Hallo zusammen
Le Chiffre Zéro hat geschrieben: ↑05 Aug 2021 13:54
Nevin hat geschrieben: ↑26 Jul 2021 17:07
Ich wäre vorsichtig, vor allem, wenn man in einer Kleinstadt wohnt.
Ein Bekannter von mir lebt im Norden Deutschlands, ABler und auch er versucht, Frauen anzulächeln, auch wenn er das Ansprechen oder eine irgendwie weitergehende Kontaktaufnahme bisher nicht hinbekommt. Da man sich in seiner Stadt irgendwie vom Sehen zumindest kennt, denn die Stadt ist nur ca. 60.000 EW groß, ist er in den vergangenen Jahren schon häufiger zum Stadtgespräch geworden - so meint er zumindest. [...]
Erstens: Die Deutschen sind generell nicht sehr offen und kontaktfreudig und reagieren irritiert auf diejenigen, die es sind.
Wenn man sich mal ansieht, wie viel Lebensfreude die Menschen in manchen Ländern an den Tag legen, dann muss man schon sagen, dass der Deutsche an sich eher brummelig durch den Alltag geht. Immer auf der Suche ob es nicht irgendwo etwas zu meckern gibt und gerne mit einem langen Gesicht unterwegs. Und wenn sich gerade nichts zu meckern findet, dann muss halt das Wetter herhalten. So wie eine Kundin von mir: Egal was für ein Wetter ist, sie betritt den Laden man begrüßt sie freundlich und bekommt zur Antwort: "Scheiß Wetter!"

Kein "Guten Tag." oder sowas. Und es ist absolut egal ob die Sonne scheint, es regnet, Schnee liegt oder was auch immer. "Scheiß Wetter!"
Vor ein paar Jahren hatte ich ein interessantes Erlebnis in einem ICE: Ein australisches Ehepaar befand sich augenscheinlich auf dem Weg nach Hause. Ich sass in der Nähe und konnte hören wie die Frau, nachdem sie eine Zeit lang die Fahrgäste im Zug beobachtet hatte, auf Englisch sinngemäss zu ihrem Mann sagte: "Weißt du was mir aufgefallen ist? Die Menschen hier in Deutschland lachen so wenig. Die machen alle ein mürrisches Gesicht."
Zweitens: Für Norddeutschland (= alles nördlich einer Linie von Bremen nach Lüneburg) gilt das zehnfach. Der Norddeutsche ist unterkühlt, wortkarg, sehr distanziert und wenig begeisterungsfähig – in Hamburg mehr als in Nordniedersachsen und in Schleswig-Holstein nochmals mehr –, und wer das nicht ist, ist von vornherein suspekt. Wo der Kölner überschwenglich seine Begeisterung über etwas zeigt, brummelt der Kieler nur ein: „… is’ eigentlich nich’ ganz scheiße.“ Und in der Provinz ist das sogar noch schlimmer.
Ich habe die Norddeutschen bisher eigentlich immer als nett und freundlich empfunden. Allerdings war ich auch immer als Tourist da und wenn man da wohnt, sieht die Sache sicherlich anders aus. Hier wäre interessant zu wissen, ob der Kumpel von Nevin dort geboren und aufgewachsen ist, oder ob er als Fremder in die Stadt gekommen ist.
Als ich den Post von Nevin gelesen habe, kam mir das irgendwie komisch vor. Warum gilt jemand als Sonderling, wenn er andere Menschen grüßt? Das ist doch eigentlich nett, aber nicht sonderbar. Ich grüße auch regelmassig Leute, die mir auf der Strasse begegnen und die meisten Menschen grüßen freundlich zurück. In den seltensten Fällen wird man komisch angeguckt. Deshalb kam mir das komisch vor.
Allerdings könntest du die Erklärung geliefert haben. Der Rheinländer, bzw. der Kölner im Besonderen, ist tatsächlich im Vergleich zu den Menschen in anderen Regionen ziemlich offen. Gerade heute Morgen durfte ich das wieder erleben. Der Rheinländer an sich kommt sehr schnell mit anderen in Kontakt. Das könnte auch erklären, dass man hier die Menschen auf der Strasse grüßen kann ohne als Sonderling zu gelten...
Drittens: Je kleiner die Ortschaft, desto öfter begegnet man denselben Menschen, desto schneller wird man bekannt wie ein bunter Hund. Und 60.000 Einwohner sind gerade für Schleswig-Holstein noch nicht einmal wirklich eine Kleinstadt – was, wenn derjenige wirklich in einer Kleinstadt wohnen würde, also mit unter 10.000 Einwohnern? Oder gar in einem der vielen und gern auch winzigkleinen Dörfer?
Wobei man in der Großstadt auch nicht unbedingt anonym ist. Wenn ich hier in Köln durch mein Veedel gehe, dann bin ich hier auch ziemlich bekannt. Und damit meine ich nicht, dass ich negativ bekannt bin! Im Veedel gilt: Man kennt sich, man hilft sich. Aber auch das gibt es: "Habt ihr schon jehört? Der Schmitz hätt sich vun singer Frau jetrennt! Dat wor e su: ..." Also auch hier lebt man nicht anonym und das obwohl Köln eine Millionenstadt ist.
Allerdings gibt es hier in Köln eine Regel:
Jeder Jeck is anders und jeder anders jeck! Mit anderen Worten: Hier kann jeder so sein, wie er will. Manchmal habe ich das Gefühl, dass man hier in Köln eher die Menschen schief anguckt, die "normal" sind...
Wenn eine rheinische Frohnatur aus Köln ein Jahr lang in Neumünster herumläuft und alle freundlich anlächelt, fragen die Neumünsteraner sich, was der für Drogen nimmt. In Köln würde derjenige gar nicht auffallen.
Ich glaube im Vergleich zum Rest von Deutschland hat der Kölner tatsächlich eine sehr offene, lebensfrohe Einstellung. Egal on Norddeutschland oder Bayern: Man hört sehr oft, dass es dort sehr lange dauert, bis man dazu gehört. Hier in Köln ist das anders! Wenn du hier als Fremder in eine Kneipe gehst, dann heißt es: "Drinkste ene met?" Man findet hier in Köln recht schnell Kontakt zu den Menschen.
Allerdings hat der Kölner auch öfters die rosarote Brille auf. Er versucht halt immer alles irgendwie positiv zu sehen. Das zeigen auch schon die ersten drei Artikel des Kölschen Grundgesetzes:
- Et is wie et is
- Et kütt wie et kütt
- Et hätt noch immer jot jejange
Der Kölner versucht immer sich seinen Humor zu bewahren und positiv zu bleiben. Egal was ist. Und das finde ich dich eigentlich sehr positiv.
Mal ein Beispiel: Vor ein paar Jahren ist ein Nachbar gestorben. Er war Fan des 1.FC Köln. Bei seiner Beerdigung wurde auf dem Friedhof also die FC-Hymne gespielt. Und was machte die Trauergemeinde? Sie hörte auf zu weinen und es wurde mitgesungen! Zugegeben, es wirkte etwas skurril. Man ist auf einer Beerdigung und singt die FC-Hymne. Aber dat is Kölle! Das ist das typische Lebensgefühl dieser Stadt und ihrer Menschen.
Wer meine Beiträge kennt, der weiss ja, dass ich den großen Wunsch habe an den Bodensee zu ziehen. Aber die Mentalität der Rheinländer, besonders der Kölner, ist dann wieder der Punkt, an dem ich anfange zu überlegen, dass es vielleicht doch richtiger ist hier zu bleiben. Hier gehört man hin! Hier bin ich geboren, aufgewachsen und ich kenne die Mentalität. Ich lebe ja selber diese Mentalität. Et is halt die Heimat! Und man hört auch immer wieder von Leuten, die von ausserhalb hier nach Köln kommen, dass die Menschen und ihre Mentalität einzigartig und offen ist.
Wenn ich so an die Mentalität der Menschen denke und an ihre Eigenheiten, ihre Lebensfreude, ihre offene Art, die kölsche Sprache usw. dann stelle ich doch fest, dat uch ich ene Kölsche Jung bin...
