Antwort auf 29.10.20
Melli hat geschrieben: kreisel hat geschrieben: Ich finde, es ist schwer zu verstehen. Wenn man das so liest, geht es um das Setzen von Begrifflichkeit und Bedeutung und auch um Orientierung und Struktur. Damit wohl auch um Anbindung und Zugehörigkeit.
Könnte man den Vergleich des Vatersnamens so sehen, dass ein PC eine Formatierung erhält? Und wenn er sie nicht erhält, läuft da kein Betriebssystem und auch keine Software und es würde keinerlei Interaktion möglich sein?
Nein, der Vergleich wäre viel zu sehr dramatisierend. Da würden wir uns ja bereits im Bereich schwerster geistiger Behinderungen bewegen.
Es geht zwar, wie so oft bei den Lacanianern, um "Diskursfähigkeit", aber das ist nicht mit "Interaktionsfähigkeit" in einem allgemein-übergreifenden Sinne gleichzusetzen. Das lehrt ja auch die Erfahrung, daß man da nicht gleich völlig auf verlorenem Posten stehen muß.
Achso, dann hatte ich das zu extrem gedeutet, dass man schon gar keinen grundsätzlichen
Zugang zur Sprachwelt dann hätte.
Aber welche Voraussetzungen braucht es für einen Diskurs? Müsste man sich auf eine Art von Matrix
einigen mit Punkten wie definierten Bedeutungen,Werten, Priorisierungen, damit man nicht aneinander
vorbeiredet und man sich zur Verständigung im selben Koordinatensystem befindet?
Melli hat geschrieben: Manches an Mißverständnissen und Konflikten dürfte lediglich schwer zu klären sein, wenn ein gewisser "geistiger Horizont" fehlt. Das ist nicht intellektuell gemeint, sondern als ein Bereich zugänglicher Erfahrungen.
Ohne Erfahrungen ist es natürlich schwieriger, mitzureden. Da kann man sachlich inhaltlich aber auch vom
Erleben und Verstehen alleine auf weiter Flur stehen.
Das bekommt derjenige, der nicht versteht, wahrscheinlich weniger mit als die Person, die nicht verstanden
wird.
In bestimmten Bereichen ist aber wohl jeder alleine in seiner Erfahrung und Position.
Da ist wohl nicht alles, was ein Einzelner erlebt, für den Diskurs nutzbar.
(Achso, das wäre für Lacan dann wohl das Reale?)
Ich wüsste noch nichtmals, ob die besagte Empathie (die kein Mitleid sein soll), Menschen in einem großen
Maß verstehbar verbinden kann.
Unter Verstehen verstehe ich aber vielleicht auch schon Verschmelzung, das geht ja eher zu weit.
Melli hat geschrieben:Sehr typisch sind Forderungen und Begründungen, die nicht nachvollziehbar sind, einem sogar, sorry 2 say, als einfältig erscheinen möchten.
Das kenne ich als das Gefühl, dass die Welt irgendwie eine Scheibe ist und man sich da im Bild des anderen nicht
so richtig wiederfindet.
Vielleicht ist aber die Einfältigkeit irgendwie auf beiden Seiten, wenn man die Sicht des anderen, mit dem man sich
nicht einig sieht oder der schon als Widersacher empfunden wird, auch nicht nachvollziehen kann, denn auch dieser
hat seinen Weg, wie er empfindet und begründet.
Ich hatte letztens noch so kurz das Empfinden gehabt, dass mir jemand so schwarz weiß oder auf einer
begrenzten Spur vorkommt und hatte gedacht, was ist, wenn aber genau mein Bild schwarz weiß
und eher stark vereinfacht ist und ich dann die andere Person nur so abstrakt und vereinfacht erfasse?
Melli hat geschrieben:Eine solche Überforderung entsteht relativ selten. Signifikantere Konfrontationen können aber in psychiatrischer Praxis vorkommen, auf die die Patienten eingeschnappt bis aggressiv reagieren. Leider kann auch vorkommen, daß die wegen absoluter Nichtigkeiten die schlimmsten Schuldgefühle entwickeln und sich deswegen etwas antun Das Bild wurde vom Absender entfernt.
Das klingt dann so, als liegt Abwehr und Trotz oder erst recht in eine destruktive Richtung rennen
(verbohrt) näher als der Zusammenbruch.
Ich hatte mal ein Praktikum in der Suizidberatungsstelle gemacht, und was mir da hängen blieb war eine Aussage
einer langjährigen Beraterin, dass es Menschen gäbe,die es nicht ertragen können, wenn etwas nicht nach
ihrem Bild und Gewohnheiten läuft. Es gäbe Suizide, weil Veränderungen nicht verkraftet werden oder
das Leben einen mit Situationen herausfordert, die noch keine extreme Bedrohung oder Leid bedeuten,
aber einen unmäßigen Unwillen hervorrufen. (Sozialer Abstieg einer zuvor Arztfrau z . B. gab es dort mal).
Melli hat geschrieben:Für nur ein paar Tage in B würde man den Aufwand mit Kontaktsuchen u.dgl. eher nicht betreiben.
Das stimmt. Das lohnt sich nicht. Ich war nur vorher ein paar Tage in Dresden und hab einen Tag davon einen alten
Yahoo Freund (sowas gab es damals) getroffen,und obwohl ich in Dresden viel Zeit alleine verbracht hab
in den Museen und an der Elbe, mit der Straßenkunst und die Spatzen dort lustig fand, wie sie sich mit an den Kaffeetisch setzten, wirkte das ganze irgendwie bunter und belebter, mit so einem Kontakt, der auch mal dabei war.
Danach alleine in Berlin war das eher so unverbunden und einsam.
Ich bin dann alleine in einen Horrorfilm gegangen und hab so eine Straße mit viel Kunsthandwerk gefunden,
das war schon ganz interessant. Ich glaub, das war die selbe Straße, wo die "rote Meile" ist.
Ansonsten war ich jedoch ziellos und planlos, was ich da überhaupt will und es war kein schönes Alleine sein.
Eindrücke zu teilen, und wenn es nur alle paar Tage mal ist, ist da für mich wohl besser.
Oder ein paar Stunden Arbeit zu haben oder eine Art von Seminar und danach alleine losziehen, sowas kann
ich mir auch gut vorstellen, da es eine Art von Anbindung ist.
Melli hat geschrieben: Das nennt sich montage perverse*, die meinen es gut, und Du hast daher keinen Grund, Dich zu beschweren. Daß das eine (selbst wenn es keine Lüge, sondern Wahn sein sollte) mit dem andere nichts zu tun hat, kommt denen nicht in den Sinn. Das löscht Deine Subjektivität aus.
Starke Vereinfachung, Lüge (die oft gar nicht erkannt wird) und Wahn (ebenso nicht erkannt) passen wohl
wirklich nicht gut zur Subjektivität.
Starke Rückständigkeit wohl auch nicht.
Aber das kommt wohl auf die Gesellschaft an. Die westliche Gesellschaft hat Subjektivität wohl erst später entdeckt,
wann wohl, mit der Romantik vielleicht?
Mit dem Ausdruck der Kunst?
Wobei es dann ja doch auch schon einzelne Menschen gab, die sich ausdrücken konnten in früheren Zeiten,
es gab schon immer Zeugnisse von Subjektivität.
Oder ist Subjektivität ein Luxus, den man sich erst leisten muss?
Melli hat geschrieben: Für manche Leute sind Gruppen etwas gutes. (Ob die das wirklich sind, oder nur eine "folie à plusieurs", sei mal dahingestellt.)
Es kann ja auch gut sein unter bestimmten Vorzeichen.
Dass es z B Subjektivität gibt und Freiraum. Eine dezente Weisheit in der Führung wäre nicht schlecht
Manche Gruppen können auch Erfahrungsräume werden oder Räume zum lernen, sowas finde ich gut.
Das launische Machtgerangel kann da von mir aus außen vor bleiben.
Melli hat geschrieben: Das ist oft, wie auch bei Individuen, ein Fuß-in-die-Tür-Phänomen. Oder heutzutage bemüht man ja gerne das Bild eines Frosches in einem Topf mit lauwarmem Wasser, das dann zunehmend erhitzt wird. Da würde zwar ein echter Frosch die Flucht ergreifen , aber mit Menschen kann man es ja machen
Unangenehm finde ich das, wenn das wie so ein stummer Fluch ist, obwohl man eigentlich mit drei Worten
oder auch nur mit einem oder einer Geste eine Grenze ziehen könnte und das aushebeln.
Wenn das aber gar nicht gewünscht ist (das Klären und die Achtung voreinander), muss man wohl gehen.
Unangenehm sind aber auch eigene Täteranteile, wenn in so einer Schwammigkeit die Dinge wachsen
können und es keine Klarheit gibt. Da ist Meiden wohl auch besser.