Mein Vater will sterben

Alles zu Deiner persönlichen Situation, Deinen Erlebnissen und was Dir auf dem Herzen liegt als Absoluter Beginner.
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Eliza Jane
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Mein Vater will sterben

Beitrag von Eliza Jane »

Meine Eltern gehen auf die 90 zu, mein Vater ist seit einem Jahr blind und hat diverse andere Krankheiten. Er will sterben, das hat er schon mehrmals geäußert. Jetzt will er versuchen, mit dem Essen aufzuhören. Ich denke nicht, dass er das durchhält, aber es zeigt, wie verzweifelt er ist. Wir hatten nie ein gutes Verhältnis, ich hatte schon als Kind Angst vor ihm, habe aber selbst auch schwere Fehler gemacht. Es ist für mich schwierig, mit der Situation umzugehen, mit der Ambivalenz; die negativen Gefühle auf der einen und das Mitleid auf der anderen Seite. Ich versuche zu helfen, wo ich kann, aber die Erblindung, unter der er am meisten leidet, kann ich natürlich auch nicht von ihm nehmen. Es wäre alles leichter, wenn ich etwas für ihn tun könnte. Kennt jemand von Euch so eine Situation?
Man sieht die Nacht kommen und erschreckt doch vor der Dunkelheit.

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Kief

Re: Mein Vater will sterben

Beitrag von Kief »

Eliza Jane hat geschrieben:Es ist für mich schwierig, mit der Situation umzugehen, mit der Ambivalenz; die negativen Gefühle auf der einen und das Mitleid auf der anderen Seite. Ich versuche zu helfen, wo ich kann, aber die Erblindung, unter der er am meisten leidet, kann ich natürlich auch nicht von ihm nehmen. Es wäre alles leichter, wenn ich etwas für ihn tun könnte.
Die Situation kenne ich nicht wirklich ...
ich habe allerdings den Eindruck, Du koenntest besser auf ihn eingehen, wenn Du Deine eigene Position zu ihm besser hinbekommst?

Letzte Woche habe ich nen Link gezeigt bekommen, der mit einer kleinen Achtsamkeitsuebung helfen soll, wie man mit solch unverarbeiteten Konflikten und schwelenden Schmerzen besser fertig wird.
Vielleicht hilft Dir das mit Deinem Vater, der zweite Tipp in dem Link?
Ich werd das auf jeden Fall ausprobieren:
https://www.persoenlichkeits-blog.de/ar ... tsuebungen


CU, Kief
Eliza Jane
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Re: Mein Vater will sterben

Beitrag von Eliza Jane »

Danke, Kief! Ich finde die Seite sehr brauchbar und werde die Meditationen ausprobieren.
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Re: Mein Vater will sterben

Beitrag von Frangipani210 »

Eliza Jane hat geschrieben:Meine Eltern gehen auf die 90 zu, mein Vater ist seit einem Jahr blind und hat diverse andere Krankheiten. Er will sterben, das hat er schon mehrmals geäußert. Jetzt will er versuchen, mit dem Essen aufzuhören. Ich denke nicht, dass er das durchhält, aber es zeigt, wie verzweifelt er ist. Wir hatten nie ein gutes Verhältnis, ich hatte schon als Kind Angst vor ihm, habe aber selbst auch schwere Fehler gemacht. Es ist für mich schwierig, mit der Situation umzugehen, mit der Ambivalenz; die negativen Gefühle auf der einen und das Mitleid auf der anderen Seite. Ich versuche zu helfen, wo ich kann, aber die Erblindung, unter der er am meisten leidet, kann ich natürlich auch nicht von ihm nehmen. Es wäre alles leichter, wenn ich etwas für ihn tun könnte. Kennt jemand von Euch so eine Situation?
Ich kenne diese Situation. Mein Vater ist vor 3 Jahren an Darmkrebs gestorben, da meine Eltern damals schon getrennt waren, habe ich davon nicht soviel mitbekommen, aber er muss wohl ziemliche Schmerzen gehabt haben. Wir hatten auch ein eher distanziertes Verhältnis zueinander, obwohl wir (mein Bruder und ich) versucht haben ihm zu helfen, aber er war auch oft sehr eigen. Hat anderen nicht gezeigt wie es ihm wirklich geht.
Ich denke auch, dass er dann einfach aufgegeben hat.

Wenn dein Vater selbst beschließt nicht mehr leben zu wollen, kannst du nichts dagegen machen. Das ist seine eigene Entscheidung.

Wie steht deine Mutter eigentlich zu dieser ganzen Situation? Lässt sie ihn machen oder hält sie dagegen?
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zumsel

Re: Mein Vater will sterben

Beitrag von zumsel »

Hallo Eliza,

wenn dein Vater die Nahrungsaufnahme verweigert, dann kannst du leider nur wenig tun, um ihn umzustimmen.
Vielleicht gibt es ja etwas, was er früher zu seinen Lieblingsspeisen gezählt hat. Das könntest du ihm zubereiten. Dadurch das er blind ist fehlt im ein Sinn, aber riechen und schmecken kann er noch und manchmal kommt der Appetit erst wenn das Essen vor einem steht.
Falls dein Vater noch regelmässig trinkt wäre es auch möglich ihm ab und zu Fresubin zum trinken anzubieten. Es ist ein Energiegetränk, dass gerne (älteren) Menschen verabreicht wird, die untergewichtig sind und zunehmen sollen.

Was die Beziehung zwischen dir und deinem Vater angeht wünsche ich dir, dass du deinen Frieden mit ihm machen kannst. So wie du schreibst sind Fehler auf beiden Seiten passiert. Menschen machen Fehler. Aber es muss dennoch vieles geben, was euch verbindet, denn sonst würdest du dir nicht so große Sorgen um ihn machen. Das alles anzusprechen ist vermutlich einfach nicht möglich und wird von dir Kraft und Energie verlangen die ambivaltenten Gefühle zu ertragen und zu verarbeiten. Aber es ist möglich und es kann dir auch Helfen irgendwann anders über ihn zu denken als du es jetzt kannst.

Du fragst dich was du tun kannst um ihm zu helfen dabei tust du schon das, was das allerwichtigste ist. Du bist für ihn da wenn er dich braucht. Und das ist unheimlich toll von dir!

Viel Kraft wünscht dir
Zumsel
Eliza Jane
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Re: Mein Vater will sterben

Beitrag von Eliza Jane »

Frangipani210 hat geschrieben:
Wenn dein Vater selbst beschließt nicht mehr leben zu wollen, kannst du nichts dagegen machen. Das ist seine eigene Entscheidung.

Wie steht deine Mutter eigentlich zu dieser ganzen Situation? Lässt sie ihn machen oder hält sie dagegen?
Meine Mutter hat sehr abgenommen, sie wird immer schwächer. Zum Glück sind meine Eltern endlich bereit, Hilfe von außen in Form eines Pflegedienstes zu akzeptieren. Mein Vater will sterben, er hat jedoch Krankheiten, die nicht zum Tode führen. Er ist halt depressiv und völlig verzweifelt. Wir können nicht helfen. Und das macht es so schwer. Dass er wirklich aufhört zu essen, dass er das durchhält, glaube ich nicht. Es ist die Erblindung, die ihn - verständlicherweise - so furchtbar quält.
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Re: Mein Vater will sterben

Beitrag von Tania »

Ich hatte vor einiger Zeit eine ähnliche Situation ... allerdings war mein Verhältnis zu der Betroffenen recht gut, es gab keine Konflikte. Ich habe ihren Wunsch damals sehr ernst genommen - und festgestellt, dass es in Deutschland nahezu unmöglich ist, jemanden auf dem Weg in einen selbstbestimmten, würdevollen und schmerzlosen Tod wirklich zu unterstützen.

Aber es hat ihr glaube ich schon geholfen, dass ich ihr nicht widersprochen, sondern ihren Wunsch respektiert habe ...
Zukünftig hauptsächlich im https://www.ab-forum.de zu finden.
Shisouka

Re: Mein Vater will sterben

Beitrag von Shisouka »

Das selbstbestimmte Sterben in Deutschland wird immer noch recht mittelalterlich gehandhabt.
Sei es nun aus falschen religösen Gründen oder gar aus wirtschaftlicher Sicht .. Man soll unter allen Umständen am Leben bleiben.

Ich bin der Meinung, dass man die Entscheidung respektieren sollte. Und es sollte auch eine Möglichkeit geben selbstbestimmt und möglichst schmerzlos aus dem Leben zu scheiden. Sich zu Tode zu hungern ist bestimmt nicht einfach, und garantiert nicht schmerzfrei. Von der Brücke zu springen oder sich vor den Zug zu werfen involviert und traumatisiert unbeteiligte Menschen.
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Re: Mein Vater will sterben

Beitrag von TheRealDeal »

Wenn eine Seele den Körper verlassen möchte, dann kann sie das tun. Dann kommt der Sensenmann. Ich vermute mal, dass dein Vater noch nicht "fertig" ist mit diesem Leben, also seine Seele noch gewisse Erfahrungen machen möchte.
Versöhnung und Frieden anstreben kannst du tun. Damit dein Vater seinen Frieden findet und seine Seele in Ruhe und Frieden gehen kann. "Frieden machen" beginnt damit, den Wunsch deines Vaters zu akzeptieren und zu respektieren. Und egal, was zwischen euch war, er wird nichts mehr aufarbeiten können und wollen. Daher solltest du seine angenehmen Seiten hervorheben und den Rest vergessen. Vielleicht habt ihr ja noch einige schöne Stunden vor euch, die ihr vielleicht auch beide angemessen würdigen könnt. :vielglueck:
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Reborn

Re: Mein Vater will sterben

Beitrag von Reborn »

Ich hatte immer ein schwieriges Verhältnis zu meinem Vater. Er war wie ich schon schrieb vor meiner Geburt Drogendealer und blieb auf gewisse Weise mental immer ein Krimineller. Er litt unter Verfolgungswahn. Das hatte er sich in seinen vielen Jahren im Untergrund angeeignet. Ich würde ihn außerdem als soziophob und misanthropisch bezeichnen. So kann man als Kind kein Urvertrauen entwickeln. Ich werde nie ein normales Leben führen. Aber als klar war dass er an Leberkrebs sterben würde könnte ich meinen Frieden mit ihm machen. Nicht so dass es eine Aussprache oder Einsicht seinerseits gegeben hätte. Im Gegenteil, er sagte mir dass er mit sich im Reinen ist. Aber angesichts eines nahenden Endes kann man jemanden sehr viel distanzierter sehen fast wie ein außenstehender Dritter.
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Re: Mein Vater will sterben

Beitrag von Mit müden Augen »

kein schönes Thema... :sadman:

Einerseits bin ich der Meinung man sollte den Wunsch einer alten, erblindeten und kranken Person respektieren, andererseits möchte ich persönlich niemanden verhungern sehen! Dass es um den eigenen Vater geht macht die Sache sicher nicht einfacher.

Ich weiß nicht was ich schreiben soll und will über solche Sachen auch nicht unbedingt nachdenken, ich wünsche einfach viel Kraft und alles Gute (wie immer das auch ausehen mag) für alle Beteiligten.

Sterben und alles was dazugehört ist ein seeeehr heikles Thema in der Gesellschaft.
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Olegsson

Re: Mein Vater will sterben

Beitrag von Olegsson »

Nein, kein schönes Thema.
Ich habe leider schon etwas ähnliches erleben müssen.
Mein Großvater, der auch mein Ziehvater war (ich bin bei den Großeltern aufgewachsen), ist 2015 an Lungenkrebs gestorben. Meine Mutter und meine Tante haben mich quasi für die Pflege vorgeschoben.
Meine Mutter ist kurz vor seinem Tod in die Kur gefahren ...und ist so lange geblieben bis er gestorben war.
Wir hatten alle ein relativ schwieriges Verhältnis zu ihm, da er eine narzisstische Person war, der keiner genügen konnte. Das hat er zeitlebens alle immer wieder spüren lassen.
Auch in der Situation war er ziemlich anstrengend und hat zumindest mit mir keinen Frieden gemacht. Alles was ich gemacht habe hat er bis zuletzt kritisiert.
Er hat sich zuerst geweigert zu essen und zu trinken, öfter auch mit der Begründung, ich hätte das Essen nicht gut genug zubereitet.
Dann konnte er einfach nicht mehr essen, wegen der Metastasen.
Letztendlich ist er auch verhungert und verdurstet.
Was für ihn wohl das grausamste Ende gewesen sein muss, da er schon in seiner Kindheit als Kriegswaise hatte hungern müssen.
Und er hatte es in gesunden Jahren immer betont, dass er das für einen schrecklichen Tod hält.
Wir haben uns auf Anraten der Ärzte gegen eine künstlicher Ernährung entschieden, da es das Leid nur verlängert hätte.
In der letzten Phase des Verdurstens versagen die Nieren, die Giftstoffe reichern sich im Blut an.
Ein Mensch hat dann furchtbare Schmerzen, weil die Haut durch die Giftstoffe überempfindlich wird.
Das Morphium hat am Ende kaum gewirkt.
Er konnte sich nicht mehr bewegen ohne Schmerzen und hat nur noch leise gestöhnt.
Reborn hat geschrieben:[...]Aber angesichts eines nahenden Endes kann man jemanden sehr viel distanzierter sehen fast wie ein außenstehender Dritter.
Das ist wohl wahr.
Zuletzt geändert von Olegsson am 27 Mär 2017 22:44, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Mein Vater will sterben

Beitrag von marwie »

Hat dein Vater psychologische Betreuung erhalten, als er erblindet ist? Man kann wohl auch noch im hohen Alter lernen (mit professioneller Unterstützung), wie man sich als Blinder zurecht findet, auch wenn es natürlich schieriger ist, als für eine junge Person. Kommt halt auch darauf an, wie geistig fit man noch ist.
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Simonetta
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Re: Mein Vater will sterben

Beitrag von Simonetta »

Ich finde es sehr gut, dass du zu deinem Vater hältst und ihm helfen möchtest.
Es ist sicher ganz furchtbar schwer für deinen Vater, in seinem hohen Alter erblindet und krank zu sein. Da ist es ja durchaus verständlich, dass er nicht mehr leben möchte. Ich glaube allerdings auch nicht, dass er es lange durchhalten wird, nicht mehr zu essen. Andererseits hat er mit fast 90 ja ein hohes Alter erreicht und wird so ganz lange wohl sowieso nicht mehr leben können.

Aber für dich ist es sicher auch eine Chance, dich mit ihm auszusöhnen, indem du in seiner schlimmen hilflosen Lage zu ihm hältst und ihm beistehst, egal was früher war. Auch wenn du ihn nicht aus seiner Lage befreien kannst, aber das wird ihm sicher schon eine ganze Menge bedeuten.

Bei mir war die Situation ja eine andere. Ich hatte eine traumatische Vaterbeziehung, konnte mich im Laufe der Jahre aber mit ihm mündlich, vor allem aber schriftlich, aussöhnen. Mit 70 ist er dann ganz plötzlich und unerwartet an einem Herzinfarkt verstorben. Ich hätte also nicht mehr die Gelegenheit gehabt, irgendetwas nachzuholen. Von daher ist die Situation, in der du jetzt bist, auch in gewisser Hinsicht eine Chance, zumindest für dich, dich mit ihm auszusöhnen und irgendwann im Frieden zu verabschieden.

Ich wünsche dir jedenfalls viel Kraft und Weisheit im Umgang mit deinem Vater!
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Re: Mein Vater will sterben

Beitrag von Mit müden Augen »

Olegsson hat geschrieben:Nein, kein schönes Thema.
Ich habe leider schon etwas ähnliches erleben müssen.[...]
Das bzw die letzten Zeilen hätte ich gestern Abend nicht unbedingt lesen müssen, habe direkt von sowas geträumt. :?
Wäre der Thread hier nicht im Gefahrenbereich besser aufgehoben?
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Kathy
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Re: Mein Vater will sterben

Beitrag von Kathy »

Eliza, als aller erstes wünsche ich dir viel Kraft, um die Zeit durchzustehen.
Vor 2 Jahren war ich in einer ähnlichen Situation und weiß, wie schwer es ist. Wir haben mit einem Pallativdienst unseres Krankenhauses zusammengearbeitet und das hat mir und vor allem meiner Oma (die ich zu dem Zeitpunkt gepflegt habe) sehr geholfen. Nehmt ihr solche Hilfe auch in Anspruch?
zumsel hat geschrieben:wenn dein Vater die Nahrungsaufnahme verweigert, dann kannst du leider nur wenig tun, um ihn umzustimmen.
Vielleicht gibt es ja etwas, was er früher zu seinen Lieblingsspeisen gezählt hat. Das könntest du ihm zubereiten. Dadurch das er blind ist fehlt im ein Sinn, aber riechen und schmecken kann er noch und manchmal kommt der Appetit erst wenn das Essen vor einem steht.
Falls dein Vater noch regelmässig trinkt wäre es auch möglich ihm ab und zu Fresubin zum trinken anzubieten. Es ist ein Energiegetränk, dass gerne (älteren) Menschen verabreicht wird, die untergewichtig sind und zunehmen sollen.
Die Idee finde ich gut. Und ich kann Zumsel nur zustimmen. Vielleicht wäre Fresubin eine Alternative. Das gibt es in verschiedenen Geschmacksrichtungen und wir haben damit auch nur gute Erfahrungen gemacht.
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Re: Mein Vater will sterben

Beitrag von TheRealDeal »

Die Eltern bleiben halt die Eltern. Zumindest genetisch. Und davon haben wir nunmal nur zwei. Eltern geben so gut wie immer ihr Bestes. Leider reicht das aus vielerlei Gründen nicht aus. Sie können es nicht besser. Meistens, weil ihre Großeltern und Eltern es auch nicht besser konnten. Die wirklich boshaften Exemplare, die ihre Kinder bewusst schlecht behandeln sind sehr selten. Auch, wenn das für Betroffene natürlich oft anders wirkt.
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Re: Mein Vater will sterben

Beitrag von Eliza Jane »

Vielen Dank Euch allen! Mein Vater hat jetzt wieder begonnen zu essen. Im Moment kann ich meine Eltern leider nicht besuchen, da ich arg erkältet und krankgeschrieben bin. Ich möchte die beiden nicht anstecken.

Reborn hat geschrieben:
Ich hatte immer ein schwieriges Verhältnis zu meinem Vater. Er war wie ich schon schrieb vor meiner Geburt Drogendealer und blieb auf gewisse Weise mental immer ein Krimineller. Er litt unter Verfolgungswahn.
Das ist wirklich heftig.

Marwie hat geschrieben:
Hat dein Vater psychologische Betreuung erhalten, als er erblindet ist?
Nein, so etwas würde er nie tun. Außerdem haben meine Eltern mitbekommen, dass ich durch Psychologen fast kaputtgegangen wäre. Ich war aber einmal zum Blindenstammtisch, um Infos einzuholen. Die Leute dort waren sehr nett und wollten meinen Vater gerne kennenlernen. Aber er nicht der Typ, der in Gruppen geht. Außerdem macht es ihm eine internistische Erkrankung unmöglich, das Haus zu verlassen. Er wird nur noch von mir oder vom Taxi zum Arzt oder Krankenhaus gefahren.

An Olegsson: Das ist sehr hart und tut mir leid. Du hattest eine schwierige Beziehung zu deinem Vater und musstest miterleben, dass er auf so eine grausame Weise stirbt.

Kathy hat geschrieben:
Vor 2 Jahren war ich in einer ähnlichen Situation und weiß, wie schwer es ist. Wir haben mit einem Pallativdienst unseres Krankenhauses zusammengearbeitet und das hat mir und vor allem meiner Oma (die ich zu dem Zeitpunkt gepflegt habe) sehr geholfen. Nehmt ihr solche Hilfe auch in Anspruch?
Es ist eine Pflegestufe beantragt. Meine Vater ist sehr auf meine Mutter fixiert, er hat große Angst, weil er nichts mehr sieht.

Simonetta hat geschrieben:
Ich wünsche dir jedenfalls viel Kraft und Weisheit im Umgang mit deinem Vater!
Danke!

THEREALDEAL hat geschrieben:
Die Eltern bleiben halt die Eltern. Zumindest genetisch. Und davon haben wir nunmal nur zwei. Eltern geben so gut wie immer ihr Bestes. Leider reicht das aus vielerlei Gründen nicht aus. Sie können es nicht besser. Meistens, weil ihre Großeltern und Eltern es auch nicht besser konnten. Die wirklich boshaften Exemplare, die ihre Kinder bewusst schlecht behandeln sind sehr selten. Auch, wenn das für Betroffene natürlich oft anders wirkt.
Wie wahr! Das kann ich so unterschreiben.

Euch allen danke, ich sehe, ich bin nicht alleine mit dem Thema und fühle mich verstanden.
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Re: Mein Vater will sterben

Beitrag von Unkreativer »

Es tut mir leid für deinen Vater und vor Allem dich (und alle anderen, die jemanden verloren haben). Wenn ich in der Situation wäre, wüsste ich nicht, wie ich mit meinem Vater umgehen sollte, insbesondere deshalb wünsche ich dir alles Gute dafür.

Trotz der gefühlsmäßig schwierigen Lage, eine praktische Frage. Wie ist es mit dem Gehör? Je nachdem könnte man darüber ihm eine Freude bereiten. Hat er Lieblingsmusik, die ihn wirklich berührt/glücklich macht? Wie ist es mit Hörbüchern? Wenn ich sowas höre, schließe ich oft auch die Augen, dann kann die Phantasie das Sehen übernehmen.
Wozn

Re: Mein Vater will sterben

Beitrag von Wozn »

Hallo Eliza,
wie schon von anderen erwähnt, ein sehr heftiges Thema, das uns aber sicherlich in irgendeiner Form Alle früher oder später einholen wird.

Ich habe auch ein sehr schwieriges Verhältnis zu meinem Vater, da er ein primitiver Choleriker ist, der mich während meiner Kindheit regelmäßig geschlagen hat.
In meinem Fall ist es "noch nicht so weit", allerdings hat mein Vater Diabetes und hohen Blutdruck und achtet kaum auf sich. Da er, mit dem Alter, immer cholerischer geworden ist und mittlerweile fast ständig wegen irgendetwas rumbrüllt, ist der Blutdruck ziemlich hoch und auch der Blutzucker ist, aufgrund seiner schlechten (oder doch "zu guten"?) Ernährung in schwindelerregende Höhen geklettert.
Es scheint nur noch eine Frage der Zeit zu sein bis es ernsthaft schlimmer wird - Er ist auf jeden Fall ziemlich gealtert und hat immer mehr gesundheitliche Probleme, die aber aufgrund seines Verhaltens kaum besser werden.

Mein Problem ist, daß ich ehrlich gesagt aufgrund des schlechten Verhältnisses zu ihm nicht weiß wie ich damit umgehen würde, wenn er denn sterben würde.
Da ich es als Kind immer am besten fand wenn er weg war (z.B. dienstlich) & auch meiner Mutter mehrmals vorgeschlagen habe sie solle sich scheiden lassen, bin ich mir nicht sicher ob ich im Falle seines Todes die angemessene Trauer empfinden könnte. Natürlich wünsche ich ihm nicht den Tod, aber gerade in letzter Zeit ist er so furchtbar, daß man ihn wirklich nur noch wegwünscht.

ich denke das ist ein großes Problem bei vielen Menschen der vergangenen Generationen, gerade Männern & besonders Männern die Autoritätsfiguren waren, oder sich dafür hielten, oder eben "Alphamännchen":
Sie kommen mit dem Alter sehr schlecht zurecht & der körperliche Verfall bereitet ihnen doppelt so viel Kummer wie anderen Menschen, weil sie sich immer besonders über ihre Männlichkeit und Körperlichkeit definiert haben und Schwäche verachteten.
Wenn man dann zu einem verachtenswerten "Krüppel" wird, ist es natürlich ein ziemlicher Schlag den man nur schwer ertragen kann.

Da ich selbst stark sehbehindret bzw. auf einem Auge blind bin, weiß ich daß man das eigentlich recht gut kompensieren kann - allerdings geht das natürlich in jungen Jahren besser und man muß es auch wollen.
Ich bin mir nicht sicher ob ein Neunzigjähriger wirklich imstande ist noch diverse Blindentechniken zu lernen, aber vielleicht wäre es sinnvoll ihm wenigstens ein paar "Basics", wie den Umgang mit dem Langstock, beizubringen, damit er sich nicht so vollkommen hilflos fühlt.
Es wäre sicher eine gute Idee sich mit deinem örtlichen Blindenverein in Verbindung zu setzen, vielleicht können die ja irgendwie helfen - ansonsten gibt es auch andere Reha-Angebote, allerdings ist hier das hohe Alter ein echtes Problem.
Es wäre wohl auch sinnvoll ihm noch so viel Freude wie möglich zu bereiten - vielleicht mal, wenn möglich, rausgehen aus der Wohnung in die Natur, damit er merkt das dort auch andere Sinne angesprochen werden (also Hören, Spüren, Riechen...).
Hörbücher u.Ä. sind sicher auch sinnvoll - wenn dein Vater ein Sportfan ist, so ist es vielleicht gut zu wissen daß z.B. Fußballspiele in den Öffentlich-Rechtlichen Sendern mittlerweile mit Audiodeskription begleitet werden, so kann er also auch ein schönes Fußballspiel verfolgen, ohne zu sehen....

Am Ende bleibt aber wohl nur ihn zu begleiten - daß du dir da Gedanken machst ist schon Etwas sehr gutes & verdient Lob und Anerkennung. Wie TheRealDeal schon sagte, die meisten Eltern wollen das Beste für ihre Kinder - echte Bosheit ist da selten, in der Regel sind die Eltern schon durch die Erziehung ihrer eigenen Eltern vorbelastet & setzen nur das fort was sie beigebracht bekommen haben.
Man sollte am Ende versuchen ihnen so viel wie möglich zu vergeben, schon um selbst nicht ihre Fehler zu wiederholen, bzw. sich von ihren Fehlern kaputt machen zu lassen.
Und um ihnen, so gut es geht, beistehen zu können - dafür wünsche ich dir viel Kraft.
Ddu wirst Sie brauchen.