Fluchtgedanken in der Beziehung

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Mondstein
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Fluchtgedanken in der Beziehung

Beitrag von Mondstein »

Tja, wie anfangen?
Seit ein paar Monaten bin ich nun in meiner ersten Beziehung. Der erste Urlaub ist gemeistert, der erste Streit auch. Wir haben uns einen gemeinsamen Alltag eingerichtet und mein Freund wünscht sich, dass wir zusammenziehen. Und ich denke regelmäßig darüber nach diese Beziehung zu beenden. Warum? Tja, das weiß ich nicht. Mein Freund ist so lieb und rücksichtsvoll. Wir haben einen sehr unterschiedlichen sozialen Hintergrund, aber unsere Wünsche im Leben sind sehr ähnlich.
Obwohl er mir keinen Anlass dazu gibt, vertraue ich ihm nicht. Das war von Anfang an mein Problem. :wuetend:
Immer wieder fühle ich mich einfach so falsch in dieser Beziehung. Dann will ich mein friedliches Singleleben zurück. Aber es fällt mir schwer, diesen Drang richtig einzuordnen.
Liegt es daran, dass es nicht der richtige Mann für mich ist? Bin ich nicht für eine Beziehung "gemacht"? So fühlt es sich an. Oder suche ich unterbewusst Fehler und Probleme, um vor diesem neuen Leben wegzulaufen?
Natürlich muss ich diese Frage selbst beantworten.
Mich würde nur interessieren, ob vielleicht jemand ähnliche Erfahrungen gemacht hat und (falls ja) wie ihr damit umgegangen seid.
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Reinhard
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Re: Fluchtgedanken in der Beziehung

Beitrag von Reinhard »

Vertraust du Menschen generell schwer? Oder nur Männern? Oder einer sonstwie bestimmten Gruppe? Oder nur ihm nicht?
Make love not war!
Mondstein
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Re: Fluchtgedanken in der Beziehung

Beitrag von Mondstein »

Menschen generell. Normalerweise empfinde ich es aber nicht als Problem, sondern als Schutz.
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Finnlandfreundin
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Re: Fluchtgedanken in der Beziehung

Beitrag von Finnlandfreundin »

Vielleicht geht dir das Zusammenziehen einfach zu schnell.

Auf welcher Ebene vertraust du ihm nicht?
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Kisuli
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Re: Fluchtgedanken in der Beziehung

Beitrag von Kisuli »

Ich hatte ähnliche Gefühle in meiner ersten Beziehung. Ich konnte die Gründe aber klar benennen - unterschiedliche Lebensziele, problematische Lebenssituation seinerseits. Außerdem bin ich als introvertierter Mensch gern allein und es war mir schnell zuviel, jedes Wochenende mit ihm zu verbringen. Alles drehte sich nur noch um die Beziehung und ich konnte meine eigenen Ziele und Interessen nicht mehr so einfach weiterverfolgen. Ich hatte das Gefühl, mich selbst zu verlieren und weniger Energie aus der Beziehung mitnehmen zu können als ich reingesteckt habe. Bei mir hat das letztlich zum Ende der Beziehung geführt. Ich denke auch, dass ich wohl nicht so richtig gemacht bin für eine klassische Beziehung mit Zusammenleben und allem Drum und Dran.
Ich würde mir an deiner Stelle etwas Zeit nehmen um zu reflektieren, warum du dich so fühlst wie du dich fühlst. Dass die Gedanken ans Zusammenziehen nach nur ein paar Monaten beängstigend sein können, kann ich gut verstehen. Ob sich das ändern kann, zeigt eigentlich nur die Zeit. Offene Kommunikation, gerade auch über solche Themen, ist wichtig (fällt mir leider auch mit Beziehungserfahrung noch sehr schwer).
Alles Gute! :vielglueck:
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Re: Fluchtgedanken in der Beziehung

Beitrag von Zwerg »

Jede Beziehung hat eine andere Dynamik.

Dir hilft es vielleicht, sich mit Bindungstheorie, d. h. den verschieden Bindungstypen zu beschäftigen. Da spielt wohl weniger eine Rolle, dass Du lange allein warst, sondern vielmehr Erfahrungen in deiner Kindheit und Familiengeschichte. Wenn Du eigentlich positive Rückmeldungen aus der Beziehung mit deinem Partner bekommst, ihr gemeinsame Zukunftsvorstellungen entwickelt und Du dich trotzdem zurückziehst, deutet das im Sinne dieser Theorie auf einen "ängstlich-vermeidenden Bindungstyp" hin. Dafür könnte sprechen, dass Du Dir die Frage nach der Beendigung der Beziehung in dem Moment stellt, in dem es um das Zusammenziehen gehen soll.

Ich selbst dachte anfangs noch täglich über eine Scheidung nach, dann vielleicht jede Woche und jetzt -nach einem Dutzend Ehejahren- nur noch ab und zu...
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Re: Fluchtgedanken in der Beziehung

Beitrag von Kalypso »

Sobald du anfängst länger anhaltende destruktive Gedanken zu haben, solltest du etwas an der derzeitigen Situation ändern.
Solche Fragestellungen entwickeln sich nicht grundlos und im ersten Schritt solltest du dich selbst hinterfragen. Vielleicht überlegst du dir, was du an deiner Beziehung gut findest und was dich stört? Versuche so konkret wie möglich zu werden.
Sind es Aspekte, die veränderbar sind? Hilft ein Gespräch mit dem Partner um die aktuelle Situation in Griff zu bekommen?
Womöglich bist du einfach noch nicht so weit mit ihm zusammen zu ziehen? Wenn du es gewohnt warst viel allein zu sein und auch allein zu wohnen, kann das eine sehr ungewohnte Veränderung sein.
Vielleicht überlegst du dir auch, wie du dir eine Beziehung vorstellst, in der du dich wohl fühlst.

Sollte dieser Gedanke, dass du diese Beziehung nicht willst, bleiben, dann solltest du auch so fair und ehrlich sein und es deinem Freund erzählen. Manchmal ist eine Trennung die beste Lösung.
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Re: Fluchtgedanken in der Beziehung

Beitrag von Seren »

Wie siehts mit Anziehung aus? Ich dachte nämlich auch jahrelang, ich wäre vielleicht zu einzelgängerisch oder nicht beziehungsfähig, weil ich mit den meisten Frauen, die an mir Interesse zeigten, kaum Zeit verbringen wollte. Aber dann lernte ich mal eine kennen, die mir so gut gefiel, dass ich zu meiner Überraschung fast jeden Tag Lust auf ein Treffen mit ihr gehabt hätte. Mit ihr dachte ich dann auch zum ersten Mal übers Zusammenziehen nach. Vorher konnte ich mir das nie vorstellen. Wobei ich aber auch mit ihr auf alle Fälle ein eigenes Zimmer für mich eingerichtet hätte, falls ich doch mal meine Ruhe hätte haben wollen. Kam aber nie so weit, sondern sie machte nach dem 5. Treffen schon Schluss, weil sie Kinder hätte haben wollen, und ich nicht. Aber seither weiß ich wenigstens, dass ich doch nicht zu einzelgängerisch bin, sondern nur einen etwas speziellen Geschmack hab.

Vertrauen hab ich in manchen Punkten auch nicht, aber macht mir nichts aus, weil ich mir sage: "Solange ich keine Beweise hab und mir der Kontakt gefällt, tu ich einfach so, als wenn die Frau vertrauenswürdig wäre; und falls sich irgendwann zeigt, dass die Frau mich belogen oder betrogen hat, kann ich den Kontakt immer noch abbrechen und mir eine neue Frau suchen."
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Re: Fluchtgedanken in der Beziehung

Beitrag von Galip »

"Fluchtgedanken" haben mich auch gequält in meiner letzten (und ersten und einzigen) Beziehung - die war aber auch sonst eher unharmonisch. Das war eher ein on-off Drama und dürfte somit kaum der richtige Vergleich sein.

Nach der Trennung habe ich jedenfalls das Buch "Trennt euch" von Thomas Meyer gelesen. Davor hätte ich es mich vermutlich nicht getraut. Aber vielleicht bist Du ja mutiger und hast Lust, es zu lesen - es ist ganz kurz und leicht lesbar geschrieben. Und es gibt dir vielleicht ein paar Denkanstöße dahingehend, worin vielleicht das Problem bestehen könnte.

Und wenn Du dir nach der Lektüre nicht ganz sicher bist, ob Du die Beziehung beenden sollst, dann tu es nicht!

Ich zitiere mal einen Abschnitt, der relevant sein könnte:
Thomas Meyer hat geschrieben: Wie fühlen Sie sich in der Gegenwart Ihres Partners?

Fühlen Sie sich verstanden und respektiert?
Fühlen Sie sich geborgen?
Lachen Sie miteinander?
Gehen Sie pfleglich miteinander um?
Sind Sie ganz Sie selbst?
Fühlen Sie sich wohl?

Oder fühlen Sie sich unverstanden und abgelehnt? Verspüren Sie Beklemmung? Und fällt dies von Ihnen ab, sobald Ihr Partner das Haus verlassen hat?

(...)

Es geht nicht darum, wie Sie für jemanden empfinden. Es zählt einzig, wie Sie mit ihm empfinden; wie es Ihnen in seiner Nähe geht. Und falls Sie sich um Ihren Partner herum nicht gut und nicht leicht und nicht frei fühlen, sondern gehemmt und gestresst, dann passen Sie nicht zusammen, gehören nicht zusammen und sollten sich trennen.
Man mag da durchaus anderer Ansicht sein, und das Zitat ist vielleicht auch ein bisschen aus dem Kontext gerissen. Aber ich persönlich glaube schon, dass das stimmt. Auch wenn es ziemlich harter Tobak ist, wenn einem das klar wird.

Zugleich besteht aber natürlich die Chance, dass Du zu dem Schluss kommst, dass Du dich eigentlich schon sehr wohl fühlst mit deinem Partner. In dem Fall genügt es ja vielleicht, zu sagen, dass dir das mit dem Zusammenziehen jetzt noch zu früh ist und Du da die nächsten paar Monate eigentlich nicht weiter darüber sprechen möchtest, weil dich das unter Druck setzt. Wenn er "der richtige" ist, dann wird er das schon verstehen und entsprechend beherzigen. Und vielleicht genügt das ja auch schon, damit es dir besser geht.

Ansonsten finde ich auch den Hinweis von Zwerg sehr hilfreich. Sich mit Bindungstype auseinanderzusetzen verrät einem viel über sich selbst und über den Partner.

Auf jeden Fall :umarmung2: und :vielglueck:
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Re: Fluchtgedanken in der Beziehung

Beitrag von Daniog »

Fluchtgedanken kann ich nachvollziehen.

Wenn man lange alleine war ist man sehr daran gewöhnt Ruhe, Ordnung und zu machen was man will.

Zu zweit geht das nicht mehr.

Für mich ganz schlimm. Als sie nach einem Rohrbruch mit Kindern und Aupair bei mir für ein paar Wochen eingezogen ist.

Man muss sich im Bad abwechseln. Vor der Toilette anstehen. Man kann nicht nachts Arbeiten wie gewohnt, weil die anderen schlafen wollen.

Da hatte ich oft den Gedanke, wo ist der nächste Flieger raus aus Europa.
Mondstein
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Re: Fluchtgedanken in der Beziehung

Beitrag von Mondstein »

Zunächst einmal vielen Dank für die vielen unterschiedlichen Rückmeldungen :)
Das mit dem Zusammenziehen sollte eigentlich nur ein Beispiel dafür sein, dass wir in unserer Beziehung oft auf unterschiedlichen Ebenen sind. Er ist immer schon fünf Stufen weiter und ich muss ihn dann bitten, auf mich zu warten. Das macht er ja auch. Wir sprechen erst wieder über eine gemeinsame Wohnung, wenn ich das Thema anspreche. Sein Vorschlag.

Ich habe mir eure Ratschläge zu Herzen genommen und reflektiert. Mit Stift und Papier und mit Laufschuhen.

Dann habe ich meine Probleme in verschiedene Bereiche aufgeteilt. Und jetzt werde ich vermutlich an den verschiedenen Bereichen unterschiedliche stark grüblen.

Ich will ja meistens gar nicht flüchten sondern lernen, mit diesen Fluchtgedanken umzugehen. Denn aktuell (ich bin mit den Bereichen noch nicht fertig) will ich die Beziehung nicht beenden (Ergebnis der Laufrunde). Wenn ich an ihn gekuschelt einschlafe, ist die Welt meist wieder in Ordnung :shylove: . Und das sagt mir, dass einfach Weglaufen eigentlich keine Option ist.
Zwerg hat geschrieben: 04 Aug 2021 08:35 Ich selbst dachte anfangs noch täglich über eine Scheidung nach, dann vielleicht jede Woche und jetzt -nach einem Dutzend Ehejahren- nur noch ab und zu...
Wie geht ihr damit um? Kommunizierst du diese Gedanken? Wir reden über wirklich viele Sorgen um und Wünsche an den Partner, aber das konnte ich ihm bisher nicht sagen. Weil die Gedanken immer wieder gegangen sind und ich mittlerweile auch weiß, dass sie es vermutlich tun. Ich will ihn nicht dauernd mit dem Gedanken belasten, dass ich die Beziehung beenden will. Weil es ja immer nur kurze Phasen sind. Aber er merkt natürlich, dass etwas nicht stimmt.
Der Hinweis mit den Bindungstypen war sehr hilfreich. Im Prinzip weiß ich ja, dass sich das Problem größtenteils (wenn nicht gar vollständig) zwischen meinen Ohren befindet. Aber es hilft, sich immer mal wieder daran zu erinnern.

Das fehlende Vertrauen ist so eine Sache. Es geht nicht um Treue oder Untreue. Es geht um meine Angst, manipuliert und belogen zu werden. Er hat durchaus die Tendenz, seine Mitmenschen gezielt in die gewünschte Ecke zu dirigieren. Aber wenn ich mich dagegen wehre, akzeptiert er das. Das Misstrauen gilt eigentlich nicht ihm, sondern Menschen von früher. Das zu verstehen ist eine Sache, damit klarzukommen leider eine andere.
Außerdem kämpfe ich damit, ihm Dinge über mich anzuvertrauen, die ein Partner wissen sollte. Ich weiß, dass er mich deswegen nicht verlassen wird und teilweise hat er es schon selbst gemerkt. Aber es auszusprechen ist mir wichtig und ich schaffe es einfach nicht.
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Re: Fluchtgedanken in der Beziehung

Beitrag von Zwerg »

Mondstein hat geschrieben: 04 Aug 2021 22:47 ..
Die Menschen sind verschieden und jede Partnerschaft sieht anders aus. Sich mit Beziehungstypen zu befassen dient in erster Linie der Selbstreflektion ohne dass es für die konkrete Situation eine Entscheidungshilfe ist.

Wir führen z.B. eine binationale Ehe. Streit oder Konflikte zu lösen, in dem sie ausdiskutiert werden, war meiner Frau aufgrund ihres kulturellen Hintergrundes praktisch unbekannt. Auch wäre es für sie absolut unüblich, über eigene Gefühle zu sprechen. Das weiß man aber (hoffentlich) vorher, wenn man sich darauf einlässt.

Jede Partnerschaft hat auch ihre Höhen und Tiefen. Es gibt hier zu Lande zum Glück keinen Zwang von außen. Ich interpretiere deine Beschreibung so, dass dein Partner eher dominant ist. Das kann gut (eigene Unentschlossenheit) oder schlecht (Einengung) sein.
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Re: Fluchtgedanken in der Beziehung

Beitrag von Milchbub »

Zwerg hat geschrieben: 05 Aug 2021 07:22
Mondstein hat geschrieben: 04 Aug 2021 22:47 ..
Die Menschen sind verschieden und jede Partnerschaft sieht anders aus. Sich mit Beziehungstypen zu befassen dient in erster Linie der Selbstreflektion ohne dass es für die konkrete Situation eine Entscheidungshilfe ist.

Wir führen z.B. eine binationale Ehe. Streit oder Konflikte zu lösen, in dem sie ausdiskutiert werden, war meiner Frau aufgrund ihres kulturellen Hintergrundes praktisch unbekannt. Auch wäre es für sie absolut unüblich, über eigene Gefühle zu sprechen. Das weiß man aber (hoffentlich) vorher, wenn man sich darauf einlässt.

Jede Partnerschaft hat auch ihre Höhen und Tiefen. Es gibt hier zu Lande zum Glück keinen Zwang von außen. Ich interpretiere deine Beschreibung so, dass dein Partner eher dominant ist. Das kann gut (eigene Unentschlossenheit) oder schlecht (Einengung) sein.
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Re: Fluchtgedanken in der Beziehung

Beitrag von Mondstein »

Mir ist mittlerweile klar, dass ich eher der ängstlich-vermeidende Bindungstyp bin. Nicht nur Bindungstyp, sondern Mensch :hammer: . Und mir war auch von Anfang an klar, dass mein Partner dominant ist. Das passt gut, weil er meine Schwächen ausgleicht. Das Einengen muss ich bewusster wahrnehmen und frühzeitiger ansprechen, bevor es mich so stark belastet.

Ich bin jetzt vorläufig zu dem Schluss gekommen, dass viele Probleme nur in meinem Kopf bestehen. Mich verunsichert dieser für mich neue "Beziehungsmodus" und mit Veränderungen habe ich mich schon immer schwer getan.

Für die Fluchtgedanken, die mich regelmäßig überfallen (und es vielleicht immer tun werden), habe ich noch keine Lösung gefunden. Klar kann ich sie aussitzen, aber mein Freund merkt es und es belastet ihn.
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Re: Fluchtgedanken in der Beziehung

Beitrag von halbkaputt »

Mondstein hat geschrieben: 05 Aug 2021 21:36 Für die Fluchtgedanken, die mich regelmäßig überfallen (und es vielleicht immer tun werden), habe ich noch keine Lösung gefunden. Klar kann ich sie aussitzen, aber mein Freund merkt es und es belastet ihn.
ging es dir in der Zeit vor der Beziehung nie schlecht, weil du einsam warst?
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Re: Fluchtgedanken in der Beziehung

Beitrag von Seren »

Mondstein hat geschrieben: 04 Aug 2021 22:47Es geht um meine Angst, manipuliert und belogen zu werden. Er hat durchaus die Tendenz, seine Mitmenschen gezielt in die gewünschte Ecke zu dirigieren.
Kannst du ein Beispiel nennen? - Ich kann mir nämlich gerade gar nicht vorstellen, was du meinst, denn wenn man selbst immer nur das tut, was man auch selbst wirklich tun will, dann kann man doch eigentlich gar nicht manipuliert werden, oder? Also beispielsweise hatte ich mal ein etwas seltsames Erlebnis mit einer Frau, die ich per Online-Dating kennengelernt hatte: Ich hatte ihr nach Absprache einen aufgenommenen Film mitgebracht, den sie sehen wollte, und sie wollte mir dafür spontan (also als überraschendes Dankeschön für mich, ohne vorherige Absprache) etwas schenken, was ich aber leider nicht gebrauchen konnte. Ich hab daher das Geschenk abgelehnt, denn ich nehme prinzipiell nichts an, was ich nicht gebrauchen kann. Dann meinte sie, dass sie den Film nicht sehen will. Und meine Reaktion darauf war: "Okay, wenn du den Film nicht sehen willst, dann brauchst du ihn dir natürlich nicht anzusehen." Ich weiß gar nicht, ob das wirklich ein Manipulationsversuch von ihr gewesen war oder einfach eine - aus meiner Perspektive "etwas übertriebene" - emotionale Reaktion. (Die Anführungszeichen, weil ich von einigen Frauen auch schon die Bewertung "du gefühlskalter Roboter" bekam. Also vieles ist subjektiv.) Jedenfalls entschied sie sich dann doch, den Film anzusehen, und akzeptierte auch, dass ich das Geschenk nicht annahm.
Mondstein hat geschrieben: 04 Aug 2021 22:47Ich weiß, dass er mich deswegen nicht verlassen wird und teilweise hat er es schon selbst gemerkt. Aber es auszusprechen ist mir wichtig und ich schaffe es einfach nicht.
Kannst du dir denn erklären, warum du es nicht schaffst, die Dinge anzusprechen? - Mir fällt es leicht, jeder potentiellen Partnerin möglichst schnell alles über mich zu offenbaren, so dass sie selbst beurteilen kann, was ihr davon gefällt und was ihr nicht gefällt.
Mondstein hat geschrieben: 05 Aug 2021 21:36Für die Fluchtgedanken, die mich regelmäßig überfallen (und es vielleicht immer tun werden), habe ich noch keine Lösung gefunden.
Kommen diese Fluchtgedanken denn grundlos oder vielleicht nur in/nach Konfliktsituationen? Ich würde ja vermuten, dass es gewisse Auslöser geben muss, egal ob konkrete Konflikte oder abstrakte Ängste.
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Kisuli
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Re: Fluchtgedanken in der Beziehung

Beitrag von Kisuli »

Seren hat geschrieben: 07 Aug 2021 15:45 Ich weiß gar nicht, ob das wirklich ein Manipulationsversuch von ihr gewesen war oder einfach eine - aus meiner Perspektive "etwas übertriebene" - emotionale Reaktion. (Die Anführungszeichen, weil ich von einigen Frauen auch schon die Bewertung "du gefühlskalter Roboter" bekam. Also vieles ist subjektiv.) Jedenfalls entschied sie sich dann doch, den Film anzusehen, und akzeptierte auch, dass ich das Geschenk nicht annahm.
Ein Geschenk abzulehnen ist halt leider ein sehr unhöfliches und unempathisches Verhalten. Man macht sich Gedanken über die andere Person, möchte ihr eine Freude machen und wird dann so zurückgewiesen - aus meiner Sicht war das ihrerseits ein völlig nachvollziehbares Verhalten aus emotionaler Verletzung, mit Manipulation hat das nun wirklich nichts zu tun. Gerade im Datingkontext wäre die Stimmung für mich damit auch hin :specht:
Man kann in solchen Fällen ja auch der Geste halber das Geschenk annehmen und es dann weitergeben oder entsorgen, wenn man gar nichts damit anfangen kann.
Aber das nur am Rande, da Offtopic für Mondsteins Problem.
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Re: Fluchtgedanken in der Beziehung

Beitrag von Seren »

Kisuli hat geschrieben: 07 Aug 2021 18:13Man kann in solchen Fällen ja auch der Geste halber das Geschenk annehmen und es dann weitergeben oder entsorgen, wenn man gar nichts damit anfangen kann.
Darüber hatte ich schon mal als kleines Kind mit meiner Mutter diskutiert, und dabei waren wir zu dem Schluss gekommen, dass wir uns in dieser Hinsicht so sehr unterscheiden, dass die einzige Lösung ist, das Thema in Zukunft zu vermeiden. Ich finde nämlich die Vorstellung, dass jemand mir derart ins Gesicht lügen könnte, viel schlimmer als wenn mir jemand einfach sagt "gefällt mir leider nicht" oder "kann ich leider nicht gebrauchen". Aber ich kann natürlich akzeptieren, falls jemand deswegen lieber keinen weiteren Kontakt mit mir haben möchte.
Hinsichtlich Onlinedating hab ich übrigens die Erfahrung gemacht, dass es nicht reicht, sich als "ehrlich" zu bezeichnen, sondern dass man wirklich ausdrücklich im Profil erwähnen muss, dass man keine "Höflichkeitslügen" praktiziert. Höflichkeitslügen in Anführungszeichen, weil ich derartige Lügen nicht nur "nicht höflich", sondern beleidigend finde. Aber darüber kann man wirklich nicht diskutieren, sondern das sind einfach unterschiedliche emotionale Werte; und notfalls muss man halt den weiteren Kontakt vermeiden.
Also um zum ursprünglichen Thema zurückzukommen: Bei gewissen Konflikten erscheinen mir Fluchtgedanken und deren Umsetzung in echte Flucht bzw. Trennung durchaus sinnvoll - speziell wenn man trotz ausführlicher Diskussion auf keinen gemeinsamen Nenner kommt. Denn verbiegen (z. B. gegen seine persönlichen Werte handeln) soll sich natürlich niemand in einer Beziehung.
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Re: Fluchtgedanken in der Beziehung

Beitrag von Mondstein »

halbkaputt hat geschrieben: 06 Aug 2021 06:23 ging es dir in der Zeit vor der Beziehung nie schlecht, weil du einsam warst?
vielleicht hilft es, wenn du dich daran zurückerinnerst
Ja, das hilft wirklich. :)
Seren hat geschrieben: 07 Aug 2021 15:45 Kannst du ein Beispiel nennen? - Ich kann mir nämlich gerade gar nicht vorstellen, was du meinst, denn wenn man selbst immer nur das tut, was man auch selbst wirklich tun will, dann kann man doch eigentlich gar nicht manipuliert werden, oder?
Sicher, es gehören immer zwei dazu. Einer der manipuliert und einer der dies geschehen lässt. Aber es ist in meinen Augen keine gute Grundlage, wenn man jede Aktion sofort hinterfragt. Ist es Manipulation oder ernst/ehrlich gemeint oder einfach nur Zufall.
Beispiel: Als wir uns kennenlernten, hatte ich große Zweifel wegen der Entfernung. Er gab sich größte Mühe, diese Bedenken zu zerstreuen. Wir ziehen vorerst nicht zusammen, das war für ihn auch kein Problem. Aber mittlerweile erzählt er dann doch immer, wie teuer der Sprit und wie weit die Strecke ist (ich fahre auch, nur so am Rande). Und dann passieren in meinem Kopf zwei Dinge. Ich habe ein schlechtes Gewissen, weil er meinetwegen so weit fahren muss (ich wollte ja noch nicht zusammenziehen). Außerdem frage ich mich, ob er versucht mein schlechtes Gewissen auszunutzen, bzw. meine Probleme mit der Entfernung zwischen uns zu befeuern, um das Zusammenziehen voranzutreiben.
Bei deinem Beispiel würde ich so aus dem Bauch heraus auch keine Manipulation vermuten. Vielleicht wollte sie einfach eine Gegenleistung erbringen und fühlte sich unwohl mit dem Gedanken, dir für deine Leistung nichts erwidern zu können. So würde es mir gehen.
Seren hat geschrieben: 07 Aug 2021 15:45 Kannst du dir denn erklären, warum du es nicht schaffst, die Dinge anzusprechen? - Mir fällt es leicht, jeder potentiellen Partnerin möglichst schnell alles über mich zu offenbaren, so dass sie selbst beurteilen kann, was ihr davon gefällt und was ihr nicht gefällt.
Weil ich generell mit niemandem darüber spreche. Es war vielleicht naiv zu glauben, dass es bei einem Partner wie von Zauberhand anders ist. Andererseits habe ich ehrlich gesagt auch nie groß darüber nachgedacht, dass ich meine persönlichen Probleme nicht vor einem Menschen verbergen kann der sein Leben mit mir verbringt.
Seren hat geschrieben: 07 Aug 2021 15:45 Kommen diese Fluchtgedanken denn grundlos oder vielleicht nur in/nach Konfliktsituationen?
Klar gibt es immer irgendwie einen Aufhänger, aber der ist eben völlig abstrakt. Wenn wir z.B. ein Möbelstück anschauen, dass ich scheußlich finde, er aber schön, geht das Gedankenkarussel schon los. Oder wenn wir uns in Finanzfragen nicht einig sind. Es geht gar nicht um Konflikte oder unüberwindbare Differenzen. Es geht um Dinge die passieren, wenn zwei nicht identische Menschen viel Zeit miteinander verbringen. Ich reagiere da nur sehr schnell über (und weiß das mittlerweile auch).
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Re: Fluchtgedanken in der Beziehung

Beitrag von Seren »

Mondstein hat geschrieben: 10 Aug 2021 16:00Außerdem frage ich mich, ob er versucht mein schlechtes Gewissen auszunutzen
Weiß er überhaupt, dass du ein schlechtes Gewissen hast? - Ich würde seine Worte zwar als "Druck machen" interpretieren, aber auf die Idee mit dem schlechten Gewissen wäre ich gar nicht gekommen. Hängt aber vermutlich damit zusammen, dass ich in einer solchen Situation kein schlechtes Gewissen hätte, denn es ist schließlich seine freie Entscheidung, ob er dir noch länger Zeit gibt und das weitere Pendeln in Kauf nimmt, oder ob er sich bald von dir trennt.
Mondstein hat geschrieben:Oder wenn wir uns in Finanzfragen nicht einig sind.
Das soll ja angeblich sogar ein häufiger Trennungsgrund sein. Hast du denn schon mal angesprochen, wie ihr eure Unterschiede auf einen zufriedenstellenden gemeinsamen Nenner bringen könntet? - Denn wenn er einerseits ehrlich ist und andererseits sich selbst gut kennt, dann könnten solche Gespräche über mögliche Probleme deine Bedenken ja vielleicht mildern.

Bei Einrichtungsfragen scheinen die meisten Heteromänner übrigens eher kompromissbereit zu sein und der Frau das Einrichten zu überlassen.
Aber vorab darüber zu sprechen, schadet ja auch in dem Fall nicht: Also wenn dir z. B. deine aktuelle Wohnung gut gefällt, dann kannst du deinen Partner ja fragen, ob er sich dauerhaft mit diesem Stil wohlfühlen würde, oder ob er irgendetwas unbedingt ändern wollen würde.
Mondstein hat geschrieben:Weil ich generell mit niemandem darüber spreche.
Das ist natürlich schwierig. Ich kenne zwar von mir auch, dass ich persönliche Probleme erst mal allein zu lösen versuche, aber wenn ich merke, dass ich es nicht schaffe, bin ich in der Lage, um Hilfe zu fragen.
Und auch wenn es nicht ums Helfen oder Tun geht, ist in einer Partnerschaft ja wichtig, dass man informiert ist, was beim anderen gerade los ist. (Also zumindest meiner Definition nach.) Entsprechend würde ich mich da einfach zwingen, zu erzählen, was bei mir alles los ist. (Aber unbedingt daran denken, ausdrücklich zu erwähnen, wenn keine Hilfe benötigt wird. Mit Frauen in der Kennenlernphase ist es mir nämlich schon passiert, dass sie mir Hilfe anbieten wollten, wo ich gar keine brauchte!)

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