inVinoVeritas hat geschrieben: ↑20 Okt 2020 08:51Wie wollen wir denn auf Dauer eigentlich als Gesellschaft mit dem Virus, welches nie wieder (wie 99% aller Viren) gehen wird, leben?
Danke.
Diese Frage habe ich mir (und anderen) seit Ende April/Mai gestellt. Für mich war absehbar, dass nur eine sehr geringe Chance besteht, dass sich das Virus von selbst erledigt. Und alle menschlichen Maßnahmen dagegen müssen notwendigerweise mindestens mehrere Jahre in Anspruch nehmen. Bis dahin wird sich unsere vernetzte, globale Welt , in der mittlerweile alles zusammenhängt, in einigen Bereichen wesentlich verändern (müssen). Das betrifft auch viele Bereiche unseres Freizeitverhaltens, aber auch unserer gesellschaftliche Selbstorganisation. Bisher hat die Menschheit ihre Dinge geregelt, indem entweder ein Chef von oben nach unten bestimmt, oder die Leut sich versammeln und gemeinsam beratschlagen, sich austauschen, sich begegnen. Letzteres ist auf Dauer mindestens beeinträchtigt und wird auf unabsehbare Zeit nicht mehr wie es mal war.
Schon ab Mai hätte man anfangen können, sich über neue Wege und Möglichkeiten Gedanken zu machen. Ich habe alle möglichen Leute angesprochen - da ich auch, in meinem kleinen Bereich, Ideen hätte, die aber halt ausprobiert werden müssen. Und andere haben sicher auch Ideen. Bessere noch dazu. Was Neues muss entstehen. Durchgängige Antwort: "Abwarten." Erst hieß es "ach, im Sommer können wir allse schön draußen machen, und im Herbst ist es durch." Dann hieß es: "Bis zum Winter gibt es Impfstoff." Jetzt reden die Fachleute von Zeiträumen von 1-2 Jahren, bevor das Virus dauerhaft im Griff sein kann.
Wie die Situation Kinder und Heranwachsenden auf Dauer prägt, ist auch ein großes gesellschaftliches Experiment. Die Folgen werden wir erleben, wenn diese Generation im Berufsleben und in der Politik an Entscheiderpositionen aufgerückt ist. Oder sie uns im Altenheim pflegt - auf Distanz ...
Und das halte ich halt auch für das eigentliche Versagen von Politk und Medien. Anstelle der überbordenden und in weiten Teilen irreführenden Zahlenhuberei mal Diskussion über das "wie weiter" anzustoßen. Digitalisierung und Hauptsache, die Wirtschaft rollt weiter allein sind defintiv nicht ausreichend.
Kreativität: Erschreckend gegen Null.
Unsere Welt wird sich verändern. Vielleicht nicht so radikal, als wenn hier fett Krieg tobt. Aber deutlich spürbar. Wir könne das geschehen lassen, oder uns überlegen, welchen Gestaltungsmöglichkeiten es gibt. Um neben dem absehbar Negativen auch Positives aus der Situation zu holen.
Wie lässt sich eine Welt, eine Gesellschaft, die Frieden, Freude und Menschlichkeit (dazu gehört halt auch Kontakt ohne Distanz) ermöglicht, mit Corona gestalten?
Sollten wir wirklich darauf hoffen, dass die vernetzten IT-Systeme (in der Hand weniger globaler Wirtschaftsriesen zweifelhafter Ethik) uns die Nähe anderer Menschen "ersparen"? Und dann in ein paar Jahren ein Impfstoff flächenwirksam in der Welt ist - und dann wird alles wie es mal war?
Macht was draus. Auch wenn das Virus neutralisiert wird - diese weltumspannede gesellschaftliche Erfahrung wird Folgen haben. Abwarten und erdulden oder mitgestalten?
PS: Mir ist klar, dass man solche Gedanken als "poltisch" und damit hier unerwünscht sehen kann. Die Threadfrage "Wie schlimm wir des?" ist für mich aber nur in dieser Richtung sinnvoll in einem Forum diskutierbar: Was tun?*
*PPS: Ich kann nix dafür, dass Lenin diese Worte auch geschrieben hat. Es ist kein Zitat.
PPPS: Dies ist ja nicht die erste Pandemie der Menschheit. Vor 100 Jahren liefen viele Menschen schon mal mit Mund/Nase-Masken durch die Städte. Das Sterberisiko nach einer Infektion war höher. Warum ist von dieser Erfahrung so wenig geblieben? Liegt es nur daran, dass die globale Realtime-Medienwelt damals noch nicht so weit entwickelt war? Warum können wir nicht lernen von früheren, ähnlichen Situationen?
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