Schreiwettbewerb: Was ich während der Bundeswehrzeit erlebte

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Lion

Schreiwettbewerb: Was ich während der Bundeswehrzeit erlebte

Beitrag von Lion »

"Schrei"-Wettbewerb ist schon richtig. Die Sachen waren auch zum schreien.
Hoffe es machen noch ein paar mit, die ihre krassesten Erlebnisse beim Bund schildern.

Hier ein paar weniger krasse Dinge, bevor ich zu meinem Wettbewerbsbeitrag komme:

Was ab und zu mal vorkam war, dass sich ein Kamerad des Nachts und mit Restalkohol im Blut in der Tür irrte und nicht die Toilette erwischte - sondern die bewohnte Stube nebenan. Deren Bewohner rieben sich dann verwundert die Augen, wenn der "Kollege" sich an den Heizkörper stellte, im Wahn, dass sei das Pissoir.

Ein weniger beliebter Kamarad wurde -tief schlummernd- mitsamt Bett über mehrere Etagen durchs Treppenhaus getragen und im großen Unterrichtsraum unterm Dach abgestellt. Muss ein bewegendes Gefühl sein, morgens überraschender Weise in einem riesigen, menschenleeren Saal aufzuwachen.

Beliebt war auch das "Spind-umdrehen". Spind = Schrank, in dem alles sehr ordentlich aufbewahrt wurde: Klamotten, Essgeschirr usw. Der Spind wurde dann mit mehreren Leuten um 360 Grad gedreht und wieder richtig hingestellt. Innen drin sah es natürlich leicht chaotisch aus.

In der Stammeinheit haben die Jungs von der Sicherheitsstaffel (harte Jungs, viel Muskel, wenig Hirn) bei ihren Feiern immer das ganze Gebäude mit den Wandhydranten geflutet und gerne auch mal die Flag-Kanone (die zur Zierde auf dem Kasernengelände stand) auf das Fenster ausgerichtet, in dem der Kasernenkommandant sein Büro hatte. Wenn der dann morgens aus dem Fenster blickte, wusste er, was einige von ihm hielten.

Ok, das war alles harmlos, jetzt kommt die schwere Sache. Sanfte Gemüter möchten an dieser Stelle abbrechen.

Als ich in der Grundausbildung war (für Nicht-Gediente: das sind die ersten Monate beim Bund, wo man alles Wesentliche vermittelt bekommt. Dort ist man dann wirklich "kaserniert" und wird mehr oder weniger gedrillt. Später in der heimatnahen Stammeinheit geht es dann wesentlich lockerer zu) ...

Also: als ich in der Grundausbildung war, da waren erstmalig auch Leute aus der ehemaligen DDR dabei. Diese hatten eine um drei Wochen verkürzte Grundausbildung, da in den Ost-Kasernen akuter Personalmangel herrschte und man diese Leute dringend früher in den Stammeinheiten brauchte. Wir ausm Westen mussten natürlich die vollen drei Monate bleiben und "durften" den Ostlern bei der obligatorischen Abschiedsfeier (= Saufgelage) am Vorabend des letzten Tages zusehen, weil wir ja am nächsten Tag ganz normal Dienst tun mussten. Soweit, so normal.

Am nächsten Morgen bin ich dann früh um 5 aufgewacht (man musste so früh aufstehen - irgendwann hatte man das verinnerlicht) und mich gewundert, warum die Nachbarbetten (die ebenfalls mit Wessies belegt waren) teilweise leer waren. Die zwei Ostler lagen schnarchend in ihren Kojen.

Augenblicke später tauchte einer der Bettnachbarn auf und fragte mich, ob ich denn nicht mitbekommen hätte, was los gewesen sei. Ich verneinte dies.

Vorgefallen war jenes: Einer der Ost-Kamaraden war ziemlich betrunken spät nachts in die Stube gekommen und hatte sich ins Bett geflenzt. Soweit, so normal. Anschließend wäre er jedoch verwirrt aufgewacht, wäre quer durch Zimmer gelaufen, hätte sich in die Ecke gesetzt (wo zufällig ein "Stern"-Magazin auf dem Boden lag) und wohl angenommen, diese Zeitschrift sei eine Toilettenschüssel. Ich erspare mir Details, denn es ging nicht um das "kleine Geschäft".

Die Kameraden aus den Nachbarbetten hätten dann den Schlamassel weggemacht, einer mit Gasmaske (praktisch, wenn man so ein Ding im Schrank liegen hat) und wären aufgrund des Geruchs ins Nachbarzimmer geflüchtet, wo noch ein paar Betten frei waren.

Die Krönung war dann der Spruch desjenigen, der die Sache verursacht hatte, am nächsten morgen. In Anbetracht dessen, was er da getrocknet am Bein hatte, dachte er wohl an eine imaginäre Geländeübung und meinte "Eh, ich habe voll den Waldboden am Bein". Er wurde dann über den Vorfall aufgeklärt und war peinlich berührt, als er erfuhr, was das da am Bein war. Er hat dann noch -obwohl letzter Tag- freiwillig den gesamten Boden gewischt und gebohnert. Er war übrigens ansonten ein Typ, der in Ordnung war, aber im Suff ...

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