NBUC hat geschrieben: ↑18 Jan 2021 12:30
Kalypso hat geschrieben: ↑18 Jan 2021 12:17
Mehr kann ich hier leider dazu nicht schreiben, sonst wird gemeckert.
Und ich glaube das ist der Grund, warum es manche Leute vorziehen die Partnerwahl als unerklärliche "Magie" sehen zu wollen und lieber nicht auf die Elemente ihrer Liebesgleichung schauen wollen: damit da nicht Sachen bei mit rauskommen, welche dann nicht so schmeichelhaft oder PC erscheinen und für die der oder die Betreffende dann Kritik riskiert.
Da ist sicher was dran und das hat wohl mehrere Gründe:
- In unserer Gesellschaft, wie auch im politischen Diskurs, möchte sich kaum jemand (Radikale jedweder Colour mal ausgenommen) dem Vorwurf aussetzen, andere Menschen zu diskriminieren.
- In diesem Kontext ist es auch für das eigene Selbstbild nur gesund, die eigenen Entscheidungen und Handlungen von einer Ebene aus vor sich selbst zu rechtfertigen, welche frei von "niederen" oder "archaischen" Beweggründen sind.
- Steht man unter sozialer Beobachtung - und das ist schon bereits am Kaffeetisch mit zwei Bekannten der Fall - wird man sich unterbewusst immer auf eine möglichst sozial akzeptable Art äußern, sofern man nicht ganz bewusst auf Reibung und scharfen Diskurs aus ist.
Was will ich damit übertragen auf das Feld der Partnersuche sagen?
Es gibt sozial "akzeptierte" Selektionsmechanismen, wo kaum jemand Verwunderung über das eigene Handeln äußern wird und es gibt die sozial eher weniger als "gut" und "befürwortenswert" erachteten Kriterien.
Wenn die Frau sagt "Ich habe ihm einen Korb gegeben, weil er kleiner als ich ist" wird kaum jemand Schnappatmung bekommen, da bei >90% aller Paare der Mann gleich groß oder größer ist und dies den als normal empfundenen Zustand darstellt.
Gleiches gilt im übrigen umgekehrt auch beim Mann, wo kaum jemand verwundert schauen wird, wenn er sagt "Ich stehe nur auf Frauen die kleiner als ich sind".
Bei Gründen dieser Art würde sich also niemand komisch fühlen es "zuzugeben", dass man in der Hinsicht vermeintlich oberflächlich ist (ein Vorwurf, dem sich niemand bewusst ausgesetzt sehen will).
- Welche Frau würde aber nach außen hin offen kommunizieren, dass sie:
Peter einen Korb gegeben hat, weil er "nur" Busfahrer ist und sie nur auf Männer mit mindestens gleichwertigem Job-Status steht?
Auf Stefan in erster Linie total abfährt, weil er so ein attraktiv-markantes Gesicht hat
Beim Heinz - 20 Jahre älter als sie - erstmal seinen krassen Status geil fand, weil er eine große Firma leitet, alle zu ihm aufschauen und er ein Luxus-Leben führt?
Mit dem Karl eine Beziehung eingegangen ist, weil sich ihr biologisches Zeitfenster für Kinder gerade schließt und auch wenn sie ihn nur "okay" findet, er immer noch besser als garnichts ist?
- Welcher Mann würde nach außen hin offen kommunzieren, dass er:
Lisa einen Korb gegeben hat, weil sie quasi keine Brüste und insgesamt eine eher knabenhafte Statur hat?
Mit Anna in erster Linie eine Beziehung eingegangen ist, weil sie einen Knackarsch hat und die erste seit langem ist, die jeden Tag mit ihm vögeln will?
Mit Stefanie (obwohl er sie nur so "lala" findet) eine Beziehung eingegangen ist, weil sie sich bereitwillig angeboten hat und er schon seit Ewigkeiten keine Frau für sich begeistern konnte, die ihm wirklich gefällt?
Ich liste hier nur bewusst polarisierende - aber meiner Meinung nach in der Realität beobachtbare - Punkte auf, um zu unterstreichen was ich damit sagen will.
Nach außen hin (und damit meine ich nicht die beste Freundin oder den Sandkastenkumpel, denen gegenüber viele Menschen tatsächlich ganz offen und ehrlich sind) wird die Partnerwahl so begründet, dass man üblicherweise Verständnis dafür erntet: Peter bekam den Korb, weil "es einfach nicht gefunkt hat", Stefan war so toll, weil man mit ihm so richtig tiefgründige Gespräche führen kann und beim alten Heinz sind es natürlich der unfassbare Charme und seine fürsorgliche Art gewesen, die das Herz haben schmelzen lassen.
Lisa hingegen bekam natürlich den Korb weil sie wahlweise zu zickig, zu dominant oder zu einengend ist, Anna wurde gewählt weil sie so eine liebevolle und nette Art hat und in Stefanie hat man(n) sich in ihre natürliche und schüchtern-süße Art verliebt.
Es herrscht eine bewusste oder auch unterbewusste (nicht alle Menschen reflektieren gnadenlos ehrlich ihr eigenes Handeln) Diskrepanz zwischen dem, wie wir in unserem täglichen Leben handeln und wie wir es nach außen hin begründen.
Deshalb steht in Ratgebern àla "darauf stehen Männer/Frauen bei der Partnersuche" oder in Singlebörsenprofilen zum Punkt "Darauf stehe ich bei Männern/Frauen" immer das sozial Verträgliche und das ist meistens eine Liste mit tollen Charaktereigenschaften.
So macht man sich frei davon als vermeintlich "oberflächlich" abgestempelt zu werden, was insgesamt für eine gewisse Verlogenheit in unserer gesamten Kultur sorgt, da es ja doch unterbewusst jeder besser weiß.
Den Schein nach Außen wahren, das wurde schon immer betrieben: ob in der Kirche (wo unter dem Deckmantel der Frömmigkeit seit Zweitausend Jahren Sodom & Gomorrha herrscht) oder aber in der gutbürgerlichen Familie der biederen 50er, wo natürlich niemand fremdgegangen ist und alle eine tolle, brave Ehe führten.
Im Endeffekt kann sich wohl auch niemand davon freimachen, in manchen Lebensbereichen nach außen hin sozial akzeptierte Begründungen für das eigene Handeln zu benennen. Und das gilt ganz besonders für die Partnerfindung in Zeiten des Onlinedatings, wo knallhart selektiert wird.