Umgang mit Ärger - Eure Tipps!

[Ringelnatz]

Liebes Forum,

aus aktuellem Anlass wünsche ich mir Tipps und eure Strategien bzw. Erfahrungswerte im Umgang mit Ärger.
Ich ärgere mich z.B. heute (und auch sonst öfter mal) MASSLOS über das Verhalten und die Art meiner Chefin. Außerdem ärgere ich mich darüber, dass ich dann auch noch professionell und konstruktiv bleiben muss, während sie sich ausruht und es durch ihre Inkompetenz maximal schafft, Dinge nicht kaputt zu machen, indem sie sich einfach raushält und in den Feierabend geht.



Nun ja. Hilft alles nichts, ich kann zwar äußern, dass ich mit gewissen Dingen nicht einverstanden bin, aber ich kann diese Frau als Person nun mal nicht ändern.

Jetzt kommen eure Tipps ins Spiel: Wie geht ihr mit diesem Ärgergefühl um, wenn ihr an der Situation nicht wirklich was ändern könnt? Was macht ihr konkret? Bei mir hilft Lästern mit den Kollegen schon mal ganz gut bei der Emotionsregulation, da die ja auch unter dieser Person leiden müssen. Was gibt's sonst noch? Hilfreiche Gedanken? Sport?

Ich versuche mich grade ein bißchen an dem Gedanken aufzurichten zu sagen JETZT ERST RECHT werde ich meine Promotion vorantreiben und wenn sie mir noch 100 Aufgaben zusätzlich aufdrückt, damit sie selbst keine Verantwortung tragen muss. So im Sinne von "mich kriegst du nicht unter"

Was denkt/macht ihr so?

[spirit]

Bei mir hilft Lästern mit den Kollegen schon mal ganz gut bei der Emotionsregulation, da die ja auch unter dieser Person leiden müssen.

Ich versuche mich grade ein bißchen an dem Gedanken aufzurichten zu sagen JETZT ERST RECHT werde ich meine Promotion vorantreiben und wenn sie mir noch 100 Aufgaben zusätzlich aufdrückt, damit sie selbst keine Verantwortung tragen muss. So im Sinne von "mich kriegst du nicht unter"

Was denkt/macht ihr so?

Punkt eins bezweifle ich: Es mag zwar akute Erleichterung verschaffen, die negativen Emotionen werden dadurch aber nur noch mehr geschürt.
Punkt zwei finde ich konstruktiv.

Wenn du den Anlass für Ärger nicht ändern kannst, so kannst du zumindest den Bezug zu deinen Emotionen ändern, nämlich versuchen, Distanz zu ihnen zu bekommen, nur wahrnehmen, dass da z.B. im Bauch gerade Ärger in dir ist, aber dich nicht von ihm vereinnahmen lassen.
Neben dieser inneren Arbeit hilft auch physische Kompensation, z.B. durch Sport.

[Einsamer Igel]

Ich würde sie um ein Gespräch unter 4 Augen bitten und ihr dann sagen, dass ich mich ärgere und ihr Verhalten genau benennen. Nach Möglichkeit auch Lösungsvorschläge (falls vorhanden).

Denn sonst wird sich ja nichts ändern.

[Ringelnatz]

Bei mir hilft Lästern mit den Kollegen schon mal ganz gut bei der Emotionsregulation, da die ja auch unter dieser Person leiden müssen.

Punkt eins bezweifle ich: Es mag zwar akute Erleichterung verschaffen, die negativen Emotionen werden dadurch aber nur noch mehr geschürt.

Ja, das stimmt schon irgendwie. Aber mir hilft es manchmal, weil es mir zeigt, dass ich nicht alleine damit bin und ehrlich gesagt tut es gut zu hören, dass andere diese Person ebenfalls inkompetent und fehlbesetzt finden.

Wenn du den Anlass für Ärger nicht ändern kannst, so kannst du zumindest den Bezug zu deinen Emotionen ändern, nämlich versuchen, Distanz zu ihnen zu bekommen, nur wahrnehmen, dass da z.B. im Bauch gerade Ärger in dir ist, aber dich nicht von ihm vereinnahmen lassen.
Neben dieser inneren Arbeit hilft auch physische Kompensation, z.B. durch Sport.

Jepp, ersteres will ich gerade versuchen. Sport geht leider nicht unmittelbar. Leider stört mich mein Ärgergefühl grade beim Arbeiten - dabei hab ich genug zu tun. Ich würde diesen Ärger gerne in Energie umwandeln!

Was übrigens auch hilft (grade entdeckt): Ein Glas kaltes Wasser trinken. "Kühlt ab"

[Ringelnatz]

Ich würde sie um ein Gespräch unter 4 Augen bitten und ihr dann sagen, dass ich mich ärgere und ihr Verhalten genau benennen. Nach Möglichkeit auch Lösungsvorschläge (falls vorhanden).

Denn sonst wird sich ja nichts ändern.

Ich hab sie sofort angerufen als ich die neueste... äh... ich nenne es jetzt mal "Frechheit" gelesen habe. Netterweise hat sie den Aufgabenbereich nämlich per Mail an mich delegiert, statt im persönlichen Gespräch. Ganz tolle Taktik. Mein Lösungsvorschlag, nämlich den Aufgabenbereich bei der Person zu belassen, die dafür eingestellt wurde, ist anscheinend nicht so gut, denn diese Person ist sonst möglicherweise zu gestresst, außerdem sei sie ja nur teilzeit da Vielleicht sollte ich sie mal dran erinnern, dass ich offiziell auch nur 50% arbeite? Wahrscheinlich vergisst man das aber leicht, kann ich ja auch verstehen. Wenn man so selten da ist wie meine Chefin mit ihren 100%, dann kann einem da schon mal was entgehen Meine Chefin "versteht aber meinen Ärger". Sollte mir die Aufgabe zu viel sein, darf ich auch noch mal kommen und dann "regeln wir das noch mal neu".

Daher mag ich grade ein paar Ärger-Löse-Strategien ausprobieren, die nichts mit meiner Chefin zu tun haben. Der Kontakt mit dieser Person macht mich eh grade wahnsinnig. Zum Glück hat ja alles mal ein Ende... nur nützt mir das grade jetzt konkret nicht viel Ich möchte grade einfach nur dieses Ärgergefühl loswerden

[Einsamer Igel]

Ich möchte grade einfach nur dieses Ärgergefühl loswerden

Sport bzw. viel im Freien laufen. Macht den Kopf frei.
Sich mindestens 1x am Tag bewusst was Gutes gönnen.
Den Ärger auf der Arbeitsstelle lassen. Wenn ärgerliche Gedanken hochkommen: aufschreiben, beiseite legen, sich anderen Dingen widmen.

[Ringelnatz]

Vielen Dank
Hat auch schon etwas geholfen, den Frust hier ins Forum zu schreiben. Ich werde die Gedanken jetzt tatsächlich beiseite legen und mich wieder in die Arbeit stürzen. Merci Merci an euch beide!

(Weitere Tipps/Strategien zum Umgang mit Ärgergefühlen sind trotzdem gerne gesehen, vielleicht hilft es ja auch noch anderen...)

[Owl In The Shadow]

Ah, das bittere Los der Doktorandinnen und Doktoranden! Naturwissenschaften? Alles, was man dort über die Profs hört, ist reichlich gruselig.

Zum Thema: Einfach mal rausschreien. Muss ja nicht vor Publikum sein. Aber man kann den Ärger schon mal rauslassen. Das befreit - auch wenn's letztlich kein Problem löst.

[Montecristo]

Hat auch schon etwas geholfen, den Frust hier ins Forum zu schreiben. Ich werde die Gedanken jetzt tatsächlich beiseite legen und mich wieder in die Arbeit stürzen

Ein paar Gedanken eines alten Mannes mit haarigen Ohren:

Zunächst mal befürchte ich, dass Du alles noch ziemlich ernst nimmst und versuchst alles sehr gewissenhaft zu erledigen. Gerade auch irgendwelche Nebensächlichkeiten, Verwaltungskrams, Lehre, etc. Akzeptiere, dass das System nicht perfekt ist und übe Dich im "Mut zur Lücke". Die Welt müssen andere retten. Besonders solche, die nicht auf befristeten oder gar "halben" Stellen sitzen. Da muss man einfach auch mal stumpf und nicht nett sein.

Die Diss wird nicht ewig dauern. Irgendwann bist Du fertig und kannst Dir halbwegs aussuchen, was Du machst. Auf jeden Fall ist es dann einfacher zu gehen und was Neues zu suchen.Konzentriere Dich auf Deine Arbeit und mach Dein Ding.

[Reni]

Hallo Ringelnatz,

Du hast mehr Arbeit als Du schaffen kannst? Und niemand priorisiert für Dich, in welcher Reihenfolge sie gemacht werden soll? Wunderbar, dann bestimmst Du die Reihenfolge. Entweder (wenn Du unbedingt die Verantwortung der Chefin übernehmen willst) danach was Dir am wichtigsten scheint, oder, wenn Du die Verantwortung nicht willst: in der Reihenfolge wie sie Dir am meisten Spaß macht...

Das was Du in Deiner Arbeitszeit nicht schaffst? Das bleibt liegen. Zieh das ruhig mal paar Wochen durch, Du wirst sehen, es tut gut . Dann machst Du Dir noch eine Liste, was bei Dir gerade offen ist an Arbeit und wenn Deine Chefin mit neuer Arbeit kommt, fragst Du sie, ob die wichtiger ist als die Liste, dann schiebst Du sie gern nach vorne, und hinten fällt halt dann das runter was Du in Deiner Arbeitszeit nicht schaffen kannst...

LG, Reni

[Owl In The Shadow]

Das was Du in Deiner Arbeitszeit nicht schaffst? Das bleibt liegen. Zieh das ruhig mal paar Wochen durch, Du wirst sehen, es tut gut . Dann machst Du Dir noch eine Liste, was bei Dir gerade offen ist an Arbeit und wenn Deine Chefin mit neuer Arbeit kommt, fragst Du sie, ob die wichtiger ist als die Liste, dann schiebst Du sie gern nach vorne, und hinten fällt halt dann das runter was Du in Deiner Arbeitszeit nicht schaffen kannst...

Wunderbare Anregung! Allerdings muss man das dann im Zweifel auch souverän und ehrlich-entspannt rüberbringen können. Mit dem Doktorvater oder -mutter will man sich's ja nicht verscherzen. Ohne die gibt's keine Stelle und die benoten einen ja auch. Von etwaigen Kontakten für die Zeit danach ganz zu schweigen. - Und was in den Naturwissenschaften (reden wir über Naturwissenschaften? ich habe keine Ahnung...), aber auch in anderen Fächern dazu kommt: Wenn der Rest der Arbeitsgruppe den 10, 12 oder mehr Stundentag durchzieht, wird's schwierig. Ist ja mitunter ein Hauen und Stechen um die wenigen Stellen, die es gibt. - Aber eigentlich wollte ich Deine Anregung jetzt gar nicht kleinreden, ich find die ja eigentlich ziemlich gut.

[Ringelnatz]

Vielen lieben Dank an alle, die mir so tolle Anregungen gegeben haben! Ihr helft mir sehr!

Meine Chefin ist zum Glück nicht die gleiche Person wie mein Doktorvater (wobei die beiden natürlich schon miteinander reden), sondern eher für meinen Job als für meine Forschung zuständig (weswegen ihr meine Forschung auch relativ egal sein kann - es sei denn es geht um Publikationen, wo ich sie natürlich immer mit drauf nehmen muss Auch dafür ist es aber ja egal, ob die Artikel am Wochenende oder nachts entstehen oder zu regulären Arbeitszeiten.).

[Antonia]

Hallo Ringelnatz,
interessantes Thema, das mich auch häufig beschäftigt: wohin mit meinem Ärger?
Für's erste hilft vielleicht mal, mit Papierknäul zu werfen oder mit dem Fuß gegen was zu treten? Ein Kollege hat mal vor Wut einen ganzen Karton zertreten. Naja, das sollte man wohl besser bleiben lassen.
Ja, Sport, z.B. joggen, hilft, aber man kann ja nicht mal eben schnell aus dem Büro gehen und ne Runde im Park joggen gehen. Lästern hilft auch kurzfristig ein wenig. Ja und dann würde ich mal alles aufschreiben, was dich schon länger ärgert und wenn ein Gespräch mit der Chefin nichts bringt, würde ich daraus irgendwann die Konsequenzen ziehen. Will ich mich noch weiter ärgern, brauche ich den Job, kann ich mich damit arrangieren und das Gute am Job sehen (Nachteile und nervige Kollegen/Chefs gibt es ja immer) ?
Vielleicht mal Vor- und Nachteile gegeneinander abwägen. Überstunden sind wohl normal im Job? Aber wenn, dann nur zeitweilig, finde ich, nicht auf Dauer. Denn das macht langfristig krank.

Schöne Ostern! Ich hoffe, du hast ein paar erholsame Tage und vergisst mal deine nervige Chefin!

[Ringelnatz]

(...)wenn ein Gespräch mit der Chefin nichts bringt, würde ich daraus irgendwann die Konsequenzen ziehen. Will ich mich noch weiter ärgern, brauche ich den Job, kann ich mich damit arrangieren und das Gute am Job sehen (Nachteile und nervige Kollegen/Chefs gibt es ja immer) ?
Vielleicht mal Vor- und Nachteile gegeneinander abwägen. Überstunden sind wohl normal im Job? Aber wenn, dann nur zeitweilig, finde ich, nicht auf Dauer. Denn das macht langfristig krank.

Schöne Ostern! Ich hoffe, du hast ein paar erholsame Tage und vergisst mal deine nervige Chefin!

Es gab schon schlimmere Zeiten und tatsächlich haben Gespräche und die Drohung, zu gehen auch Verbesserungen gebracht. Ich bin für meine Chefin kein bequemer Mitarbeiter, weil ich oft meine Meinung sage und da eher direkt bin. Manchmal kann ich auch nicht verbergen, dass ich von ihrer "Führung" nicht viel halte. Manchmal wär's besser einfach nichts zu sagen Da ich jetzt im letzten Jahr bin weiß sie, dass ich nicht mehr gehen werde. Dafür ist das Ende aber abzusehen (selbst wenn es im schlimmsten Fall noch 1,5 Jahre werden). Überstunden sind normal, ja. Aber die Begründung, ich wirke "weniger gestresst" und muss deshalb ständig Aufgaben für meine Kollegin mitmachen, nervt mich schon sehr. Vor allem, da sie selbst (mit mehr als doppelt so hohem Gehalt und auf dem Papier auch doppelt so vielen Arbeitsstunden) sich keineswegs überarbeitet.

Vielen Dank für die guten Wünsche! Morgen werde ich noch arbeiten, dann aber bis Mo frei haben. Da meine Familie zu Besuch ist, könnte es durchaus sein, dass ich nochmal die Anti-Ärger-Strategien hier durchgehen muss

Euch allen schöne Ostertage!

[TheRealDeal]

Den Ärger schreie ich raus, schlage/trete mal irgendwo rein, oder verarbeite ihn durch Bewegung. Ich ärgere mich mittlerweile auf der Arbeit äußerst selten. Das macht mir nämlich Falten und außerdem liegt der Fehler eh im System. Und da ändere ich in diesem Leben wohl nichts mehr dran. Interessant wird es für mich immer dann, wenn ich mich (hinterher) frage, warum ich mich denn über ein Ereignis oder eine Situation geärgert habe. Da komme ich teilweise zu spannenden Erkenntnissen...

[Ringelnatz]

Am schlimmsten finde ich ja, wenn ich mich darüber ärgere, dass ich mich ärgere. Dann denke ich nämlich so ungefähr "boah, nicht nur ist die Situation XY total scheiße, sondern ich kriege jetzt auch noch Falten, mein Blutdruck steigt an, mein Körper schüttet Stresshormone aus NUR WEGEN XY und ich HÖRE JETZT VERDAMMT NOCH MAL SOFORT AUF MICH ZU ÄRGERN!".

Und dann: Mist, klappt nicht.
Von daher hilft mir schon der Tipp von weiter oben, mir zu sagen "ich ärgere mich jetzt und das ist auch ok so". Und dann der Versuch, sich etwas davon zu distanzieren.

Als es etwas weiter weg war, hat mir auch geholfen, ein bißchen über Dankbarkeit nachzudenken. Ich konnte meinen Ärger an verschiedenen Stellen ausdrücken, habe um Hilfe/Trost gebeten und auch erhalten. Dankbar sein beruhigt mich irgendwie

[Lisa]

Den Ärger schreie ich raus, schlage/trete mal irgendwo rein, oder verarbeite ihn durch Bewegung.

Das finde ich auch immer sehr angenehm. Ein klärendes Gespräch ersetzt es natürlich nicht, aber die Wut kurzfristig durch Bewegung loszuwerden (z.B. ein paar Runden laufen) oder an unbelebten Gegenständen abzureagieren, ist schon sehr erleichternd - und kann sogar äußerst konstruktiv sein, z.B. auf alten Plastikflaschen oder Verpackungskartons rumhüpfen, die man für den Müll sowieso so klein wie möglich machen sollte.

Notfalls ziehe ich ein altes PC-Spiel aus dem Regal und ermorde ein paar virtuelle Monster, das kann auch helfen (hab mich mal über einen Kunden geärgert, der hatte eine auffallende optische Ähnlichkeit zu den Steingolems in Gothic II ).

[Martin]

Jetzt kommen eure Tipps ins Spiel: Wie geht ihr mit diesem Ärgergefühl um, wenn ihr an der Situation nicht wirklich was ändern könnt? Was macht ihr konkret? Bei mir hilft Lästern mit den Kollegen schon mal ganz gut bei der Emotionsregulation, da die ja auch unter dieser Person leiden müssen. Was gibt's sonst noch? Hilfreiche Gedanken? Sport?

Ich würde an Deiner Stelle ein Gespräch mit Deiner Chefin führen. Erkläre ihr sachlich, welche Gefühle ihr Verhalten bei Dir auslöst. Vielleicht verfügt sie über die Fähigkeit der Selbstreflexion und ist dann auch in der Lage, ihr Verhalten zu ändern.

Das Lästern hilft natürlich kurzfristig, aber ändert nichts an dem Problem.

Wenn ein Gespräch mit Deiner Chefin nichts bringt, würde ich an Deiner Stelle einen neuen Job suchen.

Gruß
Martin