Hoppala hat geschrieben: ↑17 Apr 2020 14:13
The Poet hat geschrieben: ↑17 Apr 2020 04:08
Eine einfache (lokale Unterschiede noch nicht inkorporierende) Pi-Mal-Daumen-Abschätzung (fürs nennen-wir-es-mal "Fahren auf Sicht") für
ganz Deutschland in Summenbetrachtung könnte man wohl mit ner relativ simplen niedrigparametrigen Funktion
...
Beispielrechnung mit den aktuellen Fallzahlen:
Für h_u = 1000 freie Betten pro Tag (z.B. 14000 Betten bei 14 Tage Liegezeit... - als Schätzung, wirkliche Werte müsste man mal recherchieren), n = 3000 Fälle pro Tag, u = 5% an "heißen Fällen" (die ICU-Betten brauchen), einer Kurve bei den Neuinfektionen, die sich entweder (gemittelt) langsam wieder nach oben krümmt und ein Wachstum von z.B. 1.1 pro Tag hätte (also p = 10%), oder für die man ein derartiges Wachstum "ab jetzt" zumindest erwartet, Messverzugszeit von D = 10 Tagen und Reaktionszeiten von T_R_redux_time = 7 Tage:
f_u = 19.9 - 10 - 7 ≈ 3 Tage
Jupp. Das ist der Spielraum bei diesen Annahmen und Stand "heute". 3 Tage.
Danke sehr. Ich habe den Eindruck, das geht in die von mir eröffnete Richtung.
Leider kann ich die Formelbildung und Rechnung genau Null nachvollziehen - was primär an meinen mangelnden Matheroutine liegt.
Das liegt primär wahrscheinlich eher daran, dass ich aus Zeit-, Lust- und Handschriftlesbarkeitsgründen die Herleitung nicht dazugeposted habe... ich Schelm, ich.
Die ich jetzt aber nochmal etwas menschenlesbarer abgeschrieben hab und hiermit nachreiche:
https://abload.de/img/covid_lognpkl9.jpg
[Und
hier ein Link auf den ersten Post für alle anderen, die die Bedeutung der Kürzel wissen wollen.]
Von der letzten Zeile kommt man direkt durch noch 1x umstellen zu der Formel f_u, die ich geposted hatte (T_R_redux_time ist allerdings etwas kürzer bezeichnet als T_redux und f_u heißt im Scan t_buffer):
f_u = log(h_u / (u*n)) / log(1+p) - D - T_R_redux_time
Ein "Fehler" fällt mir gerade noch ein: Es gibt ja ein Delay zwischen "Symptombeginn" und "Hospitalisierung als ICU-Fall"... aber, das kann man aber auch erstmal wegignorieren, denn es führt lediglich dazu, dass der kritische Punkt halt etwas später überschritten wird, aber man
sowieso schon längst nichts mehr dagegen tun kann, dass er das auch wird.
Hoppala hat geschrieben: ↑17 Apr 2020 14:13
3 Tage ist sehr wenig. Eigentlich nix. Und würde auf gar keinen Fall irgendeine Schulöffnung rechtfertigen. Daher dürfte der Wert nicht stimmen.
*schulterzuck* Die Rechnung basierte auf groben Schätzwerten. Stand ja auch dabei.
Ansonsten:
Die Annahme bei mir ist ja: Wir haben heute X Fälle, und völlig egal ob wir gestern noch R < 1 hatten, ab "jetzt" gilt R > 1. Das ist ja für sich genommen schon mal möglicherweise unrealistisch, weil es auch sein kann, dass R über einen längeren Zeitraum langsam ansteigt und nach z.B. erst Y Tagen die 1 überschreitet sowie nach Z Tagen den neuen (ungewollten) "Zielwert" erreicht, der zu dem p aus der Formel passt. Erhöht die Reaktionszeit bei einem Anfangs-R in der Nähe von 1 nochmal um etwa diese Z Tage (bei kleinerem Anfang-R nochmal um mehr). Die glaub ich auch niemand kennt. Also, daher setzen wir mal als worst case: Z = 0. Der Wert, der sich am Ende ergibt, "stimmt" folglich auch in dieser Hinsicht nicht, da hast du Recht.
Hoppala hat geschrieben: ↑17 Apr 2020 14:13
Mir scheint auch, du hast für die Rechnung nicht die vorliegenden Echtwerte verwendet. Ich hatte in meinem Fragepost einige genannt, bzw. was der entsprechende Absatz im Wikipedia-Artiel dazu hergibt. Es gibt da durchaus inzwischen konkrete Werte zu freien Betten, Hospitalisierung, Rate Intensiverkrankte usw. Eventuell magst du das anhand dessen noch mal neu rechnen?
https://de.m.wikipedia.org/wiki/COVID-1 ... eutschland
Gut, dann update ich das nochmal, nur für dich
. 14000 Betten total war übrigens gar nicht so falsch, Stand "jetzt" lese ich gerade bei DIVI: 2756 Covid-19-Fälle in ICU-Treatment + 11647 freie Betten, macht 14403, die offenbar derzeit sowas wie der potenzielle "Corona-Pool" sind. (Falls die Zahl niedriger ist, weil ein Teil der 11647 Betten nicht Covid-19-Patientengerecht ist, möge mir das bitte jemand schreiben.)
Internetquellen (hier ZDF heute) sprechen davon, dass insgesamt etwa 40000 Intensivbetten zur Verfügung stehen in Deutschland, davon 30000 mit Beatmungsgeräten - gehen wir also mal optimistischerweise davon aus, dass wir es auch irgendwie hinbekommen, dass jeder, der ein solches Gerät braucht auf der ICU (sind ja nicht alle Corona-Fälle), auch eines bekommt. Die durchschnittliche Liegezeit ist wohl
auf jeden Fall größer als 1 Woche, ob wirklich 2 Wochen, weiß ich nicht, aber ich bleibe sicherheitshalber erstmal bei diesem großen Wert.
u im folgenden berechnet aus den Werten deiner Wikipedia-Seite - "Hospitalisierte [und ICU-isierte] Personen" zu 2922/107000 und n gemittelt aus 5 Tagen an gerundeten RKI-Werten vom 12.04. an (vorvorgestern und vorgestern ignoriert, weil es da noch unklare große Nachmeldungsschwankungen gibt, heute ignoriert weil "is klar warum" ;
)), ergibt ca.: (1800 + 1600 + 2400 + 3200 + 3000) / 5 = 2400.
So, jetzt:
Für h_u = 1028 Kapazität an freiwerdenden Betten pro Tag (Rate bei mittlerer Liegezeit von 14 Tagen und ohne Safety-Margin, also a = 1), n = 2400 Fälle pro Tag, u = 2.73% an "heißen Fällen" (die ICU-Betten brauchen), einer Kurve bei den Neuinfektionen, die sich entweder (gemittelt) langsam wieder nach oben krümmt und ein Wachstum von z.B. 1.1 pro Tag hätte (also p = 10%), oder für die man ein derartiges Wachstum "ab jetzt" zumindest erwartet, Messverzugszeit von D = 10 Tagen (falls da noch jemand den genauen Wert kennt, kann er ihn ja mal posten) und Reaktionszeiten von T_R_redux_time = 7 Tage:
f_u = log(1028/2400/0.0273)/log(1.1) - D - T_R_redux_time = 28.9 - 10 - 7 ≈ 12 Tage
Ich nehme mal an, dass übrigens auch keiner wirklich wüsste, was T_R_redux_time in der Realität jetzt so ist... im
Idealfall wäre es 0 bis 1 Tage, wenn es folgendermaßen laufen würde:
RKI stellt kritischen Zustand (also "baldigen Buffer Overflow" laut Hochrechnung ^^) fest, Bundesregierung erhält sofort die Info, Bundesregierung reagiert sofort mit Maßnahmen, am gleichen Tag Pressekonferenz und neue Verordnung o.ä. (alles zusammen sagen wir mal sei T_R_analysis), und am nächsten Tag schon verhalten sich alle gemäß den neuen Maßnahmen (T_R_pending).
Aber real wird der ganze Prozess wahrscheinlich deutlich langsamer ablaufen, v.a. T_R_pending.
Finally: Da ich oben nur mit den Bettenkapazitätsraten bei Vollauslastung gerechnet habe, kriegen wir außerdem vielleicht noch 2-3 Tage "geschenkt"...
Sofern das System vorher noch nicht im Auslastungszustand ist, was es ja derzeit tatsächlich nicht ist, dauert es eine Weile, bis die Betten-"Pipeline" (um eine Informatik-Metapher zu bemühen ^^) gefüllt ist. Dürfte aber wie gesagt keinen großen Effekt haben.
Außerdem unberücksichtigt bleiben Fragen nach genügend Personal, nach genügend *geschultem* Personal, Rückkopplungseffekte durch Personalausfall (etwa durch Krankheit), örtlicher Verteilung der Patienten (aber das schrieb ich ja schon) [alles negative Faktoren] und ob evtl. bis zum kritischen Punkt doch noch neue Bettenkapazitäten aufgebaut wurden [positiver Faktor].
Unterm Strich sollte man aber sein Augenmerk besser mal auf ein ganz anderes Problem richten: Die extreme Abhängigkeit von p (natürlicherweise). Wer will, kann sich mal einen Plot von f_u(p) anstatt von f(den anderen Parametern) machen. Aber die Tabelle reicht auch erstmal:
Code: Alles auswählen
p | log(1028/2400/0.0273)/log(1+p) | f_u
-----+--------------------------------+----
0.05 | 56 | 39
0.10 | 29 | 12
0.15 | 20 | 3
0.20 | 15 | -2
0.25 | 12 | -5
Muss bald nochmal (die Formel raussuchen und...) ausrechnen, welchen R-Werten das entspricht... bei einer Serienlänge von IIRC 4 Tagen ist R wohl etwa bei 1.5 für p = 0.1 und dürfte 2.5 für p = 0.25 sein.
Hoppala hat geschrieben: ↑17 Apr 2020 14:13
Anscheinend meint die Politik (und deren Berater), dass die Belastung fürs Gesundheitssystem bis Anfang Mai so reduziert ist, dass das Experiment "Schulen teilweise und unter Bedingungen auf" gestartet werden kann. Dann dauert es so 2-4 Wochen, bevor sich das in den Zahlen auswirkt. Frühestes dann kan man ggf. wieder gegensteuern, und dann hat's ja noch einen entsprehcenden Nachlauf. Das Zeitfenster müsste sich ab Anfang Mai also eher in 8-12 Wochen, als in 3 Tagen bewegen - ansonsten wär's unverantwortlich.
Die Frage ist: kommt diese Schätzung hin? Denn dann hätte man einen Anhaltspunkt, auf welcher Basis "da oben" die Entscheidungen getroffen werden.
Tja, sorry, da kann ich auch nicht weiterhelfen, niemand hier im Forum ist glaub ich "die Politik" :/.
Bzw. nah genug dran.
Am nächsten dran kommt man vielleicht noch, wenn man das geleakte vertrauliche Regierungspaper aus dem März liest... -
https://fragdenstaat.de/dokumente/4123- ... -bekommen/
- da stehen aber auch nur
Schätzungen für R-Wert-Deltas drin - aus offensichtlichen Gründen, damals wusste man
noch weniger als heute.