Da hier kaum jemand OkCupid kennen dürfte, werde ich es zunächst einmal erklären.
Als allererstes: Es ist eine US-amerikanische Singlebörse, die zwar ein weltweites Publikum hat, aber trotzdem komplett (bis teilweise auf Texte, die die Nutzer in ihre Profile schreiben) englisch ist. Man kann sie nicht auf deutsch umschalten oder so. Wer kein Englisch kann, kann hier aufhören zu lesen und den Thread schließen. Ich werde auch das, was auf OkCupid auf Englisch steht, nicht immer ins Deutsche übersetzen. Ich werde auch nicht auf Übersetzungsanfragen reagieren; wenn ihr es nicht versteht, ist OkCupid sowieso nichts für euch. Geht weiter, es gibt hier nichts zu sehen.
Es gibt auch eine Smartphone-App, die nutze ich aber nicht, daher weiß ich nicht, ob die auch in anderen Sprachen verfügbar ist. Wenn ich mir die Benutzerprofile einiger Userinnen so ansehe, habe ich aber den Eindruck, als wenn die App die Bedienung des Dienstes im Vergleich zum Webbrowser erschwert und/oder einschränkt, daß also gewisse Dinge nur merklich schwieriger oder überhaupt nicht gehen. Wie üblich gibt es nur eine iOS-App im Apple App Store und eine Android-App im Google Play Store, also weder etwas für andere Systeme noch Downloads direkt vom Anbieter ohne den Zwang, ein Apple- oder Google-Konto zu haben.
OkCupid ist ziemlich gut kostenlos benutzbar. Es gibt Premium-Bezahlkonten, die bieten einem aber nur "Luxusfeatures", z. B. daß man sich Nutzerprofile ansehen kann, ohne selbst dabei gesehen zu werden, und gleichzeitig andere Benutzer sieht, die nicht inkognito unterwegs sind, wenn sie das eigene Profil besuchen, daß man sich anzeigen lassen kann, ob und wann ein Kontakt eine Nachricht gelesen hat, und vor allem, daß man sehen kann, wer einen "geliket" hat. Das steht im angenehmen Gegensatz zu Bezahlbörsen, bei denen man sich kostenlos innerhalb gewisser Grenzen umsehen kann, aber schon für den schriftlichen Erstkontakt zahlen muß – wo also das Anfixen nichts kostet, die tatsächliche produktive Nutzung dann aber sehr wohl.
Die Informationen, die man über sich ins Profil stellen kann, sind ziemlich umfangreich. Da gibt es:
- Basics:
- Geschlecht (inklusive "More options", es wird also nicht nur cisgender unterstützt)
- Ausrichtung (hetero-, homo-, bisexuell und wieder "More options")
- Beziehungsstatus
- Art der gewünschten Beziehung, also ob monogam oder nicht
- Körpergröße
- Körperbau
- Background:
- Ethnie, allerdings sehr USA-zentrisch (Asian, Black, Hispanic/Latin, Indian, Middle Eastern, Native American, Pacific Islander, White, Other)
- diverse auswählbare Sprachen (inklusive Esperanto, Friesisch, Latein, Altgriechisch, Zeichensprache, C++ und LISP) und optional, wie gut man sie beherrscht
- Bildungsgrad, wieder sehr USA-zentrisch (High school, Two-year college, University, Space camp, Post-grad), und optional, ob man noch dabei oder durchgefallen ist
- Religion inklusive Atheismus, und wie ernst man sie nimmt
- Details:
- ob man raucht (No, Sometimes, Yes)
- ob man Alkohol trinkt (Not at all, Socially, Often)
- ob man Drogen nimmt (Never, Sometimes, Often)
- ob man Kinder hat
- ob man Kinder will
- ob man Hunde bzw. Katzen hat
- Sternzeichen
- Essensgewohnheit (Omnivore, Vegetarian, Vegan, Kosher, Halal)
- Who are you looking for?
- bevorzugtes Geschlecht des Gegenüber (Straight women, Bi women, Women who like men, Everybody)
- Mindest- und Höchstalter der bevorzugten Personen
- ob die Person Single sein muß
- ob sie in der Nähe leben muß (also innerhalb eines 100-Meilen-Radius, der, wenn man eingestellt hat, daß man metrische Einheiten bevorzugt, umgerechnet wird zu 161 km; variabel ist das nicht)
- wofür man selbst auf OkCupid ist (vier einzeln anwählbare Haken: Hookup – hieß bis vor kurzem Casual sex –, New friends, Short-term dating, Long-term dating)
- My self-summary (Fließtext)
- What I'm doing with my life (Fließtext)
- I'm really good at (Fließtext)
- The first things people usually notice about me (Fließtext)
- Favorite books, movies, shows, music, and food (Fließtext)
- Six things I could never do without (Fließtext)
- I spend a lot of time thinking about (Fließtext)
- On a typical Friday night I am (Fließtext)
- The most private thing I'm willing to admit (Fließtext)
- You should message me if (Fließtext)
All dies ist übrigens auf mehr oder weniger einen Blick auf der Hauptseite des Profils zu sehen.
Nach allen Auswahlfeldern kann natürlich auch bei der Suche gefiltert werden. Für die Fließtextfelder kann man eine Volltextsuche in seinen Filtern einsetzen. Leider läßt sie im Gegensatz zu Suchmaschinen keine Booleschen Operatoren zu (die Übergeeks würden sich vermutlich sogar eine SQL-Abfrage wünschen), sondern sucht nur ganz einfach das, was man eingibt.
Ich bin schon sehr lange OkCupid-Mitglied, daher weiß ich nicht, wie es in letzter Zeit aussah, wenn man sich neu registrierte. Aber ich habe den Eindruck, daß es unter den Auswahlfeldern ein paar Pflichtfelder gibt. Der kommt daher, daß viele Frauen nur ein paar wenige Felder einstellen, und zwar alle dieselben paar wenigen Felder. Mag sein, daß das nur auf die OkCupid-Smartphone-App zutrifft.
Zum Zwecke weiterer Informationen gibt es die sogenannten Match Questions. Das ist eine ziemliche Anzahl an Fragen, die teils von der OkCupid-Mannschaft, früher teils auch von OkCupid-Usern ersonnen wurden. USA-typisch sind das alles Multiple-Choice-Fragen mit maximal vier Auswahlmöglichkeiten, aber es gibt zusätzlich noch ein Fließtextfeld. Wieviele Fragen es gibt, steht nirgendwo geschrieben. Aber wenn man sich allmählich durch die Fragen arbeitet und irgendwann an einem Punkt ankommt, an dem es heißt, daß es keine weiteren Fragen mehr gibt, dann weiß man, daß es über 2.000 Fragen gibt. Die sind allerdings teilweise ziemlich redundant.
Einige der Fragen können nur Amerikaner beantworten. Wieder andere haben nur zwei Antworten (also ja oder nein bzw. Vergleichbares), obwohl es auch mindestens eine Zwischenstufe, so etwas wie "I don't know" oder so etwas wie "The question doesn't apply to me" geben müßte.
Zusätzlich zur eigenen Antwort kann man dann auch noch auswählen, welche der Antworten man beim Partner tolerieren würde und welche nicht, und wenn man nicht alle toleriert, wie groß (in drei Stufen) die Intoleranz ist. Man kann Antworten auf privat setzen, so daß andere User sie nicht sehen können.
Sinn und Zweck hinter den Match Questions ist zum einen die Ermittlung der Match- und Enemy-Prozentzahlen, wobei der Algorithmus dahinter schon vor einiger Zeit als sehr zweifelhaft identifiziert wurde. Zum anderen kann man die Antworten anderer User in deren Profil einsehen, sofern die jeweilige Antwort nicht auf privat gesetzt ist. Dabei sieht man nicht nur deren Antwort, sondern auch, ob die jeweiligen Antworten toleriert werden. Es stehen also unter jeder Frage zwei Antworten, die des Users mit dem aufgerufenen Profil und die eigene. Ist eine der Antworten rot, toleriert sie der andere nicht.
Mit einem Bezahlkonto kann man nach Match Questions filtern.
Neben der üblichen Partnersuche per Filter unter "Browse Matches" gibt es auch eine Art Quickmatching-Funktion, die aktuell "DoubleTake" heißt. Darin werden einem nur die Match-Prozentzahl, die Profilfotos und die Profilfließtexte von Usern angezeigt, die gefiltert werden nach den Angaben, die man selbst in seinem Profil getätigt hat, wonach man sucht – und nicht etwa nach den Filtern, die man unter "Browse Matches" eingestellt hat. Nicht angezeigt werden der Username, die Werte aus den Auswahlfeldern und die Fragen.
Hier gibt es nur zwei Möglichkeiten zu reagieren: entweder ein grau hinterlegtes Kreuz, um den nächsten User anzeigen zu lassen, oder einen goldgelb hinterlegten Stern, um den User zu "liken" (noch einmal, das kann derjenige nur mit einem Bezahlkonto sehen) und den nächsten anzeigen zu lassen.
Erwähnenswert sind dann auch noch die Funktionen "Hide" und "Block". "Hide" macht einen User für einen selbst komplett unsichtbar. Sichtbar bleibt der User nur in der Bookmark-Liste, sofern man ihn vorher schon gebookmarkt hatte, bis man ihn wieder entbookmarkt. Kontakt zu einem aufnehmen kann der User immer noch und bemerkt das "Hide" selbst auch nicht. "Block" geht noch weiter und sperrt auch jegliche Kontaktaufnahme.
Nun zu meinen Erfahrungen:
Meines Erachtens nutzen viele tatsächlich nur DoubleTake, sehen sich da nur die Bilder an und klicken bzw. tippen dann auf Kreuz oder Stern. Anders kann ich mir nicht erklären, warum ich immer mal wieder Likes bekomme, obwohl ich ganz oben in meinem allerersten Profiltext in Fettbuchstaben geschrieben habe, daß ich die Likes nicht sehen kann. Wenn die Screenshots der Mobil-App aussagekräftig sind, sieht man da überhaupt nur Profilbilder und ansonsten gar keine Informationen aus dem Profil. Möglicherweise teilt ihnen die Mobil-App auch zu keinem Zeitpunkt mit, daß nur diejenigen Likes sehen können, die ein Bezahlkonto haben, so daß sie dann lustig auf Tinder-Art Likes verteilen und sich wundern, daß dabei nichts herauskommt.
Unter denjenigen, die OkCupid über den Desktop benutzen, gibt es folglich einige, die in ihrem Profiltext darauf hinweisen, daß sie Likes nicht sehen können, und man sie anschreiben soll, statt sie zu liken. Irgendwann nervt es einfach, ständig geliket zu werden von unbekannten Leuten.
Früher schien die Zahl der "Blankoprofile", die nur die nötigsten Angaben enthielten, aber trotzdem zwei bis fünf Profilfotos, stetig abzunehmen; die gibt es kaum noch.
Fakes vom Betreiber gibt es gar keine. Zum einen lohnen sie sich nicht auf einer fast komplett kostenlosen Singlebörse. Zum anderen können Amerikaner – es ist ja eine US-Singlebörse – keine wirklich überzeugenden deutschen oder sonstigen ausländischen Fakes bauen, und das wissen sie auch, zumal sie im Prinzip den ganzen Planeten abdecken müßten.
Was mir dafür auffällt, ist, daß so manch eine Dame gewisse Informationen nicht ins eigentliche Profil einbaut, sondern in den Fragen versteckt. Beispielsweise gibt sie nicht an, ob sie Kinder möchte oder nicht. Dafür beantwortet sie die Frage "Are you looking for a partner to have children with?" mit "Yes" und toleriert als Antwort auch nur "Yes". Oder noch besser: Sie gibt nicht an, ob sie schon Kinder hat. Die Information, daß sie tatsächlich schon mindestens ein Kind hat, versteckt sie dann in Fragen darüber, ob man sich einen Partner vorstellen könnte, der schon Kinder hat, indem sie Neins nicht toleriert. Das ist nicht eindeutig, aber schon sehr wahrscheinlich.
Meine übliche Vorgehensweise auf OkCupid ist übrigens: Als erstes sehe ich nach, wer seit meinem letzten Login mein Profil aufgesucht hat. Das sind nicht selten Frauen aus Übersee, also uninteressant, aber manchmal auch welche aus Deutschland oder speziell aus Hamburg. Extrem selten aber tauchen die dann auch unter "Browse Matches" auf.
Dahin gehe ich als nächstes und stelle zu meinen vorhandenen Filtern ein, daß ich Frauen suche, die Kinder haben. Die lasse ich mir anzeigen und stelle sie alle noch im "Browse Matches"-Fenster auf "Hide". Dann lade ich die Seite mindestens zehnmal neu, denn es tauchen immer wieder Frauen mit Kindern auf, die mir OkCupid bis dahin verschwiegen hat, warum auch immer. Irgendwann sollten keine mehr kommen.
Dann stelle ich darauf um, daß ich Frauen suche, die unbedingt Kinder möchten, und wiederhole das Spiel.
Ich filtere nicht direkt nur Frauen, die keine Kinder möchten, denn wie ich schon schrieb, geben sehr viele Frauen bei den Kinderfragen überhaupt nichts an, so daß sich danach nicht effizient filtern läßt, weil die, die gar nichts angeben, auch mit ausgefiltert würden. Also lasse ich mir zuerst diejenigen zeigen, die nicht in Frage kommen, und entferne sie aus der "Browse Matches"-Liste.
Diese gehe ich dann auf Augenschein durch und stelle alle Männer (!) auf "Hide", die sich dahin verirrt haben. Einige der Herren der Schöpfung scheinen wirklich zu blöd zu sein, OkCupid zu bedienen. Und das sind mitnichten Transen, sondern sehr häufig der Machotyp mit Dreitagebart und offen zur Schau gestelltem Sixpack. Vielleicht wäre "Report" statt "Hide" die bessere Lösung.
Erst dann fange ich an, Profile zu laden. Dabei überfliege ich das erste Profilfoto, gehe direkt auf "See questions", schalte da um auf "Unacceptable answers", um mir anzeigen zu lassen, welche meiner Antworten sie nicht toleriert. Sofern bei "Are you looking for a partner to have children with?" ihre Antwort "Yes" und mein "No" rot ist, sie also Kinder möchte und es nicht toleriert, daß ich keine möchte, wird sie sofort und ohne Umschweife auf "Hide" gesetzt, damit sie nicht weiterhin unnötigerweise in der "Browse matches"-Liste steht, und der Tab geschlossen.
Und wenn bei "Are you a vegetarian or vegan?" wiederum ihre Antwort "Yes" und mein "No" rot ist, führt auch das zu einem bedingungslosen "Hide", weil es den Verdacht erhärten läßt, daß sie eine radikale vegetarische oder gar vegane Missionarin ist, die mich dahingehend umzupolen versuchen wird. Better safe than sorry.
Es gibt diverse andere Fragen, bei denen ich nicht sofort so reagiere, aber dann, wenn meine jeweiligen Antworten bei einer gewissen Anzahl dieser Fragen nicht toleriert wird, wird die Dame auf "Hide" gesetzt.
Der neueste Trend scheint zu sein, fast alle Fragen privat zu beantworten. Wenn wir 78 Fragen gemeinsam beantwortet haben, mir aber nur eine davon angezeigt wird, dann ist das unkooperativ.
Die Profiltexte lese ich immer, nicht selten aber erst nach dem händischen Filtern per Fragen. Auch da können Dinge auftauchen, die mich zum sofortigen "Hide" und Tabschließen führen, wenn sie etwas verlangt, was ich ihr nicht bieten kann, oder umgekehrt etwas, was mich ausmacht, auf gar keinen Fall will. Das passiert auch, wenn mich an ihr etwas massiv stört, etwa Torschlußpanik oder der übliche "weiß, was er will"-und-"mit beiden Beinen fest im Leben"-Sermon, außerdem alle Maschinenübersetzungen, die mir zu sehr nach Schlepperbande oder nach "Ich suche einen reichen Deutschen zum Heiraten" aussehen.
Blanko- und Fastblankoprofile ohne nennenswerte Informativität, die auch nicht so aussehen, als würden sie bald erweitert, kommen auch auf "Hide", weil ich zum einen damit die Katze im Sack kaufen würde und zum anderen überhaupt nichts habe, worauf ich mich beim Anschreiben beziehen könnte (auf den Profilfotos ist bisher noch nie irgendetwas zu sehen gewesen, worauf ich mich gut hätte beziehen können).
Letzteres Problem bleibt dann allerdings bei den meisten Profilen, die übrig bleiben. An sich enthalten sie keine unmittelbaren No-Gos oder wirken sogar charmant. Aber da ist nichts, was ich als geeigneten Aufhänger in einer Nachricht verwenden könnte. Darüber habe ich mich ja schon an anderer Stelle ausgelassen. Vielleicht wirkt das Profil als Ganzes alles in allem sympathisch. Darin steht aber nichts, worüber ich mich konkret mit der Dame in einem Nachrichtenaustausch unterhalten möchte, worauf ich sie also auch nicht anschreiben kann.
Diejenigen, die mir wirklich gut gefallen, werden gebookmarkt, wobei es bei OkCupid nur eine Bookmark-Kategorie gibt bzw. eigentlich gar keine. Das ist trotzdem kein Garant dafür, daß ich sie anschreibe.
Das Ende vom Lied sind dann etliche Profile, die zwar in meiner "Browse matches"-Liste auftauchen, aber nicht gebookmarkt sind, geschweige denn je angeschrieben werden, und auch einige jahrelange Bookmarks, die ich nie anschreibe.
Ach ja: Sollte ich eine Dame dann doch anschreiben, und entweder erhalte ich keine Antwort, oder die Konversation verläuft im Sande, betrachte ich die Dame als erledigt, und sie kommt auf "Hide".
Um noch einmal zu den Likes zurückzukommen: Die kommen definitiv auch nicht vom Betreiber, der damit versuchen will, Leute zum Bezahlen zu bringen. Mir ist schon so manches Mal aufgefallen, daß beim Leerräumen der Matches mittels "Hide" auch die Zahl meiner Likes kleiner wurde. Leider habe ich nicht darauf geachtet, wann beim Hiden eines Profils die Like-Anzahl um eins zurückging, denn damit hätte ich Likes identifizieren können, ohne einen Cent zu zahlen. Aktuell achte ich daher darauf, bekomme aber allem Anschein nach keine Likes von innerhalb meiner Filter. Das heißt, was ich versuchen könnte, aber noch nicht versucht habe, ist, jedes Profil, das noch in meinen Matches ist, kurz zu hiden und dann zu unhiden, um zu sehen, ob sich die Like-Anzahl verändert.