Hallo nochmal,
ich bin mir nicht sicher ob es ok ist den thread zu kapern würde aber gern noch antworten. Frage an Josch, falls er noch mitliest: Sollten wir das hier verlegen?
WishIWasAsexual hat geschrieben:
Was Du schreibst kommt mir durchaus bekannt vor. Anfang dieses Jahres, war mein Mitbewohner für 2 Monate wegen Praktikum nicht zuhause und ich war allein. Ausser dem täglichen Einkauf am Abend sah ich keine Menschen, war den ganzen Tag zuhause und hatte keinen Besuch. Zuerst dachte ich, ich würde etwas Einsamkeit geniessen, musste aber schnell feststellen, dass es mir gar nicht gut ging. Da habe ich gelitten, was mit niemandem ausser mir selber etwas zu tun hatte. Das fand ich insofern erschreckend, weil ich sobald die € es erlauben von hier ausziehen und eine eigene Wohnung haben will. Dafür muss ich aber natürlich in der Lage sein, mit mir alleine klarzukommen.
Dann ist Dir der erste Zusammenhang zwischen Leiden und inneren Prozessen schon sehr viel bewusster als vielen Menschen. Das ist ein guter Startpunkt! Auch das Du merkst, dass Du etwas tun musst wenn sich Deine Wohnsituation ändert!
Lustigerweise haben wir da eine Parallele. Ich bin nach dem Studium aus finanziellen Gründen in eine WG gezogen mit dem Ziel nach spätestens nach einem Jahr etwas eigenes zu suchen. Kam dann alles anders. Aus der ZweckWG wurde aus der Not heraus meine erste Wahlfamilie und wir sind mittlerweile gemeinsam in was Größeres umgezogen.
WishIWasAsexual hat geschrieben:Amethyst hat geschrieben:Das tun sie meiner Erfahrung nach so lange bis ich mich diesen Gefühlen liebevoll zuwenden und sie ernst nehmen, aushalte und annehme.
Denke nicht zu verstehen, was das konkret bedeutet.
Ich kann mir aber auch nicht vorstellen, dass diese Gefühle irgendwann verschwinden, denn sie werden immer wieder aufs Neue ausgelöst und dafür bin ich ganz alleine Schuld. Jedes mal, wenn ich etwas wichtiges vergesse, irgendwo zu spät komme, keine Motivation habe um eine Arbeit zu erledigen oder dafür zu lange brauche. Das sind so ein paar Beispiele. Da ist ja ausser mir niemand dafür verantwortlich. Die Ursache steckt in mir selber und wie sollte ich mich davon distanzieren können?
Manchmal braucht es nicht einmal einen Auslöser... Wache auf und fühle mich einfach schlecht.
Ja. Das kenn ich gut. Ich vermute Du hattest wie ich in der Kindheit kein Vorbild das Dir versucht hat zu zeigen wie man für sich selbst sorgt. Wir lernen meistens wie man für andere sorgt und das wir für uns selbst zwar zuständig sind, aber sorgen tun wir uns doch bitte um andere sonst sind wir selbstsüchtig. Kennst Du Dich darin wieder?
Was Dein Beispiel angeht: Versuch Dir mal vorzustellen, Du wärst ein Erforscher. Was würde der machen, wenn jemand mit Deinen Worten käme?
Zuerst mal die Fakten anschaun: Also - da hätten wir:
Du kommst nicht zu einem vereinbarten Zeitpunkt.
Du brauchst für eine bestimmte Arbeit eine Zeitspanne X.
Was macht der Forscher bisher anders als das wie Du denkst? Er wertet nicht aus. Er beobachtet. Er denkt auch nicht in Schuld Kathegorien. Die sind irrelevant.
Dann kommt der zweite Schritt des Forschers. Die Frage nach dem Warum! Hier fängt er an nach Zusammenhängen zu suchen. Wiederholbare Ursache - Wirkung sind den meisten Forschern die liebsten
. Er fragt also:
Warum kommst Du zu spät? Warum brauchst Du für eine bestimme Arbeit die Zeitspanne X?
Und ab hier geht der Forscher in die Tiefe. Viele Menschen wollen das nicht. Wir spüren instinktiv, dass wir Gründe haben, die oft mit Wut, Trauer, Verletzung einhergehen. Ich hatte genau diesselben Fragen auch in meiner Therapie. Psychologen sehen da sofort einen Zusammenhang mit verdrängten Bedrüfnissen. Als Patient willst Du das oft gar nicht sehen, weil es Dir sowieso nicht auflösbar erscheint. Deshalb sagst Du Dir vielleicht: Es ist Zeitverschwendung mich damit zu beschäftigen. Völlig sinnlos.
Ich habe mich mehrfach dagegen gewehrt. Meinem Therapeuten auch kräftig die Meinung gesagt wie sinnlos das alles ist, mein Leben weiter wie bisher geführt bis ich wieder an dem Punkt war total zu verzweifeln. Genau wie Du wusste ich nicht wie das gehen soll. Gefühle annehmen. Auflösen. Das ist doch nichts was man tun kann.
Das Problem ist tatsächlich, dass es keine wirkliche Anleitung in dem Sinn gibt, die sagt: Wenn ich dreimal auf und ab hüpfe, dann sind meine Gefühle angenommen und alles ist gut. Es ist ein Prozess, wie alles was mit irgendeiner Form von Gefühl zu tun hat. Und er entsteht ausschliesslich in der Erfahrung.
Ich versuch mal ein Beispiel zu machen:
Erinnerst Du Dich noch wie es war Auto fahren zu lernen? Du hattest jahrelang gesehen wie Eltern fahren, kanntest die Begriffe etc, hattest den Bewegungsablauf gesehen. Und dann sitzt Du das erste mal auf dem Fahrersitz. Du trittst die Kupplung. Der Druck fühlt sich ganz anders an als in Deiner Vorstellung. Du hast gesehen, wie deine Eltern den fuss langsam losgelassen und gleichzeitig mit dem anderen fuss gas gegeben haben. Die Informationen sind alle in Deinem Kopf, aber davon weisst Du nicht wo der Kupplungsdruckpunkt ist. Vielleicht hat der Fahrlehrer sie Dir auch gegeben. Du lässt also ganz langsam los während Du aufs gas trittst und je nachdem welches Temperament Du hast jault der Wagen entweder auf und schiesst dann vielleicht los oder du würgst ihn ab. Fahrlehrer oder Eltern sitzen neben dir und murmeln beschwörend was von "gaaaanz langsam". Sie sagen Dir nicht - jetzt noch 2 millimeter dann einrasten. Sie sagen: Du must ein Gefühl dafür bekommen wo der Druckpunkt ist! Das geht nur durch ausprobieren. Information nutzt nichts. Du musst in der Situation sein und üben bis das herauskommt was Du willst. Was Dein Ziel ist.
Ein Jahr nach Deinem Führerschein denkst Du überhaupt nicht mehr darüber nach. Alle Bewegungsabläufe sind über die Gefühle im Unterbewusstsein koordiniert. Sie laufen ab ohne das Du darüber nachdenkst. Die Erfahrung erlaubt es Dir nicht nur Dein Auto, sondern auch den Porsche Deines Kumpels zu fahren. Selbst wenn der sich völlig anders fährt. Du machst ein paar kleinere Schnitzer, aber Dein Gefühl leitet Dich durch die Basics.
Genau wie Du ein Fahrgefühl entwickeln kannst - kannst du ein Lebensgefühl entwickeln. Wenn Du es nicht bewusst tust, geschieht es unbewusst. Wenn Dir etwas schlimmes zustösst oder zugestossen ist und Du nicht bewusst gesteuert hast, weil Du noch keine Vorstellung davon hattest wie es ist, ein Forscher zu sein, kann es sein, dass Du unbewusst die falschen Gefühle zu Situationen dazu ordnest und fest betonierst. Unser inneres Warnsystem macht das gern, wenn wir aktiv das Heft in die Hand nehmen und uns kümmern die wichtigen Informationen über unsere Bedürfnisse herauszufischen.
Wenn Du dann unter diesen Situationen leidest, weil z.B. eine aktuelle Verletzung durch einen anderen Menschen die alten Leiden wieder heraufbeschwört wird es immer schlimmer. Wir können so etwas sehr lange aushalten.
Nun hab ich aber superviel geschrieben und belass es erst mal bei der Beschreibung. Kannst Du etwas damit anfangen?
WishIWasAsexual hat geschrieben:Mit Meditation habe ich mich auch schon versucht auseinanderzusetzen, habe CD's für Anfänger, konnte aber bislang damit nichts anfangen. Z.B. mich auf meinen Atem zu konzentrieren finde ich einfach nur furchtbar langweilig...
Es dauert am Anfang bis man das findet was zu einem selbst passt und was einem wirklich weiter hilft. Was hab ich mich anfangs aufgeregt über Dinge die ich ausprobiert habe. Über die Zeitverschwendung. Wut Wut Wut.
Ich hab den link von Kräuterfrau kurz überflogen und er klingt auf den ersten Blick nach guter Basis. Möchte Dir noch einen Film der auf einer wahren Lebensgeschichte basiert ans Herz legen:
Der Weg des friedvollen Kriegers
Es grüßt
Amethyst