Xeule hat geschrieben:Ich habe auch sehr viele Comic zu Hause. Ganz offen im Regal. Lustiges Taschenbuch, Micky Maus, Asterix & Obelix, Lucky Luke.
Damit hast du genau den Punkt zwischen den Stühlen getroffen, der sehr kritisch ist. Das ist nämlich ausnahmslos genau das Material, das im Supermarkt im Zeitschriftenregal ganz unten im Kinder-zum-Quengeln-Bring-Bereich liegt.
Gehört sie der Mehrheit an, die es nicht tolerieren kann, daß man als Mann Comics liest, wird sie das als Kinderkram abtun. Ein paar Barks-/Rosa-Compilations oder ein paar andere frankobelgische Titel würden das schon dämpfen können, aber gerade diese Supermarktware ist exakt das, was die breite Masse mit "Comics" und vor allem mit "Comics für kleine Kinder" assoziiert. Wie gesagt, das trifft nicht auf alle Comics zu – Graphic Novels, beispielsweise Alan-Moore-Titel wie
Watchmen oder
V wie Vendetta, lösen eher eine "Ach, das gibt's auch?"-Reaktion aus als eine "Gott, was für ein Kindskopf, liest noch Comics für kleine Kinder"-Reaktion; die wären aber neben wöchentlichen
Micky Maus-Heften ein sehr harter Kontrast. (Gut, es gibt auch noch die ganz Verbohrten, die Rolf Kaukas
Bussi Bär, Robert Crumbs
Fritz the Cat und Art Spiegelmans
Maus über denselben "Comics sind für kleine Kinder"-Kamm scheren.)
Aus diesem Grunde wirst du auch bei der Comicliebhaberin anecken. Die hätte an sich Verständnis dafür, daß man als Erwachsener Comics liest. Aber diese Supermarktware, die sich kaum ein Comichändler zulegt (außer vielleicht alle paar Jahre, um auf dem Hype des jeweils neuesten Asterix-Titels mitzuschwimmen)? Okay, das LTB wird mittlerweile mehr an Alt-LTB-Leser vermarktet als an Kinder, aber der Eindruck bleibt. Zusätzlichen Mißkredit bringt, wenn du tatsächlich von (Zitat) "Asterix und Obelix" (Zitat Ende) redest. Von einem Comicenthusiasten, der sich auch woanders informiert und eindeckt als im Supermarkt, sollte eigentlich erwartet werden, daß er von seinen bevorzugten Serien die korrekten Titel kennt, und das ist in diesem Fall
Asterix.
An sich ist an
Asterix und
Lucky Luke nichts auszusetzen; die Kombination macht's. Es würde gleich einen ganz anderen Eindruck machen, stünden sie zusammen mit weniger bekannten anderen Goscinny-Titeln (z. B. der schon lange nicht mehr produzierte
Isnogud), Uderzo-Titeln (z. B. der noch obskurere
Mick Tanguy) oder gar dem kurzlebigen
Umpah-Pah, den beide gemacht haben, bevor sie auf die Gallier umschwenkten. Das zeigt, daß man weiß, was man da im Regal hat. Oder zumindest andere frankobelgische Titel, für die man sich schon in eine größere Buchhandlung oder einen dedizierten Comicladen begeben muß.
Tim und Struppi (prä-"Der blaue Lotos" zeugt vom Sammler),
Spirou & Fantasio (am besten noch als Kontrastprogramm Franquins eigenes Kontrastprogramm
Gaston daneben),
Michel Vaillant o. ä.
Eine Comicsammlung, die komplett aus Titeln besteht, die der unkundige Betrachter samt und sonders schon beim Lebensmitteldiscounter gesehen hat, und die sich mit seiner klischeehaften Vorstellung von Comics zu 100% decken, kann sehr schnell nach hinten losgehen. Das zu rechtfertigen, ist möglich (Hintergrundwissen, das nicht sowieso schon jeder hat, etwa, woher gewisse Charaktere in
Lucky Luke kommen, weniger bekannte Anspielungen in
Asterix, Infos zu den Disney-Autoren und besonders -Zeichnern oder gar die Vergangenheit von
Lucky Luke, bevor René Goscinny die ganze Reihe stilistisch umgekrempelt hat), jedoch schwierig (der unkundige Betrachter muß überhaupt erst daran interessiert sein, was du zu den Serien zu erzählen hast). Sobald er sich aber fragt: "Was ist das denn?", weil er Titel vor sich sieht, die ihm eben nicht ständig beim wöchentlichen Einkauf begegnen (am besten solche, die er selbst seit Jahrzehnten nicht mehr gesehen hat), ist klar: Das ist nicht einfach ein Kindskopf, der sich irgendwelche Heftchen mit bunten Bildern kauft, sondern ein Enthusiast, der auch mal gute Comicreihen sucht und sogar da gezielt kauft, wo er nicht sowieso ständig einkauft.
← Das da sind keine Klaviertasten. Es sind Synthesizertasten. Doch, da gibt es Unterschiede.
Ich kann es euch erklären. Ich kann es aber nicht für euch verstehen. Das müßt ihr schon selbst tun.
INTJ nach Myers-Briggs