Grüblerin hat geschrieben: ↑09 Dez 2022 14:01
Wer bei Prostituition an Freiwilligkeit glaubt, der glaubt auch noch an den Weihnachtsmann....
Definiere mal "freiwillig". Gehen Reinigungskräfte für mobile öffentliche Toilettenanlagen freiwillig zur Arbeit? Ist es Zwang, wenn junge Frauen glauben, unbedingt einen Porsche fahren zu müssen, den sie sich vom Lehrlingsgehalt aber unmöglich leisten können?
Hoffentlich wird bald das Nordische Modell umgesetzt ... mehr fällt mir da nicht ein.
Ich hoffe ja eher auf ein Modell, in dem jede Form ausbeuterischer Beschäftigung oder Zwangsarbeit - egal ob osteuropäische Bauarbeiter oder zentraleuropäische Prostituierte - unterbunden wird.
Das Nordische Modell ist letztlich auch nur ein Ansatz, das Problem durch Verbote zu umgehen. Und oberflächlich ist es natürlich erfolgreich - die Dunkelziffer ist nun mal unsichtbar. Aber ich persönlich glaube einer Aussage wie "Es gibt keine Prostituiertenmorde" nur, wenn sie durch "und auch keine Morde an Frauen, von denen nicht bekannt ist, ob sie sich prostituieren" ergänzt wird.
Meiner Meinung nach sollte der Schutz der Prostituierten vor Ausbeutung durch Zuhälter, vor übergriffigen Freiern und vor sozialer Ächtung im Vordergrund stehen. Was nützt es, dass Prostituierte ihr Honorar einklagen können, wenn nur in den seltesten Fällen ein Gewerbe angemeldet ist oder der Name des Kunden bekannt ist? Die schwarz arbeitende Prostituierte ist genauso schutzlos wie der schwarz arbeitende Friseur - wenn nach erbrachter Dienstleistung die Zahlung verweigert wird, kann er nur unter Inkaufnahme eigener Nachteile zu seinem Geld kommen. Genauso wie auch der Freier schutzlos ist, wenn die Dame nach erfolgter Zahlung keine angemessene Leistung liefert.
Das beste Mittel gegen Schwarzarbeit ist die Verfügbarkeit attraktiverer legaler Angebote. Natürlich wird es immer einige Leute geben, die sich aus Kostengründen daheim am Küchentisch die Haare schneiden lassen, aber die Mehrheit bevorzugt dann doch die qualitativ hochwertige (und im Ernstfall mit Schadenersatzanspruch verbundene) Behandlung im Salon. Und auch viele Friseur:innen arbeiten eher für 15 €/Stunde im Salon, als inoffiziell für 15€/20-Minuten-Haarschnitt beim Kunden zu Hause. Warum wohl?
Ich weiß nicht, was genau passieren müsste, damit das im Bereich Prostituion auch funktioniert. Aber ich bin ziemlich sicher, dass eine Kriminalisierung - egal ob der Freier oder der Dienstleisterinnen - nicht dazu beiträgt, dass sich attraktive legale Angebote entwickeln.