Die Suche nach einer Arbeit und die Suche nach einem Partner haben extrem viel gemeinsam. Bei Beidem
kommt es auf Einsatzbereitschaft, Kommunikation, Anpassungsfähigkeit,Teamfähigkeit, Selbstüberwindung
und wer weiss was noch an. Daher ist es nicht ganz so 'offtopic' wie es vielleicht scheint.
Kief hat geschrieben:
Schneeleopard hat geschrieben:
Ich habe noch keinen (langfristig!) von Hartz-4 lebenden Menschen getroffen, bei dem es nicht so gewesen ist.
(Ausnahmen siehe Disclaimer oben)
Das ist Deine Schlussfolgerung? Ziemlich provokant ...
Es ist meine Beobachtung aus sicher über 100 realen Kontakten.
Jeder kann seine Schlussfolgerung selber ziehen.
dann befass Dich mal mit den gebildeten und/oder reflektierten Hartz-Empfaengern.
Auch davon kenne ich eine größere Zahl. Meistens aus der Zeit, in der ich World of Warcraft spielte.
In Zeiten, wo in z.B. Hamburg über 50 % eines Jahrganges Abitur machen und die Meisten davon
studieren, stellt sich schon die Frage nach dem Wert einer akademischen Ausbildung. Nicht zufällig
sind die Flure der Arbeitsämter voll von bestimmten Absolventengruppen.
Und ums Thema zurückzukommen: Ich sehe zwischen Jobsuche und Beziehungssuche sehr deutliche
Paralellen. Bei beidem gibt es Menschen die erst relativ spät in ihrem Leben die Kurve kriegen und
dieses Feld bewältigen. Und in beiden Bereichen gibt es Menschen, die für ihre Erfolglosigkeit absolut
nichts können ... und Menschen, die ihre mindestens teilweise selbstverschuldete Erfolglosigkeit mit
wunderschönen Erklärungen umspinnen und jedem, bevorzugt den Frauen/Arbeitgebern oder 'der
Gesellschaft' unterstellen die Ursache zu sein. Vorallem aber gib es bei beidem Menschen, die mit
allen Mitteln die ihnen zur Verfügung stehen, und seien sie durch Zeit-/Geldmangel oder Krankheit
oder soziales Umfeld oder persönliche Defizite noch so begrenzt, darum kämpfen den Fuss in die
Tür zu bekommen und Erfolg zu haben.
Manche Personen bleiben gezielt in Hartz-IV, um zu protestieren.
Andere sind unfreiwillig unter die Raeder der Buerokratie geraten.
Schon klar. Alles arme Opfer und Freiheitskämpfer. Helden, die seit 20 Jahren ihre Kraft investieren
um Landesmeister im DOOM2 zu sein oder mit der Flasche Krombacher in der Hand den Regenwald
retten.
Den Stress im Beruf und mit blöden Kollegen oder idiotischen Chefs muss man sich doch nicht antun
und jeden Tag lang ausschlafen und viel Zeit haben sind auch schöne Dinge. Ich habe kein Problem
damit, wenn sich jemand für ein einfaches Leben ohne Erwerbstätigkeit entscheidet und bin sogar etwas
stolz darauf, dass meine Gesellschaft dies möglich macht.
Da hilft nur aufwachen aus der persönlichen Rechtfertigungslüge und
Und die JobCenter wissen genau, dass sie einer Reihe von Akademikern einfach nichts zu bieten haben.
Die Jobcenter wissen nur zu gut, dass rund die Hälfte aller Uniabschlüsse total am Arbeitsmarkt vorbei
gehen und diese Akademiker daher auf den Niveau wie ungelernte Hilfsarbeiter stehen. Der Germanist
auf Lehramt ist auf dem Arbeitsmarkt ebenso schlecht vermittelbar wie der kommunikationsallergische
MAB auf dem 'Beziehungsmarkt' und mancher Sozialarbeiter gleicht dem MAB der beim date den Finger
nicht aus der Nase nimmt.
Da hilft nur sich selbst radikal neu erfinden. Meine Putzfrau hat daheim in Kasachstan zwei Abschlüsse
gemacht: Medizin und Musikpädagogik. Der Arzt wird ihr hier nicht anerkannt und für die Musik findet
sie keinen Vollzeitjob. Ergebnis: Sie geht morgens putzen, arbeitet Nachmittags in einer Musikschule
und leitet Abends 3 Chöre. Sozialhilfe würde sie nie beantragen. Dabei ist sie Alleinerziehende mit drei
Kindern. An dem Massstab messe ich die Einsatzbereitschaft aller hier.
Als AB kann man sich z.B. über VHS-Kurse sozial weiterbilden und lernt Leute kennen. Ein Tanzkurs und
ein Rhetorikkurs, danach je einer in Töpfern, Stadtteilgeschichte und Impro-Theater sollten binnen eines
Jahres schon Spuren hinterlassen.
Nur muss man erst mal seine Rechtfertigungsstorys einpacken und anfangen raus zu gehen und was zu
tun. Auf beiden Feldern (den Disclaimer spar ich mir, er gilt aber auch hier!).
Wenn Du diesen Kampf gegen Schikanen, Schreibtisch-Taeter und Windmuehlen ein paar Jahre ausgefochten
hast, wenn Du selbst ein paar Jahre abgeschmettert bist, und unter Existenzangst gegen die Behoerden antrittst,
dann siehst Du das mit anderen Augen.
Wie willst du beurteilen, was ich so alles hinter mir habe? Vielleicht bin ich krankheitsbedingt auch erwerbsunfähig
und habe dadurch meine Sicht auf Leute, die 'grundlos' in der 'sozialen Hängematte' liegen ...
Zwei Beispiele noch aus der Realität zum Problem arbeitsloser Akademiker:
Als ich als arbeitsloser Akademiker aufs AA kam hat mir mein Berater gesagt: "Wenn sie das Zeug zu einem
Job haben, der ihrem Abschluss entspricht, helfen sie sich selbst und wenn nicht kann ich nichts für sie tun."
Von Steve Jobs gibts ein sehr passendes Beispiel dazu: Wenn ein Hausmeister den Papierkorb in seinem Büro nicht
leeren könne, weil zum Beispiel die Schlösser ausgetauscht wurden, dann sei das eine akzeptable Entschuldigung
denn für dieses Gehalt könne man nicht mehr erwarten. Von jemandem in einer Führungsposition sei zu erwarten,
dass er das Problem lößt.
Elli hat geschrieben:
Und dieser Kommentar zum akademischen Prekariat: "Dann sollen sie halt mehr an der Uni arbeiten" - ha, der war
gut. Weil die Uni den Leuten ja auch die Entscheidung freistellt, wie viel diese gern arbeiten würden.
Mein Kommentar ging weiter mit "oder sich zusätzlich was suchen". Wenn jemand 10 Stunden an der Uni arbeitet
und 30 bis 40 Stunden aus dem Fenster schaut oder damit verbringt sich zu bedauern, sollte diese Lösung sich
anbieten.