Ist das 21. Jhd schuld am AB-Tum und Einsamkeit?

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kreisel
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Re: Ist das 21. Jhd schuld am AB-Tum und Einsamkeit?

Beitrag von kreisel »

MundusNovus hat geschrieben: 12 Aug 2023 07:53 Mir ist neulich eine Idee in den Kopf gekommen: Ist das 21.Jhd schuld am AB-Tum? Grundsätzlich gab es natürlich schon vor dem Jahr 2000 ABs, keine Frage, doch ich stelle die Vermutung in den Raum, dass das neue Jahrtausend wesentlich mehr ABs (alle Geschlechter) und einsame Menschen hervorbringt.
Ich glaube kulturelle Formen des Zusammenlebens, und Verlierer dieser Formen gab es schon immer.
Manche hatten sogar manchmal gar kein Recht oder genug Mittel, um sich zu verheiraten.

Bzgl. Westeuropa könnte da schon die Wahlfreiheit und die Freiheit der Modelle eine Rolle spielen, dass manche
entweder keinen Partner suchen oder keinen finden.

Das schaffe schaffe Häusle bauen aus der Nachkriegszeit ist zwar immer noch recht beliebt, aber auch nicht mehr das
einzige Modell (bei Fremdgehquote von weit über 50% und Trennungsquote wohl auch, wenn ich die Zahlen aktuell
im Kopf hab).
MundusNovus hat geschrieben: 12 Aug 2023 07:53 (Mögliche) Gründe hierfür:

- Individualität: Das neue Jhd bietet, im Vergleich zu allen vorherigen, nahezu unbegrenzte Möglichkeiten, sich nach seinem Geschmack zu entwickeln. Wenn ich mit Menschen ü50/ü60 spreche, höre ich häufig, dass die Menschen sich früher wesentlich ähnlicher waren (Hobbies, Herkunft, Religion, Weltanschauung, persönliche Überzeugungen, etc.) als heutzutage. Dies verhindert/erschwert ein Zugehörigkeitsgefühl und damit auch potenzielle Anziehung? (,,Der/die ist ja so anders als ich...kein Interesse!")
(...)
- Internet/digitale Welt: Dank Netflix, Instagram, Tiktok, Youtube, Playstation und co kann man heutzutage seine Freizeit bequem von zu Hause verbringen. Ich merke das an den Festen in unserem Dorf bzw. in meiner Region. Bis ca. 2000/2005 waren die noch extrem gut besucht, um 2010 noch relativ gut besucht und inzwischen geht da kaum jemand noch hin. Es gibt wohl wesentlich mehr Stubenhocker (m/w/d) als früher.
Zu Individualität:

Es kann mehr auf sich selbst bezogen etwas gemacht werden, der Punkt, wann man sucht, ist ebenso
individell, ebenso wen und wo man sucht oder ob es andere Prioritäten erstmal gibt.

Die Passgenauigkeit zu anderen wird kleiner, je weiter entwickelt der eigene individuelle Lebensentwurf.
Und dann braucht man bei dem kompliziert ausgearbeiteten Leben und der eigenen Persönlichkeit auch noch die Zeit,
jemanden kennenzulernen und sich einzulassen.

Zu Internet:

Es bietet auf der anderen Seite Möglichkeiten. Man findet mit Leuten zusammen, die man sonst nicht kennengelernt
hätte, um ggf hier dann doch eine "weitere Welt, etwas mehr Passgenauigkeit" zu finden.

Die Distanzen sind oft das Problem, aber einige sind ja auch bereit und in der Lage, ihren Lebensmittelpunkt zu verschieben mit Wohnen und Arbeit.
Einmal Dorf, immer Dorf MUSS nicht mehr sein.
Es hat also auch seine Gewinner und seine Verlierer.

Negative Seite kann man auch so sehen, dass man mit dem Internet schon manche Kontaktbedürfnisse oder Neugierbedürfnisse
befriedigen kann, selbst wenn sie nicht so ganz- real- vor Ort dann befriedigt sind.
Oder dass man sich von den Bedürfnissen eher ablenken kann.

Ich möchte aber diese technischen Sachen jetzt auch nicht missen. Ich weiß nicht ob es SO viel erfüllender ist oder war, wenn man
ein einfaches Landleben lebt, einen Hof versorgt z B als Jungbauer, müde ins Bett fällt und dann auch kaum ne Frau trifft.
(Denke da besonders an frühere Zeiten mit wenig Mobilität, wenig Events, wenig Technik).
Heute kann ja auch ein Jungbauer dann zu Parties gehen und sich im I-net umschauen.
MundusNovus hat geschrieben: 12 Aug 2023 07:53 Ich habe neulich eine Doku gesehen über Online-Dating. Die Erzählerstimme sagte: ,,Der größte Feind der Liebe ist die Freiheit, die Freiheit, entscheiden zu können."
Andererseits gibt es da dann die Möglichkeit von freierer Liebe, wenn man sich immer wieder für jemanden
entscheidet, obwohl man es nicht MUSS, gerade weil man mit dieser Person eine einzigartige Verbindung hat und sie gern hat.

Aus Zwangsläufigkeit heraus festhalten, weil man selber keine Bildung hat und kein Einkommen erzielen könnte (aus Frauensicht z B);
oder aus emotionaler Abhängigkeit heraus, aus Gewohnheit und Ängsten und weil man manches nicht bewältigt was der Partner
dann tun soll, ist jetzt auch nicht so prickelnd als Motivation oder Lebensgefühl finde ich.

Vermutlich hab ich da eher die schlechteren Beispiele vor Augen für die traditionellen Ehen mit Häuschen und Kinder.
'Die eingeschlafen sind, die eine Sucht ausleben, die sich hintergehen oder die sich kaum was zu sagen haben.

Sicherlich gibts auch hier und da Familien und Partnerschaften, die sich gut verstehen, gerne zusammen sind, und die das mit dem Hausbau
und den Kindern froh macht und die dabei lebendig bleiben. Es gibt ja auch sehr coole Personen die auch sehr bewusst sind und so ein Modell leben.
Aber in dieser Form, dass es mich anspricht, habe ich es sehr sehr selten erlebt.
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Montecristo
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Re: Ist das 21. Jhd schuld am AB-Tum und Einsamkeit?

Beitrag von Montecristo »

MundusNovus hat geschrieben: 12 Aug 2023 07:53 Mir ist neulich eine Idee in den Kopf gekommen: Ist das 21.Jhd schuld am AB-Tum?
Nein bzw. so nicht.
Das liegt eher daran dass die Menschen weniger mit den Herausforderungen klarkommen. Stichtwort "Snowflakes". Jüngere Menschen können halt nicht mehr kämpfen. Sehe das bei jüngeren Kollegen und meinen Mietern.

Die Probleme gab es so immer. Mein Großvater (Geburtsjahr 1892, natürlich inzwischen lange tot) hat zwei Kriege miterlebt und einem halben Dutzend Herren Loyalität geschworen (Kaiser, Führer, diverse Übergangsregime inklusive Briten und schließlich BRD/NRW). Im Nahkampf vor Verdun bajonettiert. Trotzdem weit über 90 geworden. 4 Enkel.

Die Inflation jetzt ist ein Dreck gegenüber dem was der erlebt hat!

Pobacken zusammenkneifen und aus seinem Leben was machen. Das ist es.
Im Leben geht es zu 10% um das, was passiert und zu 90% wie wir darauf reagieren.
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kreisel
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Re: Ist das 21. Jhd schuld am AB-Tum und Einsamkeit?

Beitrag von kreisel »

Kolinatan hat geschrieben: 12 Aug 2023 10:34 Wir erleben gegenwärtig die Zuspitzung, einer über Generationen fortlaufenden Entwicklung. Die Erweiterung von Freiheitsgeraden - hier im Bereich Beziehung, sowohl bei Anbahnung als auch Zweck - geht auch einher, mit dem Bedarf der Entwicklung von Kompetenz, um für sich selbst sinnvolle Entscheidungen treffen zu können. Diese Kompetenzentwicklung ist allerdings nicht erfolgt, eher im Gegenteil. Wir werden - was das Eingehen von Beziehungen angeht - immer inkompetenter und gehen immer mehr, nach Trial-and-Error vor ohne aus den "Fehlschlägen" zu lernen.
Interessanter Gedanke.
Ich denke dazu auch, alles neue, Entwicklung, ob technisch, wirtschaftlich oder zwischenmenschlich, auch innerpsychisch, benötigt
Kompetenzen und hat Gewinner (die sich anpassen, lernen, mitgehen) und Verlierer (die nicht mitgehen- können oder wollen).
Der Gedanke insgesamt war mir bewusst, nur noch nicht speziell übertragen auf den zwischenmenschlichen Bereich, das wurde mir
durch deine Aussage nochmal klar.
Kolinatan hat geschrieben: 12 Aug 2023 10:34Heute unterwerfen wir uns bei Beziehungen einem romantisierten Hollywood-Ideal und einem ungesunden Schönheitswahn.
Ja, was für ein Stress. Und wofür? Ich finde das Ergebnis so wahnsinnig eingezwängt und künstlich, da es eine Performance ist.
Bei mir reicht die Energie aber leider (?) nur zum ich selbst sein. Reicht schon wenn man auf der Arbeit hier und da mal Zugeständnisse machen muss.
Wobei ich einige auch sagen höre"ich hab den Menschen gefunden, bei dem ich ich selbst sein kann", wo also auch schon wieder
ein Bewusstseinswandel stattfindet/-gefunden hat.
Kolinatan hat geschrieben: 12 Aug 2023 10:34Für mich beginnt das Problem mit der Epoche der Romantik. Hier wurde eine sehr belastende Vorstellung von Beziehung geboren, die Liebesheirat. Das Problem besteht darin, dass dieses konstruierte Beziehungsideal dann immer weiter Richtung einer eierlegende Wollmilchsau erweitert wurde. Die Liste von Ansprüchen, welche ein Partner zu erfüllen habe und die Liste von Bedürfnissen - welche primär, wenn nicht sogar exklusiv - über die Paarbeziehung zu erfüllen seien, wurde immer länger.
Ja, das ist eine große Erwartung, ein großer Druck, dem zu genügen oder niemanden zu finden, der genügt.
Ein menschlicher Umgang mit sich selbst oder anderen ist das in meinen Augen nicht.
Kolinatan hat geschrieben: 12 Aug 2023 10:34Je weniger Ahnung wir von unseren Bedürfnissen haben, um so mehr bewegen wir uns im Blindflug, was die Anbahnung und Beibehaltung von Beziehungen angeht.
Das kann ich für mich nachvollziehen. Ich spürte so Mitte der 20er den Druck (da waren die Freundinnen ja teilweise schon 10 J mehrfach
unter der Haube bzw verbandelt) auch mal irgendwas aufzubauen, was dem entspricht. Wobei der erste Versuch war äußerst schräg und ging nicht
in diese Richtung.Beim zweiten kam ich dem Zielwert "feste Beziehung mit attraktivem Mann" schon näher und statt Glück war das Gefühl leer, depressiv und ein unbewusster Drang, gegen den nächsten Baum zu fahren kam auf. Und ich hatte keine Ahnung, warum überhaupt.
Weil ich mich selber nicht kannte und keine Verbindung hatte.
Kolinatan hat geschrieben: 12 Aug 2023 10:34 Wer kann sich noch eine lebenslange Beziehung zu meinem Menschen vorstellen, welche nicht Liebe oder Sex einschließt, sondern auf Vertrauen oder Pragmatismus basiert? Menschen könnten zusammen leben, um Zweisamkeit miteinander zu erleben ohne sich lieben zu müssen.
Das wäre ja das traditionelle und rückläufige, oder?
Oder meinst du das wäre ein Entwurf, den man wieder mehr berücksichtigen sollte bzw als Gegenentwurf zu dem heutigen:
"ich will den perfekten Partner mit Liebe, gutem Sex und allem"?
Kolinatan hat geschrieben: 12 Aug 2023 10:34Ja, Technologie hilft dem Beziehungswahnsinn Vorschub zu leisten. Sie erschafft diesen Wahnsinn allerdings nicht, sondern sie kultiviert ihn nur.
Stimmt, damit wird die aktuelle Idee gehyped. Man könnte die Technologie auch für andere Ideen nutzen, das Mittel ist an sich nicht schlecht.
Kolinatan hat geschrieben: 12 Aug 2023 10:34Wir können jederzeit aufhören und beginnen uns über unsere Bedürfnissen klar zu werden. Dann kann ich auch erkennen, dass ich die Liste mit Anforderungen für einen perfekten Partner einfach verbrennen kann. Die Frage ist, ob ich bereit bin meine Bedürfnisse auch anderen Menschen zu schenken, als nur einem einzigen Menschen exklusiv. Wenn ich die Erfüllung meiner Bedürfnisse nicht von der Strategie einer "romantischen Beziehung" abhängig mache, dann kann ich mit jedem Menschen eine glückliche Beziehung führen.
Finde ich grundsätzlich gut und ich mag diese Idee für mich.
Praktisch hätte ich noch Zweifel, dass ich mich selber dann soweit gut regulieren könnte und ob ich dazu passende Personen kennenlerne, wo kein Drama entspinnt oder Abhängigkeiten.
[+] eigenes dazu
Da arbeite ich lieber noch etwas an mir. (Selbstregulation, Schwärmereien im Trockenschwimmen, Austausch ohne große Anzüglichkeiten, bzw ohne Folgen... :verwirrt: )Ich glaube, die eigenen Bedürfnisse und das Selbstbewusstsein sollten erstmal stärker werden
bei mir, da ich mich noch nicht lossprechen kann von diesen Filmen und Abhängigkeiten, sobald da "jemand interessant sein könnte".

Die Idee der Mehrfachverbindung finde ich aber sehr gut. Viele Menschen beeindrucken mich auf ihre Art, und ich mag die Erkenntnisse und Sichtweisen und die verschiedenen Wesen. Und wenn der Austausch etwas persönlicher wird und Sympathie da ist, ggf. auch körperlicher wird,
hätte ich im Grunde (bisher in der Idee s. o.) kein Problem damit. Es wäre auch schön, wenn diese verschiedenen Beziehungen auf ihre Art wachsen, das hat für mich auch nichts mit Austauschbarkeit zu tun oder egal sein. Man würde loslassen üben, wenn man manche Menschen gerne
näher hätte, und diese aber eine Phase brauchen, wo sie etwas eigenes zu tun haben oder mit anderen.

Bei mehreren Gegenübern in der Beziehung hätte es sogar Vorteile: Denn ich neige sowieso dazu, Menschen zu mögen, die etwas abseits stehen und
auf eine Art kurz vorm Aussteigen sind. Für mich wäre es super, wenn ich davon etwa zwei bis drei aktive hätte, und drei etwa die gerade in ihrem
Abtauchmodus, entweder ein halbes Jahr im Wald, oder auf Identitätssuche oder im Kloster o ä. sind, aber später wiederkommen. :idee: :)
[+] Untergeschichte
Mit den Katzen bei meinen Eltern hat das auf jeden Fall sehr gut geklappt. :daumen: Wir hatten anfangs über 15 Katzen und ich hab
jede kennengelernt, studiert, ihre Geschichte aufgeschrieben, geschaut wie sie persönlich ist und geschaut was wir für eine Verbindung
persönlich haben. Das fand ich toll. :) Verbindung in Verbindung mit Schreiben und Ausdruck.
Schwierig ist bei diesem Modell vielleicht auch die Lebendigkeit der ganzen Beziehungen (die ich hätte und die meine Personen hätte),
es wäre ja dann ein recht großes Konglomerat.

Wären die Personen aber in sich bewusster, wäre es vielleicht gar nicht SOOO fragil und es gäbe Mittel der Verständigung und des Umgangs
bei ggf. Konflikten oder eher unguten Gefühlsmechanismen.

Außerdem- das sich alleine regulieren, sich ausrichten und Umgang mit alten Gefühlemechanismen ist ja so oder so erforderlich. Auch eine exklusive Partnerschaft, wird da eben nicht alles lösen und abnehmen, aber dann auch nicht "der große Kreis". Dieser böte aber die Chance auf
viele Perspektiven :)
Im Moment stelle ich mir das alles noch etwas zu stressig und (noch) überfordernd vor für mich persönlich, aber insgesamt denkbarer als das
"klassische Modell" Paar und Familie oder auch das etwas aktuellere Modell, wo die Leute super performen sollten, um "an und in den Markt zu kommen".
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Siegfried
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Re: Ist das 21. Jhd schuld am AB-Tum und Einsamkeit?

Beitrag von Siegfried »

Ich sehe den Gamechanger beim Thema Internet. Zu meinen Jugendzeiten mit drei Fernsehprogrammen und ohne Internet war man ja quasi fast gezwungen sich auch außerhalb der eigenen vier Wänden aufzuhalten um sich nicht tot zu langweilen. Zuhause konnte man ja gerade in der kalten Jahreszeit kaum etwas machen um alleine sein Wochenende zu verbringen. Darum hat da wohl auch noch das Dorfleben funktioniert.
Heute bietet das Internet 1000x mehr Möglichkeiten und man kann quasi sein ganzes Leben darin alleine verbringen ohne das Haus verlassen zu müssen. Birgt natürlich auch die Gefahr sich in seiner Internetblase zu verlieren und zu vereinsamen da richtige persönliche Kontakte kaum noch gebraucht werden so lange man jung ist.
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Hoppala
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Re: Ist das 21. Jhd schuld am AB-Tum und Einsamkeit?

Beitrag von Hoppala »

Siegfried hat geschrieben: 12 Aug 2023 18:12 Zu meinen Jugendzeiten mit drei Fernsehprogrammen und ohne Internet war man ja quasi fast gezwungen sich auch außerhalb der eigenen vier Wänden aufzuhalten um sich nicht tot zu langweilen. Zuhause konnte man ja gerade in der kalten Jahreszeit kaum etwas machen um alleine sein Wochenende zu verbringen.
Das kann ich absolut nicht bestätigen. Es gab (und gibt!) Bücher, Spiele, Modellbau, Baukastensysteme, Radio, Tonaufnahmegeräte (mit Schnittmöglicheiten), Schallplatten, Bastel- und Werkideen aller Art. Die Wohnung meiner Eltern hatte auch ne Küche, da ließen sich erste Back- und Kochenversuche veranstalten.
Vermisst habe ich weder ein 4. Fernsehprogramm noch irgendwelche zusätzliche Bildschirme. Ob daheim oder draußen: zu tun und zu erleben gab und gibt es mehr als genug, allein so gut wie in Gesellschaft.

Tatsächlich ist Bildschirm glotzen m. E. eine der am wenigsten interessanten Tätigkeiten. Zeitfressend: ja. Punktuell nützlich und auch interessant: ja. Ich würde aber nicht drauf wetten, dass ich es vermissen würde, wenn der ganze Krempel in Privathaushalten (eine funktionierende Infrastruktur ist schon ganz schön, für sowas sollen die Rechner gern laufen) morgen von Zauberhand nicht mehr funktioniert.

Deine Ansicht ist also durchaus subjektiv. Deine Schlussfolgerung "Game Changer" gilt dann für dich.
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Re: Ist das 21. Jhd schuld am AB-Tum und Einsamkeit?

Beitrag von time4change »

Dass "die Anzahl der Kneipen und ursprünglichen Gaststätten kontinuierlich zurückgeht. ... Hamburg, wo die Zahl der Gaststätten zwischen 2001 und 2010 um 48,1 Prozent gesunken ist, gefolgt von Niedersachsen mit einem Verlust von 41,2 Prozent." zeigt wohl klar einen Trend zu zunehmender Häuslichkeit!

Wobei Kneipen zur Beziehungsanbahnung evtl. weniger relevant waren/sind, da oft vorwiegend von Männern frequentiert ...
Sollten wesentliche Teile des Forums in den "Lesemodus" versetzt werden, so freue ich mich auf weiteren Austausch im
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Re: Ist das 21. Jhd schuld am AB-Tum und Einsamkeit?

Beitrag von Cavia »

time4change hat geschrieben: 12 Aug 2023 20:01 Dass "die Anzahl der Kneipen und ursprünglichen Gaststätten kontinuierlich zurückgeht. ... Hamburg, wo die Zahl der Gaststätten zwischen 2001 und 2010 um 48,1 Prozent gesunken ist, gefolgt von Niedersachsen mit einem Verlust von 41,2 Prozent." zeigt wohl klar einen Trend zu zunehmender Häuslichkeit!

Wobei Kneipen zur Beziehungsanbahnung evtl. weniger relevant waren/sind, da oft vorwiegend von Männern frequentiert ...
Den Trend zu zunehmender Häuslichkeit kann man daraus nicht ableiten.

Kneipen und Beziehungsanbahnung. Wieso muss ich da jetzt an "Der Goldene Handschuh" denken ...
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Re: Ist das 21. Jhd schuld am AB-Tum und Einsamkeit?

Beitrag von Reinhard »

Ich beschuldige mal das 20. Jahrhundert. ;)

Massentransportmittel, Fernkommunikation und Urbanisierung sind im 20. Jahrhundert vorherrschend geworden (schon vor Internet). Und dann denkt jeder, ich könnte doch einen passenden von diesen hunderten Partnern haben, die innerhalb meiner "technischen" Reichweite liegen, anstatt halt einen passenden von dem Dutzend zu nehmen, denen man aus irgendeinem Anlass über den Weg gelaufen ist.

An sich könnte es so einfach sein. Als noch wenige Millionen Menschen auf der gesamten Erde lebten, hat es doch auch funktioniert. :brille1:
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Re: Ist das 21. Jhd schuld am AB-Tum und Einsamkeit?

Beitrag von Übriggeblieben61 »

Ein Jahrhundert kann prinzipiell nicht an etwas dran Schuld sein, sondern es sind die Menschen, die ein Jahrhundert oder andere Zeitabschnitte formen. Es vergeht ja kaum ein Tag oder eine Woche bzw. Jahrzehnt, der/die/das nicht irgendetwas gewidmet ist oder wird. Im Jahr 2000 wurde ja auch mal das "asiatische Jahrtausend" ausgerufen, weil Asien nun soweit wäre, den Westen zu überrunden und in dem Asien und nicht Europa oder die USA die Welt dominieren würde. Ausserdem meinen etliche Profeten und Profetinnen, dass in der Tat viele Männer sich abfinden müssten, ohne Frau durchs Leben gehen zu müssen. Dies Läge daran, weil es a) in den relevanten Lebensjahren mehr Männer gäbe, die eben übrig blieben und b) weil die Frauen immer selbstbewusster würden und eine große Auswahl hätten. Da siegen eben die besten oder jene, die etwas zu bieten hätten.

In China sieht man schon heute, wozu es führen kann, wenn Männer keine Frauen bekommen - man geht bei allen Betrachtungen immer davon aus, dass Männer erst mal grundsätzlich Frauen suchen, sprich man geht primär immer von Hetero-Männern aus. Durch die Einkindpolitik, bei der Jungen den Vorzug gegeben wurde und Mädchen z. B. abgetrieben wurden gäbe es in China ca. 40 Millionen junger Männer (etwas mehr als Polen Einwohner hat), die nie eine Frau bekommen werden. Frauenanwerbung in Vientnam, Laos, Kambodscha oder Thailand, die staatlicherseits betrieben wird, könnte das nicht im geringsten kompensieren. Diese jungen Männer hießen in China "die kahlen Äste", weil sie nie eine Framilie gründen könnten und somit auch keinen Nachwuchs hätten. Diese vielen Männer werden in einigen Regionen dort zu einem großen Problem, da sie sich zu kriminellen Banden zusammenrotten. Neben der Frauenanwerbung begegnet der chinesische Staat diesen kahlen Ästen entweder mit Lager oder mit der Einberufung ins Militär.

Aber auch in Deutschland zeichnen sich schon solche Vorboten ab. Zum einen im Osten, wo viele gebildete junge Frauen abwandern würden. Zurück blieben oftmals ungebildete junge Männer die sich abgehängt fühlen und sich zum Teil politisch radikalisieren. Ein anderes Problem wird in der Migration von vielen jungen Männern nach Europa und Deutschland gesehen. Auch diese haben keine Aussicht auf Frauen. Und Experten behaupten ja, dass Männer ohne Frauen ein großes Problem- und Agressionspotential darstellen. Junge Männer - vor allem in großen Gruppen - würden zwar überall auf der Welt Probleme bereiten aber ohne Aussicht auf eine Frau verstärkten sich die Probleme.

Ich habe da mal zwei Seiten des Deutschlandfunk gefunden bei der in einem Interview die Biologin Meike Stoverock die These aufstellt, dass es in Zukunft viele junge Männer gibt die keine Frau mehr fänden und die eben auf andere Mittel zurückgreifen müssten um ihre Sexualität zu befriedigen. Vielleicht wurde schon mal im Forum auf diese Seiten verlinkt, aber weil es mE zum hiesigen Thema passt, verlinke ich mal trotzdem. Kann sich mal jeder selbst drum Gedanken machen:

https://www.deutschlandfunkkultur.de/bi ... r-100.html

https://www.deutschlandfunk.de/zukunft- ... r-100.html
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Re: Ist das 21. Jhd schuld am AB-Tum und Einsamkeit?

Beitrag von Strange Lady »

Cavia hat geschrieben: 12 Aug 2023 20:07
time4change hat geschrieben: 12 Aug 2023 20:01 Dass "die Anzahl der Kneipen und ursprünglichen Gaststätten kontinuierlich zurückgeht. ... Hamburg, wo die Zahl der Gaststätten zwischen 2001 und 2010 um 48,1 Prozent gesunken ist, gefolgt von Niedersachsen mit einem Verlust von 41,2 Prozent." zeigt wohl klar einen Trend zu zunehmender Häuslichkeit!

Wobei Kneipen zur Beziehungsanbahnung evtl. weniger relevant waren/sind, da oft vorwiegend von Männern frequentiert ...
Den Trend zu zunehmender Häuslichkeit kann man daraus nicht ableiten.

Kneipen und Beziehungsanbahnung. Wieso muss ich da jetzt an "Der Goldene Handschuh" denken ...
:lol:

Ich auch.

Und ein wenig an Fassbinder "Angst essen Seele auf".

Dieses unterschichtige Kaschemmenambiente der 60er scheint damals wirklich Menschen zusammengebracht zu haben, d.h. Putzfrauen, Huren, Serienmörder, einsame Gastarbeiter.
“Happiness is like a butterfly: The more you chase it, the more it will elude you. But if you turn your attention to other things, it will come and sit quietly on your shoulder.”
Henry David Thoreau
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Re: Ist das 21. Jhd schuld am AB-Tum und Einsamkeit?

Beitrag von Trotzdem »

Ja und Nein.

Das AB-tum ist glaub relativ gleich verteilt über die Jahre. Wobei es da kaum Statistiken gibt.

Einsamkeit hat zugenommen. Das kommt denke ich zum einen durch die Demografie und zum anderen durch die Social Media, die einem das tolle Leben der andere ständig vor Augen führen und welche die Illusion schaffen, es vermeintlich leicht zu machen soziale Kontakte zu knüpfen.
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Siegfried
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Re: Ist das 21. Jhd schuld am AB-Tum und Einsamkeit?

Beitrag von Siegfried »

Hoppala hat geschrieben: 12 Aug 2023 19:49
Tatsächlich ist Bildschirm glotzen m. E. eine der am wenigsten interessanten Tätigkeiten. Zeitfressend: ja. Punktuell nützlich und auch interessant: ja. Ich würde aber nicht drauf wetten, dass ich es vermissen würde, wenn der ganze Krempel in Privathaushalten (eine funktionierende Infrastruktur ist schon ganz schön, für sowas sollen die Rechner gern laufen) morgen von Zauberhand nicht mehr funktioniert.

Deine Ansicht ist also durchaus subjektiv. Deine Schlussfolgerung "Game Changer" gilt dann für dich.
Für jemand der auf Bildschirme starren für völlig uninteressant hält hängst du aber erstaunlich oft hier im Forum ab womit du wohl schon alleine damit tausende Stunden an Lebenszeit verbraten hast. Alleine daran würde ich schon ableiten das du wohl eher zu den exzessiveren Internetnutzern gehörst die massiv Probleme bekommen würden mit sich was anzufangen wenn man von heute auf morgen das Internet abschalten würde.
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Re: Ist das 21. Jhd schuld am AB-Tum und Einsamkeit?

Beitrag von Siegfried »

Reinhard hat geschrieben: 12 Aug 2023 20:34 Ich beschuldige mal das 20. Jahrhundert. ;)

Massentransportmittel, Fernkommunikation und Urbanisierung sind im 20. Jahrhundert vorherrschend geworden (schon vor Internet). Und dann denkt jeder, ich könnte doch einen passenden von diesen hunderten Partnern haben, die innerhalb meiner "technischen" Reichweite liegen, anstatt halt einen passenden von dem Dutzend zu nehmen, denen man aus irgendeinem Anlass über den Weg gelaufen ist.

An sich könnte es so einfach sein. Als noch wenige Millionen Menschen auf der gesamten Erde lebten, hat es doch auch funktioniert. :brille1:
Vor dem Internet waren das aber nur hunderte Potentielle Partner aus dem Urbanen Raum die wie die Tauben auf dem Dach saßen und man keinen Zugriff auf sie hatte weil es keine Möglichkeit gab massenweise abzuchecken wie der momentane Beziehungsstatus der jeweiligen Person ist die da einem gerade über den Weg läuft. Das ging ja erst mit den Datingplatformen oder auch über Social Media Plattformen die einem erst den Zugriff auf dieses Potenzial geliefert hat und somit auch die mögliche Partnerauswahl exponentiell gesteigert hat.
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Re: Ist das 21. Jhd schuld am AB-Tum und Einsamkeit?

Beitrag von Moridin »

Levyn hat geschrieben: 12 Aug 2023 15:02
Moridin hat geschrieben: 12 Aug 2023 12:42 Allerdings liest man ja auch immer wieder, dass der Datingmarkt allgemein schwieriger ist als früher. Ob das jedoch auf Fakten basiert oder nur das Gefühl vieler Leute ist... Wenns scheiße läuft, kann man halt schnell sagen "früher war es besser". Muss deshalb nicht stimmen.
Das sind schon Fakten, wenn man sich anschaut wie viele Singles es heute selbst im höheren Alter gibt. Wie wenig Sex die Menschen im Vergleich zu früher haben, zeigt das ja auch ziemlich deutlich, dass da etwas anders ist als früher.
Die Anzahl der Singles sagt aber nichts darüber aus, ob diese Singles unfreiwillig Single sind oder nicht.
Gibt viele, die freiwillig Single sind heutzutage. Gerade Frauen mittleren Alters nach langjähriger misslungener Partnerschaft oder so hört man doch immer wieder und kenne ich auch aus dem Bekanntenkreis mehrere Fälle.
Dort, wo sich Sonnenlicht in Zweigen bricht
Dort, wo niemand von Erwartung spricht
Dort, wo ich ohne Zwänge atmen kann
Dort fängt meine Freiheit an
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Re: Ist das 21. Jhd schuld am AB-Tum und Einsamkeit?

Beitrag von Ananas »

kreisel hat geschrieben: 12 Aug 2023 17:22

Die Idee der Mehrfachverbindung finde ich aber sehr gut. Viele Menschen beeindrucken mich auf ihre Art, und ich mag die Erkenntnisse und Sichtweisen und die verschiedenen Wesen. Und wenn der Austausch etwas persönlicher wird und Sympathie da ist, ggf. auch körperlicher wird,
hätte ich im Grunde (bisher in der Idee s. o.) kein Problem damit. Es wäre auch schön, wenn diese verschiedenen Beziehungen auf ihre Art wachsen, das hat für mich auch nichts mit Austauschbarkeit zu tun oder egal sein. Man würde loslassen üben, wenn man manche Menschen gerne
näher hätte, und diese aber eine Phase brauchen, wo sie etwas eigenes zu tun haben oder mit anderen.
Das klingt erstmal schön.
Aber in der echten Welt wird auch sehr viel Herzschmerz entstehen....
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Re: Ist das 21. Jhd schuld am AB-Tum und Einsamkeit?

Beitrag von Kisuli »

Ich denke auch, dass eine der Kehrseiten des Individualismus die zunehmende Einsamkeit ist. Man hat zwar die Freiheit, seinen eigenen Lebensentwurf zu wählen, ist mobil und kann sich niederlassen, wo immer man möchte, aber damit einher geht auch die Schwierigkeit, dass es weniger Menschen gibt, die passgenau dieselben Ziele, Werte und Erfahrungswelten teilen, an denen man andocken kann. Es besteht oft wenig Bereitschaft, sich auf einen Menschen einzulassen, der nicht zu 100% passend ist. Man zieht lieber weiter zum nächsten, statt zu versuchen, den Partner zu verstehen und gemeinsame Lebenspläne auszuarbeiten, mit denen beide zufrieden sind. Fehler und Macken werden kaum verziehen, stattdessen sucht man nach dem perfekten Partner, der alle Bedürfnisse erfüllt. Je mehr Partner man hatte, desto mehr neigt man auch dazu, mit vorherigen Partnern zu vergleichen, Sollbruchstellen zu finden und es fällt umso schwerer, Vertrauen zu fassen und sich fallen zu lassen. Die Herangehensweise an Beziehungen wird nüchterner.
Das sind Verhaltensweisen, die ich sowohl an meinen bisherigen Partnern als auch zum Teil bei mir selbst beobachtet habe und die ich je nach Perspektive sowohl als positiv als auch als negativ bewerten würde. Es ist gut, dass es die Wahlmöglichkeiten gibt und man nicht gezwungen ist in einer unpassenden Beziehung zu verharren, aber es schmälert die Chance, eine wirklich langfristige und tiefgehende Beziehung eingehen zu können.

Ich glaube nicht, dass Menschen zu Zeiten kollektivistischer Gesellschaftsmodelle insgesamt glücklicher waren. Zu Zeiten meiner Großeltern gab es gerade für Frauen keine großen Alternativen jenseits Heirat und Hausmutterdasein. Für manche entsprechend Veranlagten war das sicher ein guter und zufriedenstellender Lebensweg, für viele andere mag es sich auch damals schon angefühlt haben wie ein Gefängnis.

Letztlich hat jedes Gesellschaftsmodell seine Gewinner und Verlierer. Die einen sehnen sich nach einem festen Rahmen, klaren Aufgaben und einem stabilen sozialen Umfeld ohne große Veränderungen, die anderen wollen darüber hinaus, möchten sich ausprobieren und haben breit gestreutere Ziele und Interessen. Problematisch ist es, wenn man sich beides wünscht.
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Kolinatan
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Re: Ist das 21. Jhd schuld am AB-Tum und Einsamkeit?

Beitrag von Kolinatan »

kreisel hat geschrieben: 12 Aug 2023 17:22...
Ich empfinde Deine Art, wie Du mit Deinen Gedanken und Deinem Erleben an meine Gedanken anknüpfst als sehr bereichernd und angenehm und wie Du die Impulse in Deine Gedankenwelt übersetzt. Vielen Dank, dass Du Dir die Zeit genommen hast, in dieser Weise auf meinen Beitrag einzugehen. Deine Auseinandersetzung mit meinen Gedanken erlebe ich als wertschätzend und sie erfüllt mein Bedürfnis etwas beizutragen und Dein Leben zu bereichern. Vielen Dank.
kreisel hat geschrieben: 12 Aug 2023 17:22
Kolinatan hat geschrieben: 12 Aug 2023 10:34 Wer kann sich noch eine lebenslange Beziehung zu meinem Menschen vorstellen, welche nicht Liebe oder Sex einschließt, sondern auf Vertrauen oder Pragmatismus basiert? Menschen könnten zusammen leben, um Zweisamkeit miteinander zu erleben ohne sich lieben zu müssen.
Das wäre ja das traditionelle und rückläufige, oder?
Oder meinst du das wäre ein Entwurf, den man wieder mehr berücksichtigen sollte bzw als Gegenentwurf zu dem heutigen:
"ich will den perfekten Partner mit Liebe, gutem Sex und allem"?
Die Kategorien traditionell oder gar "rückläufig" würde ich eher weg lassen, sie sind selbst nur einengend, weil sie ggf. etwas ausschließen, was für mich vielleicht passen könnte. Es geht auch nicht um ein "Gegenentwurf", dass wäre mir zu wenig. Mir geht es darum den Denkrahmen zu weiten, sich nicht auf einen zu starren Rahmen festzulegen, sondern mit dem oder den potenziellen Partnern gemeinsam herauszufinden, wie es gelingt möglichst viele Bedürfnisse miteinander zu erfüllen, ohne dass diese Erfüllung dann zu Lasten einzelner Beteiligter geht.

Bei der Auswahl, wie ich meine Beziehung gestalten möchte, sollte es keine Rolle spielen, wann oder in welchem Umfang eine Beziehungsform bisher praktiziert wurde. Wichtig ist, dass das Konzept für mich aktuell passend erscheint und sich die Anzahl der beteiligten Personen sowie die Intensität jeweils verändern kann, so wie auch meine Bedürfnisse einem Wandel unterliegen. Allerdings erfordern offenere Beziehungsformen auch mehr Kommunikation und Achtsamkeit, damit für alle Beteiligten die Beziehung als bereichernd erlebt wird.
kreisel hat geschrieben: 12 Aug 2023 17:22 Wären die Personen aber in sich bewusster, wäre es vielleicht gar nicht SOOO fragil und es gäbe Mittel der Verständigung und des Umgangs bei ggf. Konflikten oder eher unguten Gefühlsmechanismen.
Ich denke Bewusstheit in der Beziehung würde generell dazu beitragen, eine Beziehung zu stabilisieren. Wenn dabei jeder darauf achtet, für seine Gedanken, Interpretationen und Gefühle selbst verantwortlich zu sein, gibt es deutlich weniger Raum für Konflikte. Ebenso können Missverständnisse ggf. leichter aufgelöst werden. Klarheit und Kommunikation helfen dabei, den Intensitätslevel einer Beziehung auch von intim auf freundschaftlich oder sogar Bekanntschaft zu ändern und wieder zurück, ohne sich im Streit trennen zu müssen. Eine bewusste On-Off-Beziehung, könnte z.B. ganz gut zu Deinem Beispiel mit den Eremiten - welche vorübergehend aussteigen wollen - ganz gut passen.
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Trotzdem
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Re: Ist das 21. Jhd schuld am AB-Tum und Einsamkeit?

Beitrag von Trotzdem »

In diesem Thema wird AB-tum mit Einsamkeit gleich gesetzt. Erstens kann man sich auch in einer Beziehung einsam fühlen und zweitens muss sich ein AB-ler nicht einsam fühlen.

Zudem wird die demografische Perspektive unterschlagen. Die Gesellschaft in Deutschland altert und dadurch gibt es mehr alte Menschen, die einsam sind, da weniger mobil und anpassungsfähig. Das sind aber in der überwältigenden Mehrheit keine AB-ler, sondern Menschen mit viel Beziehungserfahrung.

Meine persönliche Definition von Einsamkeit ist übrigens von anderen nicht gehört zu werden oder von anderen zwar gehört aber nicht verstanden zu werden. Und beim AB-tum gibt es ja auch unterschiedliche Definitionen.

Sauber definieren und sauber außereinanderhalten. Sonst lässt sich nicht gut diskutieren.
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Re: Ist das 21. Jhd schuld am AB-Tum und Einsamkeit?

Beitrag von kreisel »

Kolinatan hat geschrieben: 13 Aug 2023 11:21 Ich empfinde Deine Art, wie Du mit Deinen Gedanken und Deinem Erleben an meine Gedanken anknüpfst als sehr bereichernd und angenehm und wie Du die Impulse in Deine Gedankenwelt übersetzt. Vielen Dank, dass Du Dir die Zeit genommen hast, in dieser Weise auf meinen Beitrag einzugehen. Deine Auseinandersetzung mit meinen Gedanken erlebe ich als wertschätzend und sie erfüllt mein Bedürfnis etwas beizutragen und Dein Leben zu bereichern. Vielen Dank.
Vielen Dank auch für die Gedankenanstöße. :)
Ich habe hier noch ein neues Thema erstellt, dass das Thema Beziehung gestalten weiterführt.
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Re: Ist das 21. Jhd schuld am AB-Tum und Einsamkeit?

Beitrag von Seb-X »

Gute Frage. Das Kerndogma neoliberaler Ideologie ist natürlich, dass die Ursachen gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Fort- oder Rückschritts stets im Individuum zu finden sind. Die Gesellschaft hat sich auch dementsprechend verändert.
Aber im Fall der Partnersuche, und in vielen anderen Bereichen auch, liegt es in modernen Zeiten nun mal in der Verantwortung des Einzelnen. Das ist der Preis individueller Freiheit, auch wenn diese immer relativ, also nie ohne Bedingungen und Abhängigkeiten ist.
"Im innersten Gehäuse des Humanismus, als dessen eigene Seele, tobt gefangen der Wüterich, der als Faschist die Welt zum Gefängnis macht."
(aus "Schwabenstreiche", Theodor W. Adorno, Minima Moralia)