Für ein Virus ist eine zahlreiche Trägerschaft allerdings ein schönes Reservoir, um zahlreiche neue Varianten herauszubilden.
nein, nein also dagegen spricht ganz klar der Fakt dass die "normalen", endemisierten Coronaviren ja auch "nur noch" grippalen Infekte und Erkältungen auslösen. Löst es ja bei vielen Menschen jetzt schon nur aus.

Weiterhin ist es eben nicht so mutierfreudig wie das Rhinovirus.
Melli hat geschrieben: 16 Apr 2020 21:11 Ein schlechter, aber absehbarer Ausgang wäre eine ähnliche Verbreitung und Entwicklung wie bei den für grippale Infekte verantwortlichen Coronaviren, nur leider mit den bekannten gravierenderen Verläufen.
ja, das wird sich zeigen ob die Verläufe dann immer wieder so gravierend sind wie jetzt oder ob sich das abflacht....
Reinhard
Eins mit dem Forum
Beiträge: 10183
Registriert: 07 Jan 2016 10:53
Geschlecht: männlich
Ich bin ...: verdammt bissig.
Wohnort: Oberpfalz

Re: Corona-Virus: Wie schlimm wird es?

Beitrag von Reinhard »

knopper hat geschrieben: 16 Apr 2020 20:02
Melli hat geschrieben: 16 Apr 2020 18:39
knopper hat geschrieben: 16 Apr 2020 02:29jetzt über irgendwelche weiteren Viren, zu spekulieren, die ja noch in Fledermäusen und anderem Getier schlummern, ist doch alles nur Hirngespinst.
Die schlummern nicht, die entwickeln sich beständig weiter.
ja aber das taten sie ja bisher auch, die ganzen 60er Jahre, die ganzen 70er, die 80er und die 90er....nichts! bis dann halt der erste Ausbruch 2002/2003 kam... heißt lange ist eben nichts passiert, warum auch immer. :gruebel:
Es gab schon mal die Hongkong-Grippe und die Russische Grippe.
Make love not war!
Benutzeravatar
Moon
Liebt es sich hier auszutauschen
Beiträge: 535
Registriert: 29 Jan 2012 19:36
Geschlecht: männlich
AB-Status: AB Vergangenheit
Ich bin ...: nur an Frauen interessiert.
Wohnort: In der Nähe von Hamburg

Re: Corona-Virus: Wie schlimm wird es?

Beitrag von Moon »

Melli hat geschrieben: 16 Apr 2020 18:39 Auch wenn das noch so schockieren wird: Diese Zuversicht kann ich nicht teilen.

Um genau zu sein: es gibt keinen Impfstoff gegen keinen einzigen Coronavirus.
Das muss nicht unbedingt bedeuten, dass es unmöglich oder auch nur besonders schwierig wäre, einen Impfstoff für Coronaviren zu entwickeln.

Für die Coronaviren, die Erkältungen verursachen, lohnt es sich wohl einfach nicht, da Erkältungen meisten keine schweren Erkrankungen sind und es auch noch viele weitere Virengruppen gibt, die Erkältungen verursachen, z. B. Rhinoviren mit allein über 100 Serotypen. Der Aufwand, für die alle Impfstoffe zu entwickeln, wäre einfach zu groß und das Verhältnis von Risiko und Nutzen für die einzelne Impfung wahrscheinlich auch nicht angemessen.

Und bei SARS war halt das "Problem", zumindest aus Sicht der Impfstoffentwicklung, dass die Krankheit zu schnell wieder verschwunden ist. Da will dann zum Einen niemand mehr viel Geld in die Entwicklung eines Impfstoffs investieren und zum Anderen hat man dann ja das Problem, wie man die Wirksamkeit eines Impfstoffs testen will, wenn die Krankheit nicht mehr zirkuliert.
Et quand il tombe amoureux fou,
y a pas de danger qu'il l'avoue
Selon lui, mettre en plein soleil
son cœur ou son cul c'est pareil

(Le modeste, George Brassens)
Reinhard
Eins mit dem Forum
Beiträge: 10183
Registriert: 07 Jan 2016 10:53
Geschlecht: männlich
Ich bin ...: verdammt bissig.
Wohnort: Oberpfalz

Re: Corona-Virus: Wie schlimm wird es?

Beitrag von Reinhard »

Melli hat geschrieben: 16 Apr 2020 19:47
Abstract hat geschrieben:There is a lot of interest brewing as to why Japan has such low numbers of confirmed infected cases of the COVID19 disease, caused by the SARS‐COV‐2 virus (Figure. 1), despite its high population density (over 6,100 persons/sqkm in Tokyo, 2.4 times higher than New York City) and large percentage of high‐risk individuals over 65 years of age (about 26%, compared with 15% in the USA). In Singapore and Hong Kong, rapid and strict quarantine rules and contact tracing has helped to “flatten the curve”. In South Korea, mass testing and quarantine measures appears to have reduced the rate of new cases. However, Japan has not engaged in expansive testing, contact tracing or strict quarantine measures and yet is reporting a slow growth rate of infected persons and a death rate that is currently just 1/10th of world average It is difficult to make direct comparison of infection rates, because the number of tests per capita vary dramatically between countries. However, this low death rate cannot be simply explained by lack of testing or reporting, as no surge in death from respiratory syndromes has been reported either.
Ich bin mir da gerade nicht so sicher ... :gruebel: vor allem weil die Todeszahlen ja doch ziemlich nachlaufende Zahlen sind. Die Toten von heute passen einigermaßen zu den Getesten von vor 18 Tagen, will heißen, wenn man ähnliche Dunkelziffern wie in anderen Ländern unterstellt. Ob die Entwicklung der Dunkelziffer gleichbleibt, bzw. in den Tagen seither gleichgeblieben ist, lässt sich eben nicht an den Toten nicht feststellen. Also: NOCH nicht.


Außerdem passt die Kurve schon mal wunderbar zu 9% Wachstum am Tag und auch das ist hinreichend exponentiell, damit ein Gesundheitssystem nicht mitwachsen kann.
Make love not war!
Benutzeravatar
The Poet
Keiner schreibt schneller
Beiträge: 4127
Registriert: 21 Jun 2014 00:22
Geschlecht: männlich
AB-Status: AB
Ich bin ...: offen für alles.
Wohnort: Hessen

Re: Corona-Virus: Wie schlimm wird es?

Beitrag von The Poet »

Reinhard hat geschrieben: 16 Apr 2020 22:10 Außerdem passt die Kurve schon mal wunderbar zu 9% Wachstum am Tag und auch das ist hinreichend exponentiell, damit ein Gesundheitssystem nicht mitwachsen kann.
"Hinreichend exponentiell" :lol: ... der war gut. Bild Ich bin dafür, dass wir das als neuen mathematisch-infektionsbiologischen Ausdruck coinen. Klingt zu geil :good:

Wir sollten auch gleich noch "hinreichend schwanger" mit einführen im Bereich der Pränataldiagnostik :D
=/\= Das Schicksal beschützt Narren, kleine Kinder, und Schiffe mit dem Namen Enterprise. =/\=
Benutzeravatar
Hoppala
Meisterschreiberling
Beiträge: 6225
Registriert: 30 Nov 2014 16:56
Geschlecht: männlich
Wohnort: Die nördlichen Elblande

Re: Corona-Virus: Wie schlimm wird es?

Beitrag von Hoppala »

tenorita hat geschrieben: 16 Apr 2020 15:39 Die Kanzlerin hat gestern bei der PK gesagt:
"Es gibt für die Lockerungen sehr wenig Spielraum. Wir sind momentan bei einer Reproduktionszahl von ungefähr 1. Würde diese auf 1,3 steigen, wäre das Gesundheitssystem bereits im Juni überlastet. Bei 1,2 im Juli und bei 1,1 im August."
Die jetzigen Lockerungen dürfen also noch nicht mal zu einer Steigerung von 0,1 führen. Die Zahl muss bei 1 bleiben oder darunter sinken, sonst müssen wir evt. manche Lockerungen wieder zurück fahren.
Gerad diese Hochrechnung hätt ich gern etwas aufgeschlüsselt, anhand aktueller Zahlen.

@Reinhard:
Danke für die umfangreiche Betrachtung. Allerdings bin ich entweder zu doof, oder die Antwort auf meine Frage steht da wirklich nicht: wieviel Zeit bleibt Maßnahmen? Bzw. falls die Reproduktionsrate schon unter 1 ist, welche Indikatoren und welche Begrenzung braucht man, um bei veränderten Maßnahmen Fehlentwicklujngen noch in time stoppen zu können? Kurz (und erneut): wie sieht der Spielraum aus?
Da sich das durchaus von Tag zu Tag aufgrund neuer Zahlen ändern kann, wäre eine Rechenmethode sinvoll. Aber dann hat man ein Zeitfenster vor Augen, und kann anhand dessen entscheiden, was machbar ist, und wann bei Fehleinschätzungen die Reißleine gezogen werden muss.

So wie das derzeit durch die Medien geistert, ist mir zuviel Treu und Glauben im Spiel.
Reinhard hat geschrieben: 16 Apr 2020 21:31 Man wird sich aufeinander einlassen, außer wenn der andere gerade fiebert oder hustet.

Und wenn man es dann gemeinsam kriegt, dann ist das halt so.
Das ist ja eher eine optimistische Einschätzung. Bzw. wäre es, wenn der Zeitrahmen der "Übergangsphase" hinreichend kurz ist.
Der Punkt ist: es wird wohl ne Weile dauern. Es wird sich eine "neue Normalität" im Übergang einstellen. Die wird von Vorsicht/Skepsis bei Begegnungen geprägt sein. Das heißt: was eine "normale Begegnung" ist, wird mindestens bei größeren Teilen der Bevölkerung neu definiert.Auf dieser Basis wird sich dann das "Nach-Corona-Normal" bilden. Und nicht auf Basis unserer heutigen Ideen/Gewohnheiten von normal.
Ich halte die Chance, dass es so normal wird wie bisher (was du im Grunde darstellst), für nicht so hoch. Wäre über einen Irrtum meienrseits aber sehr erfreut - denn das Nach-Corona-Normal wird eher weniger "gemeinschaftsgefühlig" werden als mehr.
Nutzungsregeln: Mediale Äußerungen von Menschen ersetzen keine Begegungen. Was du hier schreibst, bist nicht du. Was ich hier schreibe, bezieht sich nicht auf dich. Nur auf deinen Beitrag. Ich schreibe meine Meinung, deren Bedeutung in deinem eigenen Ermessen liegt. Vergiss, was dir nichts nützt.
Benutzeravatar
Tania
Eins mit dem Forum
Beiträge: 14403
Registriert: 12 Mai 2016 13:43
Geschlecht: weiblich
AB-Status: mit AB befreundet
Ich bin ...: unfassbar.
Wohnort: Rostock

Re: Corona-Virus: Wie schlimm wird es?

Beitrag von Tania »

Hoppala hat geschrieben: 16 Apr 2020 23:38 Gerad diese Hochrechnung hätt ich gern etwas aufgeschlüsselt, anhand aktueller Zahlen.
Wozu? Alle Zahlen, die wir haben, sind entweder Schätzwerte, oder werden von einer unbekannten Dunkelziffer begleitet. Es bringt nicht viel, sich über die Auswirkungen von einer Kommastelle mehr oder weniger Gedanken zu machen, wenn besagte Kommastelle sowieso nur geschätzt ist. Gut, man kann es machen, wenn man Freude an Zahlenjonglage hat ... aber wenn man dann seine Erkenntnisse nutzt, um ausgesprochen logische Entscheidungen wie "im Moment haben wir R=1 geschafft, damit kommen wir klar. Wenn R auf 1.1 steigt, haben wir spätestens im August ein Problem. Also lasst uns mal ausprobieren was passiert, wenn wir ein paar der Maßnahmen, mit denen wir jetzt mühevoll auf ungefähr 1 gekommen sind (könnte je nach Quelle auch 1.3 oder 0.6 sein) wieder aufheben." zu verkünden, dann dient die Zahlenjonglage letztlich nur der persönlichen Unterhaltung.
Zukünftig hauptsächlich im https://www.ab-forum.de zu finden.
Benutzeravatar
The Poet
Keiner schreibt schneller
Beiträge: 4127
Registriert: 21 Jun 2014 00:22
Geschlecht: männlich
AB-Status: AB
Ich bin ...: offen für alles.
Wohnort: Hessen

Re: Corona-Virus: Wie schlimm wird es?

Beitrag von The Poet »

Ich bin zwar nicht angesprochen, aber trotzdem:
Hoppala hat geschrieben: 16 Apr 2020 23:38 So wie das derzeit durch die Medien geistert, ist mir zuviel Treu und Glauben im Spiel.
+1
Hoppala hat geschrieben: 16 Apr 2020 23:38 @Reinhard:
Danke für die umfangreiche Betrachtung. Allerdings bin ich entweder zu doof, oder die Antwort auf meine Frage steht da wirklich nicht: wieviel Zeit bleibt Maßnahmen? Bzw. falls die Reproduktionsrate schon unter 1 ist, welche Indikatoren und welche Begrenzung braucht man, um bei veränderten Maßnahmen Fehlentwicklujngen noch in time stoppen zu können? Kurz (und erneut): wie sieht der Spielraum aus?
Da sich das durchaus von Tag zu Tag aufgrund neuer Zahlen ändern kann, wäre eine Rechenmethode sinvoll. Aber dann hat man ein Zeitfenster vor Augen, und kann anhand dessen entscheiden, was machbar ist, und wann bei Fehleinschätzungen die Reißleine gezogen werden muss.
Eine einfache (lokale Unterschiede noch nicht inkorporierende) Pi-Mal-Daumen-Abschätzung (fürs nennen-wir-es-mal "Fahren auf Sicht") für ganz Deutschland in Summenbetrachtung könnte man wohl mit ner relativ simplen niedrigparametrigen Funktion

f(n, p; u, T_R_redux_time, D, h_u, h_m)

hinkriegen, wobei alles ab u für jetzt erstmal Konstanten sein sollen.

Mit:

(Für die averaging timeframes von n und p muss man sich natürlich auch noch was überlegen.)

p - current averaged daily growth rate of new infections
n - currently reported average new infections per day
u - percentage of ICU-cases
m - percentage of medium cases
T_R_redux_time - R value reduction time for reduction of R to ≤ 1 by doing countermeasures
D - time delay from infection to testing & test being reported
h_u - hospital capacity ICU, expressed as a rate per time
h_m - hospital capacity medium, expressed as a rate per time


T_R_redux_time und h_u & h_m berechnen sich zu...

T_R_redux_time = T_R_analysis + T_R_pending
h_u = a * b / B
h_m = a * h / H

...mit:

a - safety margin parameter (evtl. 0.9, also 10% safety margin oder so?)
b - number of max available ICU beds for Covid-19-patients
B - average time of ICU case patient in ICU bed
h - number of max available hospital beds for medium cases of Covid-19-patients
H - average time of medium case patient in hospital bed

T_R_pending - R value reduction time for delay in reductions through countermeasures
T_R_analysis - R value reduction time for analysis going on by health care department & government officials


Wenn ich gerade richtig überlegt & gerechnet habe, sollte f in etwa so aussehen

f = min{log(h_u / (u*n)) / log(1+p), log(h_m / (m*n)) / log(1+p)} - D - T_R_redux_time

und die Reaktionszeit beschreiben, die man vom heutigen Datum aus hat, bis einem alles um die Ohren fliegt.

Alternativ wie folgt, also etwas kürzer, falls man sich nur die ICU-Fälle angucken braucht, weil die restlichen Betten für die mittelschweren Fälle vermuteterweise ausreichen:

f_u = log(h_u / (u*n)) / log(1+p) - D - T_R_redux_time


Beispielrechnung mit den aktuellen Fallzahlen:

Für h_u = 1000 freie Betten pro Tag (z.B. 14000 Betten bei 14 Tage Liegezeit... - als Schätzung, wirkliche Werte müsste man mal recherchieren), n = 3000 Fälle pro Tag, u = 5% an "heißen Fällen" (die ICU-Betten brauchen), einer Kurve bei den Neuinfektionen, die sich entweder (gemittelt) langsam wieder nach oben krümmt und ein Wachstum von z.B. 1.1 pro Tag hätte (also p = 10%), oder für die man ein derartiges Wachstum "ab jetzt" zumindest erwartet, Messverzugszeit von D = 10 Tagen und Reaktionszeiten von T_R_redux_time = 7 Tage:

f_u = 19.9 - 10 - 7 ≈ 3 Tage


Jupp. Das ist der Spielraum bei diesen Annahmen und Stand "heute". 3 Tage.

Der Artikel vom Puyeo heißt nicht umsonst The Hammer and "the dance"...


Rückblickend betrachtet: Wir sind mit dem aktuellen Lockdown echt so unfassbar knapp vor Kante gewesen und "dem Horror" so gerade eben entkommen, hier in Deutschland.


Und die Politik will jetzt die Schulen wieder öffnen :hammer:


Naja, hoffen wir, dass diese komischen Apps was bringen.


Zurück nochmal zum Ausgangspunkt: Das war ja jetzt nur eine Pi-Mal-Daumen-Erstidee. Vielleicht kann man sich noch ein paar Tage rauskratzen, indem man etwas akkurater rechnet, oder es auch gleich "simuliert". (In Anführungszeichen, weil ... siehe gleich.)
Indem man es schafft, mit dem R-Wert (trotz Schulöffnung ... wobei ich da nach wie vor skeptisch bin... Schulen sind ja üblicherweise die reinsten Virenschleudern) weiter knapp unter 1*⁾ zu bleiben (und dadurch n weiterhin sinken zu lassen - langsam, aber stetig), und dazu eine tagesaktuelle Vorausberechnung mittels einer Simulation macht, die man einfach jeden Tag so wie den Wetterbericht durch den Rechner jagt, und die verschiedene R-Wert-Arrays für die nächsten Tage durchgeht. Das wäre dann aber natürlich nicht mehr so einfach zu berechnen wie die Formel oben, sondern man muss ne DGL benutzen und numerisch lösen. (Keine super-komplizierte wie Atmosphärensimulation für den Wetterbericht, das ist schon klar. Grundidee hinter epidemiologischen Simulationen hier, wen es interessiert. Vorsicht: Mathe-Nerd-Channel. :mrgreen: )

Man kann natürlich auch gleich eine "wirkliche" Simulation (ich weiß nicht, ob ich das Lösen eines DGL-Anfangswertproblems wie das von oben schon als "Simulation" bezeichnen würde... mein Gefühl spricht dagegen - aber was soll's, ich bin ja auch nur ein (eher mäßig begabter) Informatiker, kein Hardcore-Physiker, der alle MINT-Begriffsdefinitionen mit Löffeln gefressen hat) mit Agenten für ganz Deutschland machen so wie hier die TU Berlin-Leute**⁾ (die mir bezüglich der Schulöffnungsskepsis übrigens auch recht geben, btw... -.-) es nur für Berlin gemacht haben ... quasi "Die Sims, RISC variant" :mrgreen:
(Wobei es wohl eher "Die Sims 2 - 'Nightlife mit Corona-Parties'" heißen müsste, auch wenn ich das Addon nie gespielt hab ^^.)


PS: Eventuelle Fehler bitte ich zu entschuldigen, ich hab das jetzt mal eben so zusammengehacked... (Hut ab vor allen Epidemiologen, die die Energie & Motivation haben, sich mit sowas beruflich zu beschäftigen :shock: ... das den ganzen Tag zu machen, würde glaub ich die Ausdauer-Auslegungsparameter meines Gehirns überschreiten oO)

____
*⁾ Bild Nicht zu verwechseln mit den "1.1" Wachstum pro Tag, von oben aus dem Text. Bild

**⁾ (via)
=/\= Das Schicksal beschützt Narren, kleine Kinder, und Schiffe mit dem Namen Enterprise. =/\=
Benutzeravatar
Tania
Eins mit dem Forum
Beiträge: 14403
Registriert: 12 Mai 2016 13:43
Geschlecht: weiblich
AB-Status: mit AB befreundet
Ich bin ...: unfassbar.
Wohnort: Rostock

Re: Corona-Virus: Wie schlimm wird es?

Beitrag von Tania »

Auszug aus der aktuellen Mitteilung der Landesregierung MV:
Für Risikogruppen unter Lehrkräften und dem weiteren pädagogischen Personal sowie den Schülerinnen und Schülern, die selbst Teil der Risikogruppe sind bzw. in einem Haushalt mit zur Risikogruppe gehörenden Personen leben, werden Erleichterungen bis hin zu Befreiungen im „Hygienerahmenplan Corona für Schulen“ vorgesehen.
Ja, was denn nun? Glaubt man daran, dass es sicher ist, die Schulen wieder zu öffnen? Dann bräuchte man auch keine Ausnahmeregelung für Risikogruppen.

Oder glaubt man nicht daran, dass Infektionen in den Schulen vermieden werden können, und macht die 16-18jährigen und die Zehnjährigen (und deren Familien) bewusst zum Teil eines großen Durchseuchungsexperiments? Das würde auch die Wahl der unterschiedlichen Alterskohorten erklären ....
Zukünftig hauptsächlich im https://www.ab-forum.de zu finden.
Benutzeravatar
Lazarus Long
Keiner schreibt schneller
Beiträge: 5103
Registriert: 01 Feb 2013 19:13
Geschlecht: männlich
AB-Status: AB Vergangenheit
Ich bin ...: vergeben.
Wohnort: in und bei Hannover

Re: Corona-Virus: Wie schlimm wird es?

Beitrag von Lazarus Long »

@Hoppala: Wie der Wert für R bestimmt wird und welche Korrekturfaktoren, aus welchen Gründen auch immer, jemand dabei verwendet, ist für den Normalsterblichen, zumindest aus meiner Sicht, nicht so wichtig.
Das der Wert vor ein paar Tagen unter 1 war kann man der netten kleinen Darstellung unten rechts (neue Fälle pro Tag) auf dem Dashboard mit den RKI Daten sehen. Das ich diese Darstellung besser finde (da sie die Daten den Tagen zuordnet für die sie gemeldet wurde), habe ich ja an anderer Stelle schon geschrieben. Die Ausschläge sind dadurch auch nicht so groß und man kann den Verlauf der Kurve besser erkennen.
Im Grunde sind es doch die Verbindungen mit Menschen, die dem Leben seinen Wert geben.

Wilhelm von Humboldt
Deutscher Staatsmann und Mitbegründer der Humboldt-Universität zu Berlin
1767 - 1835
Benutzeravatar
Tania
Eins mit dem Forum
Beiträge: 14403
Registriert: 12 Mai 2016 13:43
Geschlecht: weiblich
AB-Status: mit AB befreundet
Ich bin ...: unfassbar.
Wohnort: Rostock

Re: Corona-Virus: Wie schlimm wird es?

Beitrag von Tania »

Lazarus Long hat geschrieben: 17 Apr 2020 06:42 Das der Wert vor ein paar Tagen unter 1 war kann man der netten kleinen Darstellung unten rechts (neue Fälle pro Tag) auf dem Dashboard mit den RKI Daten sehen.
Dienstag noch 1.2, heute schon 0.7 - lasst uns doch einfach noch ne Woche warten, dann sind wir bei 0.0 und das Virus ist erledigt :good:

Wo ist noch mal der Sarkasmus-Tag? :gruebel:
Zukünftig hauptsächlich im https://www.ab-forum.de zu finden.