dr_Levelboss hat geschrieben: ↑24 Dez 2021 21:14
Menelaos hat geschrieben: ↑24 Dez 2021 19:44
Man fragt sich ob die Geschichte des anderen Widersprüche enthält, ob sich abzeichnet, dass sich jemand emotional an eine bestimmte Antwort gehängt hat, (im positiven oder negativen Sinne) oder wenn er zeigt, dass er alternative Erklärungen noch nicht einmal in Betracht ziehen kann.
Hierbei sollte man allerdings nicht vergessen, dass all diese Dinge der persönlichen und somit subjektiven Bewertung der Geschichte unterliegen. Es gibt halt schon ziemlich abgefahrene Geschichten, Geschichten die man nicht immer Nachvollziehen kann, zb weil man die Welt in der die oder der Geschichtenerzäler*in lebt nicht kennt.
Da hast du Recht, das sollte man im Zweifelsfall beachten. Aber letztlich sind die Naturgesetze auf dem Mars die Selben wie auf der Erde.
Menelaos hat geschrieben: ↑24 Dez 2021 19:44
Aber überleg mal, wenn ich doch Recht habe, wäre es für den Betroffenen das Schlimmste überhaupt, wenn er niemals Widerspruch erhält, sondern in seinem Selbstbetrug von außen IMMER bestätigt wird?
Absolute zustimmung. Dieser Wiederspruch muss dann allerdings auch ehrlich und fundiert sein. Ich erlebe es oft, das dieser Wiederspruch nur aus Behauptungen und positiven Unterstellungen besteht und oftmals eher dazu dient, das eigene (gewünschte) Weltbild zu bestätigen.
Ja ich weiß wovon du redest. Wenns jemandem so richtig dreckig geht, neigt man halt dazu ihm IRGENDETWAS Positives sagen zu wollen, anstelle von "Dir gehts dreckig, ich sehe keinen Ausweg, wüsste auch nicht was ich dir sonst sagen könnte, und jetzt lass ich dich mal alleine..."
Ansonsten... naja, ich weiß nicht ob du Optimismus/Pessimismus als Weltbilder betrachtest, denn in dem Fall stimmt es tatsächlich. Für den Optimisten ist der Pessimist Gift, und umgekehrt auch, denn beide Ansichten sind selbsterfüllend, daher ist es die Überzeugung selbst, die sie am Leben erhält.
Dabei ertappe ich mich selbst auch und das kann temporär natürlich auch klappen und ist bei "frischen" Problemen absolut angebracht. Wenn die Probleme aber andauern und sich das Feedback von außen und das Erlebte so überhaupt nicht mit dem decken was da gesagt wird, dann wird es schwierig. Beispiel: Jemand wird tatsächlich mal wegen dem Aussehen abgelehnt, dann sagt man ihr oder ihm Sachen wie: "Du bist ein wertvoller und schöner Mensch (egal wie sie oder er aussieht), sie oder er hat dich nicht verdient, etc. etc.".
Der oder diejenige fühlt sich dann vermutlich abgeholt und erleichtert und macht frohen Mutes einfach weiter. Wenn man diese Worte einer Person dann aber nach dem 100. Mal immer noch sagt, dann fühlt sie sich vermutlich nicht mehr abgeholt sondern verarscht und alleingelassen!! Das diese Person für diese Worte dann absolut unempfänglich wird und an der Aufrichtigkeit der anderen Person zweifelt, ist aus meiner Sicht selbstredend.
Das erinnert mich jetzt an meine Mutter. Wann immer meine Schwester und ich ihr als Kinder beispielsweise ein selbstgemaltes Bild gezeigt haben, war ihre Reaktion immer "Schön!" und zwar jedes Mal in exakt dem selben Tonfall. Das hat uns die ersten paar Mal natürlich stolz gemacht, aber wir sind ziemlich schnell drauf gekommen, dass das nicht aufrichtig ist... und dann haben wir angefangen uns zu fragen warum sie glaubt uns belügen zu müssen. Waren unsere Bilder so schlecht, dass sie geglaubt hat wir kämen mit der Wahrheit nicht zurecht? Was ist überhaupt schön? In welchen anderen Situationen hat sie noch gelogen?
Das ist einer der Gründe dafür, dass ich sowas nicht mache. Wenn ich einem Menschen begegne den ich wirklich hässlich finde, werde ich ihm niemals sagen er sei schön. Ich werde mich bemühen andere Dinge hervorzuheben, die an dieser Person attraktiv sind, aber ich werde nicht ihn/sie und mich selbst beleidigen, indem ich eine angenehme Lüge erzähle.
Menelaos hat geschrieben: ↑24 Dez 2021 19:44
Zum Beispiel aufgrund einer körperdysmorphen Störung, oder aber weil es das eigene Selbstbild viel stärker schädigen würde sich die wahren Gründe für die Ablehnung einzugestehen, als es die Lüge tut. Gibt bestimmt noch mehr Möglichkeiten, aber ich bin kein Psychologe.
Was gibt es denn schlimmeres für das Selbstbild als aufgrund des natürlichen, nichtgewählten Aussehens flächendeckend abgelehnt und in eine Schublade gesteckt zu werden, sprich diskriminiert zu werden? Und damit meine ich nicht nur das Dating.
Bitte beachte: Ich sagte "weil es das eigene Selbstbild viel stärker schädigen würde", ich sagte nicht dass das so geschädigte Selbstbild ein Positives sein muss. Wenn mein Selbstbild darin besteht ein unliebenswerter Versager zu sein, dann ist es dennoch beängstigend, wenn dieses Selbstbild erschüttert wird, bevor ich dazu bereit bin es aufzugeben. Schließlich macht sogar der selbstzerstörerischste Selbstbetrug intern irgendwie Sinn.
Sowohl die Erkenntnis "Es ist nicht mein Aussehen, sondern meine Persönlichkeit, deretwegen ich abgelehnt werde." als auch "Es ist kein unabwendbares Schicksal, sondern das Ergebnis meines eigenen Verhaltens. Ich könnte es ändern, wenn ich aktiv werden würde, und mein Vermeidungsverhalten aufgebe." können ziemlich schmerzhaft sein.