Settembrini hat geschrieben: ↑31 Aug 2023 17:22
Dass die Verhaltensmuster unseres gesamten Lebens (auch) durch unsere Kindheit und somit (auch) durch die Beeinflussung durch die Eltern geprägt ist, wäre hier meines Erachtens nach zu unterstreichen. Ansonsten hätte eine Eltern-Kind-Beziehung keinen Sinn, auch nicht im positiven Bereich.
Natürlich spielt unser Verhaltensmuster aber auch in ganz anderen Erlebnissen der Vergangenheit eine Rolle, als da wären: Freundschaften, eigene Genetik und sonstige Einflüsse wie Verwandte, Lehrer, Erzieher, Zufallsbegegnungen. Denn es ist keineswegs so, dass der Mensch nur einzig und alleine durch sein Elternhaus zu dem wird, was er ist.
Hallo Settembrini
Ich denke ebenso, dass der Umgang miteinander und auch mit Liebe und Sexualität gelernt ist.
- [+] Exkurs
- Ich glaube, in meinem Fall spielte auch noch eine andere Generation der Eltern (im Vergleich zu den zu mir Gleichaltrigen) eine Rolle und eine andere gesellschaftliche Blase, in der ich groß geworden bin. (Es gibt ja, hab ich aber nur von einer ehemaligen Userin hier aufgeschnappt, auch eine Ungleichzeitigkeit s. Bloch in Gesellschaften).
Heißt in meinem Fall, dass mein Vater bei der Zeugung schon 50 J alt war und mein Umfeld eher so mental und auch im Umfeld im Nachkriegszustand festhing (wohnte irgendwie zwischen Fabrikruinen, Tieren (war cool)- Mutter Analphabetin, Vater in der Fabrik gearbeitet,
beide tranken (war nicht cool ).
Als ich dann nach der Grundschule, die noch angenehm durchmischt war, auf die weiterführende Schule geriet, partout zur Hauptschule wollte,
aber von den Lehrern zwangskomplimentiert wurde zum Gymnasium, war ich wie in einer fremden Welt der Kleinbürgerlichkeit, des Mittelstands, der mit Fürsorge und mit Selbstachtung gesegneten und Hobby erprobten Gleichaltrigen, und fühlte mich da nur klein und desorientiert und auch mittellos.
Die Modelle der Beziehungsanbahnung der anderen, die ich dann als Jugendliche mitbekam, waren ebenso wie von einem anderen Stern. Wenn da die ersten Parties und Knutschereien stattfanden, wie leicht und recht selbstsicher sich da andere fanden, wie gut sie sich fanden und präsentieren konnten, wie locker umgehen, da war ich total draußen (auch in mir drin).Ich war dann introvertiert und schüchtern, unsicher, und war damit auch nicht für die "coolen Rebellen" geeignet, um mir wenigstens ein paar Drogen einzupfeifen und auf diesem Weg vielleicht die ein oder andere Erfahrung oder ein Gruppengefühl zu bekommen.
So blieb ich dann entweder A) alleine oder in meiner Phantasiewelt B) an meine Herkunftsfamilie gebunden, die zuvor schon meiner Entwicklung eher gebremst /ignoriert/ behindert hat bzw entschied mich aus Leidensdruck dann irgendwann für C) Therapie. Diese half mir, wenigstens mein Leben irgendwie halbwegs auf die Reihe zu bekommen, aber unter der Last schon von "psychischen Besonderheiten".
Mein Bild von Beziehung und auch zu mir selbst formte die Therapie eher theoretisch, da setzte ich mir dann selber Herausforderungen oder forschte hier und da nach, damit es auch mehr ins "fühlen" ging.
Einen großen Einfluss hatten in meinen 20ern auch Brieffreunde, für mich wirkten diese Freundschaften belebt, die Realität hingegen
etwas sprachlos, flach, banal. Diese Brieffreunde hatte ich übrigens auch über eine Annonce kennengelernt Sie waren allerdings auch eher Seitengänger in der Gesellschaft, Beobachter,....Ich fands toll. Brachte halt in der direkten Interaktion, die ggf lebensformend wird (dass man dann in Haus und Beziehung ist, ggf ein Kind hat), nicht weiter.
Manchmal fand ich es auch sehr schade, wenn ich manche Menschen an dieses "normale Modell" verlor, keine Zeit mehr blieb für die nichtsnutzigen Dinge, Ideen und Spinnereien.
Settembrini hat geschrieben: ↑31 Aug 2023 17:22 Wir wurden zu Werten erzogen, dich ich aus heutiger Sicht grundsätzlich nur bejahen kann; zu Hilfsbereitschaft, Freundschaftsprioritäten und Sympathie. Uns wurde gezeigt, dass ebendiese Werte ganz oben auf der Richterskala stehen und unser Trachten dorthin gehen sollte. So habe ich mein ganzes Leben fast schon verzweifelt versucht, überall das Gute im Menschen zu sehen und mit möglichst allen Mitmenschen auch gut auszukommen.
Das klingt nach einer guten Basis, um im Leben und mit Menschen allgemein zurecht zu kommen.
Settembrini hat geschrieben: ↑31 Aug 2023 17:22Sexualität oder partnerschaftliche Liebe hingegen schien es nirgendwo zu geben. Als ich mit 8 Jahren in der Schule im Hau-Ruck-Verfahren allumfassend aufgeklärt wurde und erfuhr, wie die Babys denn nun wirklich in die Bäuche der Mütter hineinkamen, war ich geschockt und überlegte, dass das doch wohl nicht des Rätsels Lösung sein könne!
Da kam dieser Aspekt, ein sexuelles Wesen zu sein, wohl nicht vor.
Settembrini hat geschrieben: ↑31 Aug 2023 17:22Was ich aber niemals schaffte, war das Überschreiten der Grenze zwischen Freundschaft und Liebe. Dieser Weg war sowohl von mir zum Ziel als auch vom Ziel zu mir versperrt.
Die Frage wäre vielleicht, ob man sich selber als sexuelles Wesen begreifen kann? Ob man das nachlernen kann?
Es in die Identität aufnehmen?
Könnte schon sein dass da so ein paar prüde Introjekte und Tabus auftauchen.....oder Niemandsland.
Settembrini hat geschrieben: ↑31 Aug 2023 17:22 Ich lernte wegen dieser (Einzel)-Therapie viele Frauen kennen, liebevolle, nette, langweilige und unsympathische.
Konkrete Treffen haben und sich das trauen und zulassen, ist doch schon ein Riesenschritt, finde ich. Andererseits kostet es auch Kraft, sobald Hoffnung involviert ist.
Settembrini hat geschrieben: ↑31 Aug 2023 17:22Und ich durfte auch im seltenen Falle dessen, dass ich mich in eine von ihnen verliebte, feststellen: Sie waren nicht fähig, mich zu lieben. Sie waren fähig, mich zu mögen. Egal, welche Offenbarungen, Liebesbriefe oder sonstige Kommunikationsmöglichkeiten ich für diese Liebeserklärungen auch anwandte.
Das erscheint mir etwas zu vermischt und undifferenziert.
Du schreibst dir wenn ich das so richtig lese, die Eigenschaft zu, dass das Gegenüber / die Frau dich nicht lieben kann oder dich als Mann sehen kann.Als wäre da eine feste Eigenschaft in dir, die auf ALLE Frauen so wirkt.
Das würde ich jetzt nicht glauben.
Da würde ich zum einen eher die Stichprobe größer machen (mehr als 100), zum anderen konkretes Feedback von jeder Frau einholen, wo sie gerade steht, was gerade ist im Miteinander, ob es etwas mit deiner Wirkung zu tun hat.
Es gibt ja auch genügend Gründe, die in jeder Frau liegen. Oder dass Rahmenbedingungen nicht passen, Werte nicht zusammenpassen, ect....
Natürlich kann es auch sein, dass eigene Merkmale mit beitragen, Hemmungen, Intellektualisierung, Zurückhaltung, ect, die in dem Moment
"das Feuer nicht weiter bringen". Manchmal können auch noch ältere Traumata bestimmte Gefühle und Bereiche der Lebendigkeit blockieren.
Das ist dann nicht einfach, andere Erfahrungen zu machen, aber ich sehe es nicht als fest geschrieben und völlig unmöglich an.
Settembrini hat geschrieben: ↑31 Aug 2023 17:22Und ich begriff für meine ureigenste Welt: Liebe war für mich immer mit negativen Folgen behaftet gewesen. Ich litt stets wegen ihr. Denn ich ersehnte, was es niemals gab. Bis ich erkannte, dass „keine Liebe“ für mich gesünder war als eine „unerreichbare Liebe“. Denn wegen des Zweiten wurde ich ernsthaft seelisch krank.
Das klingt sehr frustrierend. Und unerwiderte Liebe tut bei einem ersten Aufkeimen von Hoffnung besonders weh.
Ebenso wenn man glaubt, es liegt an einem selbst und ist unabänderlich.
Ich würde da auch nur losziehen, wenn ich eine gewisse Klarheit hätte, ein gewisses Knowhow, da innerlich was erkannt zu haben,
und zu wissen, was überhaupt ich möchte und was wohl lebbar sein könnte. Den Zug als abgefahren für immer sehe ich nicht;
genauso könnte ich mich theoretisch umentscheiden, "es lohnt sich, ich wage es", sollte sich doch etwas auftun und es ist stimmig und lockt einen Schritt in die Realität- Aber da fehlt es mir an Vorstellungskraft und Plan, wie das überhaupt vonstatten gehen sollte.
Der Zug abgefahren wäre für mich, wenn ich mein Leben nicht mehr selbständig auf die Reihe kriege und ggf. nur noch um körperliche Gebrechen kreise oder mich komplett innerlich verloren hätte.