Warum das so lang ist:
Achtung,
s e h r lang. Weil die Thematik nur in der Gesamtsicht zu annähernd zutreffenden Aussagen führen kann. Und ich erhebe darauf keinen Anspruch - stelle nur ein paar zwingend zu berücksichtigende "Details" dar.
Wer es also gern kürzer hätte, sollte besser auf Wertungen hinsichtlich der "natürlichen Paarngspräferenzen der Geschlechter" verzichten.
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Dieser Kritikpunkt ist für sich schon ausreichend:
Im Grunde haben andere, insbesondere Giebenrath, schon trefflich in allgemeiner Form auf die verfälschenden Verkürzungen hingewiesen. Insbesondere die aberwitzige Annahme, menschliche Entwicklung in einen Natur- und Kulturzustand zu differenzieren (und ersteres für entscheidender als letzteres zu werten ... jedes Lebewesen hat einen Überlebensdrang. dennoch sind schon - und werden wieder - Abermillionen in Kriege gerannt, die ihrer "Gruppe" noch nicht mal dann was bringen kannn, wenn sie gewinnt ...)
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Warum das Ganze auf dem Niveau von Fake News ist:
Die ganze "Female Choice"-These ist so wie vertreten klassische Fake News. Oder vielleicht eher: Verschwörungstheorie.
Einzelne zutreffende Fakten, deren genauer Entstehungs- und Bezugshintergrund dem Laien unbekannt ist und nur ausgewiesenen Fachleuten auf Anhieb einleuchtet (also dabei auch Fachleuten ähnlicher/verwandter Fachbereiche verwirrt), werden verrührt und mit einer verbreiteten, an mythologische Urängste anknüpfende Erzählung verbunden.
Und weil es richtigerweise unterm Bett dunkel ist, dort bei vielen Menschen Zeug lagert, welches besser verborgen bleibt, und sich dort auch nachweisbar Verbrecher versteckt haben, wird an der Geschichte vom Schwarzen Mann unterm Bett schon was dran sein. Also irgendwas. Vielleicht nicht ganz genauso - aber selbst das ist denkbar, denn die unbestreitbar wahren Tatsachen werden uns ja verschwiegen. Verschleiert. Das hat doch einen Grund!? Allein das ist schon Grund, dass da was dran sein muss! Und haben wir alle nicht ab und an schon mal Angst gehabt vor dem, was unter unserem Bett vorgekrochen kommen könnte? Hand aufs Herz: noch nie aus dem Albtraum hochgeschreckt und befürchtet: da versteckt sich wer? Oder ein Krokodil? Wenn nicht ihr selbst, dann kennt ihr doch jemand? Mindestens habt ihr davon gelesen? Im Film YZ wird es auch gezeigt (aber natürlich lächerlich gemacht, es darf ja nicht sein was nicht sein darf), Nicht leugnen!! Eben! Nur weil wir so konditioniert werden, dass wir uns die Angst gleich wieder selbst ausreden, muss sie nicht nicht wahr sein! Im Gegenteil: schon diese Konditionierung bräuchte man doch nicht, wenn nichts dran wäre. Oder? Fragen wird man doch noch dürfen! Und es ist voll logisch, wenn man sich erst mal aus der aufgezwungenen Gedankenfessel befreit ...
Ich will (und kann, mangels 2 Wochen Urlaub für detaillierte Recherche und Darlegung) nicht im Detail darlegen, was alles an der Female-Choice-Idee und dann noch obendrein an LCs Darstellungen und Fortschreibungen sowie an den zustimmenden oder kritischen Beiträgen im Forum bisher dazu falsch und/oder verfälschend uberücksichtigt bleibt. In der Mehrheit stammen die Fehler aus mangelndem Wissen über die Sachverhalte. Wer sich auch nur ansatzweise einliest mit dem Anspruch, grundlegend zu verstehen, wie Humangeschichte, Genarchäologie, Paläaogenetik, Anthropologie etc. funktionieren und hier zusammenwirken, wird rasch merken, dass es so pseudoklar wie beim "Female Choice" nicht sein kann.
Ich freue mich, dass einige hier ihrem Bauchgefühl, dass da was nicht stimmen kann, schon Audruck gegeben haben.
Das Mindeste bei so steilen Thesen ist, sich zusätzliche flankierende Informationen zu verschaffen (und nicht nur immer vertiefend in die krude Theorie einzusteigen). Auch das ist wissenschaftliches Denken: Wenn Ergebnisse der Vernunft quer kommen, dann sind sie meist auch quer (und unsere "Logik" trügt uns gerad).
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Ein paar wenige, unsortierte Hinweise (zum Selberweiterforschen, wer will.
Wer nicht will, merkt sich vielleicht: "upps, da bin ich besser vorsichtig, statt meine Meinung festzulegen"):
- Die Unterscheidung in "Natur pur" und "Kultur" für die Entwicklung und Fortpflanzungsszenarien beim Homo sapiens ist analytisch nett, praktisch aber unmöglich. Da haben schon andere drauf hingewiesen. Kultur ist eben auch Natur des Homo sapiens. Mindestens müsste ein zeitlicher und räumlicher spezieller Entwicklungsstand abgegrenzt werden, für den spezifische Kulturpraktiken begründet aus der Betrachtung ausgeschlossen werden können - und die dann logischerweise für alle anderen Situationen der Population nicht ohne Weiteres gelten kann.
"Wenn wir vom Menschen mal die kulturellen Ernährungsgewohnheiten abziehen, dann würden sich Menschen rein ihrer Natur nach so und so ernähren." Nur Süßigkeiten! Nur Fleisch! Alle wären von Natur Vegetarier - niemand würde freiwillig einer Kuh in die uagen blicken und sie dann umbringen wollen!! ... Auf Basis solcher Fiktionen kann man völlig beliebig "überzeugende" Thesen aufstellen. So funktionieren Romane mit alternativer Geschichtsschreibung.
- Die Wissenschaften und Methodiken bei der Analyse der genetischen Vererbungswege sind komplex und beruhen auf vielen Voraussetzungen. Ich habe das BestsellerBuch "Die Reise der Gene" (von dem weltweit ausgewiesenen Top-Experten Johannes Krause, Chef des Max-PLanck-Instituts, das solche Sachen erforscht) gelesen und fand es überzeugend. Ich habe iinzwischen Fachkritiken an der Darstellung gelesen und fand da auch einige überzeugend, insbesondere die mit der Schlussfolgerung: "Da wird mehr reininterpretiert, als die Daten sicher an Info liefern." Denn Krause selbst weist darauf immer wieder hin: dass vieles, was er schreibt, sein "best guess" auf Basis der Daten und einiger Theorien ist, und andere Forscher das auch für möglich halten, aber noch keineswegs erwiesen. Und er baut auch schon mal auf best guess den nächsten best guess auf. Völlig korrekt - nur wer hält sich schon mit solchen Details auf, wenn die dann dargestellte Theorie einleuchtend ist ...??
Ich bin halt kein Experte. Woran ich mich aber erinnere (und da ich das Buch verliehen habe, kann ich es nur aus dem Gedächtnis grob wiedergeben: es werden die Möglichkeiten und Grenzen der Genanalyse und der Methodiken zur Rekonstruktion der Menschheitsgeschichte beschrieben. Da gibt es auch nach wie vor einige biochemische und praktische Beschränkungen. So wird einer der wichtigsten Marker, die mDNA, nur von Frauen weiter vererbt. Logisch, dass man dann Männer im Stammbaum seltener bestimmen kann. Im Ergebnis läuft es darauf hinaus, dass weibliches Genmaterial mit heutiger Methodik deutlich einfacher zu analysieren und in seinen Vererbungsverläufen zuzuordnen ist. Ein gewisser "Gender-Gap" ist also der Methode geschuldet. Man weiß schlicht aus Sicht der Genanalyse mehr über die feminie Vererbungslinie.
- Männliche Gene weisen eine höhere Variabilität bei der Vererbung auf als weiblice. Schon allein deshalb ist es schwieriger, auf lange Zeiträume männliche Vorfahren zu bestimmen, ergo kann man mehr weibliche bestimmen. Weil man nun weibliche Vererbungslinien einigermaßen sicher kennt (das füllt, sagen wir: 20 Seiten), aber männliche nicht so präzise (das füllt daher nur 1 Seite), liegt der Schluss nahe, dass deutlich mehr Frauen an der Vererbung beteiligt waren als Männer. Das ist aber aufgrund des "Genderbias der Methode" in den Daten gar nicht enthalten
- die Wissenschaft rätselt über die per Genarchäologie gefundenen Phänomene, dass in den Begräbnisstätten mancher Regionen / Gesellschaften die analysierten Männer über Generationen praktisch ausschließlich lokal seßhaft waren, die analysierten Frauen aber allesamt aus anderen Gebieten zugereist. Noch verrückter: es wurden keine diesen Frauen zurechenbaren Nachkommen gefunden. Vermutlich ein Randphänomen aber eines, dass darauf hinweist: "die Gene lügen nicht, weil sie gar nichts sagen." Sie bedürfen der Interpretation auf Basis weiterer Erkenntnisse und können somit auch trügen.
- Die Idee, aufgrund des Genpools langfristig auf klare Gruppenzugehörigkeiten schließen zu können, unterliegt engen Grenzen. Das Genmaterial aller Menschen ist in weiten Teilen identisch. Tatschlich: wenn morgen alle Menschen bis auf die 200 (beliebige Zahl, die nur grad groß genug sein soll; vielleicht genügen auch 50) Bewohner von Hintertupfingen aussterben würden, blieben noch 85% aller genetischen Variationen der heutigen Menschheit erhalten. Wenn in Hntertupfingen zufällig die Verteilung der sich fortpflanzenden Geschlechter/Individuen deutlich ungleich wär, setzt sich das in späteren Analysen - so man die Vererbungslinien hinreichend genau rückverfolgen kann - eine Zeitlang fort. Ohne dass dies irgendeinen Aufschluss über die "natürlichen" Präferenzen des Hintertupfinger Beziehungslebens ergibt. Aber Vermuten könnte man viel - und das auch noch durch vorfindbare Tatsachen belegt!

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- Es ist vermessen, unter dem Eindruck heutiger Populationsdichten Rückschlüsse auf die Paarungsvorlieben der Menschen invorgeschichtlichen Zeit zu ziehen - also alles, was über rein empirische Vererbung hinaus geht und kulturelle, also humane Verhaltensweisen mit einbezieht. (Das Lustige am Female Choice-Modell ist ja, dass ein "Naturzustand" postuliert wird, der dann zum "vernünftigen" oder "Normal"zustand der
kulturellentwickelten Menschheit erklärt wird.

Mal eben die Rahmenbedingungen grundlegend ändern, aber die zentrale These davon unberührt lassen ...). Letztlich können wir nur aus ein paar Artefakten erahnen, wie Gesellschaften vor 12.000 Jahren organisiert waren, und wie die miteinander umgingen. Der Genpool war letztlich weitgehend identisch zu heute - also alles sehr ähnlich? Schon kleine veränderte genetische Aktivierungen können gravierende Folgen haben, das wissen wir: also völlig anders? Vor 12.000 Jahren: das ist ist so ungefähr das Ende der Altsteinzeit. Also wohl so der letzte noch annähernd "Naturzustand" der Menschheit (wobei die ja auch nicht frei von Kultur war), Auf dem gesamten Erdenrund lebten zu der Zeit so 5 bis 10 Millionen Menschen, also ungefähr die heutige Bevölkerung von New York oder London - verteilt auf die Welt. Allein solche Größenverhältnisse machen deutlich, wie vorsichtig wir bei allen Zuschreibungen aus heutiger Perspektive sein müssen.
Vor 75.000 gab es übrigens einen dieser Flaschenhälse: man schätzt die Weltbevölkerung auf 1000 bis 10.000 Individuen ... und nun noch mal ein Blick aufs "Hintertupfingen-Besispiel" ... also was so ein Flaschenhals an Verwerfungen in den Daten mit sich bringen könnte, die mit den Präferenzen der Population nichts zu tun haben müssen ...
Wer aus solchen Entwicklungen einen fortpflanzungstechnischen "Naturzustand" postuliert, kann auch aus Tarotkarten die Weltgeschichte rekonstruieren.
Usw. usf.
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Ach übrigens:
Geht es nicht eigentlich um Beziehungsverhalten? Ist der ganze Fortpflanzungspart nicht nur ein Teil davon? Und von welcher Bedeutung ist er fürs Ganze? Das dürfte schon wieder strrittig sein und individuellen Vorlieben Raum geben ...
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