Unfähigkeit intime Beziehungen über soziale Codes aufzubauen

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I-tried-I-gave-up

Unfähigkeit intime Beziehungen über soziale Codes aufzubauen

Beitrag von I-tried-I-gave-up »

Hallo liebes Forum,

ich kenne euch schon seit Jahren, habe aber noch viel Zeit für mich selbst gebraucht.

Zu meiner Person: Ich (männlich, 28 Jahre alt) gehöre zum neurodiversen Spektrum. Ich bin mental hochbegabt, was auch als „mental hocheffizient“ bezeichnet wird (psymag hat darüber einen Artikel veröffentlicht, den ich ganz unten verlinkt habe). Um es kurz zu machen und meine Situation zu beschreiben: Meine rechte Gehirnhälfte nutzt mehr Kapazität als im Durchschnitt. Somit nehme ich die Welt intensiver wahr als andere. Ich beschäftige mich gerne mit komplexen Sachverhalten, wie zum Beispiel Psychologie. Ich bin sehr kreativ und mir fällt somit das Lösen von Problemen sehr leicht. Ich kann Sachzusammenhänge erkennen, die andere nicht sofort sehen. Man kann es auch als eine leichte Form von Asperger verstehen.
Resultat: Ich übertreffe andere geistig in vielen Situationen. Es ist einfach so und ich kann es nicht abstellen. Eines meiner Dates hat es so stark wahrgenommen, dass sie sich von mir „wie ein kleines Kind behandelt fühlt“.

Das ganze wirkt sich sehr positiv auf mein Berufsleben aus. :D Ich brauche als selbstständig Erwerbender mit einem Teilzeitjob nur bis zu 4 Stunden am Tag zu arbeiten um meinen Lebensunterhalt zu verdienen. Ich werde für meine Arbeit recht gut bezahlt und ich kann die Arbeit zuhause am Computer schneller und präziser als andere erledigen.

Die negative Seite meiner Fähigkeiten ist, dass ich Schwierigkeiten habe soziale Codes zu verstehen. Ich nehme sie als kulturelle Ansprüche war, welche ich nicht einhalten kann - wahrscheinlich weil ich darüber hinaus denke. ADHSler, Asexuelle und Autisten scheinen dieselben oder ähnliche Probleme zu haben (mit all' diesen Leuten verstehe ich mich übrigens am besten :lol: ). Dabei habe ich überhaupt keine Schwierigkeiten Emotionen in anderen Menschen zu erkennen, was bei Autisten ja der Fall ist. Mit anderen Worten: Ich kann manchmal nicht nachvollziehen, warum Menschen auf eine bestimmte Art und Weise handeln – ich hätte die Dinge auf eine andere Weise geregelt. Es hat sehr viele Jahre mit Selbstbeschäftigung und Lesen von (Fach-)Literatur gebraucht, bis ich das, was ich als "soziale Codes" auffasse, überhaupt begriffen habe.
Diese negative Seite spiegelt sich darin wieder, dass ich noch nie in einer Liebesbeziehung war. Kein Sex, kein Kuss, kein intimes Berühren. Ich bin also unfähig über diese sozialen Codes intime Beziehungen aufzubauen. Das wirkt für mich wie eine Barriere, die ich nicht durchbrechen kann. Der Zugang zu Beziehungserfahrungen bleibt mir also verschlossen. Ich sehe mich somit gezwungen andere Wege zu finden um intime Beziehungen einzugehen. Diese beruhen auf gemeinsamen Interessen und Ergänzung der erlernten Fähigkeiten (Beruf, Hobbys). Leider entnehmen viele Frauen daraus nur ein Interesse an einer Freundschaft.
Mit 23 Jahren habe ich mich damit abgefunden, dass ich wohl nie eine Beziehung haben werde. Diese Gedanken machen mich jetzt nicht besonders deprimiert oder traurig. Ich habe bisher andere Dinge im Leben erreicht, auf die ich sehr stolz bin – ich schaffe meinen Selbstwert also nicht durch intime Beziehungen.

Weil ich besonders viel denke, benötige ich viel Freiraum für meine geistige Entwicklung. So habe ich vielfältige Interessen, die der Durchschnittsmensch als "nerdig" bezeichnet und oft nicht beim ersten Gedankengang folgen kann. Diese Interessen schrecken viele Frauen ab, weil sie mit ihnen nichts anfangen können. Allerdings habe ich über diese Interessen viele männliche, weibliche und diverse Freundschaften und Bekanntschaften geknüpft, die vor allem im Ausland anzutreffen sind.
Es gehört für mich dazu, viel Musik zu hören und viele Filme zu sehen. So unternehme ich viele dementsprechende Unternehmungen – und das im Alleingang. Ich spiele auch Videospiele und schaue Filme mit gewalttätigen Inhalten. Diese gewalttätigen Inhalte waren in der Vergangenheit auch sehr oft der Grund, warum Frauen aus Deutschland zu mir den Kontakt abgebrochen haben.
Aus diesen Gründen bin ich Individualist. Ich weiß also ganz genau, welche Musik ich beispielsweise hören und welchen Film mit welcher Thematik ich sehen oder welches Buch ich lesen möchte und warum ich das tue. Ich setze mir konkrete Ziele für mein Leben, die ich dann auch verfolge und erreichen möchte – zum Beispiel einen bestimmten Abschluss.

Ich bin enorm selbstbewusst und habe kein Problem damit, irgendeine Frau anzusprechen. Während ich in meiner Jugend introvertiert war, bin ich heute extrovertiert. Damals war ich unsicher, da ich schon irgendwie bemerkt habe, dass ich anders bin. Der ganze Prozess, mich selbst so anzunehmen wie ich bin und damit meinen eigenen Weg zu finden, hat zwar viele Jahre gedauert, mich aber enorm selbstbewusst gemacht. Dieses Selbstbewusstsein scheint auch vielen Frauen für eine Beziehung mit mir im Weg zu stehen. Ich habe gemerkt, dass ich mit hochsensiblen Personen, sowie auch Menschen mit psychologischen Unsicherheiten (Angststörungen, etc.) nicht besonders gut zurecht komme.
Es macht für mich nur wenig Sinn eine Frau, die mir vom Aussehen her gefällt, auf der Straße anzusprechen, da ich ja sowieso weiß, dass ich aufgrund meiner Neurodiversität von dem Durchschnittsmenschen abgeschnitten bin und es deshalb sowieso nichts mit einer Beziehung wird (weil ich Schwierigkeiten habe, soziale Codes zu verstehen und intime Beziehungen darüber aufzubauen). Es kommt also nur zu einem Date, wenn gemeinsame Interessen da sind.
Trotzdem spüre ich die Sehnsucht, eine Frau die mir sehr gefällt intensiv zu lieben und sie mit meiner Liebe zu verwöhnen. Ja, ich kann sehr leidenschaftlich, anhänglich und hingebungsvoll sein. Ich suche somit eine langfristige Beziehung und keine erstes Mal. Für mich macht es nur Sinn (selbstbewusste) Frauen anzusprechen oder anzuschreiben, die in mich etwas besonderes sehen – und das sind für mich nur 1 bis 2 Frauen im Jahr. Ich habe schon so meine Orte, an denen ich diese kennen lerne. Ich bin also im Umgang mit Frauen nicht unerfahren.

Könnt ihr mir hier einen guten Rat zu meiner Situation geben? Sollte ich meine geistige Überlegenheit verheimlichen oder herunterspielen?

Die Autorin Christel Petitcollin schreibt, dass mental hocheffiziente Menschen sich mit ihren herausragenden Fähigkeiten in der Gesellschaft zurückhalten sollen. Mein letztes Date hat allerdings geschrieben ich solle meine herausragenden Fähigkeiten nicht vor ihr verheimlichen nachdem ich ihr meine Situation erklärt habe. Vielleicht wird das ja was mit ihr ...

Gibt es hier auch neurodiverse Menschen, die ebenfalls Schwierigkeiten haben soziale Codes zu verstehen und deshalb scheitern eine intime Beziehung einzugehen? Nehmt ihr diese sozialen Codes auch als kulturelle Ansprüche war? Wie geht ihr damit um? Versucht ihr auch beim Dating gemeinsame Interessen zu finden? Gibt es Datingportale für neurodiverse Menschen, oder bei denen das beim Match besonders berücksichtigt wird? Könnt ihr mir irgendwelche Artikel oder Bücher empfehlen?

Hier der Artikel von psymag.de, um den Lesefluss oben nicht zu stören: https://www.psymag.de/14632/gefuehl-wel ... effizienz/
Nicht alles in diesem Artikel trifft jedoch auf mich zu - wahrscheinlich weil ich gelernt habe meinen eigenen Weg zu gehen und mich nicht von anderen beirren zu lassen.

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Kolinatan
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Re: Unfähigkeit intime Beziehungen über soziale Codes aufzubauen

Beitrag von Kolinatan »

Herzlich Willkommen im Forum.
I-tried-I-gave-up hat geschrieben: 09 Aug 2023 12:43 Sollte ich meine geistige Überlegenheit verheimlichen oder herunterspielen?
Mir ging es lange Zeit so, dass ich von mir auf andere geschlossen habe und nicht davon ausgegangen bin, dass andere Menschen weniger wissen könnten als ich. Erst nach und nach hat sich mir erschlossen wie große die Bandbreite ist, ob und in welchem Umfang Menschen ihre Welt durchdenken und analysieren.

Eine wichtige Eigenschaft für mich war es Geduld zu kultivieren und zu versuchen Menschen nicht zu überfordern, sondern mich auf sie einzulassen und dort abzuholen wo sie jeweils sind. Aus meiner Sicht ist es für eine Beziehung wichtig, einen Partner nicht zu bevormunden und mit ihm auf Augenhöhe zu bleiben, auch wenn ich meine etwas "besser" zu wissen und andere Vorstellungen habe wie ein Problem angegangen werden sollte. Hierin äußert sich dann auch Respekt und Achtung vor dem Partner und macht deutlich, dass ich den Freiraum meines Partners respektiere und wertschätze.

Ich denke, dass verheimlichen und herunterspielen nicht sinnvoll ist. Zum einen besteht die Gefahr als inkongruent erlebt zu werden. Zum anderen wäre die Frage, wie lange sollte diese Verstellung andauern? Wenn der Partner sich in die von Dir gespielte Illusion verliebt, wann in der Beziehung würdest Du diese Illusion auflösen wollen und wie? Es wäre auf Dauer frustrierend, nicht vom Partner "gesehen" zu werden und ggf. eine instabile Basis für eine Beziehung.
I-tried-I-gave-up hat geschrieben: 09 Aug 2023 12:43 Nehmt ihr diese sozialen Codes auch als kulturelle Ansprüche war? Wie geht ihr damit um?
Ja, auf jeden Fall. In der negativsten Form als Mediokratie. Ich kümmere mich - so weit es möglich ist - nicht um gesellschaftliche Konventionen und halte mich von solchen Strukturen und Gruppen fern und bewege mich auf dem Pfad, welchen ich für mich als erstrebenswert ansehe.
I-tried-I-gave-up hat geschrieben: 09 Aug 2023 12:43 Könnt ihr mir irgendwelche Artikel oder Bücher empfehlen?
Was genau sind Deine offenen Fragen zu denen Du Informationen suchst? Du hast nicht geschrieben mit welchen Aspekten von Psychologie Du Dich beschäftigt hast. Hast Du Dich mal mit Vorträgen oder Büchern von Robert Betz beschäftigt? Bei Robert Betz geht es viel darum, mit welcher Haltung gehe ich in eine Beziehung und welche Erwartungen habe ich an einen Partner. Wenn es Dir um dieses Thema gehen sollte, kann ich Dir noch zwei weitere Bücher empfehlen, über welche ich mir das Thema erschlossen habe, um klarer zu werden, was ich von und in einer Beziehung möchte.
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Re: Unfähigkeit intime Beziehungen über soziale Codes aufzubauen

Beitrag von Tania »

Schön, dass Du Dich endlich mal zu Wort meldest :)
I-tried-I-gave-up hat geschrieben: 09 Aug 2023 12:43 Könnt ihr mir hier einen guten Rat zu meiner Situation geben? Sollte ich meine geistige Überlegenheit verheimlichen oder herunterspielen?
Ob der Rat für Dich gut ist, musst Du entscheiden ... ich kann nur hoffen, dass er Dir hilft.

Je überlegener jemand in einem Gebiet ist, desto weniger Menschen wird er finden, die ihm ählich sind. Stell Dir vor, Du wärst ein Spitzen-Langstreckenläufer. Wenn Du in einem Massenlauf zeigst, was Du wirklich kannst, wirst Du zwangsläufig allein laufen. Zwar an der Spitze, aber allein.

Und der Langstreckenläufer hat einen Vorteil: er kann seine überlegenen Fähigkeiten recht deutlich beweisen. Mit geistiger Überlegenheit ist das schwieriger. Wie willst Du die in einer sozialen Umgebung zeigen? Du kannst es versuchen, aber dann reagieren Menschen oft mit Einschätzungen wie "arrogant", "Angeber" oder "der hält sich wohl für was Besseres".

Deswegen wäre mein Rat: mach es von der Situation abhängig. Wenn Du in einer größeren sozialen Gruppe akzeptiert und angenommen werden willst, stelle nicht hinaus, dass Du überlegen, und somit anders bist. Betone lieber Gemeinsamkeiten.

Aber wenn Du einen Menschen suchst, der Dich lieben kann, wie Du bist - dann sei, wie Du bist. Um beim Bild des Läufers zu bleiben: den 1000 Frauen, die weit hinter Dir laufen, kommst Du damit nicht näher. Aber dafür hat die eine, die am Ziel wartet, ne gute Chance, Dich zu bemerken und zu bewundern.
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Re: Unfähigkeit intime Beziehungen über soziale Codes aufzubauen

Beitrag von Levyn »

Für mich liest sich dein Beitrag so, als wenn du deinen Selbstwert vor allen Dingen daraus schöpfst einfach "besser" als andere Menschen zu sein. Ich weiß nun nicht wie du rüberkommst, aber ich könnte mir vorstellen, dass dein Selbstbewusstsein des öfteren mit Arroganz verwechselt wird und Menschen, mit denen du eine intime Beziehung aufbauen willst, dann die Augenhöhe vermissen und Schwierigkeiten haben mit dir zu connecten.

Und mal so eine Frage nebenbei: Woher weißt du denn, dass du mental hochbegabt bist?
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Re: Unfähigkeit intime Beziehungen über soziale Codes aufzubauen

Beitrag von El_Muratore »

Levyn hat geschrieben: 09 Aug 2023 15:13 Und mal so eine Frage nebenbei: Woher weißt du denn, dass du mental hochbegabt bist?
Selbstdiagnose :lach:

(Das sollte btw sarkastisch gemeint sein. Ich kenne die Antwort ja nicht.)
Reinhard
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Re: Unfähigkeit intime Beziehungen über soziale Codes aufzubauen

Beitrag von Reinhard »

Show, don't tell.


Wenn du den Leuten nur erzählst, wie toll du angeblich bist, wird dir vielleicht nicht geglaubt, du wirst für einen Angeber gehalten, oder jemand, der sich für was Besseres hält, und die anderen halten sich für zurückgesetzt. Die möglichen Formen der Reaktanz sind vielfältig. Es wird besser, wenn du ein paar "schlechte" Eigenheiten mit einfließen lässt (so wie hier), aber es werden wohl eher die angeblich überlegenen Eigenschaften im Gedächtnis bleiben.

Es ist aber wohl besser, wenn die positiven Eigenschaften nur angedeutet werden, und wenn sie zum Tragen kommen können, dann umso beeindruckender wirken, als wenn man wunders was erzählt und dann kommt vielleicht was "nur Überdurchschnittliches" raus. Das bestätigt dann die Leute in ihren Annahmen ... :pfeif:
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Re: Unfähigkeit intime Beziehungen über soziale Codes aufzubauen

Beitrag von I-tried-I-gave-up »

Vielen Dank für eure Antworten.

Kein Mensch ist perfekt - auch ich mache Fehler. Ich habe mehrmals vergessen meinen eigenen Schlüssel zum Teilzeitjob zu nehmen. Deshalb musste ich meine Kollegen fragen, ob ich ihren Schlüssel für einige Zeit ausleihen darf. In meiner Master Thesis hatte ich mehrere Zitierfehler - das ist mir aber erst nach der Abgabe aufgefallen. :wuetend:
Kolinatan hat geschrieben: 09 Aug 2023 13:39 Aus meiner Sicht ist es für eine Beziehung wichtig, einen Partner nicht zu bevormunden und mit ihm auf Augenhöhe zu bleiben, auch wenn ich meine etwas "besser" zu wissen und andere Vorstellungen habe wie ein Problem angegangen werden sollte. Hierin äußert sich dann auch Respekt und Achtung vor dem Partner und macht deutlich, dass ich den Freiraum meines Partners respektiere und wertschätze.
Levyn hat geschrieben: 09 Aug 2023 15:13 Und mal so eine Frage nebenbei: Woher weißt du denn, dass du mental hochbegabt bist?
Ich bin generell immer nett und freundlich zu Leuten und komme ihnen gerne entgegen. So etwas wie jemanden die Tür aufzuhalten ist für mich selbstverständlich. Ich erzähle niemanden, dass ich "toll" oder "besonders" bin, da ich selbst merke, dass ich viele Fehler mache (aus denen ich lerne). Ich versuche immer auf Augenhöhe zu bleiben, was allerdings aufgrund meiner arg krassen Fähigkeiten schwierig sein kann. Wie ich schon erwähnt habe, kann ich Sachzusammenhänge schneller und einfacher verstehen als andere und teilweise Vorraussagen treffen. Um ein Beispiel aus dem Alltag zu geben:

Ich habe bemerkt, dass Wasser unterhalb des Fensterrahmens in das Zimmer durchdringt. Als ich das meiner Mutter erklärte, sagte sie: "Das kann nicht sein. Ich habe vorhin die Orchideen auf der Fensterbank gegossen. Das Wasser muss aus der kleinen Gießkanne kommen." Drei Stunden später sagt sie: "Du hattest Recht - da kommt wirklich Wasser in das Zimmer."

Solche Erfahrungen mache ich andauernd. Nach einem Ausdruck von Unverständnis folgt dann oft nach einiger Zeit so etwas wie "Er hat Recht. Es ist wirklich so." Christel Petitcollin schreibt über Menschen wie mich, dass sie sich mich mit Bemerkungen über die Welt zurückhalten sollen. Das tue ich auch größtenteils seitdem ich das von ihr gelesen habe - natürlich nicht in Situationen, in denen die Sicherheit anderer Menschen gefährdet ist. Insofern war es für meine menschlichen Beziehungen wichtig herauszufinden, dass ich anders bin als andere.

Wenn man mit mir ein Gespräch über ein Sachthema anfängt, dann bin ich fast wie Wikipedia. Ich lese aufgrund meines Interesses manchmal bis zu drei Bücher im Monat. Ich scanne Texte bewusst nach Informationen, versuche dies aber zu vermeiden. Diese Fähigkeit nutze ich, um mir meinen Lebensunterhalt zu verdienen. Ich kann mich an komplette Textpassagen aus Büchern erinnern, die ich vor einem Jahr gelesen habe. Ich kann mehrere hundert Songs und sogar ganze Alben in meinem Kopf abspielen. Ich kann mir einen Satz ausdenken und diesen von einem bestimmten Synchronsprecher in meinem Kopf abspielen. Multitasking ist überhaupt kein Problem für mich. Ich glaube nicht, dass jeder diese Fähigkeiten besitzt. Als ich dann auf den Artikel von psymag.de gestoßen bin, nachdem ich den Begriff "mental hochbegabt" im Internet gesucht habe, wusste ich was auf mich zutrifft.

Als ich später Daniel Tammet's Buch "Elf ist freundlich und fünf ist laut: Ein genialer Autist erklärt seine Welt" gelesen habe, habe ich mich in einigen seiner Erfahrungen wiedergefunden. Wie ich schon geschrieben habe, habe ich einige Autisten in meinem Bekanntenkreis mit denen ich mich außergewöhnlich gut verstehe.
Levyn hat geschrieben: 09 Aug 2023 15:13 Für mich liest sich dein Beitrag so, als wenn du deinen Selbstwert vor allen Dingen daraus schöpfst einfach "besser" als andere Menschen zu sein. Ich weiß nun nicht wie du rüberkommst, aber ich könnte mir vorstellen, dass dein Selbstbewusstsein des öfteren mit Arroganz verwechselt wird und Menschen, mit denen du eine intime Beziehung aufbauen willst, dann die Augenhöhe vermissen und Schwierigkeiten haben mit dir zu connecten.
Nein - ich schaffe meinen Selbstwert aus meinen Interessen und meinen Zielen, die ich erreichen möchte. Hätte ich vielleicht vorher erklären solllen, hätte den Beitrag aber für mich unnötig länger gemacht. Ich stelle mir immer wieder eine Frage wie: "Wer bin ich und was möchte ich erreichen?" Letzteres kann zum Beispiel auch Gerechtigkeit und Toleranz in der Gesellschaft sein. So finde ich auch sehr treue Freunde und Bekanntschaften. Ich lasse mich sehr oft von Heldengeschichten inspirieren (bin großer Star Wars Fan). Ein wegweisendes Buch für mich war "The Hero with a Thousand Faces" von Joseph Campbell.

Erich Fromm hat übrigens einmal in seinem Buch "Die Furcht vor der Freiheit" darauf aufmerksam gemacht, dass Identität eine der zentralen Fragen der modernen Philosophie seit Descartes ist. Während Descartes das persönliche Selbst bejaht, leugnt es Pirandello. Nach Pirandello gibt es kein Selbst außer dem Spiegelbild dessen, was andere von einem erwarten. Ich habe gelernt meinen eigenen Weg zu gehen und bejahe somit die Identität.

Das mit der Arroganz kann aber schon gut stimmen. Darauf sollte ich mal in Zukunft achten - danke für den Tipp!
Kolinatan hat geschrieben: 09 Aug 2023 13:39 Was genau sind Deine offenen Fragen zu denen Du Informationen suchst? Du hast nicht geschrieben mit welchen Aspekten von Psychologie Du Dich beschäftigt hast. Hast Du Dich mal mit Vorträgen oder Büchern von Robert Betz beschäftigt? Bei Robert Betz geht es viel darum, mit welcher Haltung gehe ich in eine Beziehung und welche Erwartungen habe ich an einen Partner.
Ich finde es sehr toll, dass es Menschen wie Robert Betz gibt, die anderen auf ihrer Reise sich selbst kennenzulernen helfen. Danke für den Tipp, ich schaue mich mal um nachdem ich meine derzeitigen Bücher auf meiner Liste zu Ende gelesen habe.

Ein Buch, was mir bei meiner persönlichen Entwicklung sehr geholfen hat war "Pathways to Bliss" von Joseph Campbell. Sehr toll finde ich auch "Die Kunst des Liebens" von Erich Fromm, indem es auch darum geht mit welcher Haltung man eine Beziehung eingeht. Beruflich hat mich "Designing your Life" von Bill Burnet und Dave Evans sehr weitergebracht - aber das ist ein anderes Thema ...
El_Muratore hat geschrieben: 09 Aug 2023 18:13
Levyn hat geschrieben: 09 Aug 2023 15:13 Und mal so eine Frage nebenbei: Woher weißt du denn, dass du mental hochbegabt bist?
Selbstdiagnose :lach:
Ich hätte mich wohl unwohl damit gefühlt, zu einem Psychater oder einem Therapeuten zu gehen um herauszufinden warum ich anders bin. Schließlich kann ich ja nur wissen, was in mir vorgeht. Also habe ich mich selbst über Bücher und das Internet informiert. Insofern war das auch ein Schritt in Richtung persönliche Entwicklung. Jetzt, wo ich weiß was mit mir los ist, könnte ich zu einem Psychator oder einen Therapeuten gehen. Aber was würde mir das bringen? Würden beide Seiten nicht Zeit damit verlieren? Was bringt es mir, mir das schriftlich zu geben, dass ich da oben "anders verkabelt" bin als andere?* Zudem habe ich überhaupt keine psychischen Probleme. Ich bin nur unfähig über das, was ich als "soziale Codes" verstehe intime Beziehungen aufzubauen. Das empfinde ich als sehr schade, aber traurig und depressiv macht mich das jetzt nicht.

Ich habe diesen Beitrag eigentlich erstellt um herauszufinden ob es hier auch andere Menschen gibt, die ebenfalls "anders verkabelt" sind und die gleichen Probleme haben. Aber bisher haben mir alle Kommentare hier sehr geholfen - also nochmals Danke dafür! :good:

* Diese Fragen sind übrigens als rhetorische Fragen gemeint - also bitte nicht falsch verstehen.
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Re: Unfähigkeit intime Beziehungen über soziale Codes aufzubauen

Beitrag von LazyEyeOzzy »

Kolinatan hat geschrieben: 09 Aug 2023 13:39 Hast Du Dich mal mit Vorträgen oder Büchern von Robert Betz beschäftigt? Bei Robert Betz geht es viel darum, mit welcher Haltung gehe ich in eine Beziehung und welche Erwartungen habe ich an einen Partner. Wenn es Dir um dieses Thema gehen sollte, kann ich Dir noch zwei weitere Bücher empfehlen, über welche ich mir das Thema erschlossen habe, um klarer zu werden, was ich von und in einer Beziehung möchte.
Über Robert Betz möchte ich nur mal kurz Das hier anmerken.
halbkaputt
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Re: Unfähigkeit intime Beziehungen über soziale Codes aufzubauen

Beitrag von halbkaputt »

zum Thema Hochbegabung fällt mir dieses Video ein, dass ich vor einer Weile gesehen hab:

von 150 plus, Abischnitt von 3,1 - Thorstens Alltag als Hochbegabter I 37 Grad

wenn ich mich richtig erinnere, hat er jemanden gefunden. vielleicht hilft's!
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Re: Unfähigkeit intime Beziehungen über soziale Codes aufzubauen

Beitrag von Sternenwanderer »

Schon mal bei MENSA versucht? Da wärst du vielleicht mehr unter Gleichgesinnten und Frauen sind da auch Mitglied.
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Re: Unfähigkeit intime Beziehungen über soziale Codes aufzubauen

Beitrag von TheHoff »

I-tried-I-gave-up hat geschrieben: 09 Aug 2023 12:43 Könnt ihr mir hier einen guten Rat zu meiner Situation geben? Sollte ich meine geistige Überlegenheit verheimlichen oder herunterspielen?

Die Autorin Christel Petitcollin schreibt, dass mental hocheffiziente Menschen sich mit ihren herausragenden Fähigkeiten in der Gesellschaft zurückhalten sollen. Mein letztes Date hat allerdings geschrieben ich solle meine herausragenden Fähigkeiten nicht vor ihr verheimlichen nachdem ich ihr meine Situation erklärt habe. Vielleicht wird das ja was mit ihr ...
Es ist ein Balanceakt. Es ist wichtig, dass dir gewahr ist, dass Menschen eben unterschiedlich sind und andere Leute eben auch andere Fähigkeiten haben und in diesen dir evt überlegen sind.
Es macht dich erstmal also nicht zu einem besseren Menschen. Verstecken musst du es nicht, aber unnötig damit prahlen ergibt ja auch keinen Sinn. Es natürlich auch nicht herunterspielen, dass es keine große Sache sei oder so. Wie gesagt, ein Balanceakt.
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Re: Unfähigkeit intime Beziehungen über soziale Codes aufzubauen

Beitrag von Richard »

Für Menschen ist es okay das jemand mehr Muskeln hat, aber nicht das jemand inteligenter ist
Das siehst du oben auch aus den dummen Fragen wie Wocher weißt du das du hochbegabt bist.

Mensa ist ein guter Tipp und Akademiker treffen.
Wen die jemand Sprüche über deine inteligenz reindrückt weil er sich dumm fühlt einfach zurück beleidigen.
Für Menschen ist es normal aus der niedrigeren Position wie kleine Hunde zu bellen, aber wen man von oben was sagt ist es ein Problem. Einfach zum Teufel schicken mit der Begründung das die Person dumm und es nicht wert ist.
Mit solchen Menschen wirst du sowieso nie eine Freundschaft oder Beziehung aufbauen, also wieso nett sein. Die sind es auch nicht, weil sie sich minderwertig fühlen und angreifen.

Probier dein Glück bei Mensa Akademiker treffen und so weiter. Wen dich jemand als Mensch sieht und nicht rumhackt auf deiner inteligenz dan ist es die richtige Person. Mein Beileid du hast weniger Optionen als der Vollidiot von nebenan. Willkommen im Club leider.
Hab selbst Mal eine Frau getroffen die mich als normal gesehen hat, aber hab's aus anderen Gründen kaputt gemacht. Sie hatte ein Problem damit zu sehen wie schlau sie eingtlich ist. Sie wurde immer als idiotin von der Familie und so weiter bezeichnet. Naja ich hab's verbockt aber da habe ich verstanden nach sowas suche ich. Und nicht nach einer die angepisst ist weil ich mich an alle Gespräche mit ihr erinnere, und einfach mir alles außer Namen merke.

Naja das ist sicher ein komischer Rat, aber mach Sport, pnp, Mensa, Metall Rock Konzerte, da findest du solche und nicht an der Kasse in Aldi
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Re: Unfähigkeit intime Beziehungen über soziale Codes aufzubauen

Beitrag von Kolinatan »

Ich versuche dem bellenden Hund lieber etwas Zuneigung/Empathie zu geben, statt ihn weiter zu provozieren. An einem Hundebiss kann ein Mensch sterben und schmerzhaft ist es allemal. Warum es also darauf anlegen? (Ist nur eine rhetorische Frage.)
Richard hat geschrieben: 10 Aug 2023 11:35 pnp
Meinst Du damit das P=NP? Problem, ich kann mit der Abkürzung gerade nicht viel Anfangen und Transistoren ergeben für mich in dem Kontext gerade auch keinen Sinn.

Ah, ich vermute mal Du meinst die Rollenspiele. Alles klar. ;)
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Re: Unfähigkeit intime Beziehungen über soziale Codes aufzubauen

Beitrag von Keule »

Ich bin ganz neu im Forum, aber ich gebe gerne auch meinen Senf dazu.

Ich habe ganz ähnliche Probleme, aber ich sage mir immer: wenn ich wirklich so klug bin, dann muss ich soziale Normen verstehen können und Erfolg in sozialen Bereichen haben können. Ansonsten bin ich eben nicht so klug, wie ich denke...

Ansonsten: umgib dich einfach mit Frauen, die zu dir passen?
Stell dir deine Traumfrau mal vor. Wo hängt so Jemand ab?
Ich will zum Beispiel jemanden, der noch besser als ich Mathematik beherrscht. So eine Person findet man zum Beispiel in einer Mathevorlesung.
Ich hoffe, du kannst mir folgen.

Welchen Abschluss strebst du denn an? Oder verstehe ich die Formulierung nicht? Hast du an der Uni vielleicht Frauen kennen gelernt?

Liebe Grüße,
Keule
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Re: Unfähigkeit intime Beziehungen über soziale Codes aufzubauen

Beitrag von Cavia »

Richard hat geschrieben: 10 Aug 2023 11:35
Das siehst du oben auch aus den dummen Fragen wie Wocher weißt du das du hochbegabt bist.

[...]

Naja das ist sicher ein komischer Rat, aber mach Sport, pnp, Mensa, Metall Rock Konzerte, da findest du solche und nicht an der Kasse in Aldi
Was ist an der Frage dumm? Oftmals halten such auch dumme Leute für ziemlich schlau. (Das soll sich jetzt nicht auf den TE beziehen.)

Leute, die Sport treiben sind intelligent? Dann bin ich das absolute Super-Brain.

Aber ich stand auch schonmal an der Kasse bei Aldi. Mist.

Oder meinst du die Kassierer? Das ist auch oft nur ein Job, um das Studium zu finanzieren.

Und zum TE: Die intelligentesten Menschen, die ich kenne, interessieren sich komischerweise überhaupt nicht für ihre eigene Intelligenz und fühlen sich auch kein bisschen überlegen. Und sie haben auch kein Problem damit, sich mit weniger schlauen Menschen zu umgeben. Und verpartnert sind auch alle.
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Re: Unfähigkeit intime Beziehungen über soziale Codes aufzubauen

Beitrag von Reinhard »

Der Tipp mit dem Fehler auch mal zugeben, soll den anderen Andockpunkte geben, dass du irgendwo auch normal und "einer von uns" bist. Wie man das richtig macht, hast du selber schon hingekriegt, beispielsweise damit dass du schreibst, dass du mit den sozialen Code und Gepflogenheiten schlecht zurechtkommst. Da denken sich einige dann, das Leben muss doch voll schwer sein und so weiter.

Was eher schlecht wirkt ist das Aufzählen von wenigen Fehlern, die man irgendwann anno dazumals gemacht hat. Das betont dann eher, wie perfekt man sich selbst einschätzt, außer da diese paar Male. "Sonst war da nie etwas, ehrlich!" :verwirrt:

Sogar jemand, der selbstironisch sagen kann, er sei perfekt außer seiner großen Selbstüberschätzung (oder Bescheidenheit, funktioniert beides), kommt dann vermutlich eher bei den anderen an. Es ist irgendwie ziemlich egal, ob du in irgendwas besser bist als andere, oder sogar alle anderen, nur heraushängen lassen sollte man es nicht. Das ist mehr oder weniger auch ein sozialer Code.
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Re: Unfähigkeit intime Beziehungen über soziale Codes aufzubauen

Beitrag von Sternenwanderer »

Richard hat geschrieben: 10 Aug 2023 11:35 Wen die jemand Sprüche über deine inteligenz reindrückt weil er sich dumm fühlt einfach zurück beleidigen.
Genau, einfach auf das selbe Niveau begeben. So machen das intelligente Leute! :mrgreen:
Keule hat geschrieben: 10 Aug 2023 14:40 Ich habe ganz ähnliche Probleme, aber ich sage mir immer: wenn ich wirklich so klug bin, dann muss ich soziale Normen verstehen können und Erfolg in sozialen Bereichen haben können. Ansonsten bin ich eben nicht so klug, wie ich denke...
Es gibt neben dem IQ, dem aus meiner Sicht zu viel Bedeutung beigemessen wird, auch sowas wie den EQ und noch viele weitere Formen der sozialen Intelligenz. Ich bin mir jetzt nicht sicher, aber das letzte mal habe ich irgendwo gelesen, dass es 16 Formen der Intelligenz gibt. IQ ist nur eine davon. Die gute Nachricht ist, dass man den EQ auch steigern kann.
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Re: Unfähigkeit intime Beziehungen über soziale Codes aufzubauen

Beitrag von Aurel »

Ich will dir nicht zu nahe treten, es kann durchaus sein, dass du viel mehr weißt und kannst als die meisten anderen. Trotzdem kann es vielleicht nicht schaden, mal an Sokrates zu denken (sorry, ich habe aktuell eine 'griechische Zeit'). Der wurde ja vom Orakel in Delphi als der weiseste Mensch der Welt beschrieben. Doch Sokrates hat herausgefunden, was das Orakel wirklich gemeint hat: Er ist der weiseste, weil er als einziger erkannt hat, dass er nichts weiß ("Ich weiß, dass ich nichts weiß", diese freie Übersetzung haben viele schon gehört). Die Sophisten dagegen haben sich großgetan mit ihrem Wissen.

Was ich damit sagen will: Vielleicht kann es nicht schaden, sich ein bisschen was von Sokrates abzugucken, es gibt so vieles Unbekanntes, eigentlich bleibt jeder Mensch sein ganzes Leben extrem beschränkt (wörtlich, nicht abwertend). Und ganz nebenbei hat das Sokrates natürlich nicht gehindert, Hinz und Kunz zu 'trollen', aber selten richtig bösartig oder herablassend. Auch wenn er eigentlich seinem Gegenüber dessen Unwissen vor Augen hält, scheint doch oft ein gewisses Wohlwollen durch. Und das, denke ich, kann im Umgang mit Menschen nie schaden: Wohlwollen. Du könntest ja wie Sokrates als großer Lehrer auftreten und den anderen, 'Uniwssenden' dabei helfen, zur 'Weisheit' zu gelangen.



Nebenbei und etwas offtopic: Die Antike mag für viele dröge und altbacken wirken. Aber ich bin immer wieder erstaunt, wie viel die Griechen und Römer schon kapiert haben, also nicht unbedingt im wissenschaftlich-technischen Sinne (da waren sie auch schon sehr weit!), sondern in dem Sinne, wie man mit seinem Leben und den Mitmenschen auch in schweren Zeiten klarkommen kann.
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Hoppala
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Re: Unfähigkeit intime Beziehungen über soziale Codes aufzubauen

Beitrag von Hoppala »

I-tried-I-gave-up, lass dich nicht verunsichern. Bzw. du wirst diese Reaktionen schon aus deinem RL kennen.

Du bist noch recht jung, hast schon (d)einen Weg gefunden. Da liegt noch viel vor dir - auch noch sehr viel zu lernen. Allein das sollte dich mit Zuverischt naxch vorn schauen lassen.

Deiner Beschreibung nach liegen bei dir mehrere "Besonderheiten" gleichzeitig vor. Es kann aber auch sein, dass eine davon so markant ist, dass die übrigen quasi als Nebeneffekt miterscheinen.Das wird sich entwickeln, abschleifen, einspielen. Und gleichzeitig immer auch zugleich ein Stolperstein und ein Geschenk in deinem Leben sein. Du bist besonders!

Das wiederum ist nichts Besonderes: jeder Mensch ist besonders.
Nur eben jeder auf eine eigene Art und Weise.

Was ich aus der Beschäftigung mit Hochsensibilität (oder Hocheffizienz) gelernt habe: jeder Mensch, der mit seinen EIgenschaften zu den äußeren 10%, vom Median (wie auch immer gemessen, vermutet, erlebt ...) aus gesehen, zählt, fällt irgendwie damit auf. Wie genau, hängt eben auch von den gesellschaftlichen Spieregeln, den sozialen Zusammenhängen, der Situation, dem thematischen Kontext ab. Einiges wird hoch geschätzt - Ausnahmesportler, herausragende Schriftsteller, geniale Regisseure - anderes "passt nicht". Und dann kommt noch dazu, dass mensch mit manchen besonderen Eigenarten so manchem, was heut in der Welt als Normalität gilt,. mit Staunen gegenübersteht. Weil "normal" auch nur eine Perspektive ist, aber halt die dominante.
Nuin hat jeder Mensch eine Menge Fähigkeiten und Eigenschaften. Mit ein paar im "Extrembereich" zu liegen, gilt noch als normal. Nun könnte man aber auch einen Median für "Anzahl der besonderen Eigenschaften eines Menschen" bilden. Und auch da kann man im Extrembereich landen - also besonders viele oder besonders wenige besonders auffällige Ausprägungen haben. Das sind dann naturgemäß relativ wenige Menschen, und die fallen auf. Mindestens als "irgendwie anders".
"Irgendwie anders", "auffällig" ist in unserer Gesellschaft ein Indiz für ein psychologisches/psychiatrisches Problem. Spätestens, wenn das Besondere nicht in akzeptierten gesellschaftlichen Kontexten etabliert ist (Helge Schneider z. B. ist ziemlich ausnahmebesonders - hat damit aber seine akzeptierte Nische gefunden; stell dir vor, der Typ wäre nie entdeckt worden und würde neben seinem Tagesjob als schräges Kellnerunikum einmal im Monat eine Art "absurdes Konzert" im nächsten Nachbarschaftstreff geben.Die Hälfte der Nachbarn würde ihn für irre halten.Die Haare! Die Kleidung! Der "unverständliche" Humor! Und dauernd schräge Musik, "wieviele Instrumente hat der Kerl? Wie bezahlt der das? Das ist doch nicht mehr normal!") So wird man dann in Schubladen gesteckt. Dass die selten richtig passen, stört nicht; denn ein besseres "Erklärungsmuster" haben "die anderen" meist nicht. Besonders schwierig wird es, wenn tatsächlich ein psychologisch/psychiatrisches Problem vorliegt. Und das dürfte nicht selten sein, da die Lebenserfahrungen des "Irgendwie anderen" schwierige emotionale und soziale Erlebnisse hervorrufen.

Es entsteht eine komplexe Melange. Die für Menschen, die sich mit sowas eher selten befassen, sowas auch nur selten erleben, keinen Anlass und auch oft genug nicht die Fähigkeit haben, sich in die Haut des "irgendwie anderen" zu versetzen, einfach ein bisschen irre erscheint. Bestens: auf zum Psychologen, Angelegenheit geklärt! .

Hocheffzienz kann nicht diagnostiziert werden, weil es weder etwas wirklich Außergewöhnliches noch eine Krankheit ist. Es hat auch erst mal nichts mit IQ, EQ, intro, extro, autistisch, Gedchtnis oder sonstwas zu tun. Es ist "nur" "besonders besonders".
Die meisten - ich auch lange - verstehen noch am ehesten besondere Sinneswahrnehmungen: wer besonders gut riechen, fühlen, schmecken kann, empfindlich gegen Licht ist, usw usf. Das sind für jedermann nachvollziehbare Wahrnehmungen.
Die Hocheffizienz im mentalen und emotionalen Bereich ist weniger greifbar. Wer kann nachvollziehen, wenn ein besonders Mathebegabter elend lange Formeln mit einem Blick versteht (Sorte Sheldon)? Die meisten "mathematisch Normalbegabten" winken schon beim Dreisatz ab.
Umso schwieriger, als das alles sehr verschiedene Konstellationen und Ausprägungen annehmen kann.

Letztlich kannst du nur in dich gehen, Erlebnisse sammeln, und sie für dich zum Lernen und Entwickeln nutzen. "Gleichgesinnte" finden ist schwierig: nicht nur gibt es wenig "besonders Besondere". Sie sind auch noch jeweils anders besonders. Nimm zugleich die Hilfen an, die dir die "normale Welt" anbietet, wie zum Beispiel Psychotherapie. Denn es ist fast zwangsläufig, dass du auch emotionale Probleme entwickelst/entwickelt hast.
Schwierig wird es auch hier, einen Therapeuten zu finden, der nicht nur das Problem "behandelt", sondern auch erkennen kann, dass es nicht um das Problem und Diagnosen und empfohlene Therapiemethoden geht (alles am Median-Normal orientiert), sondern wie du mit deinen Fähigkeiten in der Welt zurecht kommen kannst.

Je mehr du lernst zu verstehen, wie "normal" funktioniert, um so besser wirst du mit Normalen interagieren können. Das schafft dann auch für dich mehr Zufiredenheit.

Tatsächlich sollte man bei jedem Menschen davon ausgehen. dass es ein "besonders Besonderer" ist.
Aber so läuft es nicht in der Welt. Es wäre zu komplex, zu aufwändig, nicht effizient.

Du hast Petitcollin gelesen. Ich auch vor Kurzem. Bzw. nach den ersten Seiten hab ich es nur recht flott quergelesen. Ihre Sicht ist m. E. eine Mischung aus Defätismus und Zynismus: "Ich bin besonders, aber die anderen sehen es nicht; deshalb verstecke ich mich und behalte meine Besonderheit für mich". Diese Haltung erfordert auch, dass man schon recht gut im Leben etabliert ist und es nicht wirklich nötig hat, seine besonderen Qualirtäten noch irgendwie auch sozial einzubringen.

Besser gefällt mir bisher der Ansatz von Jutta Böttcher.
Mich hat zum Beispiel besonders ihre Aussage angesprochen: "Normale" gehen davon aus, dass es einem besser geht, wenn man weniger tut, "zur Ruhe kommt", einen geregelten Tag und keine Sorgen hat. Sie verstehen nicht, dass der Hocheffiziente gerade darunter leidet, dass und wenn er seine Fertigkeiten nicht produktiv, füpr ihn sinnvoll, einsetzen kann.
Aber das kann für dich eben auch anders sein.

Ich denke,das Thema Hocheffizienz passt in den Trend der Diversifizierung. Alle möglichen Besonderheiten werden aufgespießt und wünschen angemessen besondere Behandlung. Alles und jeder, der mit irgendwas irgendwo im Extrembereich weit weg vom Median liegt. Das kann naturgemäß nie ein Ende nehmen. Und wird den "Normalen" - und dann sind vom "Besonderen" aus gesehen immer fast alle - dann auch zunehmend unerklärlich und lästig.
Und genau deshalb wäre es wohl sinnvoll, das Besondere für normal zu erklären, und niemand mehr anders als "normal" zu behandeln. Was zugleich die Inflation von Diversifizierungen, die besondere Behandlung gessellschaftlich einfordern, begrenzen würde.

Du bist was Besonderes. Das ist nichts Besonderes.
Geh mal davon aus, dass du für jede "besonders herausragende" Eigenart auch eine "besonders grottige" hast: Mindestens in den Augen deiner Mitmenschen. Aber vermutlich auch in echt. Dann bist du immer noch besonders, aber letztlich keinen Deut besser als jeder andere auch.

Wenn du so auch deine Mitmenschen ansiehst, wirst du auch Menschen finden, die du lieben kannst und die dich lieben können.


Wie vielen anderen, würde ich auch dir die Anregung geben, den Kopf öfter "beiseite zu legen" und dich auf körperliche, sinnliche und zuallerst rein emotionale Erfahrungen einzulassen. All das, was du (noch) nicht gut kannst und kennst, wovon du dich aber dennoch angezogen fühlst (nach erstem Ausprobieren; Neugier ist Pflicht!). Die Frage "macht das Sinn?" ist dafür völlig sinnlos :-) Sich bewegen ist zentral - in jeder Hinsicht und in jedem Sinne des Wortes.
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Re: Unfähigkeit intime Beziehungen über soziale Codes aufzubauen

Beitrag von Martin1988 »

TheHoff hat geschrieben: 10 Aug 2023 10:38
I-tried-I-gave-up hat geschrieben: 09 Aug 2023 12:43 Könnt ihr mir hier einen guten Rat zu meiner Situation geben? Sollte ich meine geistige Überlegenheit verheimlichen oder herunterspielen?

Die Autorin Christel Petitcollin schreibt, dass mental hocheffiziente Menschen sich mit ihren herausragenden Fähigkeiten in der Gesellschaft zurückhalten sollen. Mein letztes Date hat allerdings geschrieben ich solle meine herausragenden Fähigkeiten nicht vor ihr verheimlichen nachdem ich ihr meine Situation erklärt habe. Vielleicht wird das ja was mit ihr ...
Es ist ein Balanceakt. Es ist wichtig, dass dir gewahr ist, dass Menschen eben unterschiedlich sind und andere Leute eben auch andere Fähigkeiten haben und in diesen dir evt überlegen sind.
Es macht dich erstmal also nicht zu einem besseren Menschen. Verstecken musst du es nicht, aber unnötig damit prahlen ergibt ja auch keinen Sinn. Es natürlich auch nicht herunterspielen, dass es keine große Sache sei oder so. Wie gesagt, ein Balanceakt.
Also, auch wenn du hochintelligent bist,
es gibt auch andere hochintelligente Menschen, ich glaube kaum, dass du immer und überall anderen geistig überlegen bist.
Und auch nicht hochintelligente Menschen können in geistigen Spezialbereichen anderen hochintelligenten überlegen sein.
Übung macht auch bei geistigen Dingen viel aus.

Ich verfolge zum Beispiel immer den Stream des Schachgroßmeisters Hikaru Nakamura er selbst behauptet normal intelligent zu sein,
Schach spielt er aber wahnsinnig gut, eben durch viel Übung ist er einer, der besten der Welt in einer Disziplin wo es viel auf geistige Leistungsfähigkeit ankommt.

Meiner Meinung nach solltest du deine Fähigkeiten nicht verheimlichen, aber auch nicht immer extra erwähnen
die Menschen werden schon merken, wenn du in bestimmten Bereichen ihnen überlegen bist und du solltest nicht davon ausgehen, immer und überall anderen Menschen geistig überlegen zu sein und einfach vorurteilsfrei andere Menschen kennenlernen, ansonsten wirkt es auch schnell arrogant.