Tintenmalerin hat geschrieben:
Mich würden eure Erfahrungen mit dem Thema interessieren.
Also was kann man gegen eine Sozialphobie machen? Was hilft?
Was traut ihr euch noch gerade so zu?
Ich hatte eine diagnostizierte soziale Phobie. Zunächst mal war ich total von den Socken, als mein Therapeut gesagt hat "Sie haben Angst." Ich habe da mit einer Mischung aus Belustigung und Erstaunen darauf reagiert. Erst nach und nach wurde mir klar, dass er recht hatte und ich aus Angst vielen sozialen Situationen (nicht nur solchen im Kontext Beziehungsanbahnung/Dating etc.) ausgewichen bin. Seine Strategie für mich, aus diesen Ängsten rauszukommen, war folgende (Verhaltenstherapie):
1. Im Rahmen der Therapie die Situationen gedanklich durchspielen, vor denen man Angst hat. Das war bei mir eine Übung in vielen Therapiesitzungen. D.h. wenn man vor dem Telefonieren (um das es ja hier zuletzt ging) Angst hat, dann versetzt man sich zunächst einmal gedanklich in die Situation, dass man jemanden anrufen muss. Nicht nur allgemein, sondern ein konkretes Telefonat - z.B. beim Arzt, um nach den Untersuchungsergebnissen zu fragen. Und in diesem Gedankenspiel überlegt man sich, vor welchen Situationen beim Gespräch man Angst hat. Z.B. befürchtet man, den Faden zu verlieren oder zu stottern o.ä. Alleine dieses "Durchspielen" der angstmachenden Situation im Kopf hilft, weil es das diffuse Angstgefühl im Kopf aufdröselt und es in viele kleine "Einzelängste" zerlegt. Wenn man die dann mal eingrenzt und z.B. im Rahmen einer Therapie in Worte fasst, dann wird einm schon mal beim Aussprechen klar, wie irreal einiges davon ist. Das, was dann an Ängsten noch bestehen bleibt, wird im Therapiegespräch erörtert.
2. Die Angst mit realen Erlebnissen bekämpfen: D.h. sich den Ängsten stellen und (beim Beispiel "Telefonieren") kleine Schritte machen und sich konfrontieren. Wie gesagt, "kleine Schritte" - also besser am Anfang kein dreistündiges Telefonat mit einer Behörde anfangen
sondern zunächst vielleicht nur ein paar kurze Gespräche, in denen man Auskünfte erbittet... "ruf im Laden XY an und frag, wie lange heute Abend geöffnet ist", "reservier einen Tisch im Restaurant ABC" usw. Wenn man während dieser Telefonate Angst verspürt, ist das Thema für die nächste Sitzung beim Therapeuten. Dann steigert man sich nach und nach, führt längere und komplexere Telefonate. Und irgendwann stellt man (im Optimalfall) fest, dass die Ängste weg sind.
Das hat bei mir super funktioniert. Im "all in"-Thread von Arsonist habe ich geschrieben, dass es mir ähnlich ging wie ihm, als ich die ersten Male Frauen nach einem Treffen gefragt habe. Mit der o.a. Methode war ich schnell so weit, dass das für mich zu der ganz normalen Angelegenheit wurde, die es eigentlich ist.